Titel: Ueber ein im Großen anwendbares Verfahren, um das Osmium und Iridium in reinem Zustande darzustellen; von Hrn. J. Persoz.
Fundstelle: Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XXIII., S. 129
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XXIII. Ueber ein im Großen anwendbares Verfahren, um das Osmium und Iridium in reinem Zustande darzustellen; von Hrn. J. Persoz. Aus den Annales de Chimie et de Physique. Februar 1824, S. 210. Verfahren das Osmium und Iridium in reinem Zustande darzustellen. Seit den Untersuchungen, welche Tennant, Vauquelin und Fourcroy, die zuerst uͤber das Osmium und Iridium arbeiteten, bekannt gemacht haben, sind einige Abaͤnderungen in dem Verfahren sie in reinem Zustande zu erhalten, von Wollaston und Berzelius gemacht worden. Da ihr Verfahren in den Lehrbuͤchern der Chemie angegeben ist, so brauche ich hier nicht darauf zuruͤkzukommen. Ich bemerke nur, daß sich die Methode dieser verschiedenen Chemiker auf die Wirkung gruͤndet, welche das salpetersaure Kali auf den Ruͤkstand ausuͤbt, den das Platinerz bei der Behandlung mit Koͤnigswasser hinterlaͤßt (derselbe besteht bekanntlich aus Kieselerde, einer Verbindung von Osmium mit Iridium und Platintheilen, die der Einwirkung des Koͤnigswassers entgingen), und daß dieses Verfahren viele Schwierigkeiten darbietet, indem die Behandlung sehr lange fortgesezt werden muß und das Erz nicht leicht vollstaͤndig angegriffen wird. Da ich Gelegenheit hatte, eine gewisse Quantitaͤt des Platinruͤkstandes zu behandeln, so wollte ich zur Ausscheidung dieser beiden Metalle ein Verfahren ausmitteln, welches schneller zum Ziele fuͤhrt und leichter ausfuͤhrbar ist. Diese Methode beruht 1) auf der Wirkung, welche Gemenge von kohlensaurem Kali oder Natron mit Schwefel auf das Platinerz ausuͤben, wodurch einerseits Sulfuride von Eisen, Osmium und Iridium und andererseits Silicate dieser Basen entstehen, welche leztere sich als Schlake auf der Oberflaͤche der schmelzenden Masse sammeln; 2) auf die Wirkung, welche der Sauerstoff bei hoher Temperatur auf das Schwefelosmium ausuͤbt, wodurch eine blaue fluͤchtige Verbindung entsteht, die Berzelius entdekte. Das Verfahren durch Schwefelung die Metalle anzugreifen, war schon mit so vielem Erfolg von Berzelius und Woͤhler angewandt worden, daß ich mit Grund hoffen konnte, es auch zur Ausziehung des Osmiums und Iridiums gebrauchen zu koͤnnen, deren Legirung den Reagentien so sehr widersteht. Man macht also ein inniges Gemenge von: Durch Koͤnigswasser erschoͤpftem Platinerz 1 Theil Kohlensaurem Natron 2 Theilen Schwefelblumen 3 Theilen. Diese Materialien wirft man allmaͤhlich in einen rothgluͤhenden irdenen Tiegel, welchen man mit seinem Dekel verschließt, wenn das Gemenge ganz eingetragen ist. Nachdem der Ofen gut mit Kohlen angefuͤllt wurde, steigert man die Hize bis zum Weißgluͤhen des Tiegels und erhaͤlt ihn einige Minuten lang auf dieser Temperatur, worauf man ihn aus dem Feuer zieht, um ihn erkalten zu lassen. Auf dem Boden des Tiegels befindet sich ein aus kleinen, dem Schwefelkies aͤhnlichen Krystallen bestehender Klumpen. Es sind dieß die Sulfuride aller im Erz enthaltenen Metalle, wovon auch einige mit Schwefelnatrium verbunden sind. Dieser Kuchen ist mit einer Schichte reinen Schwefelnatriums bedekt, in deren Mitte einige Krystalle von Schwefelosmium zerstreut sind. Endlich befindet sich auf der Oberflaͤche der geschmolzenen Masse eine Kruste der Silicate, welche schwach braͤunlich gefaͤrbt ist. Nachdem man die Schlake so gut als moͤglich beseitigt hat, bringt man das geschmolzene Gemenge, welches die Sulfuride enthaͤlt, mit Wasser in Beruͤhrung. Dieses loͤst auf: 1) das uͤberschuͤssige alkalische Sulfurid; 2) das Doppelsulfurid des Platins (wenn solches vorhanden ist); 3) das mit Schwefelosmium und Schwefeliridium verbundene Schwefelnatrium; dieses Schwefelsalz wird durch Wasser zersezt, so daß die Sulfuride von Eisen, Osmium und Iridium in der Fluͤssigkeit suspendirt bleiben. Nachdem sich die Sulfuride abgesezt haben, schlaͤmmt man sie oͤfters mit Wasser, um sie von den Tiegel- und Schlakenstuͤkchen vollkommen zu befreien. Nachdem man die Sulfuride von Eisen, Iridium und Osmium durch Schlammen rein erhalten hat, bringt man sie in einen Kolben und behandelt sie in der Waͤrme mit verduͤnnter Salzsaͤure, welche das Eisen mit Entbindung von Schwefelwasserstoffgas aufloͤst. Sobald die Saͤure nicht mehr wirkt, gießt man das Ganze auf ein Filtrum, worauf die Sulfuride des Osmiums und Iridiums zuruͤkbleiben. Man muß sie so lange aussuͤßen, bis die Reagentien in dem Waschwasser kein Eisen mehr anzeigen. Alsdann kann man sie troknen, worauf sie dem Wasserblei aͤhnlich sehen. Um das Osmium und Iridium von einander zu trennen, macht man ein Gemenge von: 1 Theil dieser Sulfuride und 3 Theilen reinem schwefelsaurem Queksilber. Das Ganze wird in eine Retorte von Steingut gebracht, an deren Hals eine Verlaͤngerung und ein mit einer Gasentbindungsroͤhre versehener Ballon angebracht ist. Nachdem die Retorte in einen gewoͤhnlichen, mit einer Kuppel versehenen chemischen Ofen eingesezt ist, erhizt man sie allmaͤhlich bis zum starken Rothgluͤhen. Sobald sich die Temperatur der Rothgluͤhhize naͤhert, entwikelt sich viel schwefeligsaures Gas, und so wie die Hize zunimmt, zeigen sich Dampfe, die sich an den Seiten der Verlaͤngerung zu einer schweren indigoblauen Fluͤssigkeit verdichten. Wenn die Gasentbindung aufgehoͤrt hat, laͤßt man den Apparat erkalten und findet dann in der Retorte das oxydirte Iridium. Um es in metallischem Zustande zu erhalten, braucht man es nur in einer Porcellanroͤhre in einem Strom von Wasserstoffgas zu erhizen; da es in diesem Gase erkaltet, so erhaͤlt man es als einen Schwamm, der dem Platinschwamm sehr aͤhnlich ist. Es besizt auch in hohem Grade das Vermoͤgen das Wasserstoffgas zu entzuͤnden; und oft entdekt man darin keine Spur von Osmium, wenn man es nach der Angabe von Berzelius vor der Weingeistlampe probirt. Bisweilen ist es jedoch nicht ganz frei von Osmium, welches man auf folgende Art abscheidet. Das in der Retorte befindliche, eine Spur Osmium enthaltende oxydirte Iridium wird mit Aezkali in einem Silbertiegel geschmolzen, wodurch osmiumsaures Kali entsteht, welches in Wasser aufloͤslich ist und ein wenig Iridium in die Aufloͤsung mitzieht. Man filtrirt das Ganze, waͤscht das auf dem Filter zuruͤkbleibende Iridiumoxyd sorgfaͤltig aus und loͤst es dann in Salzsaͤure auf. In diese Aufloͤsung gießt man Salmiak, worauf das schwarze Doppelsalz niederfaͤlltWenn die Fluͤssigkeit gehoͤrig concentrirt ist., welches man nur zu filtriren, auszuwaschen, zu troknen und auszugluͤhen braucht, um das Iridium daraus rein zu erhalten. In der Verlaͤngerung und dem Hals der Retorte findet sich viel Osmium. Der leztere Theil des Apparates enthaͤlt nicht die vorher angefuͤhrte blaue Verbindung, welche aus Sauerstoff, Schwefel und Osmium besteht, sondern eine andere, durch die Vereinigung des Osmiumoxyds mit dem Queksilber entstandene, welche fuͤr sich allein den Hals der Retorte fast ganz verstopft. Um aus derselben das Osmium abzuscheiden, braucht man sie nur in eine etwas geneigte Glasroͤhre zu bringen, durch welche man einen Strom Wasserstoffgas streichen laͤßt; wenn man die Roͤhre ein wenig erhizt, verfluͤchtigt sich das Queksilber und reines Osmium bleibt im Ruͤkstand. Aus der blauen Verbindung kann man das Osmium durch Zink abscheiden, oder noch besser durch Behandlung mit reinem Wasser, welches dieselbe in eine andere unaufloͤsliche Verbindung von brauner Farbe verwandelt. Nachdem es ausgesuͤßt und getroknet worden ist, kann es eben so wie oben durch Wasserstoff reducirt werden. In diesem lezteren Falle entsteht Wasser und Schwefelwasserstoff. Ich versuchte dieses Verfahren auch zur Abscheidung des Platins von den anderen Metallen, womit es im Platinerz verbunden ist, anzuwenden. Es wurde daher ein Gemenge von Platinerz mit alkalischem Supersulfurid gegluͤht; das erhaltene Product, mit Wasser behandelt, lieferte mir alle Sulfuride, die man durch den bloßen Anblik leicht von einander unterscheiden konnte. Das Platinsulfurid z.B. bildet lange schoͤn orangerothe Nadeln. Wegen seiner verschiedenen Dichtigkeit kann man es durch ein mechanisches Mittel fast ganz von den anderen scheiden. Merkwuͤrdig ist auch die Wirkung, welche zweifachschwefelsaures Kali, mit reinem Chlorkalium zusammengeschmolzen, auf die Metalle aͤußert, welche das Platin im Platinerz begleiten. So oft man naͤmlich ein Gemenge von zweifachschwefelsaurem Kali und Chlorkalium mit den anderen Metallen erhizt, welche das Platin im Platinerz begleiten, entsteht eine sehr lebhafte Wirkung, es entbindet sich schwefelige Saͤure, und es entstehen Chlorsalze. Die Wirkung kann auch Statt finden, wenn man das Metall nur mit einem dieser Salze erhizt und das andere allmaͤhlich in das schmelzende Gemenge wirft. Bei jedem Zusaz findet ein lebhaftes Aufbrausen Statt und die Masse faͤrbt sich in dem Maße, als sich das Metall aufloͤst. Ersezt man die Alkalichloride durch andere wasserfreie Chloride, die mit zweifachschwefelsaurem Kali vermengt werden, so zeigen sich merkwuͤrdige Erscheinungen, welche ich in einer besonderen Abhandlung beschreiben werde. Aus den in diesem Aufsaz mitgetheilten Thatsachen geht also hervor: 1) Daß sich das Osmium und Iridium nach einem so einfachen Verfahren aus dem Ruͤkstande des Platinerzes darstellen lassen, daß man in drei oder vier Tagen einige Kilogramme desselben behandeln koͤnnte; und da dieses Verfahren auch im Großen anwendbar ist, so laͤßt sich erwarten, daß die Platinfabrikanten sich bemuͤhen werden, den Iridiumschwamm in Barren zu verwandeln, und daß sie dieses Metall zur Verfertigung von Gefaͤßen fuͤr chemische Laboratorien benuzen werden. Die große Schwierigkeit, welche dabei zu uͤberwinden ist, besteht darin, die Oxydation des Iridiums zu verhindern, wenn man es erhizt, damit es zusammenbaken soll; ich glaube aber, man koͤnnte sie besiegen, wenn man das Metall in einer Atmosphaͤre von Kohlenwasserstoff oder Kohlensaͤure erhizen wuͤrde. 2) Daß ein Gemenge entdekt wurde, welches so zu sagen eine Quelle von Chlor ist und desto kraͤftiger wirkt, je hoͤher die Temperatur ist; es ist daher wahrscheinlich, daß man es dereinst zur Analyse verschiedener Erze benuzen wird, besonders des Platinerzes, dessen Zusammensezung so verwikelt ist.