Titel: Atmosphärische Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. II., S. 16
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II. Atmosphärische Eisenbahnen. Mit einer Abbildung auf Tab. I. Atmosphärische Eisenbahnen. Von Hrn. Th. Lange aus Warschau erhielt die Redaction des Breslauer Gewerbeblattes die Mittheilung nachfolgender Idee, durch welche die Hauptschwierigkeit, welche dieser Art Bahnen bisher im Wege stand, auf eine sinnreiche Art überwunden scheint. Bisher legte man bekanntlich zwischen die Schienen eine weite ausgebohrte eiserne Röhre, in welcher sich ein möglichst dicht anschließender Kolben mittelst der Verdünnung der Luft vor demselben bewegte. Der Bahnzug stand durch einen eisernen Arm mit dem Kolben in Verbindung; dieser Arm ging durch einen Schlitz in der Röhre hindurch, der seinerseits durch Klappen verschlossen war. Der Verbindungsarm mußte die Klappe vor sich aufstoßen und hinter sich wieder luftdicht festdrücken, um die Röhre zum erneuerten Dienste fertig zurückzulassen. Die Schwierigkeit, die Klappen dicht zu halten, war so groß, daß unverhältnißmäßig viel Kraft zum Evacuiren verbraucht werden mußte. Es war dieß der Grund, daß dieses an sich sehr vortheilhaft erscheinende System nur kurze Zeit und nur auf kurzen Strecken, z.B. zwischen Dublin und Kingston, in Anwendung gekommen ist. Hr. Th. Lange hat nun einen ganz andern Weg eingeschlagen. Vor Allem wendet er statt verdünnter, comprimirte Luft an. Es sey, Fig. 29, a, a, a eine in der Erde zwischen den Schienen liegende enge Röhre, welche durch die Hälse b, b' mit den Cylindern d, d' in Verbindung steht. In den Cylindern gleiten luftdicht Kolben c, c' welche in die gezahnten Stangen e, e' auslaufen, die, wenn sie sich hinausschieben, die Räder h, h' und i, i' drehen. Angenommen, daß die Röhre a, a mit stark comprimirter Luft gefüllt sey, und daß der Waggon k, welcher auf der Bahn läuft und unten auch eine Zahnstange hat, mit genügender Kraft ankomme, um den Kolben c durch Vermittelung der Räder i und h nur ein wenig herauszuziehen, so tritt die comprimirte Luft durch b hinter den Kolben, schiebt ihn heraus und bewegt dadurch das Rad h und i, und dadurch so lange den Waggon vorwärts, bis derselbe durch Herausziehung des Kolbens c' der Luft gestattet durch b' einzutreten, worauf c' das Fortschieben übernimmt. – Da durch das Eintreten der Luft in die Cylinder ihre Spannung fällt, so wäre es gut, der Bahn im Anfange Steigung zu geben, um dann, wenn die Spannung schon nachgelassen, auf einer sich senkenden Bahn zu fahren; – die ganze Bahn wäre also eine ondulirende, was indessen nicht nöthig, sobald die Luft fortdauernd comprimirt wird. Das weitere Heraustreten der Kolbenstange wird durch das Anlegen an die Hinterwand der vorhergehenden Röhre verhindert. g ist eine Unterstützungswalze, welche an der Kolbenstange befestigt ist und auf der festen Unterlage f rollt. – Wenn der Waggon vorüber, sind alle Kolben herausgetrieben; um sie in ihre alte Lage zurückzubringen, muß die stationäre Maschine, welche die Luft comprimirte, statt dessen dieselbe aus dem Rohre in irgend einen Behälter pumpen, und so lange fortpumpen, bis die Spannung in dem Rohre unter eine Atmosphäre sinkt, worauf der Luftdruck von Außen die Kolben an ihre alte Stelle zurücktreibt; die Kolben verschließen dann auch die Hälse b, b; die Luft aus dem Behälter wird wieder in das Rohr gelassen, und ein neuer Waggon kann passiren. Nöthigenfalls kann dieses Auspumpen gleichzeitig die Bewegung der Züge in entgegengesetzter Richtung bewirken. Man müßte sonst zwei derartige Röhrensysteme nebeneinander anbringen, und könnte dann die noch etwas comprimirte Luft gleich aus dem einen in das andere System hinüberpumpen. Besonders für starke Steigungen dürfte dieß System brauchbar seyn, und könnte dann bei herabgehenden Zügen gleichzeitig als Bremse wirken. Es dürfte dieser Idee die Originalität nicht abzusprechen seyn, obwohl natürlich mannichfache technische Schwierigkeiten bei der Ausführung sich einstellen werden, und die Anlage keinesfalls eine sehr billige seyn möchte. (Breslauer Gewerbeblatt, 1860, Nr. 23.)

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Tafel Tab. I
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