Titel: Erdbohr-Apparat von den HHrn. Mather und Platt.
Fundstelle: Band 138, Jahrgang 1855, Nr. IX., S. 22
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IX. Erdbohr-Apparat von den HHrn. Mather und Platt. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Juli 1855, S. 248. Mit Abbildungen auf Tab. I. Mather's und Platt's Erdbohr-Apparat. Die Eigenthümlichkeiten dieses Apparates bestehen in dem Bohrkopf, dem Löffel und in der Art und Weise wie die stoßende Bewegung erlangt wird. Die Apparate zum Einlassen und Aufholen des Bohrers können die bekannten seyn. Der Bohrkopf besteht aus einem etwa 8 Fuß langen schmiedeisernen Stabe, an dessen unterm Ende ein gußeiserner Block angebracht ist, in welchem die Meißel befestigt sind. Ueber den Meißeln ist eine gußeiserne Walze angebracht, welche den ganzen Bohrkopf in dem Bohrloche in senkrechter Richtung erhält. Ferner ist eine mechanische Vorrichtung vorhanden, durch welche der Bohrkopf bei jedem Hube sich um einen Theil seiner Peripherie dreht. Der Bügel oder das Gelenk, durch welches der Bohrapparat mit dem Seil verbunden ist, hängt durch ein gußeisernes Stück mit einer schmiedeisernen Stange zusammen, auf der es sich etwa 6 Zoll frei auf- und niederbewegen kann. Ein Theil dieses gußeisernen Stuckes hat einen quadratischen Querschnitt, ist aber um etwa ein Viertel seiner Peripherie gedreht. Dieser gewundene Theil bewegt sich durch eine Dille von entsprechender Form an dem obern Theil der Büchse, in welcher eine Reihe von Sperrzähnen und Sperrkegeln angebracht ist, durch welche die drehende Bewegung hervorgebracht wird. Hierdurch wird ein doppelter Zweck erreicht – nämlich die drehende Bewegung des Bohrkopfes und eine Erleichterung für das Seil, niederzugehen, wenn der Bohrkopf aufgeschlagen hat, so daß es nicht schlaff wird, also nicht gegen die Bohrlochswand schlenkert und durch Reibung nicht ernstlich beschädigt wird. Der Löffel, Fig. 22, ist ein gußeiserner Cylinder, oben mit einem schmiedeisernen Führer verbunden. Der Cylinder ist, wie eine gewöhnliche Saug- und Druckpumpe, mit einem Kolben versehen, der ein Ventil von Kautschuk hat. Am Boden des Cylinders ist eine Klappe, welche auf dieselbe Weise wirkt wie bei einer gewöhnlichen Pumpe, jedoch wegen des besondern Zwecks, den sie hier zu erfüllen hat, etwas verändert ist. Das Bodenventil ist nicht an dem Cylinder befestigt, sondern wirkt in einem Rahmen, der mit einer Stange verbunden ist, die durch den Kolben so wie auch durch einen schmiedeisernen Führer am obern Theil des Cylinders geht, und durch einen Keil in ihrer Stellung erhalten wird, der durch eine Nuth am Kopf der Stange geht. Die Pumpenstange, durch welche der Kolben bewegt wird, hat eine gabelförmige Gestalt; sie hat den doppelten Zweck, der Stange, womit die Klappe verbunden ist, zu gestatten daß sie durch den Kolben geht, und dann auch als Bügel zu dienen, an dem das ganze Werkzeug hängt. Der eiserne Führer ist an dem Cylinderdeckel befestigt und verhindert daß der Kolben herausgezogen wird, wenn das Ganze aufgehängt ist. Das Bodenventil hat auch eine solche Einrichtung, daß es sich ungefähr 6 Zoll von seinem Sitz erheben kann, damit größere Gesteinsstücke und andere Materialien leicht in das Innere des Cylinders gelangen können, nachdem durch den Aufgang der Pumpe ein luftleerer Raum in demselben entstanden ist. Die stoßende Bewegung wird durch einen Dampfcylinder hervorgebracht, der einen 15 zölligen Kolben hat. Letzterer hat eine gußeiserne Stange von 7 Zoll im Quadrat, die in eine Gabel ausläuft, in welcher sich eine Rolle von etwa 3 Fuß Durchmesser befindet. Dieselbe ist breit genug daß ein Seil darüber laufen kann, und hat Ränder, um dieses in seiner Lage zu erhalten. Da der Bohrkopf und der Kolben durch ihre eigene Schwere niedergehen, sobald der Dampf abgeschlossen und das Exhaustionsventil geöffnet ist, so wird der Dampf nur am Boden des Cylinders zugelassen. Die Exhaustionsöffnung liegt einige Zoll höher als die Dampföffnung, so daß der Cylinder stets eine elastische Dampfschicht von dieser Stärke enthält, auf welche der Kolben niederfällt. Die Ventile werden durch eine Selbststeuerung geöffnet und geschlossen, welche durch die Kolbenbewegung veranlaßt wird; da also dem Kolben Bewegung ertheilt werden muß, ehe ein solches Resultat erfolgen kann, so läßt man fortwährend einen kleinen Dampfstrom in den Boden des Cylinders dringen. Dieß veranlaßt daß der Kolben sich langsam bewegt, so daß er das Seil aufnehmen und diesem gestatten kann, das Gewicht der Bohrstange nach und nach und ohne Ruck zu heben. Ein an der Kolbenstange befestigter Arm kommt alsdann mit einem Hebedaumen in Berührung, der das Dampfventil öffnet, und der Kolben bewegt sich hierauf schnell bis zum obern Ende des Zuges. Ein anderer, durch denselben Arm bewegter Hebedaumen schließt hierauf den Dampf ab und durch eine entsprechende Einrichtung an der andern Seite der Kolbenstange wird das Auslaßventil geöffnet. Durch Bewegen der Hebedaumen kann die Länge des Kolbenzuges nach Belieben des Bohrmeisters, also nach den zu durchbohrenden Gebirgsschichten verändert werden. Der Fall des Bohrkopfes und Kolbens läßt sich durch ein belastetes Ventil an der Auslaßröhre reguliren, so daß der Niedergang nach Erforderniß langsamer oder schneller erfolgt. Die allgemeine Einrichtung der neuen Maschinerie ist nachstehende: Die Trommel zum Aufwickeln des Bohrseils hat 10 Fuß im Durchmesser und kann 3000 laufende Fuß von einem 4 1/2 Zoll breiten und 1/2 Zoll dicken Bandseil aufnehmen. Von der Trommel gelangt das Seil unter eine Leitrolle, durch eine Klammer und über die Rolle, welche sich in dem gabelförmigen Ende der Kolbenstange befindet, und so zu dem Ende, welches mit dem Bohrkopf durch einen Haken verbunden ist. Sobald der Bohrer vor Ort des Lochs gekommen ist, wird das Seil von der Klammer ergriffen. Es wird alsdann eine geringe Dampfmenge eingelassen, damit sich der Kolben langsam hebt, bis der Arm den Daumen bewegt und die volle Dampfmenge in den Cylinder gelangt; der Kolben erlangt alsdann eine beschleunigte Geschwindigkeit, der Bohrkopf wird um die erforderliche Höhe gehoben, worauf der Dampf abgeschlossen und das Exhaustionsventil auf die beschriebene Weise geöffnet wird, so daß ein Niedergang des Bohrers erfolgt, der durch ein Gegendruck-Ventil in der Exhaustionsröhre regulirt wird. Die Exhaustionsöffnung liegt 6 Zoll über dem Cylinderboden; wenn der Kolben bis zu diesem Punkte niederfällt, so liegt er auf einem Dampfkissen welches jeden Stoß verhindert. Um die Hebung des Bohrkopfes zu vergrößern oder die Elasticität des Seils auszugleichen (welche 1 Zoll auf 100 Fuß beträgt), braucht man bloß den Daumen auf der Daumenwelle höher zu stellen, während die Schläge des Bohrkopfes erfolgen. Die Klammer, welche das Seil festhält, ist mit einem Schieber mit Schraube verbunden, wodurch das Seil soviel als erforderlich nachgelassen werden kann. Wenn diese Arbeit vollendet und durch eine Reihe von Schlägen tief niedergebohrt worden ist, wird der Dampf von dem Schlagcylinder abgestellt, das Seil von der Klammer gelöst, die Winde oder der Haspel in Bewegung gesetzt und der Bohrkopf aufgeholt und aufgehängt, wozu eine besondere Vorrichtung in dem Bohrschoppen oder an dem Bohrgerüst angebracht ist. Alsdann wird der Löffel eingehängt und durch ein etwa dreimaliges Senken und Heben des Kolbens der Bohrschmand in denselben eingepumpt. Diese Bewegung kann durch die Winde leicht bewirkt werden, worauf der Löffel wieder aufgeholt und über Tage durch die folgende einfache Anordnung entleert wird. An einem Punkt der Aufhängungsstange ist, senkrecht über einer kleinen Tafel in dem Troge, der den Bohrschmand aufnimmt, ein Haken angebracht; die Tafel oder Platte kann mittelst einer Schraube höher oder niedriger gestellt werden. Der an dem Haken hängende Löffel befindet sich direct über der Platte, welche durch die Schraube so hoch gestellt wird, daß sie das Gewicht des Löffels aufnimmt. Ein Keil, der das Bodenventil festhält, wird gelöst und die Schraube nebst Platte gesenkt. Das Ventil mit seinem Rahmen geht auch nieder, mit ihm der Inhalt des Löffels, der durch das in dem Cylinder befindliche Wasser ausgewaschen wird. Die Platte wird nun wieder in die Höhe geschraubt und das Ventil nimmt seine gehörige Stellung ein; der Keil wird dann in die Nuth geschoben und der Löffel kann wieder eingehängt werden, was zur Reinigung eines Bohrlochs dieser Art gewöhnlich dreimal geschehen muß. Ueber die Leistungen dieses neuen Bohrapparats entnehmen wir dem Practical Mechanic's Journal, Julius 1855, S. 91 Nachstehendes: Beim Durchbohren des bunten Sandsteins bei Manchester wurde der Bohrer mit einer Geschwindigkeit von 500 Fuß in der Minute eingelassen; er machte 24 Schläge in der Minute und eine Hitze dauerte 10 Minuten, während welcher Zeit er 5 bis 6 Zoll tief eindrang. Das Aufholen erfolgte mit einer Geschwindigkeit von 300 Fuß in der Minute. Es wird alsdann der Löffel mit einer Geschwindigkeit von 500 Fuß in der Minute eingehängt; das Pumpen dauert 1 1/2 Minuten und das Aufholen erfolgt mit einer Geschwindigkeit von 300 Fuß in der Minute. Der Löffel wird hierauf entleert und der Proceß wiederholt, was dreimal in 10 Minuten bei einer Tiefe von 200 Fuß geschehen kann. Um daher 5 bis 6 Zoll tief zu bohren und das Bohrloch zu reinigen, sind bei diesem Verfahren 20 Minuten erforderlich. – Bei der alten Bohrmethode sind sechs Tage erforderlich, um 6 Zoll tief zu bohren, so daß also die Vortheile des neuen Verfahrens klar vorliegen.Das hier beschriebene Verfahren ist nur eine verbesserte Modification des chinesischen oder Seilbohrens, welches bereits im Jahr 1828 von dem Director des Museums zu Brüssel, Hrn. Jobard versucht wurde (polytechn Journal Bd. CV S. 14) und im Anfang der Dreißiger Jahre von dem Bergamtsdirector zu Saarbrücken Hrn. Sello und dem preuß. Ingenieur-Major Hrn. Frommann weiter ausgebildet und in der 2ten Reihe von Karsten's Archiv, Bd. VI S. 343, Bd. VII S. 526 und Bd IX S. 377 beschrieben worden ist. – Bei mehreren Mängeln hat das Seilbohren gegen das gewöhnliche Stangenbohren wesentliche Vortheile, und es ist jedenfalls bedeutender Verbesserungen fähig, die auch schon erreicht worden wären, wenn sich damit tüchtige Bohrmeister, wie Hr Kind, ebenso viel wie mit dem Stangenbohren beschäftigt haben würden.H.

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