Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 131
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Das hundertjährige Bestehen des GasesNach La Nature.. Das verflossene neunzehnte Jahrhundert trat mit einer Erfindung auf, welche, obwohl sie anfangs keine bedeutende Entwickelung versprach, binnen nicht allzulanger Zeit eine vollständige Umwälzung in der privaten und öffentlichen Beleuchtung hervorbrachte; es war dies die Erfindung der industriellen Erzeugung von Gas aus vegetabilischen und mineralischen Brennstoffen durch den französischen Ingenieur Philippe Lebon d'Hambersin, dessen Name fast in Vergessenheit geraten ist, nach hundert Jahren jedoch verdient, der Vergessenheit entrissen zu werden. Brennbare Gase waren schon vorher bekannt; schon im Altertum kannte man das Vorhandensein von luftförmigen Flüssigkeiten, wozu schon die atmosphärische Luft, welche als ein einheitlicher Körper betrachtet und zu den Elementen gerechnet wurde, genügte, das Vorhandensein derselben zu beweisen. Andere Gase machten sich den Alten durch ihre Wirkungen bemerkbar, so z.B. durch seine zerstörende Wirkung das kohlensaure Gas, desgleichen das brennbare Grubengas. Die Ausbeutung der Kohlenbergwerke, welche in eine entfernte Zeit zurückreicht, musste ebenfalls zur Kenntnis der brennbaren Gase führen; da jedoch die nötigen Mittel zur Erkennung der Gase fehlten, wurden dieselben als Abarten der gewöhnlichen Luft angesehen, welcher in Unkenntnis der eintretenden Umstände neue Eigenschaften zugeschrieben wurden, wobei man nicht auf den Gedanken kam, dass diese besonderen Eigenschaften Körper besitzen, welche mit der Luft nur deren Unsichtbarkeit gemeinschaftlich haben. Van Helmont war der erste, welcher das Vorhandensein von luftförmigen Flüssigkeiten von konstanter Beschaffenheit erkannte, welche sich von der gewöhnlichen Luft unterscheiden und benannte sie mit dem Namen „Gase“, welchen sie noch heute in der Chemie beibehalten haben und unter denen sich auch solche befanden, welche die Eigenschaft besassen, mit einer Flamme zu brennen. In den Philosophischen Transaktionen aus dem Jahre 1667 ist eine Quelle in der Nähe von Wigon in Lancashire beschrieben, über welcher sich entzündbare Luft erhob. In einem Bande derselben Transaktionen vom Jahre 1733 ist von einem Gase die Rede, welches sich aus einer Kohlengrube in Cumberhand entwickelt und in einem Gefäss aufgefangen wurde, aus welchem es, in einer Röhre aufsteigend, entzündet werden konnte. Hierauf beschränkten sich die Kenntnisse über entzündbare gasförmige Substanzen, als Dr. John Clayton durch Destillation von Steinkohle in einem geschlossenen Gefäss ein schwarzes Oel und ein beständiges Gas erhielt, welches er „Geist“ nannte und in geschlossenen Gefässen unterbrachte, aus denen es mittels kleiner Rohre ausströmte und entzündet wurde. Der Bericht hierüber befindet sich in den Philosophischen Transaktionen vom Jahre 1739. Durch eine Reihe von Versuchen mit vegetabilischen Stoffen fand Dr. Hules, dass während der Destillation von Oel sich ungefähr ein Drittel verflüchtigte, zum Teil in Gestalt eines entzündbaren Dampfes. Watson, der Bischof von Llondaff, untersuchte im Jahre 1767 die Natur des Dampfes und der gasförmigen Produkte, welche bei der Destillation von Steinkohle entstanden und fand, dass das flüchtige Produkt nicht nur bei seinem Austritt aus dem Destillationsapparat sich entzünden konnte, sondern diese Eigenschaft auch nach einem Durchgang durch Wasser und durch zwei lange gebogene Rohre beibehielt. Die von Watson erhaltenen festen Produkte bestanden aus einer ammoniakalen Flüssigkeit, aus einem klebrigen, teerähnlichen Oel und einer schwammartigen Kohle, dem Koks. Das waren jedoch nur laboratorische Versuche zum Zweck der Feststellung der Bestandteile des Oels, ohne dass man daran dachte, aus der Eigenschaft der Entzündbarkeit mehrerer dieser Bestandteile zu Beleuchtungszwecken irgend welchen Gebrauch zu machen. Der erste, welcher die Erfindung der Beleuchtung mittels Gas beanspruchen kann, ist zweifelsohne Philippe Lebon d'Hambersin, welcher sie auch zum erstenmal praktisch verwendete. Seit dem Jahre 1786 ist in Paris die Möglichkeit der Erzeugung eines stetigen Lichtes durch Kohlenwasserstoffgas festgestellt worden; die sowohl in Frankreich als in England wiederholt in chemischen Laboratorien angestellten Versuche ergaben jedoch bis zum Jahre 1799 nur Resultate ohne praktische Verwendung derselben. Im Jahre VIII der Republik (1799) veröffentlichte Philippe Lebon, welcher sich damals bereits durch seine Verbesserungen an Dampfmaschinen einen Namen gemacht hatte, eine Schrift, in welcher er die Erfindung der Verwendung des entzündbaren Gases zu Beleuchtungszwecken klarlegte. Lebon gewann das Kohlenwasserstoffgas durch Destillation von Holz und ausserdem als Nebenprodukte Teer, Holzessig und alle anderen Produkte, welche bei der Zersetzung von vegetabilischen Stoffen durch Feuer entstehen. Die ersten Vorrichtungen wurden in Havre behufs Beleuchtung des Leuchtturmes mittels Kohlenwasserstoffgas angefertigt. In demselben Jahre nahm er ein Patent auf seine Erfindung und stellte öffentliche Versuche in den Jahren 1799 bis 1802 in seinem Hause in der Rue Dominique an. Bei diesen Beleuchtungsversuchen mit einem bisher zur Beleuchtung noch nicht verwendeten Stoffe war man jedoch nicht gegen die sich hierbei bietenden Misshelligkeiten gerüstet. Vor allem verbreitete das ohne vorherige Reinigung aus den Destillationsapparaten verbrannte Gas einen höchst unangenehmen Geruch. Das Publikum, welches besonders in Frankreich bei den ersten Eindrücken eine neue Sache verurteilt oder dieselbe begeistert annimmt, hielt diese Art von Beleuchtung für unpraktisch und eine Spielerei. Um nun die Entdeckung Lebon's gebrauchsfertig zu machen und so zu gestalten, wie wir dieselbe jetzt benutzen, war ein einfaches, jedoch unumgängliches Verfahren erforderlich, nämlich das Waschen des Gases, welches Lebon wohl ausgeführt hätte, wenn er nicht inmitten seiner Arbeiten durch den Tod abberufen worden wäre. Seine Witwe erhielt im X. Jahre der Republik ein Patent auf ein verbessertes Verfahren, folgte ihm jedoch bald in den Tod. Die Denkschrift Lebon's erschien im August 1801 im Druck unter dem Tittel: „Thermolampen oder Oefen, welche sparsam heizen und leuchten und durch mehrere wertvolle Erzeugnisse eine treibende Kraft erzeugen, welche bei jeder Art von Maschinen verwendbar ist.“ Die Lebon'sche Erfindung wurde in kurzem in England durch mehrere von anderer Seite unterstützte Leute aufgenommen und wenn auch nicht ohne Mühe in praktischer und gewinnbringender Weise ausgeführt. Ihre erste Verwendung erfuhr dieselbe durch den Ingenieur Murdoch in Soho bei Birmingham in der grossen Fabrik von James Watt, dem Erfinder der Dampfmaschine. Im Jahre 1802 wurde aus Anlass der Feier des Friedens von Amiens die ganze Fassade des grossen Gebäudes mit Gas erleuchtet, welches aus Oel gewonnen war. Kurze Zeit darauf kam ein Deutscher, Namens Winsor, welcher die Lebon'sche Denkschrift ins Deutsche übersetzt hatte, nach London, verband sich mit Murdoch und erhielt von König Georg das ausschliessliche Privileg zur Beleuchtung von London mit „gas light“. Am 16. Juli 1816 wurde dieses Privileg durch das Parlament bestätigt und im Jahre 1823 hatte das „gas light“ in ganz England Aufnahme gefunden. Nachdem sich Winsor der Erfolge des Gases in England versichert hatte, kam derselbe 1815 nach Paris, mietete ein Lokal in der Passage des Panoramas und versah binnen kurzem die ganze Passage mit Gaslicht, womit auch das Palais Royal beleuchtet wurde. Auf Grund dieser Erfolge gründete Winsor eine Gesellschaft, welche jedoch keinen Erfolg erzielte; doch wurden hierauf andere Gesellschaften gegründet und nach und nach wurde das Gas das allgemeine öffentliche Beleuchtungsmittel. Die Beleuchtungsunternehmungen betrugen in Paris im Jahre 1855 acht, deren Material und unternommene Arbeit auf 30 Millionen geschätzt wurde. Alle diese Unternehmungen sind in eine einzige unter der Firma: Compagnie parisienne d'éclairage et de chauffage par le gaz vereinigt worden, welche auf Grund eines kaiserlichen Dekretes vom Dezember 1855 das ausschliessliche Privileg zur Legung von Gasröhren zur öffentlichen oder privaten Beleuchtung auf die Dauer von 50 Jahren besitzt. Philippe Lebon wurde in Brachay (Departement Haute Marne) im Mai 1767 als Sohn eines Offiziers geboren, studierte in Paris und beendete im Jahre 1787 die Ecole des Ponts et Chaussées. Seine ersten Arbeiten bezogen sich, wie bereits erwähnt, auf Verbesserungen von Dampfmaschinen, welche ihm 1792 eine Belohnung von 2000 Livres „zur Fortsetzung der begonnenen Versuche in der Verbesserung der Dampfmaschinen“ eintrugen. Wie bereits anfangs betont wurde, fand seine Erfindung anfangs besonders in Frankreich keinen grossen Anklang; während er indessen mit Verbesserungen derselben beschäftigt war, wurde er am 2. Dezember 1804 unter noch bis jetzt unaufgeklärt gebliebenen Umständen ermordet. Bücherschau. Ein Besuch beim Versicherungstechniker. Plaudereien für Jedermann über Grundlage und Bedeutung der Lebensversicherung, Von Dr. Karl Wagner. Mit 4 Tafeln. Stuttgart 1902. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner). Preis 1 Mark. Unter diesem Titel hat der durch sein Buch über das Risiko bekannte Mathematiker Dr. K. Wagner ein Schriftchen herausgegeben, um „solchen, denen eigenes Verständnis über alles geht, namentlich die technische Seite der Lebensversicherung, die erfahrungsgemäss der Allgemeinheit am meisten Schwierigkeiten bereitet, näher zu bringen“. Was wir an dieser Arbeit besonders anerkennen müssen, ist die geradezu musterhafte Bemeisterung des an sich doch für das grosse Publikum recht schwierigen Stoffes durch eine ausserordentlich fassliche und klare Darstellung, die jedem Laien, der wenigstens vernünftig zu denken versteht, die technischen Grundprinzipien der Lebensversicherung verständlich machen muss. Graphische Darstellungen machen die Ausführungen noch anschaulicher. Dabei hält die Form des Dialogs und die flüssige feuilletonartige Sprache das Interesse bis zum Schlusse wach. Mathematische Formeln sind gänzlich vermieden; trotzdem hält das Schriftchen auch der streng wissenschaftlichen Kritik wohl stand. Wir können es darum gerade wegen seiner Gemeinverständlichkeit, verbunden mit wissenschaftlicher Korrektheit, sowohl dem Publikum als auch den Lebensversicherungsvertretern aufs beste empfehlen. K. Zur Umrechnung des aus Calciumkarbid entwickelten Rohacetylens auf die für Handelsware geltenden Normalien. Von Dr. Richard Hammerschmidt. Halle a. S. Karl Marhold. Die Bestimmung der Gasausbeute aus Calciumkarbid ist seitens des Deutschen Acetylenvereins vor etwa zwei Jahren geregelt worden, was im Interesse des Karbidhandels erforderlich war. Erst auf Grund dieser Massnahmen war es möglich, Handelsnormen für Karbid festzusetzen und für einheitliche Prüfungen der gelieferten bezw. zu liefernden Ware eine sichere Richtschnur zu geben. Leider wurde sie von den Karbidhändlern zum Schaden des Ganzen in letzter Zeit vernachlässigt. In der vorliegenden Schrift geht der Verfasser, ein bekannter Karbidfachmann, auf diese Bestimmungen kritisch ein und teilt eine von ihm berechnete Tabelle mit, mit deren Hilfe eine Erleichterung in der Berechnung der Analysen gewährt und nachgewiesen wird, dass keine der Korrektionen der auf die Gasbestimmung bezüglichen Tabellen vernachlässigt werden darf. Liebetanz.