Titel: | Verbesserungen an den Retorten zur Erzeugung von Leuchtgas, worauf sich John Brunton, Ingenieur von West Bromwich in der Grafschaft Stafford, am 25. März 1835 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXXIII., S. 387 |
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LXXIII.
Verbesserungen an den Retorten zur Erzeugung von
Leuchtgas, worauf sich John
Brunton, Ingenieur von West Bromwich in der Grafschaft Stafford, am 25. Maͤrz 1835 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem London Journal of Arts. Julius 1836, S.
295.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Brunton's verbesserte Retorten zur Erzeugung von
Leuchtgas.
Meine Erfindung besteht in einer eigenen Art und Weise, wonach die Steinkohlen in die
Retorten gebracht, durch dieselben hindurch geschafft und aus ihnen entfernt werden,
ohne daß der Verkohlungsproceß eine Unterbrechung erleidet. Die Retorte wird
hiedurch immer gleichmaͤßig gefuͤllt erhalten, und die Eintragung
sowohl als die Entleerung der Kohlen geschieht, ohne daß die innere
Oberflaͤche der Retorte dabei der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt
wird, und ohne daß die Gaserzeugung in irgend einem wesentlichen Grade
beeintraͤchtigt wuͤrde. Die Zeichnung, deren Beschreibung sogleich
folgen soll, wird zeigen, wie und auf welche Art ich dieß bewerkstellige.
Fig. 25 ist
ein Durchschnitt einer Retorte mit den verschiedenen dazu gehoͤrigen Theilen
meiner Erfindung gemaͤß eingerichtet. Fig. 26 ist eine
Frontansicht der Muͤndung des Speiseapparates (feeder) ohne den vorderen Dekel, woraus man das Innere des hohlen Kolbens
und das Gehaͤuse, worin er sich bewegt, ersieht. Fig. 27 ist eine gleiche
Ansicht desselben Apparates, woran jedoch der Kolben nicht wie in Fig. 26 mittelst einer
Schraube, sondern mit einer Zahnstange und einem Getriebe in Bewegung gesezt wird. Fig. 28 ist
ein Durchschnitt von Fig. 27, woraus erhellt,
wie die Zahnstange und das Getrieb angebracht sind. Fig. 29 ist eine
Frontansicht einer Retortenbank, in welcher drei Retorten uͤber einem Ofen
befestigt sind; an der mittleren Retorte ist der Dekel aufgehoben; man ersteht
hieraus die Gewinde und die um den aͤußeren Rand des Dekels laufende Leiste,
die in einen schmalen, mit Lehm, feinem Sande oder dergleichen gefuͤllten
Raum einfaͤllt, damit das Gefuͤge luftdicht schließt. Fig. 30 ist eine
Endansicht derselben Retortenbank, woraus man die Austrittsroͤhre, durch die
das Gas in die Hauptroͤhre gelangt, den Entleerungscylinder, durch den die
Kohks in den Wassers Behaͤlter fallen, und die Befestigungsweise desselben an
dem Endstuͤke der Retorte ersieht.
A, Fig. 25, ist ein
Durchschnitt des Speisers, durch den die Steinkohlen auf die spaͤter zu
beschreibende Art in die Retorte gelangen, f ist der
Dekel, der mit einer Randleiste in einen schmalen, um das obere Ende des Speisers
A laufenden Raum b
einfaͤllt. Dieser Raum ist mit feinem Lehm oder Sand oder mit irgend einem
anderen entsprechenden Materiale welches das Gefuͤge luftdicht schließen zu
machen vermag, angefuͤllt. Der Dekel selbst bewegt sich an dem starken
Gewinde g, welches man in Fig. 29 gleichfalls
deutlich ersieht, n ist eine Scheidewand aus Eisenblech
oder irgend einem anderen entsprechenden Materiale, welche in das Innere des
Speisers A paßt, und an der Spindel o festgemacht ist. Diese Spindel laͤuft durch
eine Seitenwand des Speisers A, und ist so eingepaßt und
eingetrieben, daß kein Gas durch sie entweichen kann. An ihrem aͤußeren Ende
ist, wie Fig.
26 und 27 zeigen, ein Griff h befestigt, womit man
bewirken kann, daß die Scheidewand n den Speiser
schließt und in zwei Theile theilt, wenn dieß erforderlich ist. i ist ein Federfaͤnger, womit der Speiser
geschlossen erhalten werden kann. Wenn eine neue Quantitaͤt Kohlen
eingetragen werden soll, so kann der oberhalb der Scheidewand befindliche Raum
zugleich auch als Maaß fuͤr dieselbe dienen. B
ist der Apparat, womit die Steinkohlen oder das sonstige Material durch die Retorte
und endlich auch aus ihr hinaus getrieben werden. a, a
ist ein Laͤngendurchschnitt eines Kolbens, welchen man in Fig. 2 im
Querdurchschnitte ersieht; man bemerkt an demselben eine Querstange, die mit
Schrauben befestigt ist, und in der Mitte auch ein Loch, worin eine Mutterschraube
angebracht ist, welche zur Aufnahme der Schraubenspindel d dient. Auf diese Weise kann der Kolben a
demnach vorwaͤrts getrieben werden, wenn dieß noͤthig ist, um die
Steinkohlen und die Kohks durch die Retorte zu schaffen. An der Schraubenspindel d ist am Grunde der Stopfbuͤchse in dem Dekel des
Kolbengehaͤuses bei c ein Halsstuͤk
angebracht, und eben so wird die Spindel mittelst eines messingenen, mit Schrauben
befestigten, losen Halsringes e, e in ihrer Stellung
erhalten. Das aͤußere Ende der Spindel ist mit einer Ausbreitung m versehen; es wird mit Schrauben niedergehalten, und
ist auch mit einer Liederung aus Hanf und Talg ausgestattet, damit kein Gas
entweichen kann. An dem aͤußersten Ende der Spindel befindet sich eine
Kurbel, womit sie umgedreht werden kann. Der Dekel c
ist, wie Fig.
29 zeigt, mit Schrauben auf dem Ende des Kolbengehaͤuses befestigt,
und mit Pappendekel oder einem anderen entsprechenden Materiale nach der
gewoͤhnlichen Methode gefuͤttert. C ist
ein Durchschnitt einer Retorte, welche etwas enger zulauft, damit die in ihr
enthaltenen Stoffe leichter gegen den weiteren Theil geschafft werden
koͤnnen. Sie ist wie gewoͤhnlich mit Bolzen, Schrauben, Cement etc bei
r, r mit dem Speiseapparat verbunden; ihre
Laͤnge und ihr Durchmesser koͤnnen gleich ihrer Gestalt je nach
Umstaͤnden verschieden abgeaͤndert werden. D ist ein Durchschnitt des Endstuͤkes der Retorte mit dem zur
Entleerung dienenden Cylinder F, durch den die Kohks in
den Wasserbehaͤlter E fallen; dieses
Endstuͤk ist mit Schrauben und Cement bei s, s an
der Retorte befestigt, und in Fig. 30 vom Ende her
ersichtlich. Der Entleerungs-Cylinder F taucht so
tief unter Wasser unter, daß das Entweichen des Gases hiedurch verhindert ist. Die
Austrittsroͤhre G, durch welche das Gas in die
Hauptroͤhre gelangt, hat die gewoͤhnliche Gestalt. Der Cylinder soll
vollkommen dieselbe Weite haben, wie die Retorte, damit der Entleerung der Kohks
durch ihn kein Hinderniß im Wege steht. Das Endstuͤk der Retorte ist
gleichfalls mit einem kleinen Dekel versehen, und dieser ist mit einer kleinen
Querstange und mit Schrauben H festgehalten; man kann
ihn daher zum Behufe der Untersuchung des Inneren der Retorte leicht entfernen.
Dieser Apparat wird nun folgender Maßen bedient. Die Einsaͤze oder Ladungen
muͤssen sowohl in Hinsicht auf Zeit, als in Hinsicht auf Quantitaͤt,
je nach dem Rauminhalte der Retorte und der Qualitaͤt der Steinkohle regulirt
werden. Ich, der ich Kohle von Staffordshire anwende, fand es am besten, meine
Retorten, welche 4 1/2 Fuß Laͤnge, an dem engeren Ende 12 und an dem weiteren
18 Zoll im Durchmesser haben, stuͤndlich mit 18 bis 20 Pfd. Steinkohlen zu
speisen, und zwar auf folgende Weise. Wenn die Scheidewand n geschlossen ist und von dem Federfaͤnger i geschlossen erhalten wird, wird der Dekel f
des Speiseapparates A emporgehoben, die noͤthige
Quantitaͤt Steinkohlen auf die Scheidewand gebracht, und dann der Dekel
wieder geschlossen. In dieser Stellung bleibt dann die Kohle so lange, bis die
zunaͤchst vorhergehende Ladung auf die beschriebene Weise mit dem Kolben in
die Retorte getrieben worden ist; ist hierauf der Kolben wieder zuruͤkgezogen
worden, so laͤßt man die Scheidewand n herab,
wodurch die neue Ladung in den zwischen der Retorte und dem Kolben befindlichen Raum
herabfaͤllt, die Verbreitung der Hize bis in den Speiseapparat hindert, und
bereit ist von dem Kolben vorwaͤrts getrieben zu werden. Das Eintragen der
Kohle in die Retorten braucht nicht gerade durch Menschen bewerkstelligt zu werden,
sondern es laͤßt sich auch durch Dampf oder eine andere Kraft mittelst
Anwendung eines an dem Ende der Schraubenspindel d
befindlichen Sperrrades bewirken, indem man in dieses Rad einen kleinen Sperrkegel
eingreifen laͤßt, der mittelst eines Hebels und eines an der Treibwelle der
Dampf- oder sonstigen Maschine angebrachten excentrischen Rades zu bestimmten
Zeiten mit groͤßter Genauigkeit in Bewegung gesezt wird. So oft eine
bestimmte Quantitaͤt Kohle in die Retorte gebracht wird, eben so oft wird
mittelst des Kolbens a, a eine gleiche Quantitaͤt
Kohks durch den Cylinder F in den Wasserbehaͤlter
E getrieben Aus lezterem kann man die Kohks entweder
mit einem Korbe, den man unter dem Cylinder F in dem
Behaͤlter E anbringt, oder auch dadurch
herausschassen, daß man sie mit einer Kruͤke in einen am Ende des
Behaͤlters E befindlichen Schubkarren zieht. Zur
Ersparung an Handarbeit kann dieß auch mit einer endlosen Kette geschehen, welche
mit einer Dampfmaschine oder einer anderen Kraft in Bewegung gesezt wird.
Ich gruͤnde keine Anspruͤche auf die hier beschriebene Retorte, und
beschraͤnke mich auch nicht genau auf die abgebildete Form derselben, da
diese mannigfach abgeaͤndert werden kann, obschon ich die beschriebene
fuͤr eine der zwekmaͤßigsten halte. Als meine Erfindung
erklaͤre ich lediglich die Anordnung und Verbindung der verschiedenen Theile,
wodurch die Steinkohle zuerst eingetragen, dann durch die Retorte bewegt und endlich
aus ihr ausgetrieben wird, so daß die Retorte bestaͤndig gleichmaͤßig
gefuͤllt erhalten wird, ohne daß das Innere der Retorte der
abkuͤhlenden Wirkung der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt wird, und
zwar unter Vermeidung des sonst gewoͤhnlich Statt findenden Verlustes an Zeit
und Gas, und unter bedeutender Ersparniß an Kosten im Vergleiche mir den
gewoͤhnlichen Methoden die Retorten zu fuͤllen und zu entleeren. Die
hier beschriebene Retorte ist der Erzeugung von Leuchtgas aus Steinkohle angepaßt;
wollte man dieß Gas aus irgend einer anderen Substanz gewinnen, so muͤßte die
Retorte natuͤrlich hienach entsprechend abgeaͤndert werden.