Titel: Verbesserte Methode die thierische Milch so zuzubereiten, daß sie eine beliebige Zeit über aufbewahrt und in alle Klimate zum Haus- und Arzeneigebrauche versendet werden kann, ohne ihre nährende Eigenschaft zu verlieren, worauf sich William Newton, Civilingenieur von Chancery-lane in der Grafschaft Middlesex, in Folge einer von einem Fremden erhaltenen Mittheilung am 11. März 1835 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 61, Jahrgang 1836, Nr. XLV., S. 223
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XLV. Verbesserte Methode die thierische Milch so zuzubereiten, daß sie eine beliebige Zeit uͤber aufbewahrt und in alle Klimate zum Haus- und Arzeneigebrauche versendet werden kann, ohne ihre naͤhrende Eigenschaft zu verlieren, worauf sich William Newton, Civilingenieur von Chancery-lane in der Grafschaft Middlesex, in Folge einer von einem Fremden erhaltenen Mittheilung am 11. Maͤrz 1835 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem London Journal of Arts, April 1836, S. 170. Newton's Methode die thierische Milch aufzubewahren. Meine unter obigem Patente begriffene Erfindung besteht in einfacher Verduͤnstung der waͤsserigen Theile der Milch, und zwar auf eine solche Weise, daß die Bestandtheile der Milch in concentrirtem Zustande, aber ohne irgend eine chemische Veraͤnderung zu erleiden, zuruͤkbleiben. Ich nehme die frisch gemolkene Milch und seihe sie, wenn es noͤthig ist, durch, um sie von allen Unreinigkeiten, die zufaͤllig beim Melken in dieselbe geriethen, zu befreien. In diese Milch gebe ich eine kleine Quantitaͤt gepulverten Zuker, d.h. 1/50 bis zu 1/100 des Gewichtes der Milch; will man dem Praͤparate mehr Suͤßigkeit geben, so kann dieser Zusaz wohl auch etwas groͤßer genommen werden. Nachdem der Zuker vollkommen aufgeloͤst worden ist, suche ich die Milch ziemlich schnell zu verduͤnsten; und zwar entweder indem ich mittelst irgend eines geeigneten Apparates (z.B. eines solchen, wie man ihn gegenwaͤrtig zum Eindiken der Syrupe benuzt) warme oder kalte Luft durch sie treibe; oder indem ich von Außen Waͤrme auf sie einwirken lasse, waͤhrend uͤber ihrer Oberflaͤche zugleich auf eine der gewoͤhnlichen Weisen ein luftleerer Raum erzeugt wird. Nach welcher dieser Methoden man verfahren mag, so kann die Milch zur Beschleunigung der Operation mir Vortheil einer gelinden Waͤrme ausgesezt werden. Am besten laͤßt sich diese Waͤrme erzielen, wenn man heißes Wasser oder Dampf auf die aͤußere Seite des Gefaͤßes, in welchem die Milch enthalten ist, einwirken laͤßt; durch directe Einwirkung des Feuers auf das Milchgefaͤß wird naͤmlich die Milch in ihren Eigenschaften veraͤndert, oder ihr sogar ein unangenehmer Geschmak mitgetheilt. Auf diese Weise lassen sich die nahrhaften und wesentlichen Bestandtheile der Milch zur Consistenz von Rahm, Honig, zu einem weichen Teige und selbst zu trokenen Kuchen und Pulver concentriren, und in lezterem Zustande auch ohne Nachtheil der Einwirkung der Luft aussezen, indem der Zuker zu deren Erhaltung mitwirkt. Loͤst man die so zubereitete Milch in gehoͤrigem Verhaͤltnisse in warmem oder kaltem Wasser auf, so erhaͤlt man eine Fluͤssigkeit, welche denselben Geschmak und dieselben Eigenschaften besizt, wie frisch gemolkene Milch. Man soll jedoch die concentrirte Milch hiebei anfangs mit einer geringen Menge Wasser verduͤnnen, und ihr nur allmaͤhlich die erforderliche Quantitaͤt zusezen, indem sonst die vollkommene Aufloͤsung der Milch nur schwer von Statten gehen wuͤrde. Die nach diesem Verfahren behandelte Milch laͤßt sich ohne Nachtheil in alle Klimate versenden, und wird dabei nichts von dem ihr eigenen angenehmen Geschmake verlieren. Zur Teigconsistenz eingedikt kann sie von Leuten, die wegen Schwaͤche der Verdauung keine fluͤssige Milch vertragen, als Nahrung genommen werden. Es versteht sich uͤbrigens von selbst, daß alle Arten thierischer Milch, sie mag von Kuͤhen, Ziegen, Eselinnen oder selbst von Menschen herruͤhren, auf gleiche Weise behandelt werden koͤnnen. Die zur Syrupconsistenz eingedikte Milch laͤßt sich in Flaschen aufbewahren; die zur Honigdike eingedampfte kann man in entsprechenden Toͤpfen aufbewahren; aus der bis zur Teigmasse eingedikten kann man kleine Kuchen formen, welche man dann noch vollkommen troknen und in Pulver verwandeln kann. In diesem Zustande laͤßt sie sich, ohne irgend etwas von ihren Eigenschaften einzubuͤßen, mit verschiedenen Nahrungs- oder Arzeneistoffen verbinden. Das Milchpulver gibt mit Cacao vermengt Zeltchen, welche in warmem Wasser zerruͤhrt eine treffliche Chocolade liefern. Ein kleiner Loͤffel der zur Syrup- oder Honigconsistenz eingedikten Milch gibt unter Kaffee oder Thee gebracht ein treffliches Getraͤnk. Die hier beschriebene Methode unterscheidet sich wesentlich von allen uͤbrigen bisher bekannten Milchpraͤparaten, namentlich auch von der Methode Braconnot's, bei welcher die Milch eine Zersezung erleidet, waͤhrend sie bei der meinigen bloß eingedikt wird, ohne eine chemische Veraͤnderung zu erleiden. Das Verfahren Braconnot's besteht naͤmlich darin, daß man das Serum durch eine Saͤure von den uͤbrigen Bestandtheilen der Milch abscheidet, und den Ruͤkstand, naͤmlich den Kaͤsestoff und die Butter mit einer hinreichenden Quantitaͤt kohlensauren Natrons versezt, um sie in einer Fluͤssigkeit aufloͤslich zu machen. Die so zubereitete Milch muß dann wieder eigens zusammengesezt werden; sie bekommt jedoch nie mehr den Geschmak und den Geruch einer wirklichen guten Milch; anders verhaͤlt sich dieß bei der nach meinem Verfahren behandelten Milch: denn hier geht keine chemische Veraͤnderung, sondern nur eine Austreibung des Wassers vor sich, so daß durch Zusaz von Wasser sogleich wieder eine der urspruͤnglichen frischen Milch vollkommen aͤhnliche Fluͤssigkeit erzeugt werden kann.Hr. Newton, der Herausgeber des London Journal, der zugleich Eigenthuͤmer obigen Patentes ist, erwaͤhnt bei dieser Gelegenheit mit keiner Sylbe der Lacteine oder Lactoline des Hrn. Grimaud in Paris, von welcher wir unseren Lesern bereits im Polytechnischen Journal, Bd. LVI. S. 474 berichteten und die ihm doch auch zur Zeit bekannt gewesen seyn mußte. Vielleicht ist Hr. Grimaud selbst der Fremde, von welchem Hr. Newton seine Erfindung mitgetheilt erhalten haben will. A. d. R.