Titel: Ueber die Anwendbarkeit des im Mineralreich vorkommenden phosphorsauren Kalks (Phosphorits) als Dünger; von Professor A. Payen.
Fundstelle: Band 144, Jahrgang 1857, Nr. XXXVIII., S. 145
Download: XML
XXXVIII. Ueber die Anwendbarkeit des im Mineralreich vorkommenden phosphorsauren Kalks (Phosphorits) als Dünger; von Professor A. Payen. Aus den Comptes rendus, März 1857, Nr. 10. Payen, über die Anwendbarkeit des Phosphorits als Dünger. Man hat im Departement der Ardennen, im Bezirk Vouziers, Lager von Phosphorit fast an der Oberfläche des Bodens gefunden; sie bestehen aus zusammengebackenen knolligen Massen von graulicher oder grünlicher Farbe, welche gewöhnlich die Größe eines Hühnereies haben und in der Kreide eingebettet sind; diese Knollen bilden Lager, welche sich weit erstrecken. Zwei, in der école des mines angestellte Analysen ergaben folgende Zusammensetzung derselben:   Nr. 1.   Nr. 2.Diese Probe wurde nach dem Glühen analysirt. Thon und Kieselerde   25,66   30,00 Eisenoxyd Spuren. Spuren. Kalk   44,54   46,94 Phosphorsäure   12,12   14,72 Kohlensäure     7,33     7,66 Wasser und flüchtige Stoffe       10,33     0,00 ––––––––––––––––   99,98   99,32. Es wäre für die Landwirthschaft offenbar sehr wünschenswerth, den mineralischen phosphorsauren Kalk in einen Zustand versetzen zu können, wo er von den Pflanzen in demselben Grade assimilirbar wäre, wie die gemahlenen oder mit Säure behandelten Knochen, oder wie die in den Zuckerraffinerien verwendete Knochenkohle. In den Knochen ist der phosphorsaure Kalk in dem organischen Gewebe zwischengelagert und befindet sich folglich in einem höchst zertheilten Zustande, daher er von den Säuren leicht angegriffen werden kann. In England erhöht man noch seine Zertheilung und Auflöslichkeit, indem man die Knochen mit Schwefelsäure behandelt, wobei sich Gyps und zweifach-phosphorsaurer Kalk bilden; die Schwefelsäure greift sogar das organische Gewebe an, daher die mit ihr behandelten Knochenstücke weich und zerreiblich werden. In Berührung mit dem im Boden enthaltenen kohlensauren Kalk oder demjenigen welchen man den mit Schwefelsäure behandelten Knochen zugesetzt hat, wird die überschüssige Säure gesättigt, die stickstoffhaltige organische Substanz kann in Fäulniß übergehen, und die ammoniakalischen Producte ihrer Zersetzung tragen selbst zur Ernährung der Pflanzen bei. Analoge Wirkungen finden statt bei Anwendung der pulverförmigen verkohlten Knochen, welche mit dem Blut gemengt sind, das die Klärung der Syrupe bewerkstelligt hat; es kommen dann noch eben so günstige Reaktionen hinzu, welche von der Porosität dieser Thierkohle abhängen, indem dieselbe die sie umgebenden Gase zu verdichten und hernach allmählich an die absorbirenden Organe der Pflanzen abzugeben vermag. Dieselben Vortheile kann der mineralische phosphorsaure Kalk (Phosphorit) offenbar nicht gewähren; bei seiner sehr bedeutenden Cohäsion ist es nicht möglich, ihn durch mechanische Mittel in einen so zertheilten Zustand zu versetzen, wie den phosphorsauren Kalk der Knochen. Die englischen Landwirthe konnten auch mit dem aus Estramadura eingeführten Phosphorit (Apatit) bei weitem nicht die günstigen Resultate erzielen, wie mit Knochen oder mit der Thierkohle der Zuckerraffinerien. Hr. Moride hat in einer Abhandlung, welche er der (französischen) Akademie der Wissenschaften einreichte, durch directe Versuche bewiesen, daß mehrere Sorten mineralischen phosphorsauren Kalks, in dem Zustande wie sie gegenwärtig (in Frankreich) den Landwirthen zum Kauf angeboten werden, in den schwachen Säuren unauflöslich sind;Die Auflöslichkeit dieser verschiedenen Phosphate in pulverförmigem Zustande hat Hr. Moride auf folgende Weise ermittelt: er wog von jedem 0,05 Grm. ab, und behandelte sie mit 10 Kubikcentimetern Essigsäure während zehn Minuten bei + 65° C. Die filtrirte Flüssigkeit wurde mit Ammoniak gefällt etc., dann die Phosphorsäure in den geglühten Niederschlägen bestimmt, indem man dieselben mit einigen Tropfen Salpetersäure versetzte, in destillirtem Wasser aufnahm und die Lösung mit salpetersaurem Silber fällte. Hierbei erhielt er folgende Resultate:                                   Proben.Phosphorsaurer    Klk. enthalten   in 100 Thln.Phosphorsaurer Kalk, von der    Essigsäure     aufgelöst.Reiner phosphorsaurer Kalk, als geglühtes Pulver (aus    Knochen dargestellt)      99,20       0,254Gepulverte Knochen, der Weißglühhitze ausgesetzt      92,00       0,286Knochenkohle, wie sie die Raffinerien anwenden      75,10       0,300Feines Beinschwarz, Rückstand der Raffinerien      65,40       0,340Apatit von Logrozan (Estramadura)      94,25       0,000Phosphorit-Knollen aus den Ardennen      66,00       0,000Phosphorit-Knollen aus den Ardennen, geglüht      62,00       0,000Phosphorit-Knollen, als geschwärztes Pulver (Handelsproduct)      70,00       0,000Aus dem Apatit hatte die Essigsäure 26 Tausendtheile Eisenoxyd aufgelöst; die drei folgenden Phosphorit-Proben hatten an die Essigsäure 34, 26 und 28 Tausendtheile Eisenoxyd und Thonerde abgegeben.Hr. Moride fand außerdem, daß der phosphorsaure Kalk der Knochen im Selterwasser, im Zuckerkalk und in dem durch Gährung animalisirten Torfe auflöslich ist, während die von ihm untersuchten Proben natürlichen phosphorsauren Kalks darin unauflöslich sind. er hielt es für seine Pflicht, die Landwirthe vor solchen Präparaten zu warnen und ihnen die Mittel anzugeben, den mineralischen phosphorsauren Kalk zu erkennen, welcher zum Verkauf als Dünger entweder mit organischen Substanzen, oder mit dem phosphorsauren Kalk der Knochen, oder mit der Thierkohle der Zuckerraffinerien vermengt worden ist. Zu diesem Zweck empfiehlt er hauptsächlich die Anwendung kochender Essigsäure, welche den phosphorsauren Kalk der Knochen auflöst, während sie den mineralischen phosphorsauren Kalk nicht angreift; ferner das Einäschern, weil der phosphorsaure Kalk der Knochen oder eine gute Thierkohle der Raffinerien eine weiße Asche gibt, während der mineralische phosphorsaure Kalk eine rothe oder braune Asche liefert. Man würde der Landwirthschaft einen sehr großen Dienst erweisen, wenn man ein Mittel fände, den mineralischen phosphorsauren Kalk auf ökonomische Weise in solchem Grade zu zertheilen, daß er von den Pflanzen leicht assimilirbar wird. Hierzu empfiehlt Hr. Moride den natürlichen phosphorsauren Kalk mit starken Mineralsäuren zu behandeln, um ihn vom Sand abzuscheiden, dann die Auflösung mit ammoniakalischen und bittererdehaltigen Flüssigkeiten zu fällen, endlich ihr thierische oder gährungsfähige Substanzen zuzusetzen. Dieses Verfahren wäre jedoch ohne Zweifel zu kostspielig, ausgenommen an solchen Orten, wo man die bei der Glaubersalz-Fabrication verloren gehenden salzsauren Dämpfe zum Auflösen des Phosphorits benutzen und die Lösung dann mit bittererdehaltigen Mutterlaugen nebst ammoniakalischem Condensationswasser von der Steinkohlengasbereitung versetzen könnte, oder in Ermangelung der letzteren mit Kalkhydrat (gelöschtem Kalk).