Titel: | Fässer aus Marmor zur Aufbewahrung des edlen Unger-Weines. Auszug eines Schreibens an den Hrn. Grafen St. Priest, dd. Pesth 27. Dec. 1829. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. CI., S. 356 |
Download: | XML |
CI.
Faͤsser aus Marmor zur Aufbewahrung des
edlen Unger-Weines. Auszug eines Schreibens an den Hrn. Grafen St. Priest, dd. Pesth 27. Dec. 1829.266)
Aus dem Bulletin des Scienc. techn. Avril
1830.
Mit Abbildung auf Tab.
VII.
St. Priest, Faͤsser aus Marmor zur Aufbewahrung des edlen
Ungerweines.
Es gibt bisher zwei Faͤsser auf Marmor in Ungarn: das eine zu Ofen
gehoͤrt Hrn. Margofi, und ist mit Ofner
gefuͤllt; das andere haben Sie bei mir gesehen: es ist gegenwaͤrtig
mit dem besten alten Tokayer gefuͤllt. Beide Faͤsser sind nach
derselben Idee gebaut, und gewaͤhren folgende Vortheile:
1) da Marmor im Keller so kalt bleibt, wie dikes Glas, so wird der Wein nicht zu
warm; die Gaͤhrung geht in marmornen Faͤssern ruhiger und
regelmaͤßiger von Statten, als in hoͤlzernen.
2) ein marmornes Faß, gehoͤrig verfertigt, schuͤzt den Wein eben so gut
vor der Kellerluft, als eine gute Flasche; es verduͤnstet auch nicht ein
Tropfen, und man erspart das Nachfuͤllen, das bei hoͤlzernen
Faͤssern so bedeutend ist. Es ist daher
3) aus Obigem offenbar, daß der Wein sich laͤnger und besser in Marmor
haͤlt, als in dem poroͤsen Holze; daher sind auch Faͤsser aus
Marmor vorzuͤglich fuͤr edlere ungrische Weine zu empfehlen. Die alten
Roͤmer bewahrten ihren Wein in steinernen267) Gefaͤßen, und die Geschichte lehrt uns, daß die italiaͤnischen
Weine sich in diesen Amphoren weit besser erhielten, als
heute zu Tage in den Faͤssern.
4) Wenn die Reife abspringen oder los werden, oder wenn irgend ein Loch im
hoͤlzernen Fasse entsteht, so rinnt der Wein aus. Diese Nachtheile haben bei
marmornen Faͤssern nicht Statt.
5) Wenn ein hoͤlzernes Faß leer wird, nimmt es sehr oft einen uͤblen
Geschmak an, der dasselbe fuͤr die Zukunft ganz unbrauchbar macht: Marmor
hingegen nimmt nie einen Geruch an.
6) Da ein marmornes Faß nie nachgefuͤllt werden darf, so kann der
Eigenthuͤmer sein Faß siegeln und seinen Keller Jahre lang geschlossen
halten, ohne fuͤrchten zu duͤrfen, daß der Wein durch die
Nachlaͤssigkeit seiner Hallsleute leidet, oder durch ihre Untreue weniger
wird.
7) Bei einem marmornen Fasse ist keine Reparatur noͤthig. Die einzige Sorgfalt, die man
fuͤr dasselbe haben muß, ist diese, daß es keine heftige
Erschuͤtterung erleidet.
Hier folgt nun eine genaue Zeichnung und Beschreibung des oben erwaͤhnten und
gegenwaͤrtig mit Tokayer gefuͤllten Fasses.
Fig. 47.
zeigt das Faß von der Vorderseite.
Damit die zu große Schwere die weiche Erde nicht eindruͤkt, ist aaa die Grundlage aus dichten festen Steinen, auf
welchen das marmorne Faß, bbbb, ruht. In der
Abtheilung c, ist die Ziffer I, und befinden sich nach unten zu zwei Oeffnungen, dd. Durch die obere dieser Oeffnungen laͤßt
man den reinen Wein ab, durch die untere den Bodensaz, der sich in derselben bildet.
Auf einer Seite sind der ganzen Laͤnge des Fasses nach fuͤnf steinerne
Stuͤzen angebracht, ee, welche tief in die
Erde eingelassen sind. Auf der entgegengesezten Seite, g, sind fuͤnf Steine in dem Gewoͤlbe angebracht, auf welche das
Faß sich stuͤzt. Diese ganze Vorrichtung ist in allen ihren Theilen so fest
verbunden, daß nur eine sehr heftige Erschuͤtterung im Stande waͤre
sie zu beschaͤdigen.
Fig. 48.
zeigt den unteren Theil dieses marmornen Fasses, der in zwei Theile getheilt
ist.
Fig. 49. ist
eine der drei Abtheilungen, durch welche dieses Faß in vier Abtheilungen gebracht
ist. Denn es waͤre unmoͤglich ein solches Faß, das zur Aufbewahrung
des besten Tokayers bestimmt ist, in Einem Jahre mit solchem Weine von derselben
Guͤte zu fuͤllen.
Fig. 50.
zeigt die Ausdehnung der vier Abtheilungen, und die Oeffnungen, dd, der zwei mittleren Abtheilungen, Nro. 2 und 3, bei dd.
Fig. 51.
stellt die Außenseite der Laͤnge nach dar.
Die gegenuͤberstehende Seite ist wie in Fig. 47., nur muß in der
mittleren Abtheilung c die Ziffer 4 statt 1 kommen.
Nach oben zu hat jede Abtheilung eine eigene Thuͤre aus Marmor, damit man in
das Faß einsteigen kann, wenn es leer ist. Diese Thuͤren sind mit einem
leichten Kitte verstrichen, damit keine Luft eindringen kann. In der Mitte einer
jeden derselben befindet sich eine kleine Oeffnung, durch welche man den Wein in das
Faß laͤßt, und etwas davon herausnehmen kann, wenn man denselben kosten
will.
So groß aber auch immer die Vortheile dieser Marmorfaͤsser sind, so kann man
dieselben doch nur reichen Weinguͤter-Besizern empfehlen, die ihre
Weine Jahre lang uͤber gut aufbewahren wollen. Die Anschaffung und
Aufstellung derselben kommt theuer, und wenn man sie einmal hat, lassen sie sich
nicht so leicht transportiren und handhaben, wie hoͤlzerne Faͤsser.
Wir muͤssen noch uͤberdieß bemerken, daß man diese Faͤsser erst
dann fuͤllen darf, wenn der ganze Apparat hinlaͤnglich dicht geworden
ist.
Um allen Oehlgeruch vollkommen zu beseitigen, ließ man das Faß, ehe man es mit
Tokayer fuͤllte, 9 Monate lang im Keller, und man uͤberzog den Kitt an
den Thuͤren der Abtheilungen mit Kolophonium und mit weißem Peche.268)
Tafeln
