Titel: Bücherschau.
Autor: Rich. Müller
Fundstelle: Band 332, Jahrgang 1917, S. 199
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Bücherschau. Bücherschau. Werner Siemens. Ein kurzgefaßtes Lebensbild nebst einer Auswahl seiner Briefe. Aus Anlaß der 100. Wiederkehr seines Geburtstages herausgegeben von Conrad Matschoß. Zwei Bände. Berlin 1916. Julius Springer. Preis in Halbpergament geb. 20 M. Die beiden stattlichen, gut ausgestatteten Bände enthalten zunächst auf 190 Seiten einen Ueberblick von C. Matschoß über das äußere Leben und die sachlichen Erfolge Werner Siemens. Wenn es immer wieder anziehend ist, das Werden eines großen Mannes und das Entstehen und allmähliche Wachsen seiner Schöpfungen zu verfolgen, so hat das Zuschauen hier den besonderen Reiz, der forschenden Erschließung völlig neuer Gebiete beiwohnen zu dürfen, deren Beherrschung uns heute großenteils so sehr zur Selbstverständlichkeit geworden ist, daß wir nur mit Erstaunen uns bewußt werden, daß kaum ein Menschenalter uns von dem früheren Zustand trennt. Das verbindende Menschenalter ist das Werner Siemens, der ein reiches Menschenleben voller ungewöhnlicher Gaben in den Dienst des technischen Fortschritts der Menschheit stellen konnte. Neben der staunenden Ehrfurcht aber, die uns packt vor der gewaltigen Geistesarbeit eines unserer ganz Großen, steht der tiefe Eindruck, wie sehr hinter all diesem Erleben und Erringen ganz die starke Persönlichkeit eines einzigartigen Menschen steht. Und gerade den Menschen Siemens zeigen uns die mehr als tausend Briefe, die den Hauptteil des Inhalts der beiden Bände füllen, in so deutlicher, lebendiger Gestalt, wie es eben nur Briefe können, die doch immer sehr viel mehr persönlich eigenes enthalten, als von vorn herein für den Druck bestimmte wissenschaftliche Arbeiten, ja naturgemäß auch als die für einen größeren Kreis bestimmten eigenen „Lebenserinnerungen“. Kein von fremder Feder geschriebenes Lebensbild und auch nicht die eigenen Lebenserinnerungen können mit solcher Gegenwärtigkeit das rührende, stets fürsorgende Verhältnis Werner Siemens zu seinen jüngeren Brüdern schildern, keine rückschauende Betrachtung das beengende Gefühl des anfangs so häufig hemmenden Geldmangels so anschaulich machen, wie die ursprüngliche Selbstverständlichkeit dieser an die mitarbeitenden, verstehenden Brüder gerichteten Briefe. Auf der anderen Seite ist es ungemein reizvoll zu sehen, wie sich im Ausbau des Lebenswerkes einzelne Gedanken frühzeitig zeigen und nur hier und da im Laufe der Zeit wieder an die Oberfläche kommen, um erst spät eine Ausarbeitung und Verwirklichung zu erleben, wie andere Gedanken und Möglichkeiten auftreten, nur flüchtig berührt werden, um unter dem Drang anderer, dringenderer Fragen wieder zu verschwinden. Und immer wieder wird gerade den technisch gebildeten Leser ein ehrfürchtiges Staunen ergreifen, wie umfassend, wie vielseitig die Gedankenwelt dieses Mannes gewesen ist, wie es kaum ein Gebiet der Technik gibt, das er nicht berührt und beeinflußt hat, und wie sich sein umfassender Geist natürlich auch weit auf die Nachbargebiete, wie zum Beispiel politische und sozialwissenschaftliche Fragen, Patentgesetzgebung und dergleichen verbreitet. Es ist als ein großes Glück zu bezeichnen, daß uns diese Briefe, die überdies nur eine Auswahl darstellen, erhalten geblieben sind, und als sehr erfreulich, daß sie in dieser würdigen Form der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht wurden; bedauern wird der Leser an vielen Stellen, daß wir nicht den ganzen gegenseitigen Briefwechsel kennen lernen, sondern im wesentlichen nur Briefe von Werner Siemens Hand. Wie reizvoll müßte es sein, auch die Antworten und Anregungen der Brüder und sonstigen Mitarbeiter kennen zu lernen, von denen nur kurze Auszüge an einzelnen Stellen zur Aufrechterhaltung des Verständnisses eingefügt sind. Ein ausführliches Namen- und Sachverzeichnis erleichtert in erfreulicher Weise die Uebersicht über den gewaltigen Stoff, der in diesen Briefen und der Lebensbeschreibung enthalten ist. Es wird besonders wertvoll dadurch, daß auch der Inhalt der „Lebenserinnerungen“ und der „Wissenschaftlichen und Technischen Arbeiten“, für die bisher kein Inhaltsverzeichnis vorhanden war, in dies Sachverzeichnis mit aufgenommen worden ist. Dipl.-Ing. W. Speiser. Die Dampfmaschinen. Zweiter Band. Bau und Betrieb der Dampfmaschinen. Von Fried r. Barth. Mit 113 Abb. Dritte Auflage. Sammlung Göschen. 1916. Der bekannte Verfasser unternimmt es, in einem kleinen Göschenbändchen Bau und Betrieb der Dampfmaschinen zu behandeln. Wenn er es aber auf dem Titelblatte ein Lehrbuch für das Selbststudium nennt, so kann ich dem nur mit der Einschränkung zustimmen, daß das kleine Buch nur für solche Leute zum Selbststudium geeignet ist, die schon aus anderen Quellen einige Kenntnisse in dem Fache mitbringen. Das kann nicht als Vorwurf für den Verfasser angesehen werden. Der zur Verfügung stehende Raum ist eben unter allen Umständen zu klein, um den gewaltigen Stoff, wie er durch das Inhaltsverzeichnis dargestellt ist, in einer für das allgemeine Selbststudium geeigneten und hinreichenden Weise zu behandeln. Mit der angegebenen Einschränkung kann aber das kleine Buch unbedingt großen Nutzen stiften. Die Skizzen, ein wesentlicher Teil eines solchen Buches, sind trotz der durch das Format gebotenen Kleinheit, von bewunderungswürdiger Schärfe und Klarheit und die Darstellungsweise, so weit sie eben nicht durch die Verhältnisse zu allzugroßer Kürze gezwungen ist, zeichnet sich ebenso durch gute Verständlichkeit aus. Ungemein lehrreich sind, was besonders hervorgehoben zu werden verdient, die allgemeinen Betrachtungen, in denen die bekannte reiche praktische Erfahrung des Verfassers zum Ausdruck kommt, so zum Beispiel die Betrachtungen über Heißdampfmaschinen, über Gleichstrommaschinen, über den Betrieb von Dampfmaschinen im Allgemeinen usw. Die durch die Anschaffung des Buches verursachte kleine Ausgabe wird jedenfalls niemanden gereuen; auch mancher Fachmann wird wertvolle Fingerzeige in dem kleinen Bändchen finden. R. Vater. Neuerungen an Lokomotiven der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen. Von G. Hammer. 84 Seiten Folio mit 190 Abb. und 1 Tafel. Berlin 1916. F. C. Glaser. Preis 7,50 M. Es werden zunächst die Verbesserungen und Ergänzungen der Versuchs- und Meßeinrichtungen bei Lokomotiven der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen erörtert, hierauf die Vervollkommnungen im Schnellzug-, Personenzug-, Güterzug- und Tender-Lokomotivbau, wobei auch die Bauform eines neuen Tenders besprochen wird. In einem weiteren Abschnitt werden die Gründe für die Aenderung der früher üblichen Stehbolzeneinteilung in den Lokomotivfeuerbüchsen und die Bauformen der Stehbolzen behandelt. Ein besonderer Abschnitt handelt von der geschichtlichen Entwicklung der Einrichtungen zur Vorwärmung des Lokomotivspeisewassers, mit denen ja gerade in letzter Zeit ungeahnt günstige Ergebnisse erzielt worden sind. Zum Schluß versucht der Verfasser den Einfluß zu ermitteln, den die Einstellung der neuen leistungsfähigen Lokomotiven auf die Wirtschaftlichkeit der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen ausgeübt hat, wobei als letztes Jahr mit einer für Vergleichszwecke brauchbaren Statistik naturgemäß das Jahr 1913 angenommen werden mußte. Das Buch stellt die Erweiterung eines Vortrages dar, den Verfasser vor längerer Zeit im Verein deutscher Maschineningenieure gehalten hat. Die Ergebnisse sind aber, so weit dies angängig war, bis auf den Stand zu Beginn des Jahres 1916 ergänzt worden. Neben klarer, übersichtlicher Darstellungsweise zeichnet sich das Buch aus durch eine Fülle ganz vortrefflicher, ungewöhnlich klarer Skizzen und photographischer Bilder, so daß seine Anschaffung nicht bloß Fabrikbüchereien, sondern überhaupt jedem Fachmann nur warm empfohlen werden kann. R. Vater. Die Grundbegriffe der modernen Naturlehre. (Einführung in die Physik.) Von F. Auerbach. Vierte Auflage. ANuG. Nr. 40. Leipzig 1917. B. G. Teubner. Preis 1,50 M. Es ist eine recht geschickte Einführung in die allgemeinen Grundbegriffe der modernen Physik, wobei der Leser auch von Jonen und Elektronen, von Umwandlung der Elemente, Relativitätsprinzip und Quantentheorie zu hören bekommt. An Kleinigkeiten sind mir aufgefallen, daß der Verfasser noch von einem Polygon der Kräfte statt Krafteck, von Polygon der Geschwindigkeiten statt Geschwindigkeitseck, von Tourenzahl statt von Drehzahl spricht, daß der Verfasser nicht stärker betont, man müsse Pferdestärke statt Pferdekraft sagen und es wäre besser, wenn man auch diese Bezeichnung durch die unserem Dezimalsystem Rechnung tragende Kilowattbezeichnung verdrängen könnte. Der Leser dürfte auch erwarten, von Drehmoment, Trägheitsmoment und vom Kreisel zu hören. Auch der Reibungsbegriff wird nicht erörtert. Indessen ändern diese Wünsche nichts an der Tatsache, daß man dem Büchelchen nur weiteste Verbreitung wünschen kann. E. Jahnke. Reise eines deutschen Professors ins Eldorado. Von Ludwig Boltzmann. Leipzig 1917. J. A. Barth. Preis 0,45 M. Ueber Erscheinungen an fliegenden Projektilen. Vom räumlichen Sehen. Von Ernst Mach. Leipzig 1917. J. A. Barth. Preis 0,45 M. Es war ein glücklicher Gedanke des rührigen Verlages, von populären Aufsätzen bedeutender Physiker Sonderausgaben zu veranstalten, die wir unseren Feldgrauen ins Feld schicken können. Die Feldbüchereien sind mit schöngeistiger Literatur überschwemmt, die nicht immer mit Geschmack und Takt ausgewählt ist. Da dürften Erscheinungen wie die vorliegenden aus dem Gebiete der exakten Wissenschaften besonders willkommen sein. Die Reise, über welche Boltzmann berichtet, hat er seinerzeit als erster Austausch-Professor nach der kalifornischen Universität Berkeley bei San Franzisko gemacht. Sie ist mit einem so köstlichen, so ursprünglichen Humor beschrieben, daß, wer einmal das Heft in die Hand genommen hat, es nicht eher aus der Hand legt, als bis er zu Ende gelesen hat. Ob allerdings Boltzmann auch heute noch bei seiner Begeisterung für die Republik jenseits des Ozeans, die an verschiedenen Stellen seines Buches durchbricht, verharrt wäre, erscheint mehr als zweifelhaft. Mach berichtet in seinem Vortrag, wie er auf die verschiedenen Hilfsmittel – Momentbeleuchtung durch den elektrischen Funken, Schlierenmethode von Töpler und photographische Fixierung – gestoßen ist, mit deren Hilfe es ihm gelang, die Luftwellen sichtbar zu machen, die von einem Projektil auf seinem Fluge hervorgerufen werden. E. Jahnke. Die Schule des Werkzeugmachers. Von Fritz Schön. Fünfte Auflage. Leipzig 1917. Dr. Max Jänecke. Preis 3,60 M. Wesentliche Neuerungen bringt die fünfte Auflage des Buches gegenüber der 1916 erschienenen vierten Auflage nicht. Die Notwendigkeit so rasch folgender Auflagen läßt es begreiflich erscheinen, daß das Buch in den beteiligten Kreisen eine steigende Aufnahme findet. Die Bedeutung des Werkzeuges als Grundlage des Fabrikbetriebes ist bekannt, jedem Betriebsmanne wird das Beste gerade gut genug sein. Der Erzeugung und Behandlung der verschiedenen Stahlarten, dem Härten und allen mit dem Härten zusammenhängenden Dingen ist daher unter besonderer Berücksichtigung der Schnellarbeitsstähle ein besonders breiter Raum gewidmet. Die Härteöfen, Temperaturmeßverfahren, Härtebäder und Härtemittel werden eingehend besprochen. Viele praktische Winke und Hinweise auf Fehlermöglichkeiten werden besonders dem Werkzeugmacher recht von Nutzen sein. Einige Kapitel beschäftigen sich mit der Wahl der Stahlsorte und der richtigen Härtung von Werkzeugen und Messern für besondere Verwendungszwecke. Mit der Beschreibung eines vom Verfasser warm empfohlenen einfachen Härteverfahrens und einem Anhange mit einer Gewichtstabelle über Stahl verschiedener Querschnittsformen schließt das empfehlenswerte Buch. Rich. Müller. Jahrbuch der technischen Zeitschriftenliteratur. Ausgabe 1916 für die Literatur des Jahres 1915. Herausgegeben von Heinrich Rieser. 120 Seiten 8°. Berlin und Wien. Verlag für Fachliteratur. Preis 4,– M. Das Jahrbuch stellt eine Zeitschriftenschau großen Umfanges dar. Welchen Wert eine solche Uebersicht über die in der umfangreichen Zeitschriftenliteratur des In- und Auslandes erschienenen Aufsätze bietet, braucht hier nicht hervorgehoben zu werden. Der Wert einer solchen Zeitschriftenschau steht und fällt – abgesehen natürlich von der Reichhaltigkeit und Vollständigkeit – mit der Zweckmäßigkeit der Anordnung, d.h. mit der Möglichkeit, Aufsätze über irgend ein technisches Gebiet, unter Umständen auch einen ganz bestimmten Aufsatz, rasch zu finden. Mir scheint, daß das Riesersche Jahrbuch diese Aufgabe in recht glücklicher Weise gelöst hat. Ueber Vollständigkeit ist natürlich ein maßgebendes Urteil erst auf Grund längerer Benutzung abzugeben. Sieht man sich aber die umfangreiche Liste der bearbeiteten in- und ausländischen Zeitschriften an, so wird man schon dadurch zu dem Werke ein gewisses Zutrauen haben. Ganz vorzüglich ist jedenfalls die Frage der Uebersichtlichkeit und der Möglichkeit leichten Auffindens gelöst. Solche Werke leiden ja sonst häufig unter dem Uebelstande, daß man, wenn man sie benutzen will, erst längere Studien anstellen muß über die Art und Weise, wie sie zu benutzen sind, und das schreckt von ihrer Benutzung ab. Es ist erstaunlich, wie klar und leicht verständlich die ganze Anordnung des vorliegenden Jahrbuches ist. Selbst wer es zum ersten Male in die Hand nimmt, wird in wenigen Augenblicken imstande sein Aufsätze bestimmter Gattung, ja selbst einen ganz bestimmten Aufsatz, die Zeitschrift, in der er erschienen ist, seinen Umfang, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Abbildungen, Näheres über die Zeitschrift selber usw. festzustellen. In der vorliegenden Ausgabe 1916 sind am Schluß einzelner Abschnitte, „Bezugsquellen“, d.h. natürlich Namen von Firmen, die dafür bezahlen, eingeschaltet. Ich halte das für bedenklich. Entweder solche Bezugsquellenverzeichnisse sind vollständig, dann müssen sie einen sehr großen Raum einnehmen und stören die Uebersicht ganz erheblich, oder aber es werden nur einzelne wenige Firmen aufgenommen, und dann hat die Benutzung solcher aufgeführten Bezugsquellen doch ihre recht bedenklichen Seiten. Die bis jetzt aufgeführten „Bezugsquellen“ scheinen mir diese Bedenken keineswegs zu zerstreuen. Das praktische und hübsch ausgestattete Jahrbuch kann auch in seiner neuen, gegen früher stark erweiterten Ausgabe nur warm empfohlen werden. R. Vater. Deutscher Kalender für Elektrotechniker 1917. Von G. Dellmar. München und Berlin. R. Oldenbourg. Preis geb. 4,– M. Der diesjährige „Uppenborn“ enthält als Erweiterung auszugsweise die vom Verbände deutscher Elektrotechniker aufgestellten „Ausnahmebestimmungen während des Krieges“. Die aus der vorjährigen Ausgabe im wesentlichen unverändert übernommenen übrigen Abschnitte umfassen in der bekannten gedrängten Form: Tabellen mathematischer Natur, Tabellen über Maße, Gewichte, die üblichen postalischen Tabellen usw., ferner Maßeinheiten mechanischer, elektrischer und magnetischer Größen, Magnetismus und Elektrizität in ihren Erscheinungsformen, Anwendungen und Gesetzen, die gebräuchlichen Meßverfahren und die dazu verwendeten Einrichtungen, die elektrischen Maschinen, Transformatoren, Akkumulatoren, galvanischen Elemente – letztere naturgemäß nur ganz kurz – magnetische und elektrische Apparate, die Antriebsmaschinen für elektrische Stromerzeuger, die Stromverteilungssysteme, Berechnung und Ausführung von Leitungsanlagen, elektrische Beleuchtung und elektrische Kraftantriebe. Den Schluß machen die nicht wenigen Gesetze, Verordnungen, Normalien, Vorschriften, Vertragsbestimmungen, Verträge, Anweisungen aus dem weitverzweigten Bau der Elektrotechnik. Rich. Müller.