Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 307
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Der schnurlose Klappenschrank für kleinere Vermittelungsstellen, System Mix und Genest (Pyramidenschrank). Je allgemeiner sich von Tag zu Tag der Gebrauch des Telephons auf allen Arbeitsgebieten des modernen Lebens einbürgert, um so häufiger entsteht die Aufgabe, kleinere Vermittelungsstellen für eine beschränkte Anzahl von Leitungen einzurichten. Dieses allerwärts in rascher Zunahme begriffene Bedürfnis stellte zugleich an die zur Vermittelung dienenden Apparate eine Reihe neuer Anforderungen. Immer mehr musste nämlich die Bedienung in verhältnismässig ungeschulte und weniger achtsame Hände gelegt werden. Andererseits wurde die Beseitigung etwaiger in den Vermittelungsapparaten auftretenden Störungen umständlicher und kostspieliger, je mehr sich der Gebrauch auf abgelegene Orte erstreckte, wo sachverständige Hilfe schwer herbeizuschaffen ist. Grösstmögliche Einfachheit der Bedienung und höchste Betriebssicherheit auch unter weniger sorgfältiger Behandlung sind für Apparate dieser Art zur ersten Bedingung geworden. Grosse Anwendungsgebiete, wie z.B. die allgemeine Verwendung des Telephons im Eisenbahnbetriebe, können durch die Erfüllung dieser Bedingung erst erschlossen werden. Das Bestreben der Postverwaltungen, den einzelnen Telephonanschlüssen eine wirksamere Ausnutzung dadurch zu sichern, dass eine mehr oder minder grosse Anzahl von Nebenstellen an dem Hauptanschluss teilnehmen, kann zum grossen Teil nur durch die Anwendung eines Apparates von Erfolg sein, welcher jenen Anforderungen entspricht. Ueberaus zahlreiche Telephonanlagen für kommunale, industrielle, kaufmännische, landwirtschaftliche Betriebe sind an die Verwendungeines Vermittelungsapparates solcher Art geradezu gebunden. Diesen Ansprüchen genügt der von der Aktiengesellschaft Mix and Genest eingeführte Klappenschrank für kleinere Vermittelungsstellen vornehmlich durch zwei Merkmale. Er vermeidet den unablässige Störungen verursachenden Gebrauch von Verbindungsschnüren. Er gestattet jede Verbindung auf die denkbar einfachste Weise herzustellen und zu lösen durch Einsetzen eines losen Stöpsels in eine Klinke und Ausziehen desselben. Das Prinzip der Einrichtung veranschaulicht die dargestellte Schaltung eines Schrankes für sechs Doppelleitungen (Fig. 1). Bei sechs Anschlüssen können folgende Verbindungen vorkommen: 1 mit 2, 3, 4, 5, 6; 2 mit 3, 4, 5, 6; 3 mit 4, 5, 6; 4 mit 5, 6; 5 mit 6. Im ganzen sind daher 15 Verbindungen möglich. Zur Herstellung dieser Verbindungen sind an der Vorderwand des Apparates in pyramidenförmiger Anordnung 15 Klinken angebracht, mittels welcher die an der Klinke angezeigte Verbindung dadurch hergestellt wird, dass in dieselbe einer der zweiteiligen Stöpsel I, II, III, IV, V, VI eingesetzt wird. An die Klemmen 1 a b, 2 a b, 3 a b u.s.f. sind die Doppelleitungen der angeschlossenen Sprechstellen 1, 2, 3 u.s.f. angelegt. Es bedarf keiner näheren Ausführung, dass durch Verbindung sämtlicher a- oder sämtlicher b-Klemmen untereinander und mit Erde die Schaltung sofort auch für Einzelleitungen benutzt werden kann. Fassen wir die Leitung 1 ins Auge. Sie führt von der Klemme 1 a b zunächst zur Klinke K1, von hier aus zur Klinke 1 und zur Klappe K1. Bevor die Leitung die Klinke 1 erreicht, ist sie abgezweigt und führt mit dieser Abzweigung der Reihe nach zu den Klinken 1–2, 1–3, 1–4, 1–5, 1–6. Von Klinke K1 geht eine Verbindung zu dem Klemmenpaar A ab. An letzteres ist ein Sprechapparat angeschlossen. Textabbildung Bd. 316, S. 308 Fig. 1. Der Betrieb gestaltet sich folgendermassen: Angenommen die Sprechstelle 1 wünsche eine Verbindung mit der Sprechstelle 5. Die Sprechstelle 1 entsendet ihren Rufstrom. Derselbe kommt über die Klemmen 1 ab zu Klinke K1, Klinke 1 und Klappe K1. Die Klappe fällt ab und zeigt damit an, dass die Sprechstelle 1 eine Verbindung wünscht. Die den Klappenschrank bedienende Person setzt hierauf einen der Stöpsel I, II u.s.f. in die Klinke 1 ein, nimmt das bei A ab angeschaltete Telephon ans Ohr und erfährt, dass Sprechstelle 1 mit Sprechstelle 5 zu sprechen wünscht. Hierauf wird der Stöpsel aus Klinke 1 ausgezogen und in Klinke 15 eingesetzt. Die Verbindung ist hergestellt. Durch das Einsetzen des Stöpsels in Klinke 15 ist der durch die mittlere Feder gebildete Kontakt in dieser Klinke unterbrochen und damit die zur Klappe K5 führende Leitung abgeschaltet worden. In der durch den Schrank bewirkten Verbindung zwischen den beiden Teilnehmern 1 und 5 ist nun die Klappe des Teilnehmers 1 eingeschaltet. An letzterer erscheint das Schlusszeichen, sobald einer der verbundenen Teilnehmer durch Entsendung eines Stromes der Vermittelungsstelle die Beendigung eines Gespräches anzeigt. Ist dies geschehen, so wird der Stöpsel aus Klinke 15 entfernt, die Verbindung ist gelöst. Textabbildung Bd. 316, S. 308 Fig. 2. Da der Schrank häufig von Personen bedient werden muss, welche sich nicht ständig in dem Raum, in welchem der Apparat aufgestellt ist, aufhalten oder die Klappen beobachten können, so ist die Vorkehrung getroffen, dass neben dem sichtbaren Zeichen durch das Fallen der Klappe noch ein im Aufstellungsraumoder an einem entfernten Orte hörbares Signal auf den Anruf einer Sprechstelle hin erfolgt. Eine Batterie von einigen gewöhnlichen, bei Haustelephonanlagen üblichen Elementen ist bei B W a b angeschaltet. Wird ein Stöpsel in die Klinke W1 eingesetzt, so ertönt der oben am Apparat angebrachte Wecker, sobald eine der Anrufklappen fällt, so lange, bis die Klappe wieder emporgehoben wird. Wird bei W2 ab ein zweiter an einem entfernten Orte aufgestellter Wecker angeschaltet und ein weiterer Stöpsel in W2 eingesetzt, so erfolgt das hörbare Signal auch an jenem entfernten Orte. Mittels der Klinken K1, K2, K3 bis K6 können die an den Klappenschrank angeschlossenen Sprechleitungen durch Einsetzen von Stöpseln mit Schnüren mit an anderen Schränken derart angeschlossenen Sprechstellen verbunden werden. Aus dieser Möglichkeit ergibt sich ein wesentlicher Vorzug des Apparates insofern, als er, da derselbe schon für drei Anschlüsse mit neun Verbindungsklinken ausgeführt wird, gestattet, eine Vermittelungsstelle genau dem wachsenden Bedürfnis entsprechend zu vergrössern, ohne eine grössere Anzahl von Klappen in Vorrat anlegen zu müssen. Dieser Vorteil ist um so höher anzuschlagen, als bei weiter wachsendem Bedarf die Zusammenstellung mehrerer kleinerer Apparate immer wieder aufgelöst und durch einen grösseren ersetzt werden kann, wobei die kleinen Einzelapparate ihren vollen Wert und ihre ungeschmälerte Brauchbarkeit behalten. Insofern es gerade die kleineren Vermittelungsstellen sind, für welche die möglichste Billigkeit der ersten Anlage eine Hauptbedingung bildet, andererseits die Notwendigkeit der Vergrösserung am häufigsten einzutreten pflegt und am wenigsten vorauszusehen ist, sichert diese Eigenschaft des Apparats, sich dem augenblicklichen Bedürfnis vollkommen anzuschmiegen, demselben das weiteste Anwendungsgebiet. Gegenwärtig wird der Pyramidenschrank für 3, 4, 5, 6, 10, 12, 15 und 20 Anschlüsse ausgeführt. Die Fig. 2 zeigt die Ansicht einer Ausführung zu 5 Anschlüssen. Die deutsche Reichspostverwaltung allein hat in der kurzen Zeit, seit welcher die Konstruktion auf den Markt gebracht worden ist, 3000 Stück teils bezogen, teils in Auftrag gegeben. Sollten die vorstehenden Apparate in Verbindung mit sehr langen Leitungen (Fernleitungen) benutzt werden, so werden zu derselben kleine Ansatzkästchen geliefert, welche diesen Gebrauch bequem und allen Bedürfnissen entsprechend ermöglichen. Bücherschau. Die neuere Landestopographie, die Eisenbahn vorarbeiten und der Doktor-Ingenieur von Prof. Dr. C. Koppe. Braunschweig 1900. Friedrich Vieweg und Sohn. Nach einer scharfsinnigen Betrachtung über die neuere Landestopographie gibt der Autor interessante Aufschlüsse betreffs der Landestopographien in Preussen, Württemberg und Braunschweig; diese Gesamtdarstellung gipfelt in der Frage, ob und in welcher Weise die ursprünglich rein nur für militärische Zwecke entstandenen topographischen Landesaufnahmen und Karten am zweckmässigsten auch den ziviltechnischen Bedürfnissen und namentlich jenen für Eisenbahnvorarbeiten angepasst werden könnten. Zu dem Ende bedarf es zuförderst einer genauen Eingrenzung jener Anforderungen, welche der Ingenieur an seine Unterlagskarten zu stellen hat. Um hierüber konkrete Anhaltspunkte zu gewinnen, hielt der Autor Umfrage bei einer grossen Anzahl Eisenbahnverwaltungen, ohne ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen, was in Anbetracht der hier nach Terrain und Wichtigkeit der Linien sehr verschieden auftretenden Bedürfnisse und mit Rücksicht auf die ungleiche Organisation des Dienstes, kaum Wunder nehmen darf. Rechnet man hierzu die für immer feststehende Thatsache, dass die Generalstabskarten in einem möglichst kleinen Massstab durchgeführt werden wollen und die zivilen Bedürfnisse aber auf einen möglichst grossen Massstab hindrängen, so lässt sich die Erreichung des von Dr. Koppe verfochtenen Zieles, so erstrebenswert es gewiss von den Tracierungsingenieuren angesehen werden mag, als recht zweifelhaft an. Nichtsdestoweniger ist die gebotene Anregung des in Rede stehenden, 64 Druckseiten umfassenden Schriftchens äusserst dankenswert und wir haben dasselbe Zeile für Zeile mit lebhaftem Interesse, und, soweit es sich um die persönlichen Anschauungen des Autors handelt, auch mit zustimmender Anteilnahme durchgelesen, lediglich ausgenommen den letzten Absatz, der ganz urplötzlich die Doktortitelfrage mit dem Problem einer zweckmässigen einheitlichen Landestopographie zu verquicken versucht, ohne dass der überraschte Leser zwischen diesen beiden Angelegenheiten irgend einen fassbaren Kausalnexus herauszufinden vermag. L. K.