Titel: Ueber die Wirkung des Chlorzinks auf die Seide, und deren Trennung von der Wolle und Baumwolle; von J. Persoz Sohn.
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LXXVI., S. 300
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LXXVI. Ueber die Wirkung des Chlorzinks auf die Seide, und deren Trennung von der Wolle und Baumwolle; von J. Persoz Sohn. Aus den Comptes rendus, t. LV p. 810. Persoz, über die Wirkung des Chlorzinks auf die Seide. Die Seide löst sich in der Wärme sehr rasch in einer concentrirten Lösung von Chlorzink auf, langsamer in der Kälte oder in einer verdünnten Lösung dieses Salzes. Das Chlorzink, welches die Seide leicht auflöst, zerstört weder die Textur der Wolle, noch diejenige der Pflanzenfasern, daher dieses Reagens sich zur Untersuchung gemischter Gewebe vorzüglich eignet. Man kann nämlich zuerst die. Seide im Chlorzink lösen und dann die Wolle mittelst Aetznatron zerstören, so daß nur die Pflanzenfasern übrig bleiben. Ich benutze zum Auflösen der Seide eine Chlorzinklösung von ungefähr 60° Baumé, welche mit einem Ueberschuß von Zinkoxyd gekocht worden ist, so daß sie gegen Lackmuspapier ziemlich neutral wurde. Sie ist also ein basisches Chlorzink und trübt sich allerdings ein wenig durch Zusatz destillirten Wassers, gewährt aber für Trennungsversuche den Vortheil, die Pflanzenfasern nicht zu verändern. Die Seide wird durch ihre Berührung mit Chlorzink zu einer gummigen Masse, welche anfangs die Form der zum Versuch angewandten Fäden oder Gewebe beibehält, sich aber nach und nach in durchsichtige Klumpen verwandelt und endlich vollständig auflöst. Das Chlorzink von 60° Baumé kann in der Kälte nach und nach, in der Wärme aber in kurzer Zeit beträchtliche Mengen Seide auflösen, so daß es ganz klebrig wird und wie ein dicker Syrup spinnt. In diesem Falle gleicht es einer concentrirten Lösung von arabischem Gummi. Ammoniak bringt in der mit Wasser verdünnten Lösung einen weißen Niederschlag hervor, welcher sich in einem Ueberschuß des Reagens vollständig auflöst. Es fragt sich nun, ob man die im Chlorzink aufgelöste Seide von ihrem Lösungsmittel trennen kann. Nachdem ich hierzu vergebens die gewöhnlichen chemischen Agentien versucht hatte, verfiel ich auf die Anwendung des Dialysators von Graham. Ich begann damit, die Seidelösung zu verdünnen, indem ich sie in mit Salzsäure geschärftes Wasser goß. Der Zusatz dieser Säure verhindert die Bildung des Niederschlags, welchen das basische Chlorzink mit reinem Wasser geben würde. Bei einem ersten Versuch filtrirte ich die so erhaltene Lösung zweimal, ohne daß sie ihr schwach schillerndes Ansetzen verlor, und brachte sie in diesem Zustande in den Dialysator. Das Chlorzink gieng bald in großer Menge durch das Pergamentpapier und nach einigen Stunden war die Flüssigkeit schon viel klebriger geworden; hernach nahm sie an Volum zu, und gestand endlich zu einer schillernden, dem Stärkekleister ähnlichen Gallerte. Diese Art Kleister enthielt noch eine kleine Menge Chlorzink, welche ich bei dem neuen physischen Zustand der Substanz nicht abzuscheiden vermochte. Die Gallerte hatte den faden Geschmack und Geruch des Stärkekleisters, zeigte aber nicht dessen chemische Eigenschaften. Sie schwoll nämlich durch Aetzkali nicht auf, auch wurde sie durch Schwefelsäure nicht verflüssigt. Während sie im Kleisterzustande in Essigsäure löslich war, löste sie sich nach vorherigem Trocknen in diesem Reagens nicht mehr auf, sondern verwandelte sich nur in glasige und spröde Stücke. Ich entdeckte aber eine eigenthümliche Eigenschaft dieser Gallerte: wenn man sie in dünner Schicht in einer Platinschale abdampft und dann mit Vorsicht immer mehr erhitzt, so erhält man eine Substanz, welche eine dem Murexid ähnliche lebhafte johannisbeerrothe Farbe hat. Die so gebildete Farbe hat übrigens keine Beständigkeit. Erst bei einer der Dunkelrothgluth nahen Temperatur wird die Substanz vollständig zersetzt und entwickelt den unangenehmen Geruch der gerösteten Seide. Bei den folgenden Versuchen verhütete ich die Kleisterbildung, indem ich die Lösung, ehe ich sie in den Dialysator brachte, mit mehr Wasser verdünnte und noch kurze Zeit erhitzte, wornach ich die suspendirten Substanzen, welche anfänglich der Flüssigkeit ein schillerndes Ansetzen gaben, durch Filtriren vollkommen abzusondern vermochte. Aus der so behandelten Lösung kann man mittelst des Dialysators nahezu alles Chlorzink abscheiden, und endlich eine klare, farblose, geschmacklose Flüssigkeit erhalten, welche durch Abdampfen einen goldgelben und spröden Firniß gibt.