Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 291
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Pictet's Verfahren zur Verflüssigung der Luft. Wir brachten kürzlich (S. 106 d. Bd.) einiges über die Fortschritte des Pictet'schen Verfahrens zur Sauerstoffgewinnung. Inzwischen ist auch das Pictet'sche Verfahren zur Verflüssigung der Luft ohne Trennung in ihre Bestandteile weiter ausgebildet und in dem Englischen Patent Nr. 2713 vom 8. Februar 1901 beschrieben worden. Beistehende Skizze gibt eine schematische Darstellung des hierzu dienenden Apparates. Er besteht aus einem geräumigen Cylinder a mit doppelten Wandungen, die zur Aufnahme eines zweifachen Systems von Rohrschlangen bestimmt sind. Im Innern des Gefässes befindet sich ein anderes cylindrisches Gefäss b, ebenfalls mit doppelten Wandungen, die wiederum eine Rohrschlange aufnehmen. Ein drittes cylindrisches Gefäss c schliesst ein drittes Rohrsystem sowie einen engen Cylinder d in sich. Der durch dme Doppelwandungen des Gefässes a gebildete Raum ist mit einer Mischung von schwefliger Säure und Kohlensäure, der sogen. Pictet'schen Flüssigkeit, gefüllt. Um diese Flüssigkeit stets in ihrem Zustande zu erhalten, werden die durch das Rohr l aus ihr entweichenden Dämpfe mit dem Kompressor g wieder verdichtet und durch das Rohr z in den Raum a zurückgeführt. Textabbildung Bd. 317, S. 291 Weg der Luft; Weg des Pictet'schen Gemisches; Weg des Aethyleus. Die eine in a eingelegte Rohrschlange s wird vermittelst des Kompressors k, der mit 50 bis 53 at Druck arbeitet, mit verdichteter und gekühlter Luft beschickt. Die Luft wird bei w Angesaugt und vor der Verwendung zunächst getrocknet. In den Hohlwandungen des Gefässes b befindet sich Aethylen oder ein anderes geeignetes Gas, das, soweit es sich verflüchtigt, durch das Rohr h entweicht, von dem Kompressor i unter einem Druck von 5 bis 15 at verflüssigt und durch das Rohr v der in a einliegenden zweiten Schlange r zugeführt wird, von wo es durch das Rohr n wieder nach b zurückkehrt, so dass also auch das Aethylen, ebenso wie die Pictet'sche Gasmischung, einen fortwährenden Kreislauf ausführt. Die in das Rohr s eingepresste Luft gelangt von hier durch das Rohr m in die in b befindliche Schlange t und von da durch das Rohr u in das im Gefässe c liegende, aus engen Rohren bestehende System p. Das Gefäss c ist durch eine Reihe von Zwischenwänden und Böden in verschiedene Abteilungen geteilt. Schliesslich vereinigen sich die verschiedenen, c durchziehenden Röhren p wieder in zwei Ausflussröhren q, von denen indessen nur eins in beistehender Skizze gezeichnet ist. Die Luft wird von diesen Rohren q gegen die Räder einer Turbine e geschleudert, die vermittelst der Welle f eine Dynamomaschine in Bewegung setzt. Die Kraft dieser Maschine wird zum Betrieb der Kompressoren mit verwendet, und dieses ist nach Aussage des Erfinders einer der Hauptvorzüge seines Apparates. Es soll hierbei ein Drittel der zum Betriebe der Kompressoren nötigen Kraft wiedergewonnen werden. Ein Teil der aus q entweichenden Luft vergast nun, und diese wird noch weiter nutzbar gemacht, indem sie zunächst das Gefäss c durchzieht und das Röhrensystem p kühlt. Sie gelangt dann in den Zwischenraum zwischen c und b und alsdann in den Zwischenraum zwischen b und a, worauf sie schliesslich bei y entweicht. Der grösste Teil der flüssigen und bis auf – 195° C. abgekühlten Luft sammelt sich in dem Trichter o und fliesst bei x ab, um dort zu beliebigen Zwecken entnommen werden zu können. G. R. Die Eisfabrik der Compagnie de glace hygiénique in Paris. Von Prof. Alois Schwarz in M.-Ostrau. Bekanntlich ist der Bedarf von Eis für die Millionenbevölkerung von Paris ein ungeheuer grosser und konnte derselbe bis vor kurzem mit hygienisch entsprechendem Eis nicht gedeckt werden. Dieser Umstand hat zur Gründung einer Gesellschaft für Eisfabrikation geführt, welche in der Nähe von Paris im Orte Billancourt an der Seine eine riesige Eisfabrik für eine Leistung von etwa 500000 kg pro Tag errichtete und mit derselben den grössten Teil des Eisbedarfes von Paris zu decken im stände ist. Diese Eisfabrik wurde für vier Doppelkompressoren nach dem amerikanischen System de la Vergne projektiert, von welchen drei Doppelkompressoren, jeder für eine tägliche Erzeugung von 120000 kg bereits in Betrieb gesetzt wurden. Diese Kompressoren sind in einem Maschinenhaus von riesigen Dimensionen, 30 m Länge, 12 m Breite und 12 m Höhe, nebeneinander aufgestellt und ist jeder derselben von einer Dampfmaschine von 500 PS angetrieben. Die Kompressoren haben die bekannte Konstruktion mit senkrecht stehenden Kompressionscylindern. Hinter jedem Doppelkompressor sind die zugehörigen Oelabscheider und Ammoniaksammler aufgestellt. In einem anstossenden kleineren Maschinenraum sind die Pumpen sowie die Dynamomaschinen für Beleuchtung und Kraftübertragung, welche sämtliche Arbeiten in der Fabrik ausführen, aufgestellt. Die verwendeten Pumpen sind sogen. Mammutpumpen, welche das Wasser aus Brunnen in einer Tiefe von 50 m heben. Der Betrieb dieser Pumpen erfolgt durch Luftkompressoren nach System Burckhardt in Basel, welche die Luft auf 3 at komprimieren. Das mittels der Mammutpumpen aus den Brunnen gehobene Wasser wird in tiefliegenden Reservoiren gesammelt, aus diesen vermittelst zwei Blake-Dampfpumpen in vier Hochreservoirs gehoben, die in der Höhe des ersten Stockwerkes aufgestellt sind. Hier ist auch die riesige Kondensationsanlage für das Ammoniak aufgestellt, durchwegs aus Berieselungskondensatoren bestehend; zunächst acht Kondensatoren zu je 14 Rohrschlangen, in welchen das mit Oel gemengte Ammoniak in vier Oelabscheidern getrennt wird, dann weitere 28 Kondensatoren zu 26 Röhren, wo die eigentliche Kondensation des Ammoniaks erfolgt. Eine gleich grosse, in der zweiten Hälfte des Raumes stehende Anlage dient als Reserve. Das von den Kondensatoren abfliessende Kühlwasser wird noch zur Dampfkondensation verwendet, das verflüssigte Ammoniak geht von hier durch zwei Rohre zu den Eisgeneratoren. Das zur Eisbereitung verwendete Wasser wird aus dem Abdampf der Dampfmaschinen gewonnen. Der Dampf wird zunächst durch Koksfilter geleitet und gelangt dann in einen mächtigen Kondensator, der in einem Reservoir eingeschlossen ist. Das kondensierte Wasser fliesst in drei grosse Kochapparate, wo es durch direkten Dampf gekocht und von der eingeschlossenen Luft befreit wird. Das auf diese Weise entlüftete Wasser wird in einem tiefer liegenden Reservoir in sechs eingebauten Kühlern abgekühlt, durch Holzkohlenfilter filtriert und in den cylindrischen Reservoirs gesammelt. Die Generatoranlage ist in einer an den Maschinenraum stossenden mächtigen Halle mit Glasdächern aufgestellt. Sie enthält insgesamt 4600 Zellen, jede für einen Eisblock von 135 kg, welche Zellen mittels eines Füllapparates mit dem gekühlten Wasser gefüllt werden. Das Ausheben und Einsenken der Zellen erfolgt für jede Zelle einzeln mittels verschiebbarer Kranen, welche durch komprimierte Luft betrieben werden. Je zwei ausgehobene Zellen werden gleichzeitig in eines der vor den Generatoren befindlichen Auftaugefässe getaucht und die mächtigen Eisblöcke von je 135 kg durch Umkippen entleert. Das Ausfrieren einer einzelnen Zelle dauert 60 Stunden. Die Zellen sind 55 cm lang, 27 cm breit und 1,2 m tief; jeder der vorhandenen sechs Generatoren enthält 38 Reihen von je 18 Zellen. Das Füllen der Zellen erfolgt automatisch und wird der Wasserzufluss durch ein grosses cylindrisches Schwimmerventil selbstthätig geregelt. Es werden immer je zwei nebeneinander liegende Zellen gleichzeitig ausgehoben, entleert und wieder gefüllt, und sind für jeden der sechs Eisgeneratoren je zwei Auftauapparate vorhanden. Jede einzelne Zelle ist mit einem abhebbaren Holzdeckel verschlossen. Die grosse Generatorenhalle bietet noch für die Aufstellung einer zweiten gleich grossen Anlage Raum. Dme ausgehobenen Eisblöcke werden in ein riesiges Eismagazin gelagert, welches 800000 kg Eis fasst und welches durch direkte Ammoniakverdampfung gekühlt wird. Aus diesem Magazin erfolgt die Expedition von einer längs desselben laufenden Rampe, vor welche die Eiswagen auffahren. Für die Versendung nach Paris stehen 200 grosse Eiswagen zur Verfügung, überdies wird ein grosser Teil des erzeugten Eises per Bahn verfrachtet, und zwar geschieht die gesamte Verfrachtung und Verführung des Eises durch ein eigenes Unternehmen. Der für 1 t = 1000 kg erzielte Preis variiert zwischen 30 und 40 Frcs. Die Kesselanlage umfasst fünf Multibular-Röhrenkessel, System Babcock-Wilcox, und bietet das Kesselhaus noch für eine Vergrösserung auf die doppelte Anzahl Raum. Nach den bisherigen Betriebsresultaten wurden mit je 1 kg Kohle 8 kg Eis erzeugt. Die Anlage dieser Eisfabrik, welche ein Kapital von 6 Millionen Frcs. erforderte, gehört nach ihrer Disposition und Ausführung zu den schönsten in der Welt bestehenden Anlagen und hat der ausführenden amerikanischen Maschinenfabrik vollste Anerkennung eingetragen. Eine neue lichtempfindliche Zelle. Während die bisherigen Selenzellen eine flache Form hatten und in ein mit zwei Klemmen versehenes Mahagonikästchen eingebaut waren, ist die neue Ruhmer'sche lichtempfindliche Zelle (D. R. P. ang., D. R. G. M.) cylinderförmig und zum Schütze gegen Beschädigung und Einflüsse der Atmosphäre in eine evakuierte Glasbirne eingeschlossen. Die Zelle ist mit einer Gewindefassung versehen, mittels deren sie in jeder Glühlampenfassung befestigt werden kann, was ein sicheres und bequemes Experimentieren ermöglicht (vgl. Figur). Besonders geeignet erweist sich diese neue, elektrotechnisch recht brauchbare Form der Zelle bei Anwendung von Parabolspiegeln zur drahtlosen Telephonie. – Die Zellen sind von fast unbegrenzter Haltbarkeit, absolut konstant und dank eines ganz neuen Herstellungsverfahrens bei verhältnismässig niederem Widerstand ausserordentlich lichtempfindlich, so dass sie auf die geringsten Belichtungsschwankungen reagieren. Textabbildung Bd. 317, S. 292 Der Elektrotechnik eröffnen sich dadurch ganz neue Perspektiven, und werden wir demnächst über einige sehr interessante Anwendungen dieser neuen Zellen, die sich im praktischen Betriebe bereits aufs beste bewährt haben, berichten. – Die Zellen werden in Ruhmer's physikalischem Laboratorium Berlin hergestellt. Bücherschau. Theorie der Schaft- und Jacquardgewebe. Von Anton Gruner. Mit 86 Tafeln in Farbendruck, enthaltend 264 Figuren. Wien 1902. A. Hartleben. In leicht fasslicher und gedrängter Form ist das Wesentlichste aus der Bindungslehre der wichtigsten Schaftgewebe und der charakteristischen Jacquardgewebe besprochen. Die Art und Weise, wie die einzelnen Schaftgewebe zur bildlichen Darstellung gelangen, entspricht zum grossen Teile den Vorschriften, wie dieselben an den österreichischen Webeschulen Gültigkeit haben. Das Gewebebild ist rot auf dem Linienpapier gezeichnet, wobei ein Bindungsrapport schwarz gezeichnet erscheint. Schwarz sind auch ausgeführt: über dem Gewebebilde der Einzug in die Schäfte, rechts neben dem Gewebebilde die Trittweise und in der oberen Ecke rechts in den entsprechenden Quadrätchen die Schnürung der Schäfte mit den Tritten. Die Anordnung ist sehr übersichtlich und gestattet leicht die Einwirkung der einzelnen Angaben auf das Gewebebild zu erkennen. Mit den Grundbindungen beginnend, kommen dann die einzelnen Ableitungen dieser Bindungen zur Besprechung, dann folgen der Reihe nach: die verstärkten Bindungen, brochierte Gewebe, verschiedene komplizierte Gewebe, Dreherbindungen, die wirklichen Florgewebe und schliesslich diverse Gewebearten, als: Chenille, Knüpfteppiche und Randbindungen. Im weiteren Verlaufe der einzelnen Abhandlungen ist der Vorgang abweichend von der gewöhnlichen Ordnung, indem parallel mit Schaftgeweben gleich gleichartige Muster- oder Jacquardgewebe behandelt werden. Es wird daher des Gebiet der Schaftgewebe gemeinschaftlich mit dem Gebiete der Jacquardgewebe verbunden, eine Methode, die nicht in allen Fällen dieselben Vorteile bieten dürfte. Für den Praktiker, der eine Ausbildung im speziellen Gebiete anstrebt, wird das Werk in vielen Fällen vollkommen entsprechende Dienste leisten. Für einen Webeschüler, der für sein zukünftiges Wirken auf dem Gebiete der Weberei in der Schule den entsprechenden Grundstock erhalten muss, wird dieses Werk mehr als Hilfsbuch und weniger als Lehrbuch Vorteile bieten können. Da empfiehlt es sich eher, beide Gebiete getrennt und nacheinander zu behandeln. Mit besonderer Sorgfalt finden wir die „Schlagweise“, d.h. das Lesen der Patrone für den Kartenschläger, angegeben, gewiss mit voller Begründung, denn dies ist doch die Hauptsache für den Weber und wird öfters nicht immer so sorgfältig beschrieben, wie dies im vorliegenden Buche der Fall ist. Mit den vorgeführten Dreherbindungen ist auch der Nachweis erbracht, dass sich alle derartigen Verflechtungen für Schaftdreher ebenfalls mittels Linienpapier herstellen lassen. Wenn der Verfasser in gedrängter Kürze über den systematischen Entwickelungsgang der Bindungslehre, und zwar von der einfachen Grundbindung bis zum mehrfachen Gewebe, hauptsächlich aber bis zur komplizierten Jacquardausführung eine Uebersicht zu geben bestrebt gewesen, so hat er wohl das angestrebte Ziel erreicht und wird diese neue Erscheinung auf dem Gebiete der Webereilitteratur in erster Reihe dem Praktiker einen guten Ratgeber abgeben und auch dem jungen Webeschüler, nachdem er bereits einige Kenntnis in der Theorie der Weberei erlangt hatte, eine schätzenswerte Unterstützung in seinen weiteren Bestrebungen bieten. Schliesslich sei bemerkt, dass alle Figuren sehr rein und gründlich ausgeführt worden sind und die äussere Ausstattung des Buches als sehr geschmackvoll bezeichnet werden muss. Dem gegenüber erscheint der Anschaffungspreis wirklich sehr mässig.