Titel: Ueber Lenoir's Gasmaschine; von Dr. Heinrich Schwarz in Breslau.
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XLIII., S. 165
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XLIII. Ueber Lenoir's Gasmaschine; von Dr. Heinrich Schwarz in Breslau. Aus dem Breslauer Gewerbeblatt vom 26. Januar 1861, Nr. 2. Schwarz, über Lenoir's Gasmaschine. Die im Breslauer Gewerbeblatt vom 20. October 1860 (daraus im polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 155) ausgesprochenen Zweifel an der Brauchbarkeit der Lenoir'schen Gasmaschine haben bei dem ersten Berichterstatter darüber in Deutschland, Hrn. Generalconsul Dr. v. Schwarz, Ritter etc., große Indignation erregt.Man s. württembergisches Gewerbeblatt, 1860, Nr. 49. Von kundiger Feder sind mir in neuester Zeit Mittheilungen zugegangen, welche, weil sie sich auf directe Versuche stützen und mit Zahlen belegt sind, geeignet seyn werden die Frage zu entscheiden. Wenn die Maschine mit geringer Geschwindigkeit arbeitet, consumirt sie im Verhältnisse der erzeugten Kraft ungemein viel Gas, per Pferdekraft und Stunde für 75–80 Centimen (6 Sgr. 3 Pf. – 6 Sgr. 8 Pf.), oder da der Kubikmeter (30 Kubikfuß) in Paris 30 Centimen, der Kubikfuß also rund 1 Pf. kostet, 75–80 Kubikfuß. Bei größerer Geschwindigkeit ist der Effect ein besserer, doch leidet die Maschine ungemein durch die starken Vibrationen, und braucht man dann, nach dem Ausdrucke des Correspondenten, wohl keinen Heizer, aber einen Oelgießer, indem sonst die Reibung und die Gasverluste ungeheuer seyn würden. Die im vergangenen Monat angestellten Versuche wurden bei einer neuen Maschine, angeblich von 4 Pferdekräften und bei einer alten von angeblich 2 Pferdekräften vorgenommen, und zwar wurde die Kraft mittelst des sogenannten Prony'schen Zaumes ermittelt, während das Gas mittelst eines gestempelten Gasmessers gemessen wurde, der auf 2400 Liter per Stunde eingerichtet war. Bei einer kleinen Geschwindigkeit von 75 Umdrehungen per Minute erhielt man am Prony'schen Zaume einen Druck von 15 Kilogrammen, die an einem 1 Meter langen Hebelarm wirkten. Der Gasverbrauch war dabei indessen, wie angegeben, so enorm, daß Hr. Lenoir selbst die für die Maschine nöthige Geschwindigkeit auf 110–125 Umdrehungen per Minute normirte. Die angeblich 4pferdekräftige Maschine ergab dabei folgende experimentelle Zahlen: Versuchsnummer. Zahl der Umdrehungenper Minute. Belastungdes Zaumes. Gasverbrauchper Stunde. 123 120 – 125110110 – 115, im Mittel 112,5   16,5 Kilogr.  16,5   do.  15      do. 4000 Liter. Nach der Formel C = p/75 . 2 nr . n/60 oder einfach 0,0014 p n C bedeutet Zahl der Pferdekräfte, 1 Pferdekraft = 75 Kilogr. in einer Secunde einen Meter hoch gehoben; p Belastung des Zaumhebels; n Anzahl der Umdrehungen der Sckwungradwelle; r Länge des Zaumhebels (hier 1 Meter). ergab Versuch 1. 2,82 Pferdekräfte, Versuch 2 . 2,54 Pferdekräfte, Versuch 3 . 2,36 Pferdekräfte. Im Versuch 3 brauchte man per Pferdekraft 1695 Liter Gas, oder circa 51 Kubikfuß, die 4 Sgr. 3 Pf. kosteten. Bei der zweiten Reihe von Experimenten mit der angeblich Pferdekräftigen Maschine ergaben sich folgende Zahlen: Versuchsnummer. Zahl der Umdrehungen,mittlere. Belastungdes Zaumes. Gasverbrauchper Stunde. 123 136,6180,4173,7   3,5 Kilogr.   5,0    do.   5,0 2000 Liter. Darnach berechnen sich: Versuch 1. 0,67 Pferdekräfte; Versuch 2. 1,26 Pferdekräfte; Versuch 3. 1,21 Pferdekräfte, per Pferdekraft und Stunde ein Gasverbrauch von 1645 Liter, oder etwa 50 Kubikfuß, also nahezu dieselbe Zahl. Die 9–10 Pfd. Kohle, die heute bei kleinen Dampfmaschinen per Pferdekraft und per Stunde etwa verbraucht werden, kosten, nach Breslauer Preisen, mit Anfuhr etc. 1 Thlr. per Tonne zu 360 Pfd., höchstens 9–10 Pf., also nur 1/5 der Kosten für das durch die Gasmaschine verbrauchte Gas. Die Aussichten, die nach Hrn. Generalconsul v. Schwarz Lenoir zum Verkaufe seines Patents nach Spanien hatte, sind gerade durch diese eben angeführten Versuche gescheitert.