Titel: Ueber die vergoldeten Schmukarbeiten des Hrn. Houdaille in Paris, rue Saint-Martin, No. 171. Auszug aus einem Berichte des Hrn. Héricart de Thury.
Fundstelle: Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LVII., S. 273
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LVII. Ueber die vergoldeten Schmukarbeiten des Hrn. Houdaille in Paris, rue Saint-Martin, No. 171. Auszug aus einem Berichte des Hrn. Héricart de Thury. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. April 1836, S. 120. Ueber Houdaille's vergoldete Schmukarbeiten. Frankreich bezog seine Schmukarbeiten aus Similor oder Mannheimer Gold lange Zeit aus Deutschland; spaͤter wußte jedoch England diesen Industriezweig mit so vielem Gluͤke und so großem Erfolge auszubeuten, daß ihm derselbe wirklich einen sehr ansehnlichen Handelszweig lieferte. Hr. Houdaille versuchte denselben auch in Frankreich zu begruͤnden; die ausgezeichneten Resultate, zu denen er gelangte, erregten bald Nacheiferer, und gegenwaͤrtig sind wir bereits auf einer solchen Stufe angelangt, daß wir die Meister in diesem Fache sind, daß unsere Producte auf allen Maͤrkten den auslaͤndischen Fabrikaten Eintrag thun, und ihnen sowohl in Europa, als auf den Colonien allgemein vorgezogen werden. Das Verdienst bei dieser Fabrication liegt zwar nur in der Nachahmung des Goldes; allein es hierin bis zur Taͤuschung zu bringen und dem Handel die schoͤnsten und glanzvollsten Schmukwaaren fuͤr niedrigen Preis zu liefern, damit, um mit Montaigne zu sprechen, Jedermann fuͤr wenig Geld Glanz verbreiten kann, ist auch ein Verdienst. Hr. Houdaille hat es hierin nach der Aussprache des Controlebureau's aufs Hoͤchste gebracht, und zwar sowohl in Hinsicht auf vollkommene Aehnlichkeit mit den Waaren aus aͤchtem Golde, als in Hinsicht auf Wohlfeilheit, Leichtigkeit, Eleganz, Geschmak und Dauerhaftigkeit. Seine Waaren unterscheiden sich von den falschen Schmukwaaren aus Goldplaqué oder Doublé, welche die Englaͤnder, die Deutschen und die meisten kleineren franzoͤsischen Fabrikanten liefern, wesentlich: und zwar sowohl durch ein vortheilhafteres Aussehen, als durch groͤßere Dauerhaftigkeit. An dem Plaqué betraͤgt die Vergoldung ein Zehntel, ein Zwanzigstel etc.; allein der Gehalt oder Titel thut hier wenig oder gar nichts zur Sache; denn wenn die Waare vollendet und in den Handel gebracht ist, so gilt sie vom ersten Gehalte nicht viel mehr als vom zweiten. Das auf dem Kupfer ausgestrekte Goldblaͤttchen ist naͤmlich so duͤnn und so unbedeutend, daß, wenn die Feile, das Polir- und Glaͤttinstrument etc. daruͤber gegangen sind, das Gold großen Theils und stellenweise, besonders an den erhabenen Stellen, ganz abgenuͤzt ist, so daß diese Waaren schnell schwarz werden. Das Gold dringt beim Placquiren und Dubliren nicht in die Poren des Kupfers ein; es uͤberzieht sie nur, und zwar in einem so geringen Grade, daß es eine nicht mehr meßbare und schnell abgenuͤzte Schichte darauf bildet. Hr. Houdaille hat eine ganz andere Vergoldung, als beim Plaqué befolgt wird; sie wird mit der Hand (à la main) vorgenommen, und ist weit vorzuͤglicher als die sogenannte Vergoldung au sauté. Sein Verfahren ist im Wesentlichen Folgendes. Das Gold wird in einer geringen Quantitaͤt Queksilber aufgeloͤst, wobei man die Verhaͤltnisse so nimmt, daß das Amalgam so weich wird, daß es sich mit einer groben Buͤrste auftragen und dann einreiben und einschlagen laͤßt, damit es tief in die Poren des Kupfers eindringe, und sich innig damit verbinde. Ist dieß geschehen, so verdampft man das Queksilber; und bemerkt man nach dieser Operation Stellen, auf die nicht genug Gold aufgetragen ist, so traͤgt man auf gleiche Weise noch eine Portion auf. Man kann sich auf diese Weise versichern, daß das ganze Metall so vergoldet und uͤbergoldet ist, wie es die einzelnen Stellen nach der groͤßeren oder geringeren Reibung, der sie ausgesezt sind, erfordern. Auf gleiche Weise ist es Hrn. Houdaille gelungen, auch die Goldfarben, wie Weiß, Roth, Gruͤn etc. anzuwenden. Wenn naͤmlich alle diese Farben aufgetragen worden sind, so reservirt man sie, indem man sie mit gummirtem Weiß (blanc gommé) uͤberzieht, und dann das Stuͤk matt arbeitet. Waͤscht man hierauf die Reservage ab, so erscheinen die Farben auf einem schoͤnen Goldgrunde. Die Vergoldung au sauté unterscheidet sich von jener mit dem Amalgame dadurch, daß das Gold hier in einer groͤßeren Menge fluͤssigen Queksilbers aufgeloͤst ist, und daß man die zu vergoldenden Stuͤke mit dieser Aufloͤsung in eine hoͤlzerne oder irdene Schale gibt. Dieser Schale gibt man mit der Hand eine solche Bewegung, daß alle Stuͤke springen oder sich um sich selbst drehen, damit sie von dem Queksilber ganz weiß gefaͤrbt werden. Wenn nichts mehr haͤngen bleibt, so verdampft man das Queksilber im Feuer, und arbeitet die Vergoldung dann matt oder glaͤnzend, je nachdem man es will. Bei diesem Verfahren werden nicht nur viele Gegenstaͤnde zerbrochen oder durch das Queksilber veraͤndert, sondern die Vergoldung wird auch weit schlechter, als die von Hrn. Houdaille angenommene, bei der das Gold vermittelst des Queksilbers durch die Reibung und durch die Erschuͤtterung bis in das Innere des Kupfers eindringt, und sich damit gleichsam zu einem und demselben Koͤrper, zu einer wahren Goldlegirung verbindet. Daher leidet diese Vergoldung auch nicht durch das Poliren; denn das Gold wird nicht abgenuͤzt, sondern durch den Druk und die mechanische Wirkung des Polirstahles und Glaͤttsteines nur noch tiefer in das Kupfer eingetrieben. Auf diesem Principe beruht die Fabrication des Hrn. Houdaille; ihm verdanken seine Fabrikate den Vorzug, den man ihnen vor den Plaquéarbeiten gibt; auf ihm beruhen die großen Fortschritte, die wir machten, und die uns in Stand sezen, es in allen derlei Gegenstaͤnden von erster Wahl und Guͤte den Englaͤndern und den Deutschen zuvor zu thun, obschon sie unsere Vorgaͤnger waren. Dieser Industriezweig ist fuͤr uns um so wichtiger, als sich an ihn viele andere knuͤpfen, und als Tausende von Arbeitern von den davon abhaͤngigen Arbeiten leben, und als Gießer, Plaͤtter, Graveurs, Ausschlaͤger, Ausschneider, Dreher, Fasser, Emailleurs, Steinschneider, Vergolder etc. zahlreiche untergeordnete, aber eintraͤgliche Gewerbe bilden. Von welcher Ausdehnung die Fabrik des Hrn. Houdaille ist, ergibt sich daraus, daß er nicht nur alle Schmukwaaren in Gold, in Steinen, in Email etc. liefert, wie Kopfschmuk, Guͤrtelschnallen, Ohrgehaͤnge, Braceletten, Epauletten, Ketten, Steknadeln, Bouquettraͤger, Laͤufer und Eicheln fuͤr Boͤrsen etc. etc., sondern auch die Emailarbeiten nach Genfer Art, Opalgarnituren auf schwarzem Email, alle Assortimente von Gold und Perlmutter etc. Ihrer Schoͤnheit ungeachtet sind alle diese Fabrikate sehr wohlfeil und je nach den Details, der Zusammensezung, den Goldfarben etc. fuͤr 1 bis zu 10 Fr. zu haben. Auch den Trauerschmuk nach Berliner Art machte Hr. Houdaille zum Gegenstande seiner Forschungen, und auch dieser Fabrication bemeisterte er sich in so hohem Grade, daß seine Waaren gegenwaͤrtig den Berlinern sowohl wegen ihrer groͤßeren Schoͤnheit und Eleganz, als auch wegen ihrer Leichtigkeit und Dauerhaftigkeit vorgezogen werden. Seine Arbeiten sind ein Eisen- oder Stahlfiligran, welches mit dem Rade, der Zange oder der Hand verfertigt wird; die Berliner hingegen werden gegossen und sind daher schwerer und sproͤde. Ihrer Vorzuͤge ungeachtet sind seine Arbeiten auch noch wohlfeiler, als die Berliner; denn von den Ketten und Guͤrtelschnallen kostet das Duzend nur 9 Fr., und die Kreuze, Ohrgehaͤnge, Steknadeln etc. sind wirklich fuͤr unglaublich niedrigen Preis in Menge zu haben. Sein Trauerschmuk hat auch eine schoͤnere Farbe als der preußische, und diese Farbe veraͤndert sich so wenig, daß er zur See weit versendet werden kann, ohne zu rosten oder Schaden zu leiden. Nicht vergessen duͤrfen wir hier auch den Schmuk aus Schmelz (jais), besonders jenen, auf welchen Silber aufgelegt ist, und der sehr gut aussieht. Auch diese Artikel sind, obschon sie gut gearbeitet und dauerhaft sind, sehr wohlfeil; denn sie werden zu 6 Fr. bis zu 48 Fr. das Duzend verkauft. Hr. Houdaille hat sich demnach auch, was den Trauerschmuk betrifft, aufs Vortheilhafteste ausgezeichnet; es war dieß um so schwieriger, als dieser Gegenstand einer der undankbarsten ist, weil man anfangs oft nichts liefern kann, was schwer und duͤster genug ist, waͤhrend man spaͤter oft gezwungen wird zu den reichsten und glaͤnzendsten Compositionen uͤberzugehen, ohne dabei gegen eine zu große Empfindsamkeit oder selbst gegen die Empfindelei, die oft nur errathen seyn will, zu verstoßen. Um jedoch wieder auf die Fabrik des Hrn. Houdaille zuruͤkzukommen, muͤssen wir bemerken, daß uns in derselben unter anderen von ihrem Besizer erfundenen Instrumenten besonders ein Hammer zum Auswoͤlben oder Ausbauchen, dessen man sich mit bestem Erfolge bedient, auffiel. Dieser Hammer macht in vielen Faͤllen die Drehebank entbehrlich, und duͤrfte sich daher, da er eine Ersparniß an Geld und Zeit bedingt, bald in allen Schmuk-, Gold-, Silber- und Plaqué-Arbeiterwerkstaͤtten verbreiten. Hr. Houdaille erhielt bei der lezten Industrieausstellung in Paris fuͤr seine Leistungen eine Medaille zweiter Classe. Die Commission, deren Berichterstatter ich bin, schlaͤgt vor, ihm auch die Anerkennung der Gesellschaft durch Ertheilung einer ihrer Medaillen zu erkennen zu geben.