Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 92
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Dreileiter-Systeme. In No. 17 des „Electrical World and Engineer“ vom 31. Oktober 1904 veröffentlicht F. Hardie Jeannin einen längeren Aufsatz über Dreileiter-Systeme, dessen interessanteste Teile hier wiedergegeben werden sollen. Die erste Einführung des Dreileiter-Systems stammt bekanntlich von Edison, der zwei hintereinandergeschaltete Dynamomaschinen an die beiden Aussenleiter anschloss, und den sogen. Nulleiter an den Verbindungspunkt der beiden Maschinen legte. In Fig. 1 ist diese Methode, welche zwei ganz gleich grosse und für die gleiche Spannung gebaute Gleichstrommaschinen voraussetzt, schematisch dargestellt. Die Belastung soll nach Möglichkeit auf die beiden Maschinen gleichmässig verteilt sein, damit der im Mittelleiter fliessende Differenzstrom möglichst klein ist. Wird die Belastung in L' (Fig. 1) grösser als die Belastung in L, dann muss die Mehrlast von der Maschine G2 geliefert werden und der Extrastrom fliesst durch den Mittelleiter zur Maschine zurück. Die Spannung in jedem Teilsystem wird durch Regulierung der betreffenden Maschine aufrecht erhalten, wozu man heutigen Tages alle möglichen Hilfsapparate, die diese Regulierung selbsttätig besorgen, verwenden kann. Textabbildung Bd. 320, S. 93 Fig. 1. Aus diesem einfachsten System lassen sich alle möglichen Variationen ableiten, von denen hier nur die wichtigsten erwähnt werden sollen. Wenn aus irgend einem Grunde die Aufstellung von zwei gleich grossen Maschinen untunlich ist, so kann man sich durch ein Verfahren helfen, das in Fig. 2 wiedergegeben ist. Hier hat man nur eine grosse Maschine, welche die volle Spannung der beiden Aussenleiter liefert sowie die gesamte Belastung L + L'. Um sich nun einen neutralen Punkt zu verschaffen, an den der Mittelleiter angeschlossen werden kann, werden zwei kleine Maschinen mg und Mg verwendet, deren Anker auf derselben Achse befestigt ist, oder die mechanisch gekuppelt und elektrisch hintereinander zwischen die beiden Aussenleiter geschaltet sind. Der Nulleiter ist an die Verbindung der beiden Maschinen, welche den neutralen Punkt darstellt, gelegt. Ist die Belastung der beiden Hälften L und L' ganz gleich, dann laufen die beiden Maschinen mg und Mg leer, ohne jede Belastung als Nebenschlussmotoren. Wird aber die eine Hälfte, etwa L' stärker belastet als die andere, d.h. wird der Widerstand W der L' verringert, so wird ohne Mittelleiter die Spannung in dieser fallen, entsprechend auf der anderen steigen, denn der Strom ist von dem Gesamtwiderstand W + W' abhängig \left(J=\frac{E}{W+W'}\right), die Spannung jeder Hälfte aber nur von ihrem Widerstand \left(E_L=J\cdot w'=\frac{E\,w'}{W+W'}\right), die Spannung zwischen den Aussenleitern aber wird konstant gehalten. Textabbildung Bd. 320, S. 93 Fig. 2. Wenn nun auf der L die Spannung steigt, so wird die Maschine mg höhere Tourenzahl annehmen und die mit ihr gekuppelte Maschine Mg als Generator antreiben und so auch in L' die Spannung erhöhen, während infolge der Mehrbelastung durch den Motor mg die Spannung in L zurückgeht, bis Gleichgewicht eingetreten ist. Die Stromlieferung für die mehrbelastete L' geschieht auf doppelte Weise, einmal durch den Strom des Motors mg und dann durch den Strom, den der Generator Mg in das Netz L' liefert. Da die unsymmetrische Belastung, wie man sieht, auf die beiden Maschinen mg und Mg verteilt wird, so kann bei einer einigermassen geschickten Berechnung des Leitungsnetzes die Gesamtlast so verteilt werden, dass die grössten Ungleichförmigkeiten einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, so dass die Grösse dieser Maschinen in bescheidenen Grenzen bleiben kann. Textabbildung Bd. 320, S. 93 Fig. 3. Will man ohne jede weitere Maschine mit nur einem Generator auskommen, so bleibt der Ausweg, dass man eine Art von rotierenden Umformern verwendet, d.h. Maschinen, die ausser dem Kollektor zur Abnahme des Gleichstromes noch zwei oder mehr Schleifringe besitzen, die mit symmetrisch gelegenen Punkten der Ankerwicklung verbunden sind und zur Entnahme von ein- oder mehrphasigen Wechselströmen dienen. In Fig. 3 ist der einfachste Fall schematisch dargestellt. Die Maschine G liefert durch den Kommutator C Gleichstrom in die beiden Aussenleiter O und O'. Der von den beiden Schleifringen c abgenommene Wechselstrom durchfliesst die Induktionsspule R, deren induktiver Widerstand eine solche Grösse hat, dass der Wechselstrom nur in einer ganz bescheidenen Grösse auftritt, während anderseits der ohmsche Widerstand sehr klein bleibt. An die Mitte dieser Spule ist der Mittelleiter N angeschlossen. Wenn nun infolge unsymmetrischer Belastung der beiden Hälften L und U der Nulleiter einen Extrastrom führt, so fliesst dieser als Gleichstrom unbehindert und ohne beträchtlichen Spannungsabfall durch den kleinen ohmschen Widerstand der Spule R zur Maschine G zurück. Der Nachteil dieses Systems liegt darin, dass bei ungleichförmiger Belastung die Spannung in den einzelnen Hälften nicht reguliert werden kann; in der stärker belasteten wird durch den grösseren Spannungsabfall die Spannung; sinken, trotzdem die Maschine auf konstante Spannung reguliert wird. Scheut man sich die Kosten der grossen Maschine durch, die besondere Ausrüstung mit Schleifringen zu erhöhen, so kann man, wie es in Fig. 3 durch gestrichelte Linien angedeutet ist, zu einer normalen Gleichstrommaschine einen kleinen rotierenden Umformer parallel schalten, der denselben Dienst, einen neutralen Punkt zu schaffen, versieht und ausserdem noch den Vorteil bietet, dass er bei höherer Tourenzahl betrieben werden kann, so dass bei der grösseren Periodenzahl die Grösse der Induktionsspule verringert werden kann. Die Induktionsspule R kann man auch durch einen Transformator ersetzen, und je nachdem man nun zwei, drei oder vier Schleifringe verwendet und dazu dem Transformator alle möglichen Schaltungsarten gibt, kann man eine grosse Reihe von Möglichkeiten schaffen, von denen vielleicht die eine oder andere kleine reelle oder eingebildete Vorteile besitzt, die aber alle in dem allgemeinen Prinzip enthalten sind. Eine interessante Anwendung eines dieser Systeme wurde von der General Electric Company für eine Anlage in Südafrika ausgeführt. Dieses System möge durch Fig. 4 schematisch wiedergegeben werden. G1 ist eine Gleichstrommaschine mit 50 Volt Spannung; dieselbe ist in Serie geschaltet mit einer zweiten, entsprechend grösseren Maschine G2 von 150 Volt Spannung, die ausser dem Kollektor noch vier Schleifringe besitzt. C ist ein Spannungsteiler, mit dessen neutralem Punkt o' der eine Nulleiter N' verbunden ist, während ein zweiter Mittelleiter N bei o an die Leitung zwischen den beiden Maschinen angeschlossen ist. Die beiden Aussenleiter sind O und O'. Die Anlage, bei der dieses System in Anwendung kam, enthält viele Motoren, die häufig angelassen werden müssen und bei den verschiedensten Tourenzahlen arbeiten sollen. Das geschieht, indem man die Motoren an die fünf Spannungen legt, die man, wie aus der Figur ersichtlich, zur Verfügung hat: 1. 50 Volt – Maschine G1 2. 75 Volt – eine Hälfte von Maschine G2. 3. 125 Volt – Maschine G1 + eine Hälfte von Maschine G2. 4. 150 Volt – Maschine G2. 5. 200 Volt – Gesamtspannung zwischen den Aussenleitern. Das Feld der Motoren wird natürlich konstant erregt, und zwar ist dieses an die Aussenleiter angeschlossen. Textabbildung Bd. 320, S. 94 Fig. 4. In Fig. 5 möge endlich noch ein Mittel angedeutet werden, mit Hilfe dessen der Spannungsabfall auf der stärker belasteten kompensiert werden kann. Die Zeichnung ist rein schematisch und sind alle Hilfsapparate weggelassen. Der Grundgedanke ist der folgende: Die unsymmetrische Spannung infolge der ungleichen Belastung wirkt derartig auf einen Hilfsapparat ein, dass zwei auf dem Spannungsteiler verschiebliche Punkte p und q proportional der Spannungsdifferenz von dem neutralen Punkte o entfernt werden. Bei gleicher Spannung in den beiden Hälften fallen die beiden Punkte mit dem neutralen Punkte zusammen und bei dem Uebergang der grösseren Belastung von der einen des Netzes auf die andere vertauschen sie ihren Platz. Sowie also ungleichförmige Spannung auftritt, wird durch die beiden Bürsten bei p und q ein Wechselstrom dem Spannungsteiler entnommen (in der Figur mit xx'x graphisch aufgezeichnet), dessen maximale Spannung der Grösse der Entfernung der beiden Punkte und damit der Spannungsdifferenz entspricht. Mit Hilfe eines eingeschalteten Stromwenders R wird dieser Wechselstrom in einen pulsierenden Gleichstrom (xxx) umgewandelt, dessen mittlere Spannung durch E gegeben ist. Diese Spannung addiert sich zu der Spannung der stärker belasteten Hälfte und hebt so den Spannungsabfall auf. Ist z.B. V''' die Spannung zwischen den beiden Aussenleitern, und ist L' stärker belastet so wird die Spannung in L' zu V=\frac{V'''}{2}+E und entsprechend die Spannung in L zu V'=\frac{V'''}{2}-E. Textabbildung Bd. 320, S. 94 Fig. 5. Bücherschau. Dr. J. Fricks Physikalische Technik von Otto Lehmann. Braunschweig, 1904. Friedr. Vieweg & Sohn. Der vorliegende erste Teil des ersten Bandes enthält die Beschreibung des Institutes in bezug auf seinen Bau und seine Ausstattung, also Gebäude, grosses Auditorium, Vorbereitungszimmer, kleines Auditorium, Sammlungs- und Verwaltungsräume und Räume für Mechaniker und Diener. Zugrunde gelegt ist im allgemeinen das physikalische Institut einer Universität oder technischen Hochschule; doch ist, wo es nötig erschien, auch auf Mittelschulen und einfachste Volksschulen Rücksicht genommen. Die im letzten Kapitel beschriebenen Räume für Mechaniker und Diener sind aber wohl selbst für physikalische Institute technischer Hochschulen etwas sehr reichlich ausgestattet. Da jedoch jeder Leiter eines solchen Institutes seine besonderen Neigungen hat, so wird sich der eine dieses, der andere jenes aus dieser grossen Menge auswählen. „Wer vieles bringt, bringt manchem etwas.“ Von allgemeiner Bedeutung sind sowohl die Vorrede wie das erste Kapitel. In der Vorrede bespricht Verfasser, was im Buche aufgenommen werden soll. „Natürlich was wichtig ist; aber was ist wichtig?“ Da hat man verschiedene Prinzipien, nach denen man diese Frage beantwortet: das konservative, das philosophische, das technische, das Modeprinzip – „Irgend eine Neuigkeit, die zufällig den Weg in die Presse gefunden, gibt dem Lehrer Veranlassung, sofort den entsprechenden Apparat zu beschaffen, und das Kabinett füllt sich statt mit brauchbaren, wohl durchgearbeiteten Unterrichtsapparaten mit Erstlingskonstruktionen, die bald ihren Wert verlieren“ – und das Gewohnheitsprinzip. Im ersten Kapitel des Textes selbst begründet Verfasser, warum er von Demonstrationsapparaten verlangt, dass sie gross und einfach sein müssen; warum das Auditorium möglichst einfach ausgestattet sein soll, und warum die Apparate nicht vor der Stunde auf dem Experimentiertisch aufgebaut, sondern erst unmittelbar vor ihrem Gebrauch aus dem Vorbereitungszimmer herbeigeschafft werden sollen. Letztere Massregel wird, wie Verfasser selbst zugibt, nicht allseitig anerkannt werden. Nicht nur in der Vorrede, sondern auch als Fussnoten zu fast jedem einzelnen Apparat und Werkzeug finden sich eine ganze Reihe von Bezugsquellen angegeben. Im Anhange des Buches haben eine grosse Reihe von Firmen Anzeigen ihrer Fabrikate abdrucken lassen. Der Vorschlag, auf das Schaltbrett der elektrischen Anlage die elektrischen Maschinen mit ihren Verbindungen abzubilden, so dass man sofort erkennt, zu welchem Teil eine Leitung führt, erscheint mir so praktisch, dass ich ihn hier ganz besonders hervorheben möchte. Wohl nur durch ein Versehen ist empfohlen worden, für das Gebäude des Institutes ein Gerippe aus Eisen herstellen zu lassen, welches dann durch wärme- und schalldichte Wände ausgefüllt wird. Dadurch würde ja ein grosser Teil magnetischer Versuche vollständig unmöglich gemacht werden. Das Buch wird sich in dieser siebenten Auflage zu den alten Freunden sicherlich viele neue erwerben. Dr. K. Schr. Zuschriften an die Redaktion! (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion). Bemerkungen zu dem Aufsatz in Heft 48–50, 1904, über: Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. Am Schluss des interessanten Aufsatzes des Herrn H. Rieche, Kassel, in Heft 50 Ihres geschätzten Blattes vom 10. Dezember 1904, betitelt: „Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen“ sind die Vor- und Nachteile einiger bekannter Anordnungen zum Senken der Last, sowie ein weiterer Vorschlag für denselben Zweck erläutert. Zu diesem Teil des Aufsatzes erlaubt sich der Unterzeichnete einige Bemerkungen zu machen. Herr Rieche behandelt im wesentlichen drei bekannte Bremsen und findet bei denselben folgende Eigenschaften: 1. Die Weston-Bremse. Dieselbe lässt nur Senkgeschwindigkeiten entsprechend der Tourenzahl des Motors zu. Der Stromverbrauch zur Senkbewegung ist ziemlich bedeutend. 2. Die elektromechanische Halte- und Senkbremse. Dieselbe besteht aus einer mechanischen Bremse, die durch einen Hauptstrommagneten gelüftet wird, welcher in den Betriebspausen die Bremse voll einfallen lässt, während des Senkens aber die Bremse nur so weit entlasten soll, dass die Last zwar mit erheblicher Geschwindigkeit abgehen, der Motor aber nicht durchgehen kann. Die Senkgeschwindigkeit lässt sich durch den Anlass. widerstand ändern. Der Stromverbrauch beim Senken ist ebenfalls bedeutend. 3. Die Senkbremsschaltung. Bei dieser arbeitet der Motor während der Senkbewegung als Generator, die Haltebremse wird durch einen Nebenschlussmagnet gelüftet. Der Stromverbrauch zum Senken beschränk sich auf den Bedarf des Elektromagneten und des evtl. Stromstosses für den leeren Haken. Die Senkgeschwindigkeit kann in beliebigen Grenzen geregelt werden. Die Last fällt, bevor der Motor als Dynamo arbeitet und dementsprechend bremsend wirken kann, einige Zentimeter frei. ad 1. Dem ungünstigen Urteil über die Weston bremse kann der Unterzeichnete nur zustimmen und möchte noch hinzufügen, dass die Abnutzung der Westonbremse eine ganz erhebliche ist. Da nämlich dem Motor beim Senken noch Strom zugeführt werden muss, um die sich selbsttätig festklemmende Bremse immer von neuem wieder zu lockern, so ist nicht nur die beim Senken der Last frei werdende mechanische Energie, sondern ausserdem noch die dem Motor während des Senkens zugeführte Energie in der Bremse zu vernichten, was natürlich einen entsprechend grossen Verschleiss der Bremse zur Folge hat. ad 2. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der unter 2. erwähnten elektromechanischen Senkbremse. Während aber die Westonbremse eine leidliche Regulierung bietet, ist die Regulierung dieser recht schlecht zu nennen. Man begegnet oft der ganz falschen Auffassung, dass sich beim Senken der Last ein gewisser Gleichgewichtszustand einstellt, indem für jede Stromstärke sich eine ganz bestimmte Zugkraft des Magneten und damit eine ganz bestimmte Entlastung der Bremse und bei gegebener Last daher eine konstante Senkgeschwindigkeit einstellt. Leider ist aber die Zugkraft eines Elektromagneten durchaus nicht allein vom Strom, sondern noch von vielen anderen Verhältnissen abhängig. Erstens ist es sehr schwer, einen Magneten zu konstruieren, der an jeder Stelle seines Hubes gleiche Zugkraft besitzt und zweitens ergeben sich durch mechanische Reibung, Induktion, Wirbelströme im Eisenkern und Hysteresis (ein Blick an die Hysteresiskurve zeigt ja schon, dass eine erhebliche Remanenz bei Nullstrom noch vorhanden ist) wesentlich andere Zugkräfte bei ansteigendem und abfallendem Strom. Schliesslich verringert sich der Strom eines Hauptstrommotors bei Entlastung auch höchstens nur um 50 v. H., sinkt also nie auf Null herab Eine derartige elektromechanische Senkbremse arbeitet daher nicht gleichmässig, sondern stossweise. Oft wird die Bremse beim Senken ganz gelüftet, statt nur entlastet zu werden und der Motor geht durch, ohne dass bei halbem Strom die Bremse wieder loslässt. Bei subtiler Einstellung des Bremsmagneten und möglichst konstanter Stromstärke des Motors, d.h. bei Verzicht auf weitgehende Regulierung lässt sich zwar ein Abfallen des Bremsmagneten vor dem Durchgehen des Motors erreichen, dann fällt aber die Bremse in der Regel so plötzlich ein, dass das Triebwerk leicht gefährdet wird. Dagegen hat der Unterzeichnete eine andere Form der elektromechanischen Bremse besonders bei Drehstromhubwerken mit gutem Erfolge verwandt. Dieselbe wirkt derart, dass durch einen Drehstrommagneten beim Senken der Last die Haltebremse mittels einer zwischengeschalteten Feder um einen ganz bestimmten unveränderlichen Betrag entlastet wird. Auf diese Weise ist es möglich, die Haltebremse gleichzeitig als Senkbremse zur künstlichen Belastung des Motors zu benutzen und für jede Last eine vorzügliche Regulierung zu schaffen. Als Nachteil bleibt der Stromverbrauch beim Senken leichter Lasten und die Abnutzung der Bremse bestehen. ad 3. Bei der Senkbremsschaltung ist von Herrn Rieche als einziger evtl. schwerer ins Gewicht fallender Nachteil der freie Fall der Last um einige Zentimeter, bevor der Motor als Dynamo arbeitet, angegeben. Gerade diese Behauptung veranlasst aber den Unterzeichneten zu einer Klarstellung, weil es seit etwa vier Jahren völlig gelungen ist, den freien Fall der Last in der ersten Senkstellung des Steuerapparates, praktisch völlig zu beseitigen, und weil der weiteren Einführung der Senkbremsschaltung, die sich bereits ganz allgemein und gerade bei den schwersten Kränen wegen ihrer vorzüglichen Eigenschaften Eingang verschafft hat, dieser für eine sachgemässe Ausführung des elektrischen Teiles nicht mehr berechtigte Tadel leicht hinderlich werden könnte. Der früher der Senkbremsschaltung tatsächlich anhaftende Fehler des beschleunigten Abganges der Last beim Beginn des Senkens ist nämlich dadurch völlig beseitigt, dass man der Hauptstromwicklung in der ersten Senkstellung, vergl. D. R. P. 120078, (bei einigen Ausführungen auch in allen Senkstellungen) einen kurzen Stromstoss aus dem Netz zuführt. Beträgt dieser Stromstoss z.B. nur ⅓ des Betriebsstromes, so hat der Motor schon während einer halben Umdrehung sein volles Bremsmoment entwickelt, ein Resultat, das unzählige Male am Kran und im Probierraum konstatiert wurde. Während dieser halben Umdrehung sinkt aber die Last höchstens um einige Zehntel Millimeter, ein Betrag, der mit blossem Auge überhaupt nicht erkannt werden kann Von einem freien Fall der Last, noch dazu um mehrere Zentimeter, ist somit gar nicht mehr die Rede. Das Senken der Last mit Senkbremsschaltung erfolgt ferner, da dieselbe von veränderlichen Reibungswiderständen unabhängig ist, wesentlich sanfter und gleichmässiger, als dies mit irgend einer mechanischen Bremse möglich wäre. Dass eine zweite Bremsvorrichtung erforderlich ist, kann ich nicht als einen wesentlichen Nachteil ansehen, da hierin eine zweite Sicherheit liegt; als Beweis möchte ich zwei Fälle aus meiner eigenen Praxis anführen: In einem Fall war durch einen Defekt die Senkbremsschaltung unwirksam, trotzdem war es dem Kranführer möglich, die Last in kurzen Absätzen zu senken lediglich unter Verwendung der Haltebremse. Im anderen Fall war die Haltebremse defekt und trotzdem war es möglich, mit dem Kran noch zu arbeiten lediglich unter Anwendung der Senkbremsschaltung (die Haltebremse war abgestützt). In beiden Fällen handelte es sich um Krane für Stahlwerke, bei denen ein zeitweiser Stillstand der Krane empfindliche Verluste verursacht haben würde. Schliesslich möchte ich noch auf den Vorschlag des Herrn Rieche eingehen, die Haltebremse als Senkbremse mit zu benutzen und die Regulierung dieser Bremse durch Regulierung des Bremsmagnetstromes zu bewirken. Dieser Gedanke liegt verhältnismässig nahe und ist schon mehrfach versucht worden. Ich halte jedoch die Durchführung für praktisch unmöglich und habe sowohl bei Gleichstrom wie Drehstrom stets negative Resultate erzielt. Wenn man bedenkt, dass ein gewöhnlicher Gleichstromhubmagnet mit konischen Polen oft erst bei 10 v. H. des Betriebsstromes das Bremsgewicht wieder fallen lässt, so wird man einsehen, dass man bei derartig ungenau arbeitenden Konstruktionsmitteln eine gute Regulierung der Bremse nicht erwarten kann. Selbst bei solchen Bremsmagneten, bei welchen in jeder Stellung Kraft und Last genau sich die Wage halten, konnte ein Abfallen erst bei etwa 40 v. H. des Stromes erzielt werden. Rechnet man nun noch die weiteren Schwierigkeiten wie Reibungswiderstände im Bremsgestänge, verschiedene Reibung bei ruhender und rotierender Bremsscheibe usw. hinzu, so erscheint ein Erfolg mit einer derartigen Bremse ausgeschlossen. Ich möchte meine Ansicht dahin zusammenfassen, dass die beste Einrichtung zum Senken der Last eine gut durchgearbeitete elektrische Senkbremsschaltung unter Verwendung eines Serienmotors ist. Dieselbe gestattet eine weitgehende Regulierung, ein Heben und Senken kleinerer Lasten mit grösserer Geschwindigkeit; sämtliche Bewegungen erfolgen sanft und stossfrei. Der Abnutzung unterworfene Teile sind nicht vorhanden, da die beim Senken der Last frei werdende mechanische Energie in den Anlasswiderständen elektrisch vernichtet wird. Auch für Drehstrommotoren stehen z. Zt. dem Kranbauer vorzüglich durchgearbeitete Senkbremsschaltungen zur Verfügung, auf die ich hier jedoch nicht näher eingehen möchte. Charlottenburg, 3. Januar 1905. Friedrich Natalis, Oberingenieur.   –––––––––––––– Sehr geehrte Redaktion! Spezialisten der Hebezeugbranche werden den Ausführungen des Herrn Natalis ohnehin nicht dem vollen Umfange nach beistimmen, trotzdem sehe ich mich zwecks Richtigstellung zu einer Erwiderung veranlasst. Nach den Ausführungen des Herrn Natalis muss angenommen werden, dass die Westonbremse einem derart starken Verschleisse ausgesetzt ist, dass ihre Anwendung nicht empfehlenswert erscheint. Demgegenüber wiederhole ich folgende Sätze meiner Abhandlung: „Eine in Fig. 16 (D. p. J. 1904, 319, S. 792) dargestellte sogenannte Westonbremse funktioniert bei richtiger Wahl der Steigung des Gewindes im Verhältnis zum mittleren Durchmesser der Bremsflächen, nicht zu grossem spezifischen Druck am Gewinde und auf den Bremsflächen, genauer Arbeit und sachgemässer Wartung vollständig zufriedenstellend“. „Bei nicht zu hoher spezifischer Pressung der Bremsflächen und des Gewindes, guter nicht federnder Lagerung, gediegener Ausführung und nicht zu hohen Tourenzahlen, hat die Bremse in der dargestellten einfachen Konstruktion eine grosse Haltbarkeit“. Offenbar beruhen die Erfahrungen des Herrn Natalis auf Bremsen, die nicht nach diesen Grundsätzen gebaut sind. In Spezialfällen ist die Westonbremse auch heute noch mit Vorteil anwendbar. Die elektromechanische Bremse habe ich in meiner Abhandlung nur erwähnt, weil sie eine Zeitlang von einer grösseren Elektrizitätsfirma als Sicherheitsbremse angeboten wurde. Das von Herrn Natalis über diese Bremsen gefällte Urteil kann mich nicht beunruhigen, weil ihr wirklicher Wert von mir von vornherein erkannt ist und infolgedessen von einer Probe in der Praxis Abstand genommen wurde. Dass es Herrn Natalis mit Hilfe einer Feder (dem unsichersten Elemente des Maschinenbaues) gelang, eine sicherwirkende elektromagnetische Bremse zu konstruieren, soll mich zu weiteren Ausführungen nicht veranlassen. Bemerkt sei nur, dass die gerühmte sichere und gute Arbeitsweise der Natalisfederbremse auch mit anderen weit einfacheren Bremsen erreichbar ist. Die von Herrn Natalis erwähnte neuere Senkbremsschaltung ist an vielen Laufkatzen meines Systems ausgeführt; sie ist mir also nicht unbekannt. Leider ist der bemerkbare freie Fall der Last welcher angeblich nur den älteren Senkbremsschaltungen anhaftet, auch bei den verbesserten Konstruktionen nur vermieden, wenn mit verhältnismässig kleinen Motoren schwere Lasten zu heben sind. Angenommen, ein Motor von 15 PS mit 500 minutlichen Umdrehungen hat 1000 kg Maximallast zu heben. Der Weg der Last in einer Minute ist sodann 60000 mm. Nach einer halben Umdrehung des Motors hat die Last \frac{60000}{2\cdot 500}=60\mbox{ mm} Weg zurückgelegt. Herr Natalis führt aus, dass das volle Bremsmoment des Motors bereits nach einer halben Ankerumdrehung erreicht wird. Die Last muss also unter Zugrundelegung dieser günstigen Annahme in der Senkrichtung mindestens den einer halben Ankerumdrehung entsprechenden Hakenweg frei fallen. Für das obige Beispiel ergibt sich ein freier Fall von 6 cm. Bei Winden und Kranen für kleinere Tragkräften und grössere Hubgeschwindigkeiten beträgt demnach der freie Fall der Last trotz der auch von mir immer anerkannten und häufig zur Anwendung gebrachten neueren Senkbremsschaltung nicht einige zehntel Millimeter, sondern einige Zentimeter. Der Umstand, dass bei stark beanspruchten Kranen zur Aufrechterhaltung sicheren Betriebes zwei Bremsen empfehlenswert sind, kann den Nachteil, dass die Senkbremsschaltung auf alle Fälle eine zweite teure Bremse erforderlich macht, nicht aufheben. Für leichte nicht häufig benutzte Krane genügt eine gute Bremse vollkommen. Für stark beanspruchte Krane wende ich selbstverständlich. immer zwei Bremsen an. Es wird nicht bestritten werden können, dass zwei vollständig unabhängige Bremsen der Ankerbremse mit Haltebremse in bezug auf Betriebssicherheit vorzuziehen sind. Wird z.B. der mechanische Teil einer ausser der Ankerbremse eingebauten Magnet-Haltebremse schadhaft und ist die Stromleitung zwischen Motor und Anker infolge dieses Schadens oder aus beliebigen anderen Gründen unterbrochen, so stürzt die Last trotz der Ankersenkbremse ohne weiteres ab. Kommt eine Westonbremse und eine Magnetstoppbremse zur Verwendung, welch letztere im allgemeinen nur zur Bremsung des Ankernachlaufes dient, die aber auch imstande ist, das für die Maximallast erforderliche Bremsmoment aufzunehmen, so wird die Last durch das Versagen der einen oder anderen Bremse nicht zum Abstürzen gebracht. Auch kann der Betrieb sodann nur durch Schäden an der Stromleitung völlig gestört werden. Die von mir vorgeschlagene kombinierte Halte- und Senkbremse wird nicht durch Magneten der von Herrn Natalis beschriebenen Art, sondern durch einen Spezialapparat reguliert, für welchen der Ausdruck „Magnet“ nur des allgemeineren Verständnisses wegen gewählt wurde. Die Behauptung des Herrn Natalis, dass die vorgeschlagene Bremse befriedigende Resultate ausschliesse, kann mich aus geschäftlichen Gründen nicht veranlassen, z. Zt. über den Rahmen des von mir Veröffentlichten hinauszugehen. Ich behalte mir indessen vor, an dieser Stelle später ausführlich darauf zurückzukommen. Herr Natalis führt an, dass mein Vorschlag naheliegend ist und dass in dieser Richtung bereits mehrfache Versuche gemacht sind. Vielleicht kann Herr Natalis angeben, ob die mit gewöhnlichen Magneten von vornherein aussichtslosen Versuche vor oder nach meinen in dieser Angelegenheit an die ersten Elektrizitätsfirmen gerichteten ausführlichen Mitteilungen angestellt wurden. Zur Sache sei noch bemerkt, dass neben der kombinierten Senk- und Haltebremse eine zweite vollständig unabhängige oder teilweise unabhängige Bremse angeordnet werden kann. Cassel, den 21. Januar 1905. Mit vorzüglichster Hochachtung H. Rieche.