Titel: Prüfung des Leuchtgases auf Schwefelkohlenstoff; von Dr. E. Herzog.
Fundstelle: Band 159, Jahrgang 1861, Nr. LXXX., S. 293
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LXXX. Prüfung des Leuchtgases auf Schwefelkohlenstoff; von Dr. E. Herzog. Aus dem chemischen Centralblatt, 1861, Nr. 1. Herzog, über die Prüfung des Leuchtgases auf Schwefelkohlenstoff. Im September 1859, bei Gelegenheit der Generalversammlung des Norddeutschen Apothekervereins in Halle, erlaubte ich mir schon, auf eine von mir angewandte Methode zur Prüfung des Leuchtgases auf Schwefelkohlenstoff aufmerksam zu machen, welche ich in meiner Stellung als städtischer Gascontroleur ermittelt hatte. Bei dem Interesse, welches das Leuchtgas überall in Anspruch nimmt, möchte die Verbreitung eines jeden Beitrags zur Prüfung desselben gerechtfertigt erscheinen. Man bereitet sich zunächst den sogenannten Liquor ammon. caust. Dzondii, jedoch mit dem Unterschiede, daß statt höchst rectificirtem Spiritus, absoluter Alkohol vorgeschlagen und dieser mit Ammoniakgas gesättigt wird. Hierauf macht man eine concentrirte wässerige Lösung von Bleizucker (neutralem essigsauren Bleioxyd) und zwar so, daß noch eine kleine Menge dieses Salzes ungelöst bleibt. Beide Flüssigkeiten werden in gut verschließbaren Gläsern aufbewahrt. Soll nun das Leuchtgas geprüft werden, so nimmt man eine sogenannte vulcanisirte Kautschukröhre, verbindet diese an dem einen Ende mit dem Gasrohre (nachdem man zuvor den Brenner abgenommen) und fügt an dem anderen Ende ein kurzes, etwa 5 bis 6 Zoll langes und circa 2 Linien weites, gerades Glasrohr an. Sodann werden in ein gewöhnliches Reagens- oder in ein anderes enges Gläschen 5 Tropfen der Bleizuckerlösung und circa 1 Quentchen (60 bis 70 Tropfen) der alkoholischen Ammoniakflüssigkeit gegossen, wodurch kein Niederschlag entsteht, wenn nicht letztere zuvor Kohlensäure angezogen hatte. Nun hängt man das an dem Kautschukrohre befindliche Glasröhrchen nur so tief in die Flüssigkeit, daß bei dem gerade vorhandenen Drucke das Leuchtgas noch durch dieselbe in Blasen entweichen kann. Ist Schwefelkohlenstoff vorhanden, so entsteht alsbald eine Färbung der Flüssigkeit, sodann ein gelbrother, bei längerer Einwirkung des Gases auch wohl bräunlicher Niederschlag. War gleichzeitig Kohlensäure in dem Leuchtgase, so entsteht sofort ein weißer Niederschlag, der dem gelbrothen eine etwas hellere Farbe gibt. Als Controle-Versuch leitet man, ohne vorherigen Zusatz der Bleilösung, durch die alkoholische Ammoniakflüssigkeit das Gas einige Zeit lang hindurch, und setzt dann erst ein Paar Tropfen der Bleisolution hinzu; – entweder gleich oder doch sehr bald entsteht ebenfalls ein orangefarbener Niederschlag, wenn Schwefelkohlenstoff vorhanden war. Um aber auch dem Einwurfe zu begegnen, daß vielleicht Schwefelwasserstoff eine solche Reaction veranlasse, leite man etwas Gas durch eine kleine Quantität der wässerigen Bleilösung. Die geringste Menge von Schwefelwasserstoffgas bewirkt eine Schwärzung der Flüssigkeit, wohingegen durch Schwefelkohlenstoff nicht die geringste Veränderung stattfindet. Bemerken muß ich noch, daß der gelbrothe Niederschlag, sofern derselbe unter der Flüssigkeit bleibt, nach Verlauf von 24 Stunden sich verändert und allmählich weiß wird. Bringt man den Niederschlag gleich auf ein Filter, wäscht ihn ein wenig aus und trocknet ihn dann, so wird er zuletzt dunkelbraun. Was nun die Erklärung der hierbei auftretenden chemischen Reactionen anbetrifft, so geht aus den interessanten Beobachtungen von Zeise und Debus hervor, daß bei der Einwirkung des flüssigen Schwefelkohlenstoffs auf Ammoniak, je nach der Concentration der Flüssigkeiten, ihrer Temperatur und dem Verhältnisse des Ammoniaks zum Schwefelkohlenstoffe, die relativen Mengen der Zersetzungsproducte variiren. Beim Vorherrschen des Ammoniaks in concentrirten Lösungen bildet sich mehr Kohlensulphidammonium und Schwefelcyanammonium, in verdünteren Flüssigkeiten und bei Ueberschuß von Schwefelkohlenstoff mehr sulphocarbaminsaures Ammoniumsulphuret. Es wird somit bei der von mir angegebenen Methode je nach Umständen bald mehr von dem einen, bald mehr von dem andern Körper sich bilden, und solches von der größeren oder geringeren Menge Schwefelkohlenstoff in dem Leuchtgase abhängig seyn; jedenfalls bilden sich aber die den Ammoniumverbindungen entsprechenden Bleiverbindungen, sey es nun Kohlensulphidblei oder sulphocarbaminsaures Bleisulphuret, welche anfänglich eine orangerothe, dem sogenannten Goldschwefel ähnliche Farbe besitzen. Da ich in letzterer Zeit öfters Gelegenheit hatte, die Gegenwart des Schwefelkohlenstoffs in dem Leuchtgase auf die angegebene Weise zu ermitteln, so kann ich die Methode, trotz der dabei auftretenden complicirten chemischen Reactionen, als sehr praktisch und einfach empfehlen.