Titel: Vorschlag zur Errichtung von Tagessignalen an den Küsten Frankreichs, wodurch den von Ungewittern getroffenen Schiffen das Einlaufen in die Häfen erleichtert wird. Von Hrn. Fenoux, Schiffslieutenant.
Fundstelle: Band 46, Jahrgang 1832, Nr. XXXVIII., S. 161
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XXXVIII. Vorschlag zur Errichtung von Tagessignalen an den Kuͤsten Frankreichs, wodurch den von Ungewittern getroffenen Schiffen das Einlaufen in die Haͤfen erleichtert wird. Von Hrn. Fenoux, Schiffslieutenant. Aus dem Recueil industriel. August 1832, S. 134. Fenoux, Vorschlag zur Errichtung von Tagessignalen. Das neue Beleuchtungssystem der Seekuͤsten Frankreichs erleichtert die Schifffahrt an denselben ganz außerordentlich; es waͤre aber sehr zu wuͤnschen, daß auch zur Sicherheit der Kuͤstenfahrt am Tage, fuͤr welche bisher, wenigstens was das Bugsiren betrifft, noch gar nichts gethan wurde. Einiges geschaͤhe. Es vergeht kein Winter, in welchem nicht eine betraͤchtliche Menge Menschenleben und Guͤter zu Grunde gehen, welche bei den haͤufigen Schiffbruͤchen, die sich an unseren Kuͤsten, und besonders an jenen der Bretagne ereignen, von den Wellen verschlungen werden. Denn nicht bloß jene Schiffe, die aus großer Entfernung kommen, erkennen die Stelle des Landes, an welche sie gelangen, nicht immer, und wissen daher keinen Hafen zu finden, in den sie einlaufen koͤnnen, wenn sie von eintretenden Umstaͤnden dazu gezwungen werden; sondern selbst die Kuͤstenfahrer gerathen ungeachtet ihrer großen Erfahrung oft in Verlegenheit, wenn es sich darum handelt einen Hafen aufzufinden, in welchem sie bei schlechtem Wetter Schuz finden koͤnnten. Das Meer bricht sich naͤmlich, wenn es durch die uͤber den weiten Ocean herstreichenden Winde aufgeregt wird, mit solcher Wuth an unseren westlichen Kuͤsten, daß man die Eingaͤnge der Haͤfen nicht zu erkennen vermag; die Schiffe sind daher, da die Lotsen unter solchen Umstaͤnden nicht zu ihrer Huͤlfe auslaufen koͤnnen, gezwungen, auf die Kuͤste zu laufen, und zwar meistens ohne Hoffnung ihrer Rettung. In einen aͤhnlichen Fall gerieth am 4. December 1831 auch die Handelsgoelette la Providence, Capitaͤn Hutot, welche, mit Wein beladen, auf ihrer Fahrt von St. Pierre d'Oléron nach Paimpol in der Bucht von Audierne durch einen heftigen Suͤdostwind gezwungen wurde, einen Zufluchtshafen zu suchen. Die See ging jedoch so hoch, daß sie an der ganzen Kuͤste eine große Brandung bildete, und daß es daher dem Schiffe durchaus unmoͤglich war den Eingang des Hafens von Audierne zu erkennen; es waͤre gewiß mit Mannschaft und Ladung zu Grunde gegangen, wenn ich mich nicht zufaͤllig an der Kuͤste befunden, und dem Capitaͤn durch ein an einer langen Stange angebrachtes Schnupftuch Zeichen gegeben haͤtte, welche auf dem Schiffe so gut verstanden wurden, daß dasselbe, nach meinen Angaben steuernd, das Gluͤk hatte, wohlbehalten in den Hafen einzulaufen, obschon es die groͤßten Gefahren gelaufen war. Dieser Fall, den ich selbst beobachtete, brachte mich auf die Idee einer Signalerrichtung an unseren Kuͤsten, die gewiß von großem Nuzen seyn muͤßte. Nach meiner Idee sollte an der Einfahrt eines jeden Hafens an der auffallendsten Stelle ein Schnellbalken-Flaggenmast (mât de pavillon à bascule) errichtet werden. An diesem Maste soll jedes Mal, so oft sich ein Schiff in solcher Entfernung zeigt, daß die Signale erkennbar sind, eine Nationalflagge, welche ich mit N. 1 bezeichnen will, aufgehißt werden, um dem Schiffe dadurch anzuzeigen, daß es sich in der Naͤhe eines Hafens befinde. Will das Schiff einlaufen, so soll es seine Flagge aufpflanzen, und in diesem Falle muß dann die Flagge N. 1 durch eine rothe Flagge N. 2 ersezt werden. Das Schiff, welches zum Einlaufen manoͤvrirt, wird der Richtung des Signales, welches entweder links oder rechts gerichtet seyn wird, wie dieß auch am Thurme von Bayonne geschieht, folgen. Sollte aber der Stand der Fluth oder die Hoͤhe der See an jenen Haͤfen, vor welchen sich eine Sandbank befindet, das Einlaufen nicht gestatten, so muͤßte man, um dieses dem Schiffe mitzutheilen, eine blaue Flagge N. 3 aufziehen. Sollte das Schiff, durch Havereien oder durch irgend eine andere Ursache gezwungen, ungeachtet dieser Signale, die See nicht mehr halten koͤnnen oder wollen, und will es entweder wagen uͤber die Sandbank oder Barre wegzusegeln, wenn eine solche vorhanden ist, oder sich an die Kuͤste werfen, so soll es seine Flagge in Schau sezen. In diesem Falle muͤßten ihm dann mit der Flagge N. 3 die gehoͤrigen Zeichen gegeben werden, um ihm die Einfahrt zu zeigen, oder um es gegen jene Stelle der Kuͤste zu richten, wo der Lotse noch die meiste Hoffnung zur Rettung des Schiffes oder wenigstens der Mannschaft haͤtte. Diese ganze Anstalt, die sich so leicht errichten ließe, wuͤrde keine großen Kosten veranlassen, da die Signale unter der Aufsicht des Anwaltes der Seeleute den Lotsen anvertraut werden koͤnnten, und da die Lotsen dafuͤr von den Schiffen eben so bezahlt werden koͤnnen, als sie von denselben bezahlt werden, wenn das Schiff Lotsen einnimmt. Bei diesen Signalen koͤnnte fast jeder Kuͤstenfahrer beinahe gewiß seyn, einen Hafen zu erreichen, wenn er die See nicht mehr halten kann, und in Folge hievon wuͤrden die Schiffe aus Furcht von schlechtem Wetter uͤberrascht zu werden, nicht so lang in den Haͤfen verweilen, wodurch dem Handel besonders im Winter so großer Nachtheil erwaͤchst.