Titel: Verbesserungen an den für Eisenbahnen und Landstraßen bestimmten Locomotiv-Dampfmaschinen, welche auch auf die Maschinen der Dampfboote und auf stationäre Dampfmaschinen anwendbar sind, und worauf sich Richard Burch, Mechaniker von Heywood in der Grafschaft Lancaster, am 16. Febr. 1837 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XXXVII., S. 165
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XXXVII. Verbesserungen an den fuͤr Eisenbahnen und Landstraßen bestimmten Locomotiv-Dampfmaschinen, welche auch auf die Maschinen der Dampfboote und auf stationaͤre Dampfmaschinen anwendbar sind, und worauf sich Richard Burch, Mechaniker von Heywood in der Grafschaft Lancaster, am 16. Febr. 1837 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem London Journal of arts. Maͤrz 1838, S. 352. Mit Abbildungen aus Tab. III. Burch's verbesserte Locomotiv-Dampfmaschinen. Meine Erfindungen bestehen: 1) in einem eigenthuͤmlichen Baue der Maschine oder in einer neuen Anordnung ihrer wesentlichen Theile, wodurch Ich im Stande bin, auf jedes einzelne Laufrad einen eigenen Cylinder oder Kolben wirken zu lassen, indem ich dessen Triebkraft direct und ohne zu einer Verbindungsstange Zuflucht zu nehmen, an den an dem Rade befindlichen Kurbelzapfen, oder an die an dem Ende seiner Achse angebrachte Kurbel fortpflanze. Es wird hiedurch eine Verkuppelung der Raͤder moͤglich, und jedes Rad kann durch jeden Kolbenhub umgetrieben und dadurch veranlaͤßt werden, laͤngs der Schienenbahn fortzurollen, anstatt auf dieser ohne Ortsveraͤnderung umzuglitschen, wie dieß an den gewoͤhnlichen Locomotiven oͤfter zu geschehen pflegt. Um zu diesem Zweke zu gelangen, bringe ich an jeder Seite des Gestelles oder des Wagens der Maschine in einer zwischen den Raͤderachsen oder den Kurbelmittelpunkten befindlichen Linie zwei Cylinder an, die sich zwischen diesen Achsen schwingen, und die durch diese ihre Schwingungen die Dampfwege oder Ventile oͤffnen und schließen. Sie bestehen 2) in der Anwendung eines eigens geformten Scheibenventiles, welches nach dem Principe eines gewoͤhnlichen Ventilators gebaut ist, und welches ich in 4, 8, 16 oder in eine andere durch 4 theilbare Anzahl gleicher Theile theile, von denen die eine Haͤlfte massive Oberflaͤche, die andere hingegen abwechselnd Dampfwege darbietet, wie dieß spaͤter angegeben werden soll. Eine quer durch den Wagen laufende horizontale Welle traͤgt die Theile, welche diese Ventile bilden, so wie auch die vier Cylinder tragen. Da diese Welle ferner die Schwingungsmittelpunkte fuͤr jedes Cylinderpaar bildet, und da sich die Cylinder um ihre gemeinschaftlichen Drehpunkte schwingen, waͤhrend die Ventile oder Dampfbuͤchsen unbeweglich an der Welle fixirt sind, so wird auf diese Weise offenbar das Oeffnen und Schließen der Dampfwege bewirkt. Sie betreffen 3) die Anwendung einer Metallscheibe oder einer Metallplatte zwischen den beiden erwaͤhnten, das Ventil bildenden Flaͤchen. Da in dieser Platte Oeffnungen angebracht sind, welche jenen des Ventiles entsprechen, so wird sie, wenn sie mittelst eines Hebels ruͤk- oder vorwaͤrts bewegt wird, den Hub der Maschine augenbliklich umkehren, und eine retrograde Bewegung hervorbringen: d.h. durch deren Vermittelung werden jene Ventiloͤffnungen, die fruͤher Auslaßoͤffnungen waren, in Einlaßoͤffnungen umgewandelt und umgekehrt. Sie bestehen endlich 4) in parallelen Fuͤhrern oder in Vorrichtungen, womit die Kurbeldrehpunkte an der einen Seite des Wagens mit jenen an der anderen Seite bestaͤndig unter rechten Winkeln erhalten werden, und wodurch alle seitlich auf die Kolbenstangen wirkende Gewalt gaͤnzlich verhuͤtet wird. Dieß erziele ich mittelst eines an dem aͤußeren Ende oder an dem Dekel eines jeden Cylinders fixirten Schiebers oder Falzes, der sich zugleich mit dem Cylinder schwingt, und worin sich die Kloben der Kurbelzapfen bewegen. Die Zeichnungen, zu deren Beschreibung ich sogleich uͤbergehen will, erlaͤutern die Anwendung all dieser Verbesserungen an den Locomotiven, und zum Theil an den auf Dampfschiffen gebraͤuchlichen oder an den stationaͤren Dampfmaschinen. An saͤmmtlichen Figuren sind zur Bezeichnung gleicher Theile gleiche Buchstaben beibehalten. Fig. 1 ist ein seitlicher Aufriß einer meinem Principe gemaͤß gebauten Locomotivmaschine, welche man in Fig. 2 in einem Grunds risse oder in einer horizontalen Ansicht sieht. Fig. 3 gibt eine seitliche Ansicht eines Cylinderpaares, woran das Ventil an der einen Seite des Wagens abgenommen ist, damit die Stellung der Dampfwege ersichtlich ist. Der nach dem gewoͤhnlichen Principe gebaute Kessel und Ofen A, A ruht in dem Gestelle B, B. Die vier Dampfcylinder C, C, C, C sind mit Randkraͤnzen an die Dampfkammern oder Ventilbuͤchsen D, D gebolzt oder auch auf andere Weise daran befestigt. An den Enden der Achsen der Laufraͤder sind unter rechten Winkeln die Kurbeln b, b befestigt, in welche die Kurbelzapfen c, c fest eingelassen sind. Im Falle sich die Raͤder außerhalb des Gestelles befaͤnden, wie dieß einigen Ingenieurs mehr zusagt, muͤßten die Kurbelzapfen c, c wie gewoͤhnlich an einem der Arme oder Knaufe des Rades angebracht werden. An ihnen sind mit metallenen Baͤndern oder auch auf andere Weise ohne Dazwischenkunft der gewoͤhnlichen Verbindungsstangen die Kolbenstangen d, d befestigt. Die Kloben des Kurbelzapfens, welche sich an den Haͤuptern der Kolbenstangen befinden, bewegen sich in den aus Fig. 1 ersichtlichen ausgefalzten Fuͤhrern oder Bahnen d*, d*, d*, d*. Wenn die beiden Kurbeln unter rechten Winkeln mit einander unterhalten werden, und wenn sie auch mit jenen an der anderen Seite des Wagens rechte Winkel bilden, so werden, wenn sich die Cylinder um ihr Central-Zapfenlager e, e schwingen, die Wechselbewegungen der Kolben die Kurbeln umtreiben, woraus dann ein Umlaufen der Achsen und der Laufraͤder des Wagens erfolgt. Diese Wechselbewegungen der Kolben erwachsen daraus, daß durch die Cylinderschwingungen die Ventile geoͤffnet und geschlossen werden, so daß der Dampf gehoͤrig ein- und austreten kann. Es erhellt dieß am besten aus Fig. 4, wo saͤmmtliche Theile des Ventiles im Detail und im Langendurchschnitte abgebildet sind. Die Dampfkammer f besteht naͤmlich aus zwei ringfoͤrmigen Hoͤhlen, von denen die aͤußere mit den Dampfroͤhren und die innere mit den Auslaßroͤhren in Verbindung steht, g ist die mit dem Kessel in Zusammenhang stehende Einlaß, oder Dampfroͤhre, die auf irgend eine geeignete Weise mit Dampf gespeist wird; die Roͤhre h hingegen leitet den verbrauchten Dampf aus der Maschine ab. Die zur Umkehrung dienende Platte i, i, deren beide Flaͤchen man aus Fig. 5 und 6 sieht, liegt mit der in Fig. 6 ersichtlichen Flaͤche dicht an der Dampfkammer, und laͤßt durch die Oeffnungen j, j, j den Dampf in die Cylinder treten. Die Oeffnungen k, k, k dagegen kommen gegen den inneren ringfoͤrmigen Raum zu liegen und werden mithin zu Auslaßwegen. Wenn man keiner Umkehrbewegung bedarf, so kann man diese Platte auch mit der Dampfkammer aus einem Stuͤke gießen. Eine zweite Platte l, l, welche genau eben, solche Oeffnungen hat, wie die zulezt beschriebene, ist mit ihrer Flaͤche nach entgegengesezter Richtung gekehrt und auf den Siz des Cylinders m, m geschraubt. Man sieht diesen lezteren in Fig. 7 einzeln fuͤr sich auf dem Cylinder c, e auf dem er befestigt ist. Da er sich zugleich mit dem Cylinder schwingt, so werden seine Oeffnungen abwechselnd mit den Einlaß- und Auslaßmuͤndungen der Umkehrplatte zusammenfallen. Man wird bemerken, daß in Fig. 4 saͤmmtliche Theile um sie deutlicher sichtbar zu machen, als etwas an der Welle e, e aus einander geschoben dargestellt sind; in der Wirklichkeit sind sie hingegen saͤmmtlich in inniger Beruͤhrung mit einander und so vollkommen abgeschliffen, daß das Ventil vollkommen dampfdicht schließt. Aus Fig. 7 erhellt, daß die obere Flaͤche des Cylindersizes wie die Dampfkammer zwei ringfoͤrmige Hoͤhlen oder Kammern darbietet, und daß der aͤußere Ring durch den Dampfcanal q, q mit dem Scheitel der Cylinder, der innere hingegen mit deren Boden in Verbindung steht. Wenn die Flaͤche Fig. 6 auf ihn gelegt und darauf fixirt ist, so communiciren die Muͤndungen n, n, n, n mit den Boͤden, die Muͤndungen o, o, o, o hingegen mit den Scheiteln der Cylinder, und durch die Schwingungen dieser lezteren werden diese Muͤndungen abwechselnd mit den Einlaß- und Auslaßoͤffnungen der Umkehrplatte zusammenfallen, wodurch die Zu- und Ableitung des Dampfes vermittelt ist. Soll die Bewegung der Maschine umgekehrt werden, so braucht der Ingenieur oder Maschinist nur den in Fig. 1 bei p ersichtlichen Hebel sachte zu bewegen. Denn da dieser, wie Fig. 8 zeigt, durch ein Verbindungsstuͤk mit der Umkehrplatte i, i in Zusammenhang steht, so wird leztere zum Theile um die Welle e umgedreht, bis eine der Muͤndungen n in jene Stellung gelangt, in der sich vorher die Auslaßoͤffnung o befand, wodurch das Spiel der Maschine augenbliklich umgekehrt wird. Sollte man es fuͤr zwekmaͤßiger halten, den inneren Ring der Dampfkammer und des Cylindersizes zum Einlaßcanale zu machen, und dafuͤr den aͤußeren Ring mit der Auslaßroͤhre in Verbindung zu bringen, so wird der Erfolg derselbe seyn. Die Verbesserungen an den stationaͤren Dampfmaschinen, so wie an den auf den Dampfbooten gebraͤuchlichen erhellen aus Fig. 9 und 10, von denen erstere die wesentlichen Theile einer nach dem Hochdrukprincipe gebauten stationaͤren Dampfmaschine; leztere dagegen einen Aufriß eines Cylinderpaares in Verbindung mit der Welle des Ruderrades eines Dampfbootes darstellt. An beiden Figuren ist a die Welle des Schwungrades oder die Welle des Ruderrades, b die Kurbel, c der Kurbelzapfen, d die Kolbenstange und e der Cylinder. Das Ventil oder die Dampfkammer f, f befindet sich an einer horizontalen Welle g, g, die den Dreh- oder Schwingungspunkt des Cylinders bildet. In beiden Faͤllen ist keine Umkehrplatte angedeutet; die beiden Ventiloberflaͤchen h1, h2 sind auf die oben angegebene Weise in innige Beruͤhrung gebracht, wobei sich die eine Haͤlfte des Ventiles h1 mit dem Cylinder schwingt, waͤhrend die andere Haͤlfte oder die Dampfbuͤchse h2 auf der Welle g sinn ist, wodurch der Ein- und Austritt des Dampfes bewirkt wird. Es erhellt, was diese Maschinen betrifft, daß diese eigenthuͤmliche Art von Ventil auch an einem fixirten oder unbeweglichen Cylinder angebracht werden kann, wenn man einer Platts oder Scheibe, die der oben beschriebenen Umkehrplatte aͤhnlich, mit geeigneten Oeffnungen versehen, und zwischen den beiden Ventiloberflaͤchen h1, h2 angebracht ist, eine gehoͤrige Wechselbewegung gibt. Bemerken muß ich ferner, daß, wenn man annimmt Fig. 10 sey ein Grundriß einer Locomotivmaschine anstatt eines Aufrisses einer Maschine eines Dampfbootes, und wenn man die Ruderradwelle b, b zur gewoͤhnlichen Kurbelwelle der Locomotivmaschine macht, an diesen Maschinen durch Benuzung meines verbesserten Ventiles auch zwei anstatt vier Cylindern angewendet werden koͤnnen. Als meine Erfindung erklaͤre ich keinen der bereits an der gewoͤhnlichen Dampfmaschine gebraͤuchlichen Theile: wohl aber 1) die Anwendung von vier Cylindern an einer Locomotive, oder die directe Anwendung der Triebkraft auf jedes Laufrad nach der beschriebenen Methode; 2) die Anwendung eines eigens geformten, nach dem beschriebenen Principe gebauten Scheibenventiles an den Locomotiven, Dampfbooten und stationaͤren Dampfmaschinen; 3) die Anwendung einer Scheibe zwischen den beiden Ventilflaͤchen, um dadurch den Kolbenhub durch Umkehrung der Ein- und Auslaßmuͤndungen umzukehren; 4) endlich die Art und Weise, die Kurbeln der Locomotive auf der einen Seite sowohl mit einander als auch mit jenen der gegenuͤberliegenden Seite unter rechten Winkeln zu erhalten, um die Schwingungen der Cylinder durch Schieber oder parallele Fuͤhrer hervorzubringen.

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