Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. LXXXI., S. 302 |
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LXXXI.
Miszellen.
Miszellen.
Verzeichniß der vom 29. Junius bis zum 19. Julius zu London
ertheilten Patente. Aus dem Repertory of
Patent-Inventions. August 1830. S. 126.
Dem Rob. Hicks,
Wundarzte in Conduit Street, Parish of St. George, Hanover Square; auf einen
wohlfeilen Apparat oder eine Maschine zum Baken, wodurch viel Material erspart
wird. Dd. 29. Jun.
1830.
Dem Edw. Turner, M. D. in Gower-Street, Middlesex, und
Wilh. Shand,
Esqu. zu Burn in Kincairdineshire; auf eine neue Methode den Zuker und allen
Zukerstoff zu reinigen und zu weißen. Dd. 29. Jun. 1830.
Dem Moses Poole,
Gentleman in Lincoln's Inn; auf gewisse Verbesserungen in dem Apparate, dessen
man sich bei gewissen Verfahrungsweisen zum Abscheiden des Syrupes aus dem Zuker
bedient. Mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
Dem Samuel Parker,
Bronzisten in Argyle-Street, Oxford-Street, Middlesex; auf gewisse
Verbesserungen in Erzeugung mechanischer Kraft aus chemischen Mitteln. Zum
Theile mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
Demselben; auf eine verbesserte Lampe, zum Theile
mitgetheilt von einem Fremden. Dd. 29. Jun. 1830.
Dem Rich. Roberts,
Mechaniker zu Manchester in der Grafschaft Lancaster; auf eine gewisse
Verbesserung oder auf gewisse Verbesserungen in dem Mechanismus der unter dem
Namen Mule, Billy, Jenny, Jack bekannten
Spinn- und Strekmaschinen und aller Maschinen dieser Art, um dieselben
selbstthaͤtig zu machen. Dd. 1. Jul. 1830.
Dem Joh. Heinr.
Clive, Esqu., Chell-House, Staffordshire; auf gewisse
Verbesserungen im Baue und in der Maschinerie der Dampfpfluͤge, Egen, und
anderer Fuhrwerke und Maschinen dieser Art. Dd.
1. Jul. 1830.
Dem Joh. Harvey
Sadler, Mechaniker in Praed-Street, Paddington, Middlesex;
auf gewisse Verbesserungen an Weberstuͤhlen. Dd. 1. Jul. 1830.
Dem Matth. Uzielli,
Gentleman in Clifton-Street, Finsbury-Square, Middlesex; auf
Verbesserungen in Bereitung gewisser Metalle zur Bekleidung der Schiffe und zu
anderen Zweken. Mitgetheilt von einem Fremden. Dd,
6. Jul. 1830.
Dem Joh. Surman,
Lieutenant und Reitmeister des 10ten Husarenregimentes in den
Hounslow-Barraken, Middlesex; auf gewisse Verbesserungen am Gebisse
fuͤr Pferde und andere Thiere. Dd. 6. Jul. 1830.
Dem Wilh. Wedd
Tuxford, Muͤller zu Boston, Lincolnshire; auf eine
Maschine oder Vorrichtung zum Reinigen des Weizens, Kornes, und anderer
Koͤrper. Dd. 6. Jul. 1830.
Dem Edw. Cowper,
Streatham Place, Surrey, und Ebenezer Cowper, Suffolk-Street, Pall-Mall East,
Westminster Mechaniker; auf gewisse Verbesserungen an Drukmaschinen. Dd. 19. Jul.
1830.
Dem Ich. Rawe, jun., Quaͤker, Albany-Street, Regent's Park, Middlesex, und Joh.
Boase, Gentleman, ebendaselbst; auf gewisse Verbesserungen an
Dampfwagen und Kesseln, und eine Methode den Zug zu verstaͤrken. Dd. 19. Jul.
1830.
Dem Thom. Bulkeley,
M. D., Albany-Street, Regent's Park; auf
gewisse Verbesserungen im Treiben der Schiffe, welche Verbesserungen auch zu
anderen Zweken dienen. Dd. 19. Jul. 1830.
Dem Wilh. Taylor,
Mechaniker zu Wednesbury in Staffordshire; auf gewisse Verbesserungen an Kesseln
und den mit denselben verbundenen Apparaten, welche Verbesserungen bei
Dampfmaschinen und zu anderen Zweken anwendbar sind. Dd. 19. Jul. 1830.
Patente, welche in England im vorigen Monate Julius verfallen sind.
Des Joh. Barlow,
Gießers zu Sheffield in Yorkshire, fuͤr einen neuen Kochapparat. Dd. 2. Jul.
1816. (Siehe Repertory, XXIX. Bd. S.
268.)
Des Joh. Towers,
Chemikers in Little Warner Street, Cold Bathfields, Middlesex; auf eine Tinctur
zur Heilung und Erleichterung des Hustens, des Asthmas und der Krankheiten, die
er „Towers's
New London Cough Tincture“ nennt. Dd. 11. Jul.
1816.
Des Heinr.
Wartburton, Esq., Lower Cadagan Place, Chelsea, Middlesex; auf eine
Methode, gewisse animalische, vegetabilische und mineralische Substanzen zu
destilliren, und gewisse Producte aus denselben zu erzeugen. Mitgetheilt von
einem Fremden. Dd. 27. Jul. 1816.
Des Rob. Salmon,
Geometers zu Wooburn, Bedfordshire; auf weitere Verbesserungen im Baue der
Maschinen zum Heumachen. Dd. 27. Jul. 1816.
Des Joh. Hague, Great
Pearl Street, Spitalfields; auf Verbesserungen in der Methode Syrup aus dem
Zuker abzuscheiden. Dd. 27. Jul. 1816. (Vgl. Repertory
XXXI. Bd. p. 328.)
Programm eines technologischen Preises, welchen die kaiserl.
Akademie d. Wissenschaften zu Petersburg in ihrer Sizung am 29. December 1829
ausgeschrieben hat. Aus dem Bulletin d. Scienc. techn.
Avril
1830. S. 375.
Man wird nicht laͤugnen, daß die Forstwirtschaft in Rußland durch die Weise,
wie Potasche daselbst gewonnen wird, bedeutend leidet. Man hat zwar seit einiger
Zeit in mehreren Gouvernements, namentlich in jenem von Riasan, angefangen die Asche
verschiedener Gewaͤchse, vorzuͤglich die Staͤngel von
Heidekorn, auf Potasche zu verwenden, und es gibt viele Gegenden, in welchen ganze
Waldstreken keinen anderen Ertrag gewahren, als daß sie Potasche liefern; es ist
aber auch kein Zweifel, daß eine sehr große Menge Holzes ohne alle Noth der
Potaschesiederei geopfert wird.232)
In vielen Kuͤnsten, wie z.B. in der Glasmacherei und Seifensiederei, bei
Leinwand- und Kattunbleichereien, laͤßt die Potasche sich mit Vortheil
durch ein anderes Alkali ersezen, durch die Soda naͤmlich oder durch das
sogenannte Natron oder mineralische Alkali. Es waͤre sehr zu
wuͤnschen, daß lezteres allgemeiner in Rußland gebraucht wuͤrde,
wenigstens in den oben erwaͤhnten Kuͤnsten, indem auf der einen Seite
die Erzeugnisse derselben besser ausfallen wuͤrden, und auf der anderen eine
bedeutende Menge Holzes und Potasche erspart wuͤrde, welche beide dann in das
Ausland ausgefuͤhrt werden koͤnnten. Die meisten unserer Seifensieder
im Inneren des Landes wissen wahrscheinlich nicht, daß die Potasche oder
Aschenlauge, welche sie anwenden, verloren ist; denn Seife enthaͤlt, wenn sie
gut bereitet ist, nichts von derselben in sich, indem, wenn der weichen
Potascheseife Salz zugesezt wird, eine doppelte Zersezung im Kessel entsteht: die
Soda, als Basis des Kochsalzes, verbindet sich mit dem Talge, oder mit dem Fette,
welches man zur Seifenbildung angewendet hat, und bildet mit demselben eine feste
Seift, waͤhrend die Kochsalzsaure des Kuͤchensalzes sich mit der
Potasche verbindet, welche man zur Bildung der weichen Seife verwendet hat. Die
Kochsalz- oder Hydrochlorsaure Potasche, welche aus dieser Verbindung
entsteht, bleibt in dem Wasser der Lauge am Boden des Kessels aufgeloͤst, aus
welchem man dieselbe gewoͤhnlich weglaufen laͤßt.
Ehevor wurde alle im Handel vorkommende Soda, mit Ausnahme einer geringen Menge
natuͤrlicher Soda oder Natrums, durch Einaͤscherung verschiedener
Pflanzen erhalten, welche in der Nachbarschaft des Meeres oder an dem Strande
desselben wuchsen, und eingesammelt wurden, wie z.B. der Salsolen, Salicornien und
Tangarten (Fuci), und anderer. Die verschiedenen Arten
Soda, die auf diese Weise bereitet wurden, und die man im Handel unter dem Namen
Barilla, Varec, Kelp etc. kennt, sind oͤfters sehr arm an mineralischem
Alkali. Man versuchte daher in neueren Zeiten dieses Mineralalkali aus den Salzen
auszuziehen, welche dasselbe enthalten, und auf Glashuͤtten hat man
oͤfters versucht, dasselbe durch die Salze selbst zu ersezen.
Schon im J. 1764 hat Laxmann (der einige Jahre
spaͤter, im J. 1770 zum Mitgliede der Akademie zu Petersburg ernannt wurde)
in Sibirien Versuche angestellt, die Potasche auf den Glashuͤtten durch eine
unreine Soda zu ersezen, welche er durch Calcinirung des natuͤrlichen
Glaubersalzes (Khudschir) der dortigen salzigen Erdlagen
mit Kohle, (jedoch ohne Zusaz von kohlensaurem Kalke), erhielt. Als Laxmann Bergrath wurde, und die Akademie im J. 1780
verließ, und nach Sibirien zuruͤkkehrte, errichtete er daselbst die
Glashuͤtten an der Schilka in der Provinz Nertschinsk, und benuͤzte
das natuͤrliche Natron aus dem Tsagan-Noor (weißen See) in der Nahe
von Doroninsk. Im J. 1784 errichtete er in Gesellschaft mit dem Handelshause
Baranoff, nicht weit von Irkuzk, an dem kleinen Flusse Taltsa, eine
Glashuͤtte, auf welcher man bis zu seinem Tode (im J. 1796) sich bloß des
Khudschir zur Bereitung des Glases bediente, mit welchem mehrere Provinzen von
dieser Huͤtte aus versehen wurden. Im J. 1795 gab Laxmann in russischer Sprache einen Bericht uͤber seine Versuche
und Arbeiten heraus, welcher im J. 1796 in Pallas's neuen
nordischen Beitraͤgen in das Deutsche uͤbersezt wurde. Der
Originalaufsaz wurde in den Werken der k. oͤkonomischen Gesellschaft zu St.
Petersburg wieder abgedrukt.
Dieses zuerst von Laxmann auf den Glashuͤtten
eingefuͤhrte Verfahren, welches in der Anwendung des natuͤrlichen
Glaubersalzes und des Natron bestand, wurde in anderen Laͤndern, z.B. in
Ungern, durch Dr. Oesterreicher seit dem J. 1797
nachgeahmt. Es fand indessen, mit Ausnahme des Hauses Soldatoff, welches gegenwaͤrtig die Laxmann'sche Glashuͤtte als Eigenthum besizt, keine Nachahmer in
Rußland: Soldatoff hat neuerdings die Anwendung des
Khudschir auf dieser Glashuͤtte hingefuͤhrt, deren Arbeiten seit
Laxmann's Tode unterbrochen waren.233)
Rußland koͤnnte bisher noch keine gute Soda um billige Presse in den Handel
bringen, und aus diesem Gruͤnde hat man sich derselben auch in den Fabriken
bis jezt noch nicht sehr haͤufig bedient. Die Soda von Astrachan und Kislar,
die aus verschiedenen Pflanzen in der Nahe des caspischen Meeres bereitet wird,
enthaͤlt beinahe gar kein Mineralalkali. Dieser Umstand zog die
Aufmerksamkeit der k. oͤkonomischen Gesellschaft zu Petersburg auf sich,
welche, in der Vermuthung, daß dieser Nachtheil von Anwendung solcher Pflanzen
abhinge, die wenig geeignet sind, eine gute Soda zu geben, am Ende des Jahres 1792
einen Preis von 25 Ducaten fuͤr denjenigen ausschrieb, welcher aus echten
Sodapflanzen in Rußland eine Soda erzeugt haben wird, die der spanischen Barilla
gleich kommt. Bis zum bestimmten Termine, 1. Oct. 1793, ging keine Abhandlung ein.
Die Gesellschaft verlaͤngerte demnach den Termin bis auf das Jahr 1794, und
fuͤgte noch eine Bedingung bei, naͤmlich diese: ein leichtes und
wohlfeiles Mittel anzugeben, Soda aus unseren Steppensalzen und Salzseen, und aus
den Abfallen in unseren Steinsalzbruͤchen und Salzwerken zu erzeugen. Nun
erhielt die Gesellschaft zwei Handlungen, welche aber, so wie eine Abhandlung des
Akademikers Pallas, vorzuͤglich von Sodagewinnung
durch Pflanzeneinaͤscherung handelten, und durchaus nichts von einer
vortheilhaften Methode erwaͤhnten, Natrumsalze aus unseren Steppen und Seen
zu gewinnen. Bis auf den heutigen Tag blieb die Chemie in Rußland ohne Anwendung auf
Sodagewinnung im Großen.
Nach des aͤußerst geschikten Chemikers Hrn. Besse's
Beispiele fangen zwar einige Fabrikanten chemischer Producte in der Nahe von Moskau
an, die Abfalle der Salmiaksublimation, so wie bei Bereitung der
Kochsalzsaͤure (Hydrochlorsaͤure), auf Sodagewinnung zu
benuͤzen, und die Soda auf Seife zu verwenden: allein, dieß geschieht nur im
Kleinen, und dient mehr zur Benuͤzung der Abfaͤlle bei den
erwaͤhnten chemischen Arbeiten, als um ein neues Product der Industrie in den
Handel zu bringen, wie dieß in neueren Zeiten in Frankreich mit dem besten Erfolge
geschah.
Seit Duhamel im J. 1736 die Entdekung machte, oder
wenigstens durch neue Versuche erwies, daß das Koch- oder Meersalz, eine
alkalische Basis, und namentlich das mineralische Alkali oder die Soda als Basis
besizt, hat man zahlreiche Versuche zur Auffindung einer Methode angestellt, durch
welche man auf eine vorteilhafte Weise diese Basis aus dem Kochsalze abscheiden
koͤnnte. Die Akademie der Wissenschaften zu Paris, so wie die Gesellschaft
zur Aufmunterung der Kuͤnste, Gewerbe und des Handels zu London, haben
verschiedene Male diesen Gegenstand zum Gegenstande einer Preisaufgabe erhoben:
erstere in den Jahren 1781 und 1783, leztere in den Jahren 1786 bis 1789. Am Ende
des 18ten Jahrhundertes sah Frankreich durch politische Verhaͤltnisse sich
gedrungen, diesen Gegenstand mit noch groͤßerem Eifer zu betreiben. Unter
einer Menge von Verfahrungsarten fand man jene des Hrn. Leblanc als die vortheilhafteste. Dieses Verfahren besteht darin, das
Kochsalz durch Schwefelsaure zu zersezen, und das auf diese Weise erhaltene
Glaubersalz (die schwefelsaure Soda) mit Kohle und mit Kreide (kohlensaurem Kalke)
zu calciniren. Man errichtete im J. 1789 in der Naͤhe von St. Denis eine
Fabrik, um dieses Verfahren im Großen anzuwenden; allein, Ereignisse, die in keinem
Verbande mit der Methode standen, welche man anwendete, noͤthigten diese
Fabrik ihre Arbeiten aufzugeben. Als der Krieg im J. 1808 die Handelsverbindungen
zwischen Frankreich und Spanien aufhob, durch welche erstens beinahe alle seine Soda
von lezterem erhielt, kehrte man nach D'Arcet's weisem
Rathe zu Leblanc's Verfahren zuruͤk. Soda aus
Kochsalz zu bereiten. Hr. D'Arcet hat selbst an dieser
Methode einige Verbesserungen angebracht. Nun kam die Fabrik zu St. Denis wieder in
Thaͤtigkeit, und zwar mit dem besten Erfolge. Bald darauf wurden 45 andere
Fabriken errichtet, die nach derselben Methode arbeiteten, und von diesen waren
zwoͤlf zu Marseille allein, wo sich sehr viele Seifensiedereien befinden. Die
Glasfabrik zu St. Gobin errichtete gleichfalls eine Anstalt zur Erzeugung
gereinigter Soda, die sie zu ihrem schoͤnen Spiegelglase brauchte. Mit einem
Worte, alle rohe und gereinigte Soda, deren Frankreich bedarf, wird
gegenwaͤrtig aus franzoͤsischem Salze gewonnen und zu so niedrigem Preise verkauft, daß die
ehemalige, im Handel vorkommende Soda, welche jaͤhrlich fuͤr mehrere
Millionen eingefuͤhrt wurde, nun gaͤnzlich außer Gebrauch gekommen
ist.234)
Rußland besizt Kochsalz und Glaubersalz als Naturprodukte, aus welchen man, mit
Huͤlfe der Chemie, im Großen die zum Gebrauche der Fabriken noͤthige
Soda erzeugen koͤnnte.
Was das Kuͤchensalz betrifft, so besizt das suͤdliche Rußland dasselbe
in solchem Ueberflusse, daß es physisch unmoͤglich ist, die ungeheueren
Massen Salzes, die sich daselbst befinden, als Salz jemals aufzuzehren. Es
waͤre daher hoͤchst wuͤnschenswerth, die Bestandtheile dieses
kostbaren Geschenkes der Natur zu irgend einem nuͤzlichen Zweke fuͤr
die Nationalindustrie zu verwenden. In technischer Hinsicht zeigt sich nicht das
mindeste Hinderniß, nach Leblanc's in Frankreich
eingefuͤhrter Methode, die gegenwaͤrtig daselbst im groͤßten
Maßstabe angewendet wild, Soda aus Kuͤchensalz zu erzeugen: denn es gibt
gegenwaͤrtig eingeborne Russen genug um Moskau, die da wissen, wie
Schwefelsaͤure erzeugt werden muß, um uͤberall, wo man es haben will,
eine Schweselsaͤurefabrik zu errichten, die man zur Sodagewinnung braucht. Es
laͤßt sich erwarten, daß die Zersezung des Kochsalzes durch
Schwefelsaͤure Mittel an die Hand geben wird, die Kochsalz- oder
Hydrochlorsaͤure, welche sich dabei entwikelt, zu sammeln, und zu
benuͤzen, und daß man sich derselben theils zur Bereitung des Chlores und der
wichtigen Chlorverbindungen, wie z.B. des Chlorkalkes theils zur Verfertigung der
Knochengallerte nach D'Arcet's Methode fuͤr die
Flotte sowohl als fuͤr die Hospitaͤler etc., wobei aber
sorgfaͤltige Aufsicht gepflogen werden muß,235) theils zur Salmiakbereitung durch unmittelbare Verbindung mit
Ammoniumdaͤmpfen, die waͤhrend der Destillation thierischer Stoffe
aufsteigen, wird bedienen koͤnnen.236)
Man findet in Rußland natuͤrliches Glaubersalz (schwefelsaure Soda) in sehr
großer Menge in den Seen sowohl als in den Salzsuͤmpfen in der Naͤhe
der Muͤndungen der Wolga, und in vielen Gegenden Sibiriens, wo die Akademiker
S. G. Gmelin, Georgi, Pallas u.a. sie fanden. Es ist
allerdings viel leichter, und weniger kostspielig, Soda aus Glaubersalz, als aus
Kochsalz zu bereiten, denn man bedarf hier nicht mehr der Schwefelsaͤure,
welche zur Verwandlung des Kochsalzes in schwefelsaure Soda nothwendig ist. Das
Bitter- oder Epsomsalz (die schwefelsaure Bittererde), welches so oft in der
Natur mit dem Glaubersalze verbunden ist, koͤnnte zur Gewinnung der
Bittererde verwendet werden.
Man muß noch bemerken, daß eine große Menge unserer Seen und unserer
Salzpfuͤzen, besonders in Sibirien, eine sehr bedeutende Menge Natron
(basisch kohlensaurer Soda) enthalten, welche die Natur an der Seite des Kochsalzes
oder des Glaubersalzes, und zuweilen beider zugleich, gebildet hat: eine Thatsache,
auf welche der Akademiker Georgi die allgemeine
Aufmerksamkeit zu lenken wußte. Ueberall, wo dieses Natron in der Nachbarschaft
schiffbarer Fluͤsse vorkommt, sollte es gesammelt, gereinigt und in den
Handel gebracht werden.
Da nun die kaiserliche Akademie wuͤnscht, Untersuchungen zu weken, durch
welche einige natuͤrliche Producte Rußlands, aus denen die Industrie und der
Handel große Vortheile ziehen koͤnnten, allgemein nuͤzlich
wuͤrden, so schlaͤgt sie vor: daß man eine auf
Kenntniß der Ortsverhaͤltnisse, auf genaue chemische Versuche und scharfe
Berechnung gegruͤndete Methode angebe, nach welcher man in Rußland, im
Großen, die Soda entweder aus dem gewoͤhnlichen Koch- oder
Seesalze, oder aus natuͤrlichem Glaubersalze (schwefelsaurer Soda), oder
aus Mischungen dieser Salze unter sich oder mit anderen Salzen gewinnen kann,
wie z.B. aus dem Natron oder aus der natuͤrlichen basisch kohlensauren
Soda, die sich in den Seen und Salzpfuͤzen befindet, so daß diese Soda,
roh oder gereinigt, mit Vortheile im Lande verwendet oder selbst
ausgefuͤhrt werden kann.237) Es waͤre zu wuͤnschen, daß man zugleich im Stande
waͤre, die Theorie anzugeben, nach welcher Natron in unseren Salzseen und Salzsuͤmpfen sich
neben Kochsalz und Glaubersalz bilden koͤnnte, und die Wahrheit derselben
durch Versuche zu erweisen; denn eine solche Theorie koͤnnte zur Entdekung
eines vor theilhaften
Verfahrens leiten, die Soda durch kuͤnstliche Ausscheidung aus den Salzen zu
erlangen, in welchen sie enthalten ist.
Die Akademie bestimmt einen Preis von 100 hollaͤndischen Ducaten fuͤr
die beste Beantwortung
dieser Frage, wenn der Verfasser eine bereits bekannte Methode den
Ortsverhaͤltnissen anpaßt, und einen Preis von 200 Ducaten, wenn er eine ganz
neue Methode von seiner Erfindung angibt, welche besser ist, als alle diejenigen,
die bisher bekannt geworden sind.
Die Abhandlungen koͤnnen in franzoͤsischer, russischer, deutscher,
englischer oder lateinischer Sprache geschrieben seyn, und muͤssen vor dem
1sten August eingesendet werden.
Die Entscheidung der Akademie wird am Ende des Jahres 1831 bekannt gewacht werden in ihrer
oͤffentlichen Sizung. Die gekroͤnte Preisschrift bleibt das Eigenthum
der Akademie; die uͤbrigen Eingaben koͤnnen bei dem perpetuirlichen
Secretaͤre von den Agenten der Verfasser zuruͤkgefordert werden.
Versuche mit Winan's Wagen auf den
Eisenbahnen zu Baltimore und am Ohio.
Von den vielen Versuchen, welche in Gegenwart einer Menge von Menschen angestellt
wurden, fuͤhren wir nur folgende auf:
Ein Pferd, das sichtbar so leicht lief, als ob es den leichtesten Wagen (ein Tilbury)
auf dem ebensten Wege gezogen haͤtte, zog zwei Winan-Wagen, mit 11
Personen, mit einer Schnelligkeit von 10–11 engl. Meilen (2 1/2 bis 2 3/4
deutsche) auf Eine Stunde, auf einer Streke von 5 engl. Meilen.
Ein anderes Pferd zog 25 Personen in einem anderen Wagen auf derselben Bahn mit einer
Geschwindigkeit von 12 engl. (3 deutschen) Meilen auf die Stunde, und 2 Wagen mit 55
Personen mit einer Geschwindigkeit von 9 engl. Meilen auf die Stunde, und, als ein
dritter Wagen angehaͤngt wurde, 84 Personen mit derselben
Geschwindigkeit.
Ein anderer Wagen, mit 7 Personen, wurde von zwei Maͤnnern, die das Seil, an
dem er gezogen wurde, auf einer Winde aufwanden, mit bedeutender Geschwindigkeit
gezogen.
Zwei Hunde vor einem solchen Wagen angespannt, liefen mit demselben im Trotte,
obschon 6 Personen in demselben saßen. Wenn man solche Sachen nicht gesehen hat, so
glaubt man sie nicht; sie sind aber darum nicht minder wahr.238)
Unter den angestellten Versuchen fand sich auch einer mit Segeln. Obschon der Wind
schwach war, segelte doch ein Wagen mit 6 Personen mit Schnelligkeit auf dieser
Wahn. Dieser Versuch gewaͤhrte die meiste Unterhaltung, und zeigte, daß man
mittelst eines großen Segels bei einem frischen Winde auf diesen Bahnen mit solchen
Wagen schnell weiter kommen wuͤrde. (Nile's
Register; 2. Jaͤn. 1830. Bullet. d. Scienc. technol. Avril
1830. S. 367.)
Einladung an die gute ehrwuͤrdige alte Stadt
Nuͤrnberg, ihren weltberuͤhmten Nuͤrnberger Trichter in Thaͤtigkeit zu sezen, und der
eleganten Welt durch Nuͤrnberger Kunst etwas Verstand einzutrichtern. Zu Nuz
und Frommen aller achtbaren Haͤftelmacher in dieser guten Stadt.
Es ist eine merkwuͤrdige Thatsache in der Geschichte der Menschheit, daß sehr
oft aus derselben Quelle, aus welcher Unheil und Elend sich uͤber
Voͤlker und Welttheile ergossen hat, spaͤter auch die Heilung und
Linderung desselben geflossen ist.
Europa und die gluͤklichen oder ungluͤklichen Voͤlker fremder
Welttheile, die unter europaͤisches Joch gekommen sind, haben alle, mehr oder
minder, die Pest der Mieder, Schnuͤrbruͤste, Corsets,
Schnuͤrguͤrtel, und wie alle diese Werkzeuge des Wuͤrgengels,
der Millionen vor der Zeit in's Grab strekte, und Generationen auf Jahrhunderte
vorhinein verkruͤppelte, von Frankreich aus erhalten. Vergebens haben die
Beherrscher Deutschlands, das Unheil fuͤhlend, welches Frankreichs gezierte
Sittenlosigkeit uͤber ihre Voͤlker ausspie, dem Verderben
Graͤnzen zu sezen versucht239) : die Weisheit auf dem Throne vermag nur wenig gegen die Thorheit der ererbten Voͤlker,
wenn andere Fuͤhrer sich derselben fruͤher bemaͤchtigt haben;
Vorurtheile, zumal wenn sie in das Gebiet der Religion und der Mode eingreifen, sind
wie Flechten; man wird leichter davon angestekt, als man sie zu heilen vermag.
Dasselbe Frankreich, das die Pest der Schnuͤrbruͤste und Corsets
uͤber den Erdball verbreitete, lehrte uns bei dem Ausbruche der Revolution
dieselben in das Feuer werfen mit den Bouffants, Culs de
Paris, und all dem Tande ausgearteter Hofschranzerei. Die weibliche Brust
athmete freier, und der weibliche Koͤrper ward nicht mehr in die
haͤßliche Insecten-Taille einer Schlupfwespe verunstaltet, an welcher
der Bauch nur mehr an einem Faden zu haͤngen scheint, die Taille zum
Umspannen war.
Mit der Restauration restaurirte sich auch der alte Unsinn wieder, und wir sahen seit
15 Jahren nicht nur das alte Unheil der Schnuͤrbruͤste, Corsets etc.
wieder von Frankreich aus uͤber den Erdball verbreitet, wir sahen es sogar
auch jene Haͤlfte des menschlichen Geschlechts ergreifen, die bisher frei und
unangestekt davon geblieben ist. Auch in dem maͤnnlichen Geschlechte sahen
wir jezt diese Seuche wuͤthen, und Maͤnner wurden zu Geken, wie Weiber
ehevor Coquetten geworden sind; selbst Maͤnner aus derjenigen Classe ihres
Geschlechts, die zu der achtbarsten desselben gehoͤrt, selbst Officiere sehen
wir jezt die Regiments-Schande begehen, sich zu schnuͤren, wie Russen,
so daß, wenn man einem solchen Schnuͤrriemhelden, der den Schnuͤrstift
gewandter zu fuͤhren versteht, wie es scheint, als seinen Degen, den
Handschuh vor die Fuͤße wuͤrfe, er, einer Hofdame gleich, denselben
liegen lassen muͤßte, bis ein guter Freund denselben aufhebt. Man
koͤnnte zwar allerdings sagen, daß der Dienst durch dieses Schnuͤren
gewinnen muͤsse, indem die geschnuͤrten Officiers nicht so leicht
davon laufen koͤnnen; allein wer nicht ruͤkwaͤrts laufen kann,
kann auch nicht vorwaͤrts laufen und den fliehenden Feind mit dem Degen in
den Rippen verfolgen.
Waͤhrend nun diese Pest seit 15 Jahren von Frankreich aus sich uͤber
Weiblich und Maͤnnlich verbreitete, kommt endlich aus der Hauptstadt dieses
Landes auch ein Arcanum gegen dieses Pestuͤbel,
welches, indem es auf den Bericht des Hrn. Vallot den
Beifall der so achtbaren Société de
l'Encouragement erhielt, die fuͤr das Wohl der leidenden Menschheit
so unendlich viel Gutes gethan hat, auch die Aufmerksamkeit der deutschen
Menschenfreunde verdient.
Dieses Arcanum gegen die Mieder- und
Corset-Pest ist eine neue patentirte Erfindung des Hrn. Josselin zu Paris: neue Haͤftel und neue
Corset-Ruͤken, (Agrafes et dos de
Corsets perfectionnés de Mr. Josselin), mittelst welcher man auf der
Stelle, ohne den Anzug im mindesten in Unordnung zu bringen, die Schnuͤrung,
wenn man dieselbe aus was immer fuͤr einer Ursache zu laͤstig
fuͤhlen sollte, nachlassen kann.
Die Beschreibung dieser Haͤftel und Ruͤken in dem Bulletin de la Soc. d'Encouragement Janv
. 1830. S. 20., und im Bulletin d. Sc. technolog.
April 1830. S. 341, ist zu undeutlich, als daß irgend ein
Haͤftelmacher, selbst mit Beihuͤlfe eines Kleidermachers fuͤr
Damen, im Stande waͤre, nach derselben zu arbeiten. Es geht aber indessen so
viel aus dieser Beschreibung hervor, daß die achtbaren Haftelmacher zu
Nuͤrnberg sehr viel dabei gewinnen koͤnnen, wenn sie durch einen ihrer
Mitbuͤrger zu Paris ein paar Exemplare solcher Agrafes
et dos de Corsets de Mr. Josselin à Paris kaufen und sich so bald
moͤglich zusenden lassen; und daß sie viel verlieren wuͤrden, wenn,
was zu vermuthen steht, diese Pariser Mode in Deutschland eben das Gluͤk
macht, was sie in Frankreich fand, und was manche weit schlechtere
franzoͤsische Mode in Deutschland bereits gemacht hat, und wenn sie, als
die aͤltesten und beruͤhmtesten Haftelmacher Deutschlands, diesen
Zweig ihrer Industrie sich entreißen ließen: um so mehr, als die alten
Haͤftel (ihr bisheriger Erwerbszweig) durch diese neue Erfindung sehr
beeintraͤchtigt werden, und sie nun auf anderes denken muͤssen.
„Man weiß,“ sagt Hr. Vallot in
seinem Berichte, „wie gefaͤhrlich und verderblich fuͤr die
Gesundheit die Folgen eines anhaltenden Zusammenschnuͤrens durch Mieder,
Corsets, Guͤrtel auf den unteren Theil der Brust sind; allein, die
legitim gewordene Gewalt der Modethorheit hat zu sehr uͤber alle, in
unseren Tagen illegitim gewordenen, Beobachtungen des gesunden
Menschenverstandes, uͤber allen wohlgemeinten Rath der Aerzte, den die
Menschenfreunde unter denselben uns taͤglich wiederholen,240) ihr bleiernes Zepter erhoben, als daß sie sich von dem allgemein gemein verbreiteten
Wahnsinne, mit welchem sich Jung und Alt um dieser Mieder und Corsets Willen vor
der Zeit in's Grab stuͤrzt, vernuͤnftiger Weise nicht erwarten
ließe, man werde diesem Unheile heute zu Tage so schnell und so
verstaͤndig ein Ende machen, wie vor 50 und 40 Jahren. Man muß sich
begnuͤgen zu lindern, wo man nicht heilen kann: Heilung selbst wird nur
zu oft erst nach vorausgegangener Linderung moͤglich.“
Drathzieherei des Hrn. Mignard-Bellinge zu Paris.
Hr. Mignard-Bellinge hat zu Belleville bei Paris eine Drathzieherei errichtet, uͤber welche Hr.
Francoeur der Société d'Encouragement im Bulletin derselben, Janvier 1830. S. 3. (Bullet. d. Sc. techn. Avril
1830. S. 361) Bericht erstattet.
In dieser Drathzieherei wird Eisendrath, Stahldrath aus gegossenem Stahle, und
Messingdrath von 20 Arbeitern, und zwar von 2 1/2 Centimetern Dike bis zu den
feinsten Nummern gezogen. Man pruͤfte die Staͤrke (Zaͤhigkeit)
dieses Drathes, und fand, daß ein Stahldrath von 6 Decimeter Laͤnge von N. 2. (Limoger Maßstab), also von 2/3 Millimeter,241) 37 Kilogramm (uͤber 81 13/14 Pfd.) trug, und erst bei dem lezten
dieser Last zugesezten halben Kilogramme, und zwar an jener Stelle riß, wo er, in
eine Schlinge gewunden, aufgehaͤngt, also gedreht und dadurch
geschwaͤcht war. Da die Spannung dieser Drathe, als Saiten, hoͤchstens
nur 10 Kilogr. betraͤgt, so werden diese Drathe jede musikalische Stimmung
oder Spannung aushalten.
Diese Drathzieherei ist ohne allen Luxus eingerichtet, und die in derselben
noͤthigen Werkzeuge werden in derselben selbst verfertigt. Es sind in dem
beschraͤnkten Raume dieser Fabrik Ziehbaͤnke aufgestellt, die, in
Staͤrke, jener an der k. Muͤnze wenig nachgeben, und eine Bank mit 10
Spulen, auf welchen feine Nummern gezogen werden, wird mittelst einer Kurbel von
einem 13jaͤhrigen Jungen mit aller Leichtigkeit getrieben.
Hr. Mignard-Bellinge zieht, was fuͤr
Uhrmacher hoͤchst merkwuͤrdig seyn muß, mittelst einer
zusammengesezten Vorrichtung Triebstoͤke oder Trillinge von jeder beliebigen
Staͤrke und von 6 bis 12 und mehr Fluͤgel, so daß der Uhrmacher nur
diese Trillingdrathe in Stuͤke von gehoͤriger Laͤnge zu
schneiden braucht, um treffliche Triebstoͤke zu haben. Man verfertigt auch in
dieser Fabrik bessere Drathmesser, zur Bestimmmung der Dike (der Nummer)
derselben.
Hr. Francoeur traͤgt auf eine Medaille fuͤr
Hrn. Mignard-Bellinge an, indem er die
Verfertigung eines Artikels in Frankreich verbesserte, die man daselbst bisher nur
aus dem Auslande bezog.
Gesellschaft zum Graben Artesischer-Brunnen zu
Odessa.
Ein Franzose, Hr. de Chatillon, hat, nach dem Globe, 23. Maͤrz 1830, zu Odessa eine
Gesellschaft zusammengebracht, die 15,000 Rubeln zu Bohrversuchen auf Artesische
Brunnen vorschoß. Wir wuͤnschen dieser Gesellschaft herzliches Gluͤk
Auf! Jedes Land ist gluͤklich zu preisen, in welchem man nur den
Millionten-Theil desjenigen Geldes dazu verwendet den Schoß der allguͤtigen Mutter Erde zu
oͤffnen, welches man an Pagoden, Minarets, Kirchtuͤrme, deren Spizen
den vierten Theil des Jahres uͤber in Nebel gehuͤllt sind, und mit
welchen wir buchstaͤblich mit der Stange im Nebel herumfahren, seit
Jahrtausenden verschwendet hat. Indessen scheint Odessa mit seinen Umgebungen, so
viel wir dieselben aus Berichten von Geologen kennen, nicht sehr geeignet,
gluͤkliche Erfolge zu versprechen. Es ist eine delicate Sache mit diesen
Versuchen, indem es Leute gibt, die versuchen durch Bohren in der Erde eben so viel
zu gewinnen, als andere dadurch gewannen, daß sie uns mit Stangen in dem Nebel
herumfahren, Thuͤrme und Minarets etc. erbauen lehrten. Wo man nicht so treue
Freunde seines Vaterlandes findet, als Wuͤrtemberg an Hrn. Bruckmann gefunden
hat (fuͤr welches Land wir nach seiner Geologie schon vor einigen Jahren
viele Erwartungen fuͤr das Gedeihen artesischer Brunnen hegten (Siehe Polyt. Journ. B.
XXXVII. S. 115.), empfehlen wir hoͤchste Vorsicht, damit nicht die
beste Sache durch Mißbrauch in zu fruͤhen Verfall geraͤth.
Ueber unser Aeolikon oder die
Mundharmonika
hat der beruͤhmte Physiker und Chemiker Faraday am 21. Mai in der Royal
Institution eine sehr lehrreiche Vorlesung gehalten. Er verspricht der
Musik ein neues weites Feld, das sich derselben durch diese Aeolina (wie man unsere Mundharmonika nun in England nennt) oͤffnen
wird. Wir haben unsere musikalischen Instrumentenmacher schon vor 2 Jahren (im
Septemb. Hefte 1828. Bd. XXIX. S. 387.), und
zeither oͤfters, darauf aufmerksam gemacht. Hr. Orgelmacher Frosch zu
Muͤnchen allein hat uns geneigtes Gehoͤr geschenkt. Wenn er nicht bald
unserem Rathe folgt, und einen Sprung nach England macht, werden die
Englaͤnder ihm vorkommen. Sie sind nun einmal daran und haben, wie man sagt,
das Ding in der Arbeit. (Vergl. Philosoph. Magaz. and Annals
of Phil. Julius. S. 69.)
Literatur.
a) Deutsche.
Versuche uͤber den Seitendruk der Erde;
ausgefuͤhrt auf hoͤchsten Befehl des Hrn.
General-Geniedirectors, Erzherzogs Johann,
kaiserlicher Hoheit, und verbunden mit einer theoretischen Abhandlung
uͤber diesen Gegenstand nach Coulomb und Français, nebst einer Nachweisung
aͤlterer Versuche dieser Art, von Carl Martony de
Roͤszegh, Major im k. k. Geniecorps. 4. Wien 1828. Aus der k. k.
Hof- und Staats-Aerarial-Drukerei. 221 Seiten und 19
lithographirte Tafeln in 1/8 Folio. Preis: 2 fl. Conv. Muͤnze.
Wir bedauern herzlich, daß dieses herrliche und lehrreiche Werk uns nicht
fruͤher zu Gesichte gekommen ist, um dasselbe nicht bloß dem taktischen
Techniker, welcher Festungen zu bauen hat, sondern auch dem Baumeister, der
Berg-, Canal- und Wasserbauten zu fuͤhren hat, und jedem
Baumeister uͤberhaupt, der ein Gebaͤude nicht so auffuͤhren
will, daß, wenn es einstuͤrzt, die ganze Baucommission seines Staates
daruͤber anfangen muß zu wakeln, nach Wuͤrde empfehlen zu
koͤnnen.
Der Druk der Erde gegen Futtermauern war von jeher als
einer der wichtigsten, zugleich aber auch der schwierigsten Gegenstaͤnde
im Baue uͤber und unter der Erde, vorzuͤglich aber im
Festungsbaue, betrachtet, und die angesehensten Mathematiker haben sich mit
Untersuchung dieses Gegenstandes beschaͤftigt. Leider huldigte man aber
mehr der Theorie, als der Erfahrung, und, da im Verlaufe der Zeiten beide auf
Abwege geriethen, ward die eine durch die andere verdorben: Belidor's theoretische Bestimmungen waren unrichtig,
sie wurden aber so sehr zur Baunorm, daß, selbst nachdem Coulomb, Français und Prony die
fehlerhafte Theorie Belidor's erbesserten, diese
Reformatoren, irre gefuͤhrt von altem Herkommen und falschen Erfahrungen,
wie Herr Major
von Martony sehr richtig bemerkt, wieder „mit
eigener Hand die moͤglichen hoͤchst nuͤzlichen Folgen ihrer
Bemuͤhungen zerstoͤrten.“
„So lang,“ sagt er, „die Uebereinstimmung der Ergebnisse der
Theorie mit den Erscheinungen der Natur nicht uͤberzeugend erwiesen war,
war es vorauszusehen, daß Furcht und Zweifel den Staat um den Genuß der
Vortheile bringen wuͤrden, welche eine richtige Lehre
darbietet.“
„Diese Ueberzeugung koͤnnte aber nur aus Versuchen hervorgehen, die
mit der hierzu erforderlichen Vorkenntniß und Genauigkeit, zugleich auch in
einem groͤßeren Maßstabe als die bisher bekannt gewordenen unternommen
und auf verschiedene Erdgattungen ausgedehnt, alle physischen Ursachen und deren
Wirkungen zur Kenntniß dringen wuͤrden, welche auf den Erddruk Einfluß
nehmen, und welche die Theorie zwar erwaͤhnen, aber nicht messen
koͤnnte.“
„Sr. kais. Hoheit, der Erzherzog Johann,
General-Geniedirector, stets bemuͤht, aus den verschiedenen
Zweigen des menschlichen Wissens fuͤr den Staat Vortheile zu
sammeln,242) geruheten mittelst hauptgenieaͤmtlicher Verordnung vom 21. Sept.
1826 N. 3084. die Ausfuͤhrung solcher
Versuche anzubefehlen, und beehrten den Ingenieur-Major v. Martony mit dem hoͤchsten Auftrage, dieselben
anzuordnen und auszufuͤhren, welcher sich hierzu den
Ingenieur-Hauptmann Dierkes und Hrn.
Ingenieur-Oberlieutenant Reuter zu
Gehuͤlfen erbat.“
„Nachdem in dem Winter 1826 und 27 die Herstellung des Apparates besorgt,
und uͤberhaupt alle Vorbereitungen getroffen waren, wurden die Versuche
selbst bei dem ersten Eintritte der guͤnstigen Witterung begonnen, und
nur bei dem Eifer, mit welchem die beiden oben genannten Hrn. Officiere den
Ingenieur-Major v. Martony
unterstuͤzten, war es mitten unter den gehaͤuften und dringenden
Geschaͤften eines bedeutenden Baues moͤglich, noch im Verlaufe
desselben Jahres mit der groͤßten Genauigkeit eine Reihe von Versuchen
durchzufuͤhren, durch welche der erhaltene hoͤchste Auftrag
vollstaͤndig, und wie man hofft, befriedigend erfuͤllt worden
ist.“
In diesem vortrefflichen Werke ist nun im 1sten Abschnitte S. 7–42. Coulomb's Theorie aus den Mémoires de l'Academie 1773 im Auszuge mitgetheilt, insofern
sie zur Verstaͤndlichkeit des Folgenden gehoͤrt, Hrn. Français Aufsaz uͤber denselben
Gegenstand ist aber aus dem Mémorial de l'Officier
du Génie, Annèe 1828. N. 4.
getreu uͤbersezt, wofuͤr man Hrn. v. Martony um so mehr danken muß, als dieses Journal in Deutschland wenig
bekannt, und dieser Aufsaz hoͤchst belehrend ist.
Der 2te Abschnitt enthaͤlt die Versuche der HHrn. Gadroy, Papacini d'Antony, Gauthey, Rondelet, Mayniel zu Alexandria und Juliers;
dann die zu Wien im J. 1827 angestellten Versuche mit Dammerde, Sand, reinem
gelben Lehme und Schotter, nebst Anwendung der Resultate der vorgenommenen
Versuche bei der Herstellung eines Theiles der Schotten-Bastion zu Wien
im J. 1827. (S. 42 bis 167.)
Im 3ten Abschnitte sind die Untersuchungen uͤber die Uebereinstimmung der
Theorie mit den angestellten Versuchen in vier Reihen von Versuchen abgehandelt.
(S. 167 bis 200.)
Der 4te Abschnitt liefert S. 200 bis 221 einen Versuch uͤber die Anwendung
der Theorie bei wirklichen Baufuͤhrungen, wornach erhellt, daß, bei
gleicher Stabilitaͤt, die Futtermauer, welche hier empfohlen wird und
aufgefuͤhrt wurde, nur halb so viel an Geld und Zeit kostete, als eine nach
den bisher befolgten Grundsaͤzen erbaute gekostet haben
wuͤrde.
Diese gedraͤngte Inhalts-Anzeige mag hinreichen unsere Leser von
der Wichtigkeit dieses Werkes zu uͤberzeugen: von der Vortrefflichkeit,
mit welcher die darin enthaltenen Gegenstaͤnde abgehandelt sind,
wuͤnschen wir, daß Baumeister und Ingenieurs sich durch eigenes Studium
uͤberzeugen moͤchten; sie werden dann das Lob, welches dieser
gehaltvollen Schrift allgemein zu Theil wurde, nicht als Lobpreisung, sondern
als den baren Ausspruch reiner Wahrheit finden.
Was jedem unserer Leser bei dieser Anzeige des obigen Werkes auffallen wird, ist
der unglaublich geringe Preis eines so schoͤn gedrukten Werkes. Es ist
das wohlfeilste Werk in der, bei allen Voͤlkern kostbaren, Litteratur der
Baukunst, das seit Erfindung der Buchdrukerei gedrukt wurde. Zwei Gulden Conv.
Muͤnze fuͤr 221 Quartseiten und 19 Halbfolio-Tafeln! Das
ist fuͤrwahr unerhoͤrt, und wir wuͤrden es kaum glauben,
wenn wir nicht aus guter Quelle wuͤßten, daß es um diesen Preis zu Wien im Kriegsgebaͤude 1. Stok im Buͤreau des k. k. Genie-Hauptarchives ausgetheilt wird. Man
erkennt hieran die segensvolle Hand, die das Geniewesen in Oesterreich leitet,
und der echt militaͤrischen Geist, der die geistreichen Officiers dieses
vortrefflichen Corps beseelt. Der wahre Soldat, der edle tapfere Krieger gibt
immer lieber, als er nimmt. Wo war bisher, seit Erfindung der Buchdrukerei,
irgend ein Schreibercorps, das Werke von solcher Kostbarkeit, wie dieses, unter
dem Publicum zu solchen Preisen vertheilt haͤtte, die kaum die Drukkosten
deken! Man sieht, daß das Militaͤr besser fuͤr
oͤffentlichen Unterricht zu sorgen weiß, als jene Schreiber, die sogar
den Schulbuchhandel zur Finanzquelle erhoben, und am Kinde des Bettlers, das
Lesen lernen will, sich nicht schaͤmen, einige Groschen fuͤr die
Fibeln und Schulbuͤcher abzuzwaken, deren es beim Schulunterrichte
bedarf. Das Militaͤr will, daß die Individuen seines ehrenvollen Standes
kraͤftig fortschreiten in ihrer Ausbildung; die Civilschreiber wollen,
daß das Volk ruͤkwaͤrts schreite und in Dummheit erstike: Similis simili gaudet.
––––––––
Grundlehren der Chemie fuͤr Jedermann, besonders
fuͤr Aerzte, Apotheker, Landwirthe, Fabrikanten, Gewerbtreibende, und
alle diejenigen, welche in dieser nuͤzlichen Wissenschaft sich
gruͤndliche Kenntnisse erwerben wollen. Von J. F. Runge, Dr. der Phil, und Med., außerord.
Prof. der Technol. an der Universitaͤt zu Breslau. 8. Breslau. 1830. Bei
Graß, Barth und Comp. 303 S. und XXIII. Vorr. und Inhalt.
Mit wahrem Vergnuͤgen empfehlen wir den Aerzten, Apothekern, und
vorzuͤglich den Landwirthen, Fabrikanten und Gewerbsmaͤnnern ein
Compendium der Chemie, das wir, ungeachtet seiner außerordentlichen
Gedraͤngtheit, fuͤr sie ebenso lehrreich als nuͤzlich
finden.
Wir theilen gaͤnzlich die Ansicht des Hrn. Verfassers, (der sich schon
fruͤher als ein hoͤchst geistreicher Mann beurkundete), wenn er es
als Fehler an so vielen sogenannten populaͤren Chemien betrachtet:
„daß sie zu viel geben. Sie fuͤhren
weitlaͤuftig eine Menge Eigenschaften und Verbindungen auf, die nur zur
Vollstaͤndigkeit des Systemes und fuͤr den wissenschaftlichen
Forscher wichtig, dem praktischen Manne aber ganz unnuͤz sind. Diese Art
der Darstellung ist ein großes Hinderniß fuͤr die gruͤndliche
Auffassung des Gegebenen; das Ganze ist dem Anfaͤnger zu viel, er weiß
sich das Bedeutungsvollere nicht heraus zu finden, und so vernachlaͤssigt
er nicht selten Alles.“
Was dieses Compendium vor anderen seines gleichen sehr vortheilhaft auszeichnet,
ist, daß es ganz auf Stoͤchiometrie
gegruͤndet ist, und diese dem Leser so leicht als moͤglich
faßlich, und so deutlich als moͤglich begreiflich macht. Wir halten die
Wohlthat, die der Hr. Verf. dadurch seinen Lesern und Zuhoͤrern erweiset,
fuͤr desto groͤßer, als in unserem mystischen und mystificirten
Zeitalter der Verstand zu Gunsten der Phantasie selbst aus den eigentlichen,
nicht bloß aus den schoͤnen und historischen, Wissenschaften immer mehr
und mehr verbannt wird.
„Wie fruͤher, „sagt der Hr. Verfasser“ die
Physiologie durch den Mißbrauch der „Seele“
etc. unverstaͤndlich und in ihren Fortschritten aufgehalten wurde, so
wird es die Chemie durch das Wort „Verwandtschaft.“ Ich rechne es daher diesem Werke als ein
Verdienst an, daß in demselben, unbeschadet der chemischen Theorie, das Wort
Verwandtschaft niemals vorkommt. Es ist unglaublich, wie sehr die
Stoͤchiometrie den Unterricht in der Chemie erleichtert, und welchen
ungeheueren Schritt der Lehrer vorwaͤrts gethan hat, wenn es ihm gelungen
ist, seinem Schuͤler die paar Zahlen einzupraͤgen, die in der
Chemie eine so große Rolle spielen. Durch das immerwaͤhrende Hinweisen
auf ganz bestimmte unabaͤnderliche Zahlenverhaͤltnisse bei der
Erzeugung chemischer Verbindungen erreicht man bei dem Fabrikanten und
Handwerker noch einen anderen sehr wichtigen Zwek, naͤmlich den, daß sie die Notwendigkeit des Waͤgens und Rechnens einsehen lernen. Wie vieles mißlingt ihnen,
oder wird nicht so, wie es werden koͤnnte, durch Mangel an Genauigkeit,
und um wie viel wohlfeiler koͤnnen sie ihre chemischen Erzeugnisse
stellen, wenn sie nicht nach Gutduͤnken, sondern nach dem richtigen
Verhaͤltniß, welches das chemische Mischungsgesez ihnen vorschreibt,
verfahren!“
Sehr richtig dringt der Hr. Verf. mit Salomon 11. 22. auf „Maß, Zahl und
Gewicht;“ denn nur die Imponderabilien in der Physik, die
incommensurabeln Groͤßen in der Mathematik sind es, uͤber welche
in vielen Faͤllen unser vermeintliches Wissen noch weniger als nichts
ist.
Wir sind uͤberzeugt, daß Hr. Prof. Runge bei
Abfassung dieses Compendiums feinen schoͤnen Zwek, eine der erhabensten
Wissenschaften gemeinnuͤzig zu machen, bei seinen so haͤufigen und
trefflich durchgefuͤhrten „Hinweisungen auf ihre Nuzung
fuͤr's Leben“ vollkommen erreicht hat. Wir freuen uns, daß er
unsere Ansicht theilt: „nisi utile est, quod
facimus, stulta est gloria.“
Dieses lehrreiche Compendium ist dem ruͤhmlich bekannten Secretaͤr
der technischen Section der schlesischen Gesellschaft fuͤr
vaterlaͤndische Cultur und Besizer einiger Manufakturanstalten, Hrn. K.
Milde, in Breslau zugeeignet.
b) Franzoͤsische.
Chimie. Traité élémentaire de
cette science et de ses applications aux arts et manufactures. Par M.
Desmarest. 2. ed. 12. Paris 1830 Malher
et Comp. 435 S. 4 Fr. 50 C.
Manuel de la Metallurgie du fer; par C. J. B. Karsten, tradu. par. F. G. Culmann. 2. édit. 8. Metz. 1830 ch.
Mad. Thiel.
Manuel du Cartonnier, du Cartier et du fabricant de
Cartonnages. Par Lebrun. 18. Paris 1830 ch.
Roret. 264 S. 3 Fr. (Verdiente eine
Uebersezung.)
Instruction sur les précautions a prendre pour
bien conduire l'appareil servant à extraire la gélatine
des os de la viande de boucherie; par Mr. d'Arcet. 8 Paris. 1830. ch.
Chassaignon. 16 S.
Plus de Famine! Coup-d'-oeil sur la
situation de la boulangerie en France, suivi des moyens
d'amèlioration qu'elle necessite. Par L. B. Lamanon, Ex-maître Boucanger. 8. Paris. 1830. 3
fecilles. Pal. Royal. Galérie d'Orleans.