Titel: Entdekung einer chemischen Flüßigkeit, als Auflösung des Orlean, worauf Rob. Ford, in Abingdon-row, Goswell-street-road, Middlessex, im Juni 1822 ein Patent erhielt.
Fundstelle: Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LII., S. 340
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LII. Entdekung einer chemischen Flüßigkeit, als Auflösung des Orlean, worauf Rob. Ford, in Abingdon-row, Goswell-street-road, Middlessex, im Juni 1822 ein Patent erhielt. Aus dem London Journal of Arts et Sciences. August 1822. S. 70 woͤrtlich uͤbersezt. Ford über eine Flüßigkeit zur Auflösung des Orlean. Der Orlean oder Annota oder Annotte (wahrscheinlich von dem spanischen Worte bezeichnen Es gibt kein spanisches Wort, das Annotto lautet, und anotar heißt im Spanischen bloß Anmerkungen (anotationes machen. A. d. Ueb. wird aus dem rochen Breie erhalten, welcher die Samen der Bixa Orellana bedektVon dem Worte Orellana (sprich Orelliana) kommt das im Deutschen verdorbene Orlean. A. d. Ueb., eines Baumes in Suͤd-Amerika, der unter dem Namen Roucou oder Annatto bekannt ist. Der Orlean kommt im Handel unter verschiedenen Namen und in verschiedenen Formen vor: der in alten Lappen eingewikelte heißt Lappen-Orlean (flag annato); der in walzenfoͤrmigen Rollen, spanischer Orlean; und der in der Form von Eiern vorkommende, Eier-Orlean (egg annato Es kommt auch noch in anderen Formen und unter anderen Namen vor. Vergl. Beckmanns oͤk. phys. Bibl. VII. Band. S. 458, und Boͤhmer's techn. Gesch. d. Pfl. II. Bd. S. 131. A. d. Ueb.). Der in England am haͤufigsten vorkommende Orlean ist ein Gemenge von Orlean, Kurkume, einem alkalischen Salze, und irgend einer gemeinen Farberde, wie venezianisch Roth oder spanisch Braun. Er wird in Kuchen von ungefaͤhr 6 Loch geformt, und vorzuͤglich von Pachtern gebraucht, um Kaͤse damit zu faͤrbenIn mancher Stadt auf dem festen Lande auch zum Faͤrben der Sahne und der Butter. A. d. Ueb.. Die jaͤhrlich in England verkaufte Menge von Orlean graͤnzt an das Unglaubliche, und Orlean Kuchen-Fabrikanten, und Haͤndler mit dieser Waare, haben sich ein bedeutendes Vermoͤgen erworben. Der eingefuͤhrte Orlean wird als Farbe-Materialle zur Orange-Farbe und den Nuͤancen derselben auf verschiedene Zeuge verwendet. Der Patenttraͤger schlaͤgt vor, um 20 Gallonen seiner chemischen Fluͤßigkeit oder Orlean-Aufloͤsung zu erhalten. 56 Pfund Orlean mit warmem Wasser auszuziehen, durch ein feines Sieb zu treiben, und wenigstens 7 Tage lang stehen zu lassen; dann den Saz von basischer kohlensaurer Pottasche „in hinlaͤnglicher Menge zur Erzeugung der verlangten Farbe“ zuzusezen; er bemerkt jedoch, daß andere dienliche Artikel eben so gut zugesezt werden koͤnnen, wenn man die Menge und Staͤrke derselben so abmißt, daß, nach der verschiedenen Qualitaͤt des Orlean, die verlangte Farbe zum Vorscheine kommt. Der obigen Mischung sezt er noch 6 Pinten von aqua lixivum caustic (sic!), und 192 Unzen Alkohol zu, mischt alles durch einander, und bewahrt es in einem geschlossenen Gefaͤße. Am Ende sagt er: „Ich erklaͤre ferner, daß, da meine Erfindung in Erzeugung einer Fluͤßigkeit oder Aufloͤsung von Orlean besteht (ein, so viel ich glaube, ganz neuer Artikel), so werde ich jedes aͤhnliche Product, sowohl von anderen Artikeln als von verschiedenen Mengen der oben angefuͤhrten, oder auf was immer fuͤr eine Weise erzeugt, als Eingriff in mein Patent-Recht betrachten, da jeder Chemiker weiß, daß es auch andere Stoffe, als die oben angefuͤhrten, gibt, welche sowohl einzelne derselben als alle zusammengenommen ersezen koͤnnen.“ Dieses Patent ist keinesweges noch eines der sonderbarsten, unter welches unsere Regierung ihren Staͤmpel drukt. Der Patent-Traͤger gibt, 1tens, die Art von Orlean nicht anderen er sich bedient; eben so wenig gibt er die Menge des von ihm angewendeten Wassers an, und die Menge des Sazes der basischen kohlensauren Pottasche: und was ist wohl, wenn man fragen darf, dieser Saz von basischer kohlensaurer Pottasche? Ist es eine gesaͤttigte Aufloͤsung von basischer kohlensaurer Pottasche in Wasser? oder was? Wir verstehen den Hrn. Patent-Traͤger nicht. Und was ist das Aqua lixivum caustic? Ein kostbares Muster der Latinitaͤt des Herrn Patent-Traͤgers? Wir koͤnnen bloß vermuthen, daß er den liquor porassae der Pharmocopoeia Londinensis meint, oder das, was man einst Seifen-Siederlauge nannteAqua lixivia caustica Pharm. Edinb. 1792 Meint er vielleicht diese? A. d. D. – Aber seine große Endekung, „eine Fluͤßigkeit oder Orlean-Aufloͤsung,“ muß noch beleuchtet werden. Geneigter Leser! Wenn Dir jemals das Gluͤk zu Theil ward, das außerordentliche und unerhoͤrte Ding, genannt Pantalons oder Pump-Hosen von Nankin, zu traͤgen, und Du irgend eine weise und sinnreiche Waͤscherinn zu Rathe ziehen willst, so wirst Du zu Deinem nicht geringen Vergnuͤgen hoͤren, daß ein gewißes Ding, welches man Nankin-Farbe nennt, und welches eine Aufloͤsung von Orlean in Wasser mittelst eines Alkali ist, bereits seit wenigstens einem Viertel Jahrhunderte von ihren hochgraͤflichen Excellenzen, den Waͤscherweibern, angewendet und gebraucht wurde; ja, wir wagen es sogar zu zweifeln, ob nicht die gelehrteren und vornehmeren Individuen dieses achtbaren Staatskoͤrpers schon seit mehr dann 50 Jahren mit demselben vertraut sind. Sollte es Dich jemals nach dieser ergoͤzlichen Fluͤßigkeit verlangen, so wirst Du sie, so viel wir wissen, in allen Oel-Kramlaͤden und bei jedem Faͤrber finden koͤnnen. Wuͤnschtest Du jedoch gedrukte Beschreibungen solcher Aufloͤsungen zu besizen, so verweisen wir Dich in Kuͤrze auf die Family Cyclopaedia, Artikel: Nankin Dye (Nankin-Farbe) im Supplemente; auf Gray's Supplement to the Pharmacopoeia; und endlich auf W. Tucker's Family Dyer et Scourer, (der Faͤrber und Puzer fuͤr Haushaltungen), wo Du beinahe eine zahllose Menge von Orlean-Aufloͤsungen finden wirst. Ob der Zusaz von aqua lixivum caustic – vorausgesezt, daß irgend ein sterblicher Mensch finden kann, was das seyn mag- und von Alkohol zur Orlean-Aufloͤsung dem Patents Traͤger ein ausschließliches Recht geben kann, sein Arcanum zu verkaufen, das wagen wir nicht auszusprechen; uns scheint einstweilen dieses Patent, ohne allen Spaß, eine Art von Versuch, wie weit es mit dem Koͤhlerglauben und dem Unverstande unseres Zeitalters bereits gediehen istEs ist gewiß eine fuͤr den Menschenfreund erfreuliche Erscheinung, daß man nun selbst in England anfaͤngt es einzusehen, daß kein Mensch das Recht hat, ein Privilegium zu kaufen, um andere ehrliche Leute zu prellen, und sich auf Kosten anderer zu bereichern. Sollte ja der Unfug, den man mit Privilegien zu treiben beliebt, aus dem Grunde noch fortbestehen, weil er eine Art von Finanzquelle und ein Mistbeet von Sporteln und Gebuͤhren fuͤr die Schreiber ist, so waͤre wenigstens dieß zu wuͤnschen, daß die Regierung ihr Ansehen nicht von einigen verschmizten Gaunern und ein paar einfaͤltigen Schreibern, die sie reichlich bezahlt, so sehr mißbrauchen ließe, ihr Siegel nicht bloß unter ein Crimen laesac humanitatis, was, nach dem Ausspruche Kaisers Joseph II. unsterblichen Andenkens, jedes Privilegium, jedes Patent ist, sondern sogar unter absolute Sottisen zu druken. Die sehr achtbare Society for Encouragement of Arts etc. in London ertheilt nie eine Beifalls-Bezeugung fuͤr irgend eine ihr mitgetheilte Erfindung, außer wenn dieselbe durch Zeugnisse mehrjaͤhriger Anwendung derselben den Staͤmpel der Brauchbarkeit erhalten hat. In England, und in manchen anderen Laͤndern, ertheilt man fuͤr Geld und gute Worte im Namen der Regierung jedem ein Patent, der die Kunst in Anspruch nimmt, wie weiland St. Denis auf einem Sonnenstrahle mit einem Esel Galopp zu reiten. A. d. Ueb..