Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, Miszellen, S. 446
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Der Entwurf von Gleichstrommotoren für veränderliche Geschwindigkeiten. In einem in „The Electrical Review“ vom 22. April 1904 erschienenen Aufsatz kommt Franklin Punga zu Ergebnissen, die von denen, die M. H. Hobart in derselben Zeitschrift vom 4. Dezember 1903 gab, ziemlich abweichen. Nach Letzterem kosten Motoren mit veränderlicher Geschwindigkeit nicht mehr als die mit gleichbleibender Geschwindigkeit, sofern nur eine gewisse Grenze nicht überschritten wird. Dieser Vergleich wird allerdings auf einen unveränderlichen Motor für die untere Geschwindigkeitsstufe bezogen. Nach Punga muss man für vorliegenden Zweck vorteilhaft von den Normaltypen abgehen und Spezialtypen mit grösserem Durchmesser bauen. Eine Normaltype mit einer Tourenzahl, die der oberen Geschwindigkeitsstufe entspricht, kann die untere Geschwindigkeitsstufe nicht erreichen, da die Ankerverluste bei geringerer Ventilation etwas wachsen. Eine für geringe Tourenzahl normale Type lässt nur Geschwindigkeitserhöhungen zu bis zur Erreichung der zulässigen Reaktanzspannung, die proportional der Geschwindigkeit wächst. Die Reaktanzspannung ändert sich in höherem Maasse als die Erwärmung des Ankers, weshalb es besonders darauf ankommt, diese klein zu halten. Die von Hobart angegebene Formel für die Reaktanzspannung er = 2 π × Frequenz der Kommutation × Induktanz einer Armaturenspule × Strom in einem Leiter formt Punga in folgende, für den vorliegenden Fall besser brauchbare um: e_r=2\,\pi\,n\,(a+0,1\,b)\,\frac{E\,\cdot\,J}{\mbox{Arm}\,\cdot\,c\,\cdot\,G\,\cdot\,S\,\cdot\,\mbox{Einheiten.}} n: Windungszahl einer Armaturspule, a: Länge der Windung im Eisen, b: Freie Länge der Windung. J: Motorstrom, Arm. c. G. S. Einheiten: Sämtliche Linien, die in den Anker eintreten.] Aus dieser Formel ergibt sich, dass die Reaktanzspannung um 30–40 v. H. heruntergeht, wenn man den Durchmesser um 10 v. H. vergrössert. Es wachsen nämlich die Armatur-Kraftlinien, mithin fallen die Armaturwindungen. Da die Kommutatorsegmentzahl vergrössert werden kann, geht die Windungszahl f. d. Ankerspule quadratisch herunter. Dieser günstige Fall wird eingeengt, wenn man bei Vergrösserung der Geschwindigkeit auf konstruktive Schwierigkeiten stösst, und wenn die Normaltype schon nur eine Windung f. d. Spule hatte In diesem letzten Falle gewinnt man bei Vergrösserung des Ankerdurchmessers um 10 v. H. nur eine Verringerung der Reaktanzspannung um 12–15 v. H. Mit der Vergrösserung des Durchmessers wachsen die Kosten ungefähr proportional, d.h. die Kosten der Motoren für veränderliche Tourenzahl wachsen, wenn auch für die Mehrzahl der Fälle nicht bedeutend. Es werden sich demnach Niederspannungs- und kleinere Motoren – erstere sind gewöhnlich weit von der Funkengrenze entfernt, letztere haben mehrere Windungen f. d. Armaturspule – mit geringem Kostenaufschlag bauen lassen, während bei grösseren Motoren die Mehrkosten schon ins Gewicht fallen. An einem Entwurf eines 7 PS Motors für 125 Volt wird gezeigt, dass bei einer Vergrösserung des Ankerdurchmessers von 28 auf 40 cm die Reaktanzspannung auf etwa ein Zehntel heruntergeht. Als Normaltype würde der Motor bei 300 Touren eine Reaktanzspannung von 1,58 Volt haben. Seine Tourenzahlkönnte bis zur Erreichung der Funkengrenze auf 665 hinaufgetrieben werden. Schliesslich kommt Punga noch auf den glatten Anker zu sprechen, der sich, wenn er mit kleinem Durchmesser und grosser Armaturlänge gebaut wird, für vorliegenden Zweck und für alle Fälle, in denen es auf geringe Reaktanzspannung ankommt, sehr gut eigne. Hier ist jedoch zu erwähnen, dass der glatte Anker für grössere Geschwindigkeiten gegen den Nutenanker in mechanischer Hinsicht sehr im Nachteil ist und ausserdem wird er auch teurer als ein Nutenanker, selbst, wenn man diesem eine Kompensationswicklung gibt, die die Reaktanzspannung bei richtiger Abmessung auf 0 bringt und den Preis nur etwa um. 10 v. H. erhöht. Da man bei Anwendung von Kompensationswicklungen z.B. in Form von Wendemagneten die Normaltypen für sehr grosse Geschwindigkeitsänderungen beibehalten kann, so kann man behaupten, dass in dieser Richtung die Entwicklung der vorliegenden Frage liegen wird. Kompensierung des Spannungsabfalles in Eisenbahnschienen. In einem vor kurzem in der E. T. Z. veröffentlichten Aufsatz berichtet Dr. Behn-Eschenburg über die Versuche, welche zur Feststellung des Spannungsabfalles in Eisenbahnschienen beim Betriebe mit Wechselstrom durchgeführt worden sind. Der Spannungsabfall in Eisenbahnschienen spielt in der Praxis der Telephon- und Telegraphenbetriebe eine wichtige Rolle. Da diese Schwachstromanlagen in der Regel die Erde als Rückleiter benutzen, so liegen sie zu der (geerdeten) Schienenleitung parallel. Je nach dem Spannungsunterschied an den Endpunkten der Schwachstromleitung, d.h. je nach dem Spannungsabfall in den Schienen wird ein gewisser Bruchteil des Arbeitstromes der Bahnanlage seinen Weg nach der Zentrale durch die Telephon- und Telegraphenleitung nehmen. Die Folgen sind: Ansprechen der Relais der Telegraphenämter, oder der Signalglocken der Telephonapparate und Summen in den Hörröhren der Fernsprecher. Das störende Geräusch in den Hörröhren der Fernsprecher nimmt mit der Periodenzahl des Wechselstromes oder der Zahl der periodischen Stromschwankungen in der Sekunde (beim Gleichstrombetrieb) zu und erreicht bei einer Frequenz von etwa 400 /sek. sein Maximum. Von dieser Grössenordnung ist die Frequenz der kleinen Spannungsschwankungen der Gleichstromgeneratoren, die durch den Kommutierungsvorgang verursacht sind. Beim Betriebe mit Wechselstrom sind es die höheren harmonischen Pulsationen, die den Telephonbetrieb ungünstig beeinflussen. Aus diesem Grunde kann die Erniedrigung der bei dem Bahnbetrieb üblichen Frequenz (20 bis 30 /sek.) allein das Uebel nicht abschaffen, ganz abgesehen davon, dass die in den Schwachstromanlagen gebräuchlichen Relais und Signalapparate gerade gegen die Stromschwankungen niedriger Frequenz sehr empfindlich sind. Nur durch die tunlichste Erniedrigung oder Kompensierung des Spannungsabfalles in den Schienen kann man die Beeinflussung der Schwachstrombetriebe beheben. Der Gleichstromwiderstand einer 7 Meter langen Eisenbahnschiene von 45 qcm Querschnitt beträgt etwa 0,000218 Ohm. Dieser wächst infolge des Sinkeffektes beim Betrieb mit Wechselstrom von 500 /sek. auf das 65 - fache, bei einer Frequenz von 1960 /sek. auf das 187-fache. Der Widerstand einer 1 km langen Strecke ist danach, wenn die beiden Schienen parallel geschaltet sind, bei 500 /sek. gleich etwa 100 Ohm. Bei 25 /sek. bis 50 /sek. ist die Zunahme des Widerstandes nicht so gross. Immerhin ist bei 50 /sek. der Widerstand eines Eisenstabes von 30 mm Durchmesser 20 Mal so gross, wie bei Gleichstrom. Zu dem Widerstände der Schienen selbst kommt noch der Widerstand der Verbindungsstellen, Schienenstösse, der, wenn die Verbindung alt ist und sich im Betriebe gelockert hat, den Widerstand der Schienen selbst nicht selten übersteigt. Bei Wechselstrom kommt zu dem ohmschen Spannungsabfall noch der induktive hinzu, der von der gegenseitigen induktiven Beeinflussung der Schienen und der Oberleitung herrührt. Um die Grössenordnung des Spannungsabfalles in der Schienenleitung zu bestimmen, sind von der Maschinenfabrik Oerlikon Messungen an einer Versuchsgleisanlage ausgeführt worden. Die Gleisanlage war 400 m lang und bestand aus 6,5 m langen Schienen von 37 qcm Querschnitt. Die Oberleitung (aus Kupferdraht von 8 mm Durchmesser) war von den Schienen um etwa 4 Meter entfernt. Die beiden Schienen waren parallel geschaltet und die Schienenstösse durch 10 mm starke Kupferdrähte von 1 Meter Länge überbrückt. Aus einer langen Versuchsreihe ergab sich der Spannungsabfall bei 100 Ampére und 25 /sek. gleich etwa 35 Volt für den Kilometer Entfernung, bei 50 /sek. gleich etwa 58 Volt (Bei Gleichstrom 20 Volt). Textabbildung Bd. 319, S. 447 Fig. 1. Um den Spannungsabfall in den Schienen tunlichst zu kompensieren, schlägt die Maschinenfabrik Oerlikon folgende Anordnung vor. Parallel zu den Schienen 5 und der Oberleitung O (Fig. 1) wird eine starke Hilfsleitung L gezogen, die an einzelnen Stellen mit den Schienen leitend verbunden ist und diese jn mehrere Einzelstrecken teilt. In einzelnen Strecken dieser Hilfsleitung sind nun sekundäre Wicklungen W2 eines Transformators geschaltet, dessen Primärspulen W1 von dem Strom der Oberleitung durchflössen sind. Diese Transformatoren sind so berechnet, dass sie sekundär eine elektromotorische Kraft erzeugen, die gleich dem Spannungsabfalle in der Strecke der Hilfsleitung ist. Dadurch wird erreicht, dass der Strom nur auf derjenigen Strecke die Schienen durchfliesst, auf der sich gerade der Wagen befindet, in allen übrigen aber seinen Wegdurch die Hilfsleitung L nimmt. Dies lässt sich leicht wie folgt erweisen. In der Strecke a b der Hilfsleitung L erzeugt der Transformator eine Spannungsdifferenz V. Wird a b nicht vom Strom durchflössen, so ist in a das Potential höher als in b und in dem Stromkreise ab c d wird ein Strom erzeugt, der in der Schienenstrecke c d die Richtung von c nach d hat und sich dem Arbeitsstrom entgegensetzt. Fliesst aber der gesamte Rückstrom durch L, so ist der ohmsche Spannungsabfall im a b gleich V und die beiden Punkte a und b befinden sich auf gleichem Potential. Die Schiene wird stromlos. Der Spannungsabfall in den Schienen wird durch diese Anordnung nahezu vollständig ausgeglichen, derjenige in der Oberleitung dementsprechend um den Spannungsabfall in den Primärspulen der Transformatoren T erhöht. Der gesamte Spannungsabfall wird so von der Oberleitung allein übernommen. Die Schwachstromanlagen sind dadurch vor den Abzweigströmen geschützt. Gegenüber einer Anlage mit besonders verlegter Rückleitung hat die beschriebene Einrichtung den Vorzug, dass durch sie die Anordnung des zweiten Stromabnehmers entbehrlich wird, da die Räder als ein Stromabnehmer wirken. Eisenbahn-Automobilwagen. Der auf S. 313 dieses Bandes erwähnte Eisenbahn-Automobilwagen der Königl. Sächsischen Staatsbahnen befindet sich seit nunmehr eineinhalb Monaten in dauerndem Betrieb auf der Strecke Arnsdorf-Pirna. In Anbetracht der sehr schwierigen Streckenverhältnisse ist seine Leistung als durchaus zufriedenstellend zu bezeichnen. In der Ebene erreicht er bis 45 km/St. Geschwindigkeit, auf der 8 km langen Steigung von 1 : 60 noch 20–25 km. Die gegenüber dem Württembergischen Wagen etwas geringere Geschwindigkeit dürfte dem grösseren Gewicht, das gegen 17000 kg beträgt, zuzuschreiben sein. Als Betriebsstoff wird Motorenspiritus mit 10 v. H. Benzolzusatz verwendet, zum Anlassen dient Benzin. Der Verbrauch an Brennstoff und Oel, über den genau Buch geführt wird, scheint zurzeit noch etwas hoch, trotzdem ist der Betrieb noch wirtschaftlich, vor allem wegen der Ersparnis an Personal, das nur aus Führer und Schaffner besteht. Die Fahrt selbst ist durchaus angenehm, von den Erschütterungen der Maschine ist kaum etwas zu spüren, auch bei Stillstand des Wagens, solange der Führer die kritischen Tourenzahlen des Motors vermeidet, bei denen das obere Wagengestell in Resonanzschwingungen gerät. Geräusch und Geruch sind gering, das Fehlen des Rauches macht sich durch eine ungewohnte Sauberkeit des Aeusseren sehr angenehm bemerkbar. W. Pfitzner. Bücherschau. Die selbsttätige Zugdeckung auf Strassen-, Leicht- und Vollbahnen. Von Ludwig Kohlfürst. 367 Seiten Text mit 220 eingedruckten Abbildungen. Stuttgart. Ferdinand Enke. Das Buch behandelt ein Gebiet, das den Lesern dieser Zeitschrift durchaus nicht fremd ist und auf dem sie durch zahlreiche Aufsätze stets auf dem Laufenden erhalten werden, von denen viele im Text zerstreut als Quellennachweis aufgenommen sind. Des Oefteren haben auch wir Gelegenheit genommen, auf die gründe für das Streben nach allen Anforderungen entsprechender Zugdeckung hinzuweisen, was der Verfasser in die Worte zusammenfasst: Fortentwicklung der Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten und Verbesserung der Zugsicherung stehen in innigstem Zusammenhange. Dazu kommt die Zugdichte, die es nicht mehr gestattet, an sich brauchbare, von Hand bediente Signale in den kurzen Zeitabständen der Züge von Hand umzustellen, sondern nach Selbsttätigkeit hindrängt, die auch in wirtschaftlicher Beziehung bei Leichtbahnen mit starkem Verkehr zur Vermeidung von ständigen Signalwärtern dringlich wird, zumal der Signale aus Betriebsrücksichten nicht immer entraten werden kann. Das auf dem Gebiete Erdachte ist von dem Verfasser als berufensten Kenner zahlreich zusammengetragen. „Das Buch ist einzig in der Absicht entstanden, den Lesern über das auf dem gebiete der selbsttätigen Zugdeckung bisher Erdachte und Bestehende einen umfassenden Ueberblick darzubieten und hinsichtlich der verschiedenen Anordnung ein kritisches Urteil gewinnen zu lassen.“ Die Anordnung des Stoffes selbst ist höchst übersichtlich; das Buch zerfällt in drei Abschnitte: 1. Eisenbahnsignaleim allgemeinen und Zugdeckungssignale im besonderen. II. Zugdeckungssignaleinrichtungen mit teilweiser Selbsttätigkeit III. Rein selbsttätige Blocksignaleinrichtungen Sämtliche Systeme werden in ihrer Wirkungsweise sehr eingehend an Hand von Stromlaufskizzen, schematischen Darstellungen der Zugfahrten und deren Sicherungen und ihre Bewährung bezw. Aussicht auf praktische Verwendbarkeit kritisch beleuchtet. Indessen bleibt die konstruktive Durchführung der Systeme meist unbesprochen. Vielleicht nicht unbeabsichtigt; denn sicherlich wäre der Stoff dadurch ins Ungemessene gewachsen, die klare Durchsichtigkeit desselben verloren gegangen und das Buch hätte dadurch an Wert einbüssen können. Jedoch können wir uns nicht verhehlen zu sagen, dass für die Beurteilung eines Zugsicherungssystems nicht nur dessen Grundgedanke, der alle Betriebsbedingungen erfüllt, und die Möglichkeit ihn konstruktiv zu gestalten massgebend sind, sondern auch die tätsächliche Ausführung der Einzelteile selbst und ihr Verhalten gegen Abnützung und Witterungseinflüsse, wie Feuchtigkeit, Schnee und Eis oder sonstige Zufälligkeiten: Zwischen dem zu Papier gebrachten Erfindergedanken und der betriebssicheren Verwendbarkeit liegt häufig eine grosse Kluft, die zu überbrücken der konstruktiven Durchführung der Einzelteile nicht immer gelingt. In dem ersten Abschnitt wird zunächst das Wesen der Eisenbahnsignale und ihre Fernbedienung behandelt. Nach kurzer Besprechung der mechanisch bedienten Signale weist der Verfasser auf die Bedeutung der durch elektrische Glühlampen gegebenen Signale hin und glaubt in den elektrischen Starkstrom die Energie zur Bewegung der Signalvorrichtungen und Erteilung der Signalbilder selbst zu sehen, die in Zukunft berufen ist, den Schwachstrombetrieb der mittelbar wirkenden Einzelsignale vollständig zu verdrängen, sobald nur erst Beschaffung und Unterhaltung der Sammler leichter und billiger geworden sein werden, wenn nicht, was wirtschaftlich am günstigsten ist, in der Nähe der Bahn liegende elekrische Betriebe zur Stromlieferung für Bahnzwecke mit herangezogen werden können Und wahrscheinlich wird es in absehbarer Zeit dahin kommen, auch an den Dampfbahnen entlang Speiseleitungen für elektrischen Starkstrom einzurichten und mit diesem nicht nur Signale, sondern auch am Wege liegende kleine Betriebe, wie Wasserpumpen, kleinere Bahnhofsbeleuchtungen zu versorgen: Manches ist in dieser Beziehung schon ernsthaft angebahnt. Die zur Sicherung des Zugverkehrs dienenden Signale lassen sich in drei Hauptgruppen unterbringen: Bahnzustandssignale, Annäherungssignale und die eigentlichen Zugdeckungssignale. Die Zugdeckung geschieht im regelmässigen Verkehr nach Raum- oder Zeitabstand; ersteres System ist das allein zuverlässige, letzteres kommt in Verbindung mit selbsttätigen Vorrichtungen in der Jetztzeit überhaupt nicht mehr in Betracht. Das Fahren der Züge in Raumabstand führt zu der bekannten Betriebsweise der Blockstrecken hin und wird eingehend behandelt; namentlich die Abhängigkeit der Länge der Blockstrecken von der Fahrgeschwindigkeit und Zugdichte. Als das Vollkommenste, was man auf dem Gebiete der Zugdeckung für Vollbahnen überhaupt anstreben kann, bleibt das System, in dem die Handhabung der Blocksignale derart an die Wärter überantwortet ist, dass diese ihre Einsicht und ihr Sachverständnis nicht nur beim Gebrauch der Signalmittel, sondern auch für die Zug- und Bahnbewachung zu verwerten imstande sind, während ihnen durch die besondere Anordnung der Signalvorrichtung und namentlich durch den Einfluss, den der vorüberfahrende Zug darauf ausübt, jeder gefahrbringende Irrtum und jedes solche Versehen unmöglich gemacht wird. Diese Blocksignalform wird allerdings rein selbsttätigen Systemen stets nur bedingungsweise vorzuziehen sein, nämlich dort, wo wegen der raschen Zugfolge für die ruhig überlegte, klar bewusste Bedienung der Blocksignale durch Beamte die erforderliche Zeit nicht mehr zur Verfügung steht. Als Beispiel sei angeführt, dass das weitverbreitete Blocksystem nach Siemens & Halske noch bei Fünfminutenverkehr Signalbedienung von Hand gestattet. Bei den rein selbsttätigen Blocksignalen hat der fahrende Zug eine doppelte Aufgabe zu erfüllen: 1. Das Signal auf Halt zu stellen und sich dadurch zu sichern, wenn der ganze Zug an ihm vorbei gefahren ist. 2. Nach Durchfahrt der Blockstrecke im Wege der Fernbedienung dieses Signal an ihrem Anfang wieder auf freie Fahrt zu stellen und damit das Fahrverbot aufzuheben. Diese Aufgabe wird in verschiedener Weise gelöst, wie im Abschnitt III näher ausgeführt wird. Die wichtigste Forderung bei allen Systemen, ob rein selbsttätig oder nur teilweise, bleibt die, nach welcher bei Störungen der Anlage, wie Reissen von Leitungsdrähten, Versagen von elektrischen Stromketten, mangelhaften oder zu kurze Zeit erfolgenden Stromschlüssen, mechanischen Fehlern der Signale, Versagen infolge Witterungseinflüssen, nie ein Fahrsignal, sondern nur stets ein Fahrverbot erscheinen darf. Eine weitere wichtige Forderung bleibt die Freizügigkeit aller Betriebsmittel, d.h. die Vermeidung von Einrichtungen an diesen, welche eine Verwendbarkeit auf einigen Strecken des Netzes beschränken würden. Da die elektrische Energie wohl nur als Arbeitsträger in Frage kommen kann, so wird ihrer Erzeugung grosses Gewicht beizulegen sein und die Frage, ob Schwach- oder Starkstrom – Elementen- oder Dynamostrom – noch einer endgültigen Lösung harren. Auch die Leitung selbst ist noch dem Versuch unterworfen, ob Freileitung an blanken Drähten, unterirdisch verlegte Kabel oder die Schienen als Stromleiter zu verwenden sind. In dem letzten Absatz zu I geht der Verfasser auf die selbsttätigen Blocksignale amerikanischer Eisenbahnen als Vorstudie zu allen folgenden Systemen ein, denn es ist nicht zu vergessen, dass die Strömung der selbsttätigen elektrischen Blocksignale von Amerika zu uns herübergeflutet ist. Im Abschnitt II, Zugdeckungs-Signaleinrichtungen mit teilweiser Selbsttätigkeit, wird zunächst die Zugdeckung unter Beihülfe der Zug- und Maschinenmannschaft besprochen: die elektrische Lokomotivlampe, die einen senkrechten Lichtkegel, 10 bis 15 km weit sichtbar warf und Hindernisse im Gleis bis auf 800 m erkennen liess, das Zugstabsystem verschiedener Ausführungsformen und in Verbindung mit Weichen- und Signalstellwerken, trotz Einfachheit doch zuverlässig Schutz bietend, einige Einrichtungen für Leichtbahnen, um eingleisige Strecken durch Sichtsignale, Läutewerke, Glühlampen bei Ersparnis von Streckenmannschaft zu sichern. In dem zweiten Absatz wird die Zugdeckung unter Beihülfe von Stationsbeamten und Streckenwärtern besprochen, welche die Verbesserung der ursprünglichen „Zugdeckung auf Raumabstand“ darstellt, die im Beginn der Entwicklung durch Bahnwärter ohne irgend welche ein Signal zur richtigen Zeit erzwingende Vorrichtung erfolgte. Das Bestreben, durch Einrichtungen menschlichen Irrtümern vorzubeugen, kennzeichnet den Entwickelungsgang dieses Systems, das zurzeit auf Vollbahnen ausgedehntesteVerwendung findet. Diese nur für den Handbetrieb erdachten Anordnungen haben sich im Laufe der Zeit nach zwei Richtungen zu teilweise selbsttätigen Blocksignalen ausgebildet indem der Zug entweder die Freigabe des nach Vorbeifahrt durch, den Wärter auf Halt gestellten Signals durch Aufheben einer Sperre auf elektrischem Wege nach Zurücklegung einer bestimmten Entfernung bewirkt oder das Signal nach Vorbeifahrt selbsttätig auf Halt fallen lässt und ebenfalls später wieder freigibt. Für diese Vorrichtungen sind die Blocksperren Siemens & Halske ein lehrreiches Beispiel. Der zweite grössere Teil des Buches wird durch den Abschnitt III „Rein selbsttätige Blocksignaleinrichtungen“ eingenommen, getrennt nach drei Absätzen: 1. mit standfesten Streckensignalen, 2. mit Signalen auf den Zügen, 3. mit Signalen auf der Strecke und auf den Zügen als Endziel, das die Erfinder als Ideal der Signalisierung anstreben. Es ist hier nicht Raum genug, auf alle ausführlich besprochenen Systeme näher einzugehen, die eine Anhäufung von Scharfsinn und unermüdlichem Erfinderschaffen darstellen. Besonderes Interesse darf die Blocksignalanlage der Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel in Anspruch nehmen, da dies System den strengsten Anforderungen der Vollbahnen entspricht und, schon ein paar Jahre tadellos arbeitend, sich nach Anordnung und Ausführung, sowie rücksichtlich des unmittelbaren Starkstrombetriebes nach Ansicht des Verfassers als ein richtiger Vorläufer und Bahnbrecher für das Signalwesen der zukünftigen Schnellbahnen darstellt. Auch das auf der Pariser Metropolitanbahn angewendete Hall'sche Blocksignal mit Streckenstromschalter, das mit bestem Erfolge seine Aufgabe erfüllt, und Westingshouse's mit Gleisleitung betriebenes Blocksignal unter Verwendung von Druckluft als Energieträger zur Stellung der Signale, das auf der elektrischen Untergrundhochbahn in Boston in Betrieb ist, dürften die Aufmerksamkeit aller Fachleute auf sich ziehen. Höchst belehrend ist die Mitteilung, welcher Wert auf schulgemässe Ausbildung der Wagenführer und Schaffner in Amerika gelegt wird, indem diese auf einer Uebungsstrecke mit Schulungszug eine längere praktische und theoretische Vorübung durchmachen müssen, bevor sie zum Ablegen einer strengen Prüfung und danach zur Dienstleistung zugelassen werden. Kaum hatte die im Jahre 1841 in England eingerichtete erste elektrische Signalanlage ihre Brauchbarkeit erwiesen, als schon der Gedanke auftauchte, die Signale auf dem fahrenden Zuge selbst erscheinen zu lassen. Wenige von den vorgeführten Einrichtungen sind vorübergehend zum Probeversuch verwendet worden und doch sind auf diese Art der Zugsicherung die meiste Geistesarbeit und die grössten Ausgaben für Modelle von den Erfindern verwendet worden. Die Einführung in die Praxis scheitert eben nicht an den geistreich erdachten Einrichtungen, sondern an deren praktischer Ausführung, wie eingangs erwähnt, namentlich an der Verbindung zwischen Strecke und fahrenden Zug. Auch sind sich die Betriebstechniker noch nicht klar, ob es genügt dass dem Lokomotivführer nur angezeigt wird, dass er in wenigen Sekunden an einem Signal vorbeifahren wird oder ob er selbst das Signalbild vollständig auf der Lokomotive erhalten soll. Wertvolle Dienste wird wohl einst die drahtlose Telegraphier mittels Induktion dem Eisenbahnbetriebe leisten. Leider sind die in dieser Richtung angestellten Versuche im Buche nicht beschrieben, sondern nur durch Angabe, wo darüber näheres in der Literatur zu finden ist, erwähnt worden. Da die Verbindung von Strecke und fahrendem Zug durch mechanische Hilfsmittel mannigfachen Schwierigkeiten begegnet so ist ein System von Interesse, dem der Verfasser zwar keinerlei praktische Verwertung zuspricht, aber doch wegen der sinnreichen Einrichtung eingehende Behandlung zuteil werden lässt Boult erzeugt ein langes, magnetisches Feld im Fahrgleis, das auf die darüber fahrenden Züge Induktionswirkungen ausübt, vermöge derer auf der Lokomotive Relais umgestellt und elektrische Ortsströme geschlossen werden, die als letzte Folge Signalzeichen hervorrufen. Es ist noch hinzuzufügen, dass mit all diesen Systemen, ebenso wie mit den folgenden die Aufgabe der selbsttätigen Auslösung der Bremse von der Strecke aus bei Haltstellung des Signals verbunden ist, die bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst worden ist. Eine Vereinigung der beiden Signalsysteme, Signale auf der Strecke und am Zuge, hat nur in zwei Ausführungen Erprobung gefunden, alle anderen sind Entwurfsarbeiten geblieben. Die Betriebstechniker stehen diesen Systemen sehr skeptisch gegenüber, weil durch die doppelte Signalisierung, meist noch verbunden mit selbsttätiger Zugbremsung, das Lokomotivpersonal zu einer bedenklichen Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit gegen die eigene Beobachtung der Streckensignale und der Strecke selbst verführt werde und die menschlich entschuldbare Unaufmerksamkeit bei Versagen der selbsttätigen Signal- und Bremseinrichtungen uni so schwerere Unfälle herbeizuführen imstande ist. Indessen glaubt der Verfasser, das sich dies System bei der immer steiler ansteigenden Entwicklungslinie des Eisenbahnbetriebes doch schliesslich den Eisenbahnen von selbst aufzwingen wird. Auf die einzelne Systeme kann hier nicht näher eingegangen werden. Hans A. Mortens.