Titel: Ueber den Einfluß des Kalks im Ziegelthon; von Dr. Sauerwein.
Fundstelle: Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XIII., S. 38
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XIII. Ueber den Einfluß des Kalks im Ziegelthon; von Dr. Sauerwein. Aus dem Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins, 1862, Nr. 2. Sauerwein, über den Einfluß des Kalks im Ziegelthon. Der Verf. hat eine Reihe von Versuchen angestellt, um zu ermitteln, wie weit der Kalkgehalt im Thon steigen kann, ohne der Festigkeit und Güte der daraus gebrannten Ziegel zu schaden. Die Angaben, welche sich über den Kalkgehalt im Thon in der Literatur finden, sind in dieser Beziehung ziemlich allgemein gehalten; specielle Versuche darüber sind nirgends angeführt. Selbstverständlich ist, daß der kohlensaure Kalk nicht in größeren Stücken und Knollen vorhanden seyn darf, da diese unbedingt schädlich sind. Der kohlensaure Kalk wird beim Brennen in Aetzkalk verwandelt; der Aetzkalk zieht allmählich aus der Luft Wasser und Kohlensäure an, – rascher, wenn die Steine dem Regen ausgesetzt sind oder sonst mit Wasser in Berührung kommen – und dadurch werden die Steine aus einander getrieben und zerfallen. Ist der Kalk aber im Thon fein vertheilt, so läßt sich annehmen, daß er bei der innigen Berührung mit dem Thon und bei der anhaltenden hohen Temperatur, der er im Ofen ausgesetzt ist, denselben theilweise aufschließt, wodurch die Steine einen besseren Zusammenhang und darum größere Festigkeit und Härte erlangen. Es ist ja bekannt, daß ein wenig kohlensauren Kalk enthaltender eisenschüssiger Thon, welcher erst in hoher Temperatur sintert, der beste Thon zur Ziegelfabrication ist. Steigt der Kalkgehalt aber höher, so wird der Thon, wenn der kohlensaure Kalk auch fein vertheilt ist, doch zum Brennen von Ziegeln unbrauchbar; denn nicht allein wird der Thon leichter schmelzbar, weßhalb die Temperatur sehr viel niedriger gehalten werden muß, sondern die gebrannten Steine werden auch nicht so fest und hart. Es bleibt, je mehr kohlensaurer Kalk im Thon enthalten ist, desto mehr freier Aetzkalk in den gebrannten Steinen. Dieser aber wirkt, wie oben angeführt, durchaus nachtheilig. Um die Grenze festzustellen, über welche hinaus der Kalkgehalt nicht steigen darf, ohne die erwähnten Uebelstände herbeizuführen, hat der Verf. Mischungen von Benther Thon (einem kalkfreien mageren Töpferthon) und geschlämmter Kreide gemacht. Um die Mischung so innig wie möglich zu machen, hat er sowohl den Thon in Wasser aufgeweicht und geschlämmt, als auch die Kreide nochmals mit Wasser angerührt und geschlämmt, und beide Bestandtheile in diesem feinvertheilten breiigen Zustande in dem erforderlichen Verhältnisse zusammen gebracht und sorgfältig vermischt. Nach dem sorgfältigen Austrocknen der daraus geformten Ziegel hat der Ziegeleibesitzer Hr. Stephanus in Hannover dieselben in seinem Ziegelofen brennen lassen. Die Mischungen waren folgende: Nr. I enthielt 6 Proc. (vom Gesammtgewicht) Kreide, Nr. II enthielt   7,5 Proc. Kreide, III   9      „ IV 11      „ V 12,5   „ VI 14      „ VII 15,5   „ VIII 18      „ IX 20      „ X 21,3   „ XI 22,5   „ XII 23,8   „ XIII 25      „ XIV 32      „ XV 34      „ XVI 36      „ XVII 38      „ XVIII 40      „ XIX 42      „ XX 44      „ XXI 46      „ XXII 48      „ XXIII 50      „ Die Steine Nr. I bis XIII waren nach dem Brennen sehr hart und klingend, und zeigten große Festigkeit; von da ab aufwärts wurden sie allmählich weniger fest und ließen sich bedeutend leichter zerschlagen. Um nun die Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Steine gegen atmosphärische Einflüsse – Regen und starken Witterungswechsel – zu beobachten, wurden dieselben längere Zeit der Luft ausgesetzt und bei starker Kälte, nachdem sie zuvor einige Zeit im Wasser gelegen hatten, dem Froste ausgesetzt. Diese Behandlung der Steine wurde mehreremale fortgesetzt; dieselben aufgethaut, darauf wieder in Wasser gelegt, und alsdann wieder der Kälte, die in einigen Nächten selbst bis – 12° und – 15° C. betrug, ausgesetzt u.s.w. Dabei hat sich Folgendes herausgestellt: Die Ziegel I bis X hatten sich sämmtlich sehr gut erhalten, waren noch ebenso hart, klingend und fest wie zuvor. Nr. X (mit 21,3 Proc. Kreide) zeigte ganz unbedeutende Risse, war aber noch sehr hart. Nr. XI, XII und XIII waren ebenfalls noch ziemlich hart, ließen sich jedoch durch Hammerschläge schon bedeutend leichter zerschlagen; sie zeigten wenig oder gar keine Kälterisse oder Abblätterungen. Von da ab indeß aufwärts, von XIV bis XXIII, welch letzterer Ziegel zur Hälfte aus Kreide und zur Hälfte aus Thon geformt war, wurden die Ziegel in dem Maaße unbrauchbarer, als der Kalkgehalt zunahm. Sie hatten, zumal die mit höherem Kalkgehalt, unzählige Risse bekommen, blätterten ab und zerfielen durch den geringsten Schlag. Es folgt daraus, daß der Kalkgehalt in dem Thon bis zu etwa 18 bis 20 Proc. steigen kann, ohne nachtheiligen Einfluß auf die daraus gebrannten Ziegel zu äußern, vorausgesetzt eben, daß der kohlensaure Kalk wenigstens einigermaßen fein im Thon vertheilt, und nicht in einzelnen Stücken eingesprengt ist. Denn diese würden auch in diesem Fall unter allen Umständen sehr fehlerhafte Beschaffenheit der gebrannten Ziegel verursachen, wenn sie nicht zuvor entfernt würden. Enthält der Thon mehr als 20 Proc. kohlensauren Kalk, bis etwa 25 Proc., so mögen die Steine allenfalls da, wo sie nicht direct dem Regen oder der Witterung ausgesetzt sind, noch brauchbar seyn, wenn gleich mit Vorsicht. Ueber 25 Proc. kohlensauren Kalk hinaus darf der Thon nicht enthalten, ohne die Festigkeit der daraus gebrannten Steine zu beeinträchtigen und somit die Sicherheit in mit solchen Steinen erbauten Häusern zu gefährden. Um zu ermitteln, ob und wie viel von dem Kalk durch das Brennen auf den Thon eingewirkt hatte, wurden vier Hauptproben, d.h. von solchen Steinen, welche die erwähnten guten oder schlechten Eigenschaften besonders zeigten, der Untersuchung unterworfen. Diese Untersuchung bestand darin, daß sie zuerst mit einer sehr verdünnten Salzsäure behandelt wurden, und in der auf diese Weise erhaltenen Lösung, sowie in dem dabei gebliebenen Rückstande der Kalkgehalt bestimmt wurde. Da durch das Brennen der Steine die Kohlensäure der zugesetzten Kreide, wie auch das nach dem scharfen Austrocknen vor dem Brennen im Thon noch vorhandene Wasser natürlicher Weise ausgetrieben worden war, so müssen die der Untersuchung unterworfenen Steine auch nach dem Brennen einen relativ größeren Kalkgehalt ausweisen. Die absolute Menge des Kalks ist ja dieselbe geblieben, während der Stein selbst durch das Brennen an Gewicht verloren hat. Bei Nr. I war der Zusatz von Kreide 6 Proc., entsprechend 3,36 Proc. Netzkalk. Gefunden wurden im gebrannten Stein bei der Analyse 3,38 Proc.; davon in der Lösung 2,86 Proc. und in dem in verdünnter Salzsäure unlöslichen Rückstande 0,52 Proc. Von der Gesammtmenge des Kalks waren also 82,8 Proc. in verdünnter Salzsäure löslich, während 17,2 Proc. in einer in verdünnter Salzsäure nicht löslichen Verbindung vorhanden waren. Bei Nr. VIII betrug der Zusatz von Kreide im ungebrannten Stein 18 Proc., entsprechend 10,1 Proc. Aetzkalk. Die Analyse ergab im gebrannten Steine 10,7 Proc. Aetzkalk und davon in der Lösung 9,4 Proc., und in dem in verdünnter Salzsäure unlöslichen Rückstande 1,3 Proc. Von der Gesammtmenge des Kalks waren also in Lösung gekommen 87,8 Proc., 12,2 Proc. dagegen waren in eine unlösliche Verbindung eingetreten. Bei Nr. XV betrug der Zusatz von Kreide im ungebrannten Steine 34 Proc., entsprechend 19 Proc. Aetzkalk. Die Analyse ergab im gebrannten Steine 24,3 Proc. Aetzkalk; davon 16,4 Proc. in der Lösung und 7,9 Proc. im Rückstande. Von der Gesammtmenge des Kalks waren in Lösung gekommen 67,5 Proc. und 32,5 Proc. in unlöslicher Verbindung vorhanden. Die Ziegel Nr. I und VIII gehören zu denen, die sich noch als vollkommen brauchbar erwiesen; Nr. XV steht dagegen auf der Grenze. Bei Nr. XXIII endlich betrug der Zusatz von Kreide im ungebrannten Steine 50 Proc., entsprechend 28 Proc. Aetzkalk. Die Analyse ergab im gebrannten Stein 36,8 Proc. Aetzkalk; die ganze Menge des Kalks fand sich in der mit verdünnter Salzsäure bereiteten Lösung, während im unlöslichen Rückstande sich nur Spuren davon zeigten. Auch fast die ganze Menge (90 Proc.) der Thonerde war in Lösung gekommen; der in verdünnter Salzsäure unlösliche Rückstand bestand fast nur aus der abgeschiedenen Kieselsäure. Der letztere Ziegel war ganz und gar unbrauchbar und an der Luft allmählich ganz zerfallen.