Titel: | Ueber eine neue Construction eiserner Telegraphenstangen; von R. Daelen, Ober-Ingenieur zu Hörde. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XXVIII., S. 105 |
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XXVIII.
Ueber eine neue Construction eiserner
Telegraphenstangen; von R. Daelen, Ober-Ingenieur zu
Hörde.
Aus dem Organ für die Fortschritte des
Eisenbahnwesens, 1861 S. 211.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Daelen, über eine neue Construction eiserner
Telegraphenstangen.
Es ist bereits vielfach versucht worden, die Stangen zum Tragen der Drähte des
elektrischen Telegraphen von Eisen herzustellen, indessen haben die höheren Kosten
dieser Stangen im Vergleich zu den hölzernen bisher einer allgemeinen Anwendung im
Wege gestanden. Wir glauben nun eine Construction gefunden zu haben, welche so viele
Vortheile darbietet, daß durch dieselben nicht allein die Mehrkosten der ersten
Anlage aufgewogen werden, sondern daß durch die größere Dauerhaftigkeit der nach
dieser Construction hergestellten eisernen Stangen sogar eine Ersparniß erzielt
werden muß. Fig.
37 und 38 versinnlichen diese Construction.
Die Anforderungen, welche an eine Telegraphenstange gestellt werden müssen, sind
unseres Erachtens nach folgende:
1) eine hinreichende Stabilität, um die Drähte tragen, sowie der
rechtwinkelig zu den Drähten einwirkenden seitlichen Kraft, verursacht durch
Sturmwind und Spannung in den Curven der Eisenbahnen, Widerstand leisten zu
können;
2) ein entsprechender Fuß, um die Stangen gehörig in der Erde
befestigen zu können.
Der ersten Anforderung wird durch eine gewalzte Eisenstange in Doppel-T-Form genügt. Diese Form hat den
Vortheil, mit wenigem Material große Stabilität zu vereinen, und sich durch einen
einfachen Walzproceß billig herstellen zu lassen.
Der zweiten Anforderung wird dadurch genügt, daß der Fuß, aus Gußeisen hergestellt,
durch seine verzweigte Form eine bequeme und solide Befestigung in jedem Erdreiche
gestattet, und der zerstörenden Einwirkung der Feuchtigkeit am längsten Widerstand
leistet.
Die Befestigung des Doppel-T-Eisens in dem
Gußeisen ist einfach dadurch bewerkstelligt, daß die Stange in die Form eingelegt
und das Gußeisen darauf festgegossen wird. Hierdurch wird die Handarbeit auf ein
Minimum reducirt.
Das Gewicht einer 11 Fuß hohen Stange mit 4 Fuß langem Fuße, beträgt 115 Pfd. und
kostet dieselbe loco Hörde 4 Thlr. 20 Sgr.; jeder Fuß
Verlängerung würde 6 Sgr. mehr kosten.
Eine Erhöhung und Vermehrung der Isolatoren könnte indessen auch dadurch
bewerkstelligt werden, daß man nach Art der mittleren Isolatoren eine Stange
Rundeisen auf dem Doppel-T-Eisen
befestigte, welche noch 3 bis 5 Isolatoren trägt. Hierdurch und indem man nur für
Sandboden dem Fuße die Dimensionen der Zeichnung gibt, bei festem Boden dagegen
denselben um das Stück e, f verkürzt, würde man die
Unkosten noch vermindern können.
Berücksichtigt man ferner, daß die Zahl der erforderlichen Telegraphenstangen bei
einer Eisenconstruction der größerengößeren Stabilität halber um 1/8 vermindert werden kann, daß das häufige Umsetzen
der Holzstange und das damit verbundene Umlegen der Drähte wegfällt; so werden sich
die Eisenstangen gegen Holzstangen ökonomisch noch viel vortheilhafter
herausstellen. Die häufigen Unterbrechungen des Telegraphendienstes durch Umwerfen
der Holzstangen, welche Sperrung der Bahn, mangelhafte Mittheilung und somit
Unglücksfälle auf den Eisenbahnen zur Folge haben, werden durch die
Eisenconstruction gleichfalls möglichst vermieden.
Um die Stabilität dieser Eisenstangen mit der der Holzstangen vergleichen zu können,
wurde hier eine Holzstange von 4 Zoll Stärke einer gleich hohen Eisenstange in einer
Entfernung von etwa 20 Fuß der Art gegenübergestellt, daß ein beide Stangen
verbindendes und mit Gewichten belastetes Seil die Eisen-, wie die Holzstange
auf seitliche Stabilität in Anspruch nahm, ähnlich wie es auf der Bahn durch Wind
und Spannung in den Curven geschieht. Bei gleich guter Befestigung im Erdboden
ergaben sich folgende Resultate:
Abweichung aus der verticalen Biegung der
Stangen in sich
Belastung.
Eisenstange.
Holzstange.
Eisenstange.
Holzstange.
50 Pfund
5/8 Zoll
1 1/2 Zoll
2 Linien
4 Linien
100 „
1 1/4 „
3 5/8 „
3 „
6 „
150 „
1 7/8 „
5 1/2 „
4 „
10 „
200 „
2 1/2 „
7 „
6 „
12 „
250 „
3 3/8 „
8 7/8 „
6 „
14 „
300 „
4 „
11 „
7 „
16 „
Es sind gegen diese Construction, nach welcher auf der Hermannshütte bereits einige
Exemplare angefertigt worden sind, Einwände erhoben worden, welche theils
Materialersparniß im Auge haben, vorzugsweise aber die Befestigung der Stange im
Fuße und des letzteren in dem Erdboden betreffen.
ad 1. Offenbar kann durch Verjüngung der eisernen
Stangen von der Wurzel zur Spitze unbeschadet der Stabilität eine Materialersparniß
erzielt werden. Die Herstellung sich verjüngender Walzproducte von größerer Länge
muß jedoch auf dem augenblicklichen Standpunkte der Technik noch als Problem
betrachtet werden, und kann, bevor die praktische Ausführbarkeit einer solchen
Fabrication überhaupt nachgewiesen ist, die Rentabilität der dazu erforderlichen
Vorrichtungen selbstredend nicht beurtheilt werden. Bei dem ohnehin geringen
Querschnitte der Stangen könnte überdieß die Verjüngung nur eine unbedeutende seyn
und dürfte deßhalb die Materialersparniß um so mehr außer Acht gelassen werden und
späteren Fortschritten der Technik vorbehalten bleiben.
ad 2. Es wurde eine Befestigung der Eisenstangen
mittelst gußeiserner Wurzeln, die in einer Spirale enden, vorgeschlagen, welche, was
die Befestigung in dem Erdboden betrifft, für einzelne Fälle ohne Zweifel
vortheilhaft seyn würde; einer allgemeinen Anwendbarkeit aber, auf welche doch
vorzugsweise Bedacht genommen werden muß, steht die Verschiedenartigkeit des
Erdbodens entgegen. Die Spirale wird in festem Erdboden und aufgeschütteten Dämmen
ihrem Zwecke vollständig entsprechen, in steinigem Boden aber denselben ganz
verfehlen. Ueberdieß würden die Herstellungskosten der Wurzel als Röhrenguß für die
gleiche Gewichtseinheit etwa 1/3 mehr betragen, als die Kosten der von uns
vorgeschlagenen Wurzel, welche als Kastenguß hergestellt werden kann.
Sollte die letztere sich an der einen oder anderen Stelle zu schwach erweisen, so
steht einer entsprechenden Verstärkung nichts im Wege.
Einer Befestigung der Eisenstange in der gußeisernen Spirale vermittelst Keile stehen
aber unseres Erachtens noch größere Bedenken entgegen.
Die zerstörende Einwirkung der Feuchtigkeit, auf deren Verminderung vor Allem Bedacht
genommen werden muß, wird am größten da seyn, wo eine unvollständige Verbindung
verschiedener Theile das Eindringen und die Ansammlung der Feuchtigkeit begünstigt;
solches geschieht nun offenbar durch die vorgeschlagene Verbindungsweise, nach
welcher Stange und Spirale getrennte Stücke bilden, wird aber vermieden, wenn der
Fuß um die Wurzel gegossen wird, und die Verbindung nöthigenfalls noch durch eine
Decke von Blei geschützt wird.
Nimmt man hierzu, daß die Befestigung der Stange in der Wurzel auf offener Bahn
ausgeführt, häufig unvollkommen seyn wird, namentlich wenn die Spirale nicht
vertical angezogen hat, und die Stange durch ungleiche Verkeilung so gestellt werden
muß; so fällt der Vorzug der von uns vorgeschlagenen, unwandelbar in der Wurzel
befestigten Stangen noch mehr in die Augen.
Wir glauben aus diesen Gründen mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, daß die
Dauerhaftigkeit der angegossenen Füße doppelt so groß seyn wird als der vermittelst
Keile an die Eisenstange befestigten spiralförmigen, und daß die häufigen
Reparaturen und Abkürzungen bei diesem letzten Systeme mehr kosten würden, als wenn
nach längerer Dauer der angegossene Fuß abgeschlagen, und durch einen ganz neuen
ersetzt wird.
Es verdient schließlich zur Rentabilitätsfrage, sobald diese ausgedehnte
Betriebsperioden umfaßt, ein Punkt hinzugezogen zu werden, der darum nicht von
geringerer Bedeutung ist, weil er sich nicht ziffermäßig feststellen läßt, nämlich
die Werthzunahme des Holzes gegenüber der Abnahme der Eisenpreise, die mit der Zeit
allein ausreichend seyn werden, für die allgemeine Einführung eiserner.
Telegraphenstangen, gleichviel welches System adoptirt werden möge, den Ausschlag zu
geben.