Titel: Ueber ein neues von Hrn. Sefström in einem weichen Gußeisen aufgefundenes Metall. (Auszug aus einem Briefe des Hrn. Berzelius an Hrn. Dulong.)
Fundstelle: Band 39, Jahrgang 1831, Nr. CVII., S. 434
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CVII. Ueber ein neues von Hrn. Sefstroͤm in einem weichen Gußeisen aufgefundenes Metall. (Auszug aus einem Briefe des Hrn. Berzelius an Hrn. Dulong.) Aus den Annales de Chimie et de Physique. November. 1830. S. 332. Sefstroͤm, uͤber ein neues im Gußeisen aufgefundenes Metall. Hr. Sefstroͤm, Director der Bergschule zu Fahlun, fand, als er eine ihrer außerordentlichen Weichheit wegen merkwuͤrdige Eisensorte untersuchte, darin eine Substanz, deren Eigenschaften von denjenigen aller bisher bekannten Koͤrper verschieden sind; sie ist darin aber in so geringer Menge vorhanden, daß nur mit vielem Zeit- und Kostenaufwand die zu einer umfassenden Untersuchung erforderliche Quantitaͤt haͤtte dargestellt werden koͤnnen. Dieses Eisen war aus dem Erze von Taberg in Smoͤland dargestellt, welches ebenfalls nur Spuren jener neuen Substanz enthaͤlt. Nachdem Hr. Sefstroͤm gefunden hatte, daß das Gußeisen mehr als das daraus bereitete Eisen von dieser Substanz enthaͤlt, so vermuthete er, daß die waͤhrend der Umaͤnderung des Gußeisens in Eisen gebildeten Schlaken noch reichhaltiger waͤren: diese Vermuthung wurde bald durch Versuche bestaͤtigt; nachdem sich Hr. Sefstroͤm so eine zur ausfuͤhrlicheren Untersuchung hinreichende Quantitaͤt dieser neuen Substanz verschaffen konnte, kam er waͤhrend der Weihnachtsferien zu mir um seine Untersuchungen uͤber diesen Gegenstand zu beendigen. Wir haben den Namen dieser Substanz noch nicht definitiv bestimmt. Wir nennen sie vorlaͤufig Vanadium nach der scandinavischen Gottheit Vanadis. Das Vanadium bildet mit dem Sauerstoff eine Saͤure und ein Oxyd. Die Saͤure ist roth, pulverfoͤrmig; sie ist schmelzbar und erstarrt beim Erkalten zu einer krystallinischen Masse. Im Wasser ist sie ein wenig aufloͤslich; sie roͤthet das Lakmus und bildet neutrale Salze, welche gelb und saure, welche orangefarbig sind; leztere enthalten zwei Mal so viel Saure als die neutralen. Ihre Verbindungen mit den Saͤuren oder den Basen haben, wenn sie in Wasser aufgeloͤst sind, die merkwuͤrdige Eigenschaft, oft ploͤzlich ihre Farbe zu verlieren und nehmen sie erst in dem Augenblike wieder an, wo sie in festen Zustand uͤbergehen; loͤst man sie sodann wieder auf, so behalten sie ihre Farbe bei. Diese Erscheinung scheint einige Analogie mit den beiden verschiedenen Zustaͤnden der Phosphorsaure und der phosphorsauren Salze zu haben. Das Wasserstoffgas reducirt die Vanadiumsaͤure in der Weißgluͤhhize; es bleibt eine zusammenhaͤngende Masse von schwachem Metallglanz zuruͤk, welche die Elektricitaͤt gut leitet. Indessen ist es noch nicht gewiß, daß diese Reduction vollstaͤndig ist. Das so erhaltene Vanadium verbindet sich nicht mit Schwefel, selbst wenn man es in einer aus dem Dampf dieser Substanz bestehenden Atmosphaͤre zum Rothgluͤhen bringt. Das Vanadiumoxyd ist braun, fast schwarz; es loͤst sich leicht in den Sauren auf. Die Salze haben eine sehr dunkle braune Farbe; aber auf Zusaz von etwas Salpetersaͤure entsteht ein Aufbrausen und die Farbe wird sehr schoͤn blau. Der Schwefelwasserstoff und selbst die salpetrige Saͤure reduciren die mit einer anderen Saͤure verbundene Vanadiumsaͤure zu dieser blauen Substanz, welche bloß eine Verbindung von Vanadiumsaͤure mit Vanadiumoxyd zu seyn scheint, aͤhnlich denjenigen, welche das Wolfram, Molybdaͤn, Iridium und Osmium bilden. Die Saͤure und das Oxyd des Vanadiums geben außerdem gruͤne, gelbe oder roͤthliche Verbindungen, die alle in Wasser ohne Beihuͤlfe einer anderen Saͤure aufloͤslich sind. Das Vanadiumoxyd ist, wenn es auf nassem Wege bereitet wurde, in Wasser und in den Alkalien aufloͤslich. Wenn das Wasser aber ein Salz enthaͤlt, so loͤst es sich nicht auf und dieses Verhalten gibt ein Faͤllungsmittel fuͤr dasselbe an die Hand. Die in Wasser aufgeloͤsten vanadiumsauren Salze werden durch Schwefelwasserstoff zersezt, welcher sie in schon rothe Schwefelsalze umaͤndert. Chlorvanadium ist eine farblose, sehr fluͤchtige Fluͤssigkeit, welche in der Luft einen diken rothen Dampf verbreitet. Das Fluorid ist bald roth, bald farblos, aber immer fix. Das Vanadium faͤrbt die Fluͤsse vor dem Loͤthrohr schoͤn gruͤn wie das Chrom. Die Abhandlung des Hrn. Sefstroͤm wird eine vollstaͤndigere Geschichte dieser Substanz geben.