Titel: Die Torföle und ihre Aufbereitung nach einem patentirten Verfahren; von Dr. J. J. Breitenlohner, Chemiker der erzherzoglichen Torfproductenfabrik zu Chlumetz in Böhmen.
Autor: J. J. Breitenlohner
Fundstelle: Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XCVIII., S. 378
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XCVIII. Die Torföle und ihre Aufbereitung nach einem patentirten Verfahren; von Dr. J. J. Breitenlohner, Chemiker der erzherzoglichen Torfproductenfabrik zu Chlumetz in Böhmen. Breitenlohner, über die Torföle und ihre Aufbereitung nach einem patentirten Verfahren. Ein hauptsächliches Hinderniß, welches den Aufschwung der in jüngster Zeit ins Leben getretenen Hydrocarbüre-Fabriken hemmte, ist in dem Umstande zu suchen, daß bei der Aufbereitung des Rohmaterials in Paraffin, Photogen und andere Producte, beträchtliche Quantitäten von schweren und rückständigen Oelen abfielen, für die man entweder gar keine oder eine nur untergeordnete Verwendung wußte. Amerika hat bis jetzt für die enormen Quantitäten von schweren und paraffinhaltigen Naphtaölen keine eigentliche Verwerthung gefunden. Dennoch sind die Mineralölfabriken, welche mit Naphta arbeiten, insoferne günstiger gestellt, als, außer einer namhaften Ausbeute an leichten und wasserklaren Oelen, die gänzliche Abwesenheit von Kreosot die Erzeugung einer verhältnißmäßig größeren Menge von Solarölen erleichtert, solange deren Dichte und Farbe die Verkäuflichkeitsgrenze noch nicht überschreitet. Die Dichte dieser Oele kommt dabei weniger in Betracht, seitdem namentlich Ditmar in Wien eine praktische Lampenconstruction einführte, welche es ermöglicht, auch die schwersten Oele ohne Anstand und mit großer Lichtintensität zu verbrennen. Wenn die Consumtion bei vielen Artikeln, selbst bei solchen, welche zum Genusse gehören, nicht selten eine absichtliche Färbung zuläßt, so hält sie gerade bei den Leuchtölen an der nicht in allen Fällen begründeten Meinung fest, die Wasserklarheit sey das Kriterium der Güte derselben. Man legt die absolute Reinheit der Oele in ihre Farblosigkeit und in ihre theilweise Geruchlosigkeit. Die hellen Bergöle dienen daher seit einiger Zeit als werthmessende Normen für andere Fabricate, welche aus Boghead, Braunkohle, bituminösem Schiefer, Asphalt und Torf erzeugt werden. Wenn eine Concurrenz von jener Seite zu befürchten ist, so geht sie gewiß nicht von der enormen Massenproduction, sondern eben von den Eigenschaften aus, welche sie gegen andere Rohmaterialien in Vortheil bringen. Diese überhandnehmende Production von Mineralölen aus Naphta war es auch, welche die anderen Fabriken in der Behandlung und Reinigung der Rohöle zum Fortschritte zwang, und wenn es einigen Etablissements gelungen ist, mehr oder minder geruchfreie und farblose Oele, oft auf Kosten der Güte derselben, darzustellen, so kämpfen doch sämmtliche mit den bedeutenden Quantitäten dunkler und schwerer Oele, welche bei den verschiedenen Manipulationen unausweichlich zurückbleiben. Die immer zunehmende Erzeugung von Wagenfetten, Maschinenschmieren und ähnlichen Antifrictionsmitteln, absorbirt zwar eine nicht geringe Quantität derselben, und namentlich werden in England diese Schmieröle, welche weder dem Verharzen, noch der Erhärtung in der Winterkälte unterliegen, für die Highflyers in den Baumwollspinnereien und in anderen Etablissements mit Vortheil verwendet. Ihr Verkauf ist jedoch mehr durch die Nothwendigkeit und den Mangel anderer Verwendungsarten geboten, als daß den betreffenden Fabriken ein besonderer Vortheil daraus erwüchse. Die große Menge von Paraffin, welches in diesen schweren Oelen sich noch gelöst findet und allerdings die Verwendbarkeit derselben als Schmiermittel erhöht, ist schon ein zu gewichtiger Factor, um nicht die Aufmerksamkeit der Fabrikanten vorzüglich darauf hinzulenken. Es ist wohl unbestritten, daß die alleinige Aufbereitung von Paraffin ebensowenig rentabel ist, als die alleinige Production von Leuchtölen es wäre. Behält man aber beide im Auge und übersieht man nicht die sorgfältige Ausnützung der Abfallproducte, dann wird eine aufgehende Verarbeitung der schweren und rückständigen Oele es verschmähen, diese als billige Schmiermaterialien aufzuräumen. Als der Verfasser die Leitung der Torfproductenfabrik in Chlumetz übernahm, entgingen, abgesehen von den Abfallproducten, welche ohneweiters weggeschafft wurden, noch überdieß über 40 Procent schwerer und rückständiger Oele. Die Ausbeute an Photogen und Paraffin betrug 8 Procent. Dieses Ergebniß war um so unerfreulicher, als selbst diese 8 Procent Producte nur bescheidenen Ansprüchen genügten, und die Lieferung des Rohmaterials sich kaum auf mehr, als ein größeres Versuchsquantum belief. Eine radicale Umwälzung des Fabrikbetriebes stellte sich als gebieterische Nothwendigkeit heraus. Der Gegenstand stack gleichsam in concentrischen Schwierigkeiten. Jeder kennt und versteht sie zu würdigen, der auch nur vorübergehend sich mit diesem Zweig der trockenen Destillation beschäftigte und einen gänzlich unvorbereiteten Boden vorfand, den man hin und wieder im blühendsten Culturzustande fortgeschritten wähnte. Auch dürfte nicht bald eine Industrie so viele Drangsale zu überdauern gehabt haben, als diejenige der Oelproduction aus bituminösen Fossilien. Die Wissenschaft wußte wenig Rath, und die Praxis entbehrte meist aller Wissenschaftlichkeit. Die trockene Destillation ist ein noch ziemlich brachliegendes Feld inmitten der aufschießenden Ueppigkeit des größten Theiles der organischen Chemie. Die Ursache dieser Verkümmerung liegt nicht ferne. Einmal ist es die Unsauberkeit und Schwierigkeit der Arbeit, und dann reicht ein bloßer Versuch in gläsernen Gefäßen der Laboratorien nicht aus; um zu einem annähernd richtigen Resultate zu gelangen, welches der großen Production zur Richtschnur dienen kann, muß man eben schon so im Großen versuchen, wie man später produciren will. Das Versuchslaboratorium muß die Fabrik selbst, und die Gefäße müssen Werksvorrichtungen seyn, welche große Mengen fassen. Zur Erzeugung von Photogen, welches von den Oelen allein nur gewonnen wurde, bestanden in der Fabrik zwei Ständer, woraus das Oel mittelst Wasserdampf abgeblasen wurde. So interessant und sinnreich diese Methode von Vohl ist, ebenso kostspielig und unpraktisch ist der Betrieb. Die Torföle zeichnen sich unter Anderem auch dadurch aus, daß sie bei niederen Siedepunkten hohe Dichten besitzen und so im umgekehrten Verhältnisse zu den Bergölen stehen, welche weitaus günstiger constituirt sind. Es besteht das Gesetz, daß die Oele um so besser leuchten, je höher die Siedepunkte und je geringer die Dichten sind. Die bei der Destillation des Theers fractionirten 30 Procent Oele wurden mit 10 Procent Aetznatronlauge von 1,360 und 10 Procent englischer Schwefelsäure von 1,767 spec. Gew. behandelt und abgeblasen. Solange die Oele eine Dichte von 0,835 zeigen, geht das Abblasen mit 1,5 Atmosphärendruck ganz gut von statten. Die abgeblasenen Oele sind aber nur bis 0,815 Dichte erträglich gelb, die schwereren besitzen schon eine dunkelbraune bis rothe Farbe und sämmtliche einen äußerst widerlichen, penetranten Geruch. Das übliche Schütteln der abgeblasenen und decantirten Oele mit Aetzlaugen benimmt ihnen zwar einen Theil dieses Geruches, sowie die gröberen Verunreinigungen von Kreosot und Brandölen, und macht sie klar, allein der Geruch kehrt bald wieder, und selbst die lichtesten Oele dunkeln in kürzester Zeit rasch nach. Innerhalb eines Jahres sind sämmtliche Oele bereits tief dunkelroth geworden. Je länger solche Oele liegen bleiben, desto dunkler und unbrauchbarer werden sie auch. Bei der Verwendung dieser Oele wurden häufige Klagen wegen Dochtverharzung, Mattheit des Lichtes, Qualmen und üblen Geruches beim Verbrennen laut. Die Erklärung dieser Mißlichkeiten ist einfach. Destillirt man diese abgeblasenen, wenn auch noch so klaren Oele in einer Glasretorte, so erhält man immer eine Quantität Wasser und einen Rückstand, welcher reich an Kreosot und Brandharz ist. Eine gewisse Menge Wasser hat sich demnach mit dem Oel verflüchtigt und haftet ihm so innig an, daß es nur durch wiederholte Destillation zu trennen ist. Das Wasser, welches im Oele fein zertheilt ist, vermittelt eine um so wirksamere Oxydation, deren Folge das Nachdunkeln und Auftreten des penetranten Geruches ist. Diese Umstände verdienen um so mehr Berücksichtigung, wenn man erwägt, daß beim Abblaseprocesse höchstens 120 Pfund oder 18 Proc. der angewandten Masse, mit einer Dichte bis 0,850, bei einer Arbeitsdauer von zehn Stunden, drei Arbeitsschichten und großem Brennmaterialaufwand abgeblasen werden konnten. Ein günstigeres Resultat, durchschnittlich 22 Proc., gaben die bei der Destillation der Paraffinmasse gewonnenen Oele, doch betrug die gesammte Ausbeute an Leuchtölen nicht mehr als 6 Proc. des angewandten Theers. Unter diesen Umständen mußte die Gewinnung von Solaröl ausgeschlossen bleiben. Die versuchsweise abgeblasenen Oele waren schwer und dunkel bis zur Undurchsichtigkeit. Das Abblasen gieng selbst über zwei Atmosphären äußerst schleppend. Oeftere Behandlung und Reinigung der Oele besserte nichts an der Sache. Ebenso fruchtlos blieb die Destillation derselben über freiem Feuer. Die Oele waren durchaus unbrauchbar. Es wurde vorgeschlagen solche Oele über freiem Feuer bei gleichzeitiger Anwendung von Wasserdampf zu destilliren. Diese Combination zweier Wärmequellen dürfte gegenwärtig kaum jene flüchtige Beachtung finden, welche man früher noch weniger sublimen Nachschlägen schenkte. Die schweren, rückständigen und paraffinhaltigen Oele belaufen sich bis 45 Procent. Die Siedepunkte dieser Oele, welche eine durchschnittliche Dichte von 0,925 zeigen, kommen denjenigen des Kreosots und Paraffins nahe. Diese zwei Momente treten der Aufbereitung derselben auf gewöhnlichem Wege sehr störend entgegen. Das Kreosot läßt sich durch die energischesten Chemikalien nicht gänzlich abscheiden, die Brandöle und Brandharze erzeugen sich bei höherer Temperatur während der Destillation, und stark gekohlte, schwere und dunkle Kohlenwasserstoffe unter steter Erscheinung von Wasserstoffgas treten dabei auf. Eine öftere Anwendung von Aetzlaugen und Schwefelsäure beeinträchtigt den Leuchteffect und vertheuert das Product. Die Schwefelsäure erzeugt Sulfoöle, welche durch Alkalien nicht weiter verändert werden und sich erst beim Brennen bemerkbar machen. Eine eigenthümliche Erscheinung wird ferner durch das Paraffin bewirkt. Caustische Alkalien bleiben nicht ohne Reaction auf das im Oel gelöste Paraffin. Alle Theeröle, hauptsächlich die schweren, sind reich an letzterem Körper. Wenn die abgeblasenen oder destillirten Oele anfänglich noch so klar und hell sind, so werden sie nach dem Schütteln mit Aetznatron, welches ihnen den, sie hartnäckig begleitenden Theergeruch benimmt, augenblicklich trübe und dunkel. Sie werden um so trüber und dunkler, je weniger sorgfältig sie fractionirt und gereinigt sind. Das Paraffin geht besonders zur Sommerszeit reichlich in die Oele über, von denen man es auch durch öftere fractionirte Destillation nicht gänzlich trennen kann. Sind die Oele an und für sich schwer, so wird man auf gewöhnlichem Wege immer paraffinhaltige und dunkle Antheile erhalten, welche die Eigenschaft besitzen, in der Winterkälte gleich den fetten Oelen zu stocken. Nachdem die gewöhnliche Behandlung der schweren Oele mit Lauge und Schwefelsäure, und die darauffolgende Rectification mit Dampf und über freiem Feuer ohne allen Erfolg blieb, wurden der Schwefelsäure 2 Proc. käuflicher Salpetersäure zugesetzt. In der Behandlungscisterne entstand ein äußerst zäher, dicklicher Harzrückstand. Die Mischung dieser beiden Säuren wirkte in der That energisch oxydirend ein, wahrscheinlich unter Bildung von Substitutionsproducten, von denen ein Theil in die rückständige Masse, der andere in die Oele übergieng. Bei einer anderen Behandlungspartie wurde die Salpetersäure durch 3 Procent roher Salzsäure ersetzt. Diese Behandlung ist wegen heftiger Entwickelung von Salzsäuredämpfen ungemein lästig. Nebstbei entweichen, sowie bei der Behandlung mit Salpetersäure, äußerst flüchtige Substanzen, welche auf den Arbeiter wie ein Anästheticum wirken. Bei der einfachen Behandlung der Oele mit Schwefelsäure entwickeln sich ebenfalls solche flüchtige Stoffe, sie sind aber in minderem Grade berauschend. Beim Einleiten von trockenem Chlorgas in erwärmte Rohöle, welche vorher mit Aetznatron gerührt waren, entstand alsobald eine Trübung. Die Oele schwärzten sich unter bedeutender Wärmeentbindung und absorbirten eine große Menge Gas. Dieses verschluckte Chlorgas alterirte die Dichte der Oele derart, daß man ohne weiters versucht wäre zu glauben, es habe in Folge der Ausscheidung harziger Substanzen in der That eine Herabstimmung der Dichte stattgefunden. Das Chlor läßt sich wohl durch Waschen mit Alkalien zum Theil entfernen, doch bleibt immer eine erkleckliche Menge davon zurück, welche bei der Destillation ungemein belästigt. Das Abblasen der vorstehend behandelten Oele war von keinem Erfolge begleitet. Die gewonnenen Oele zeichneten sich wohl durch einen etwas aromatischen Geruch aus, herrührend von Substitutionsproducten von Chlor und Untersalpetersäure, welcher aber beim Brennen besonders stark hervortrat; Farbe und Dichte derselben waren kaum merklich verändert. Bei diesem Verfahren ist die Abnützung der Gefäße nicht gleichgültig. Das Abblasewasser ist durchaus grünlich gefärbt und gibt eine deutliche Reaction auf Eisen und Kupfer. Nachdem diese Versuche die erwarteten Erfolge nicht herbeiführten, wurden die Rohöle nach Behandlung mit Lauge und Schwefelsäure mit dicker Kalkmilch gerührt. Das Decantiren der mit Kalk behandelten Oele geht ungemein schwer und ist mit empfindlichen Oelverlusten verknüpft. Der Kalk setzt sich äußerst träge ab und entführt viel Oel, indem sich die einzelnen Partikelchen mit einer Oelhülle beladen. Nun häufen sich die Schwierigkeiten. Wenn die Oele noch so vorsichtig decantirt waren, so geht im Abblaseständer eine eigenthümliche Veränderung vor sich. Bei der geringsten Gegenwart von Kalk entsteht durch das Einwirken von Wasserdampf eine gelatinöse, sich aufblähende Masse von schmutzig gelbbrauner Farbe, welche mit dem Oel herübergerissen wird. Im Abblaseständer findet gleichsam ein Verseifungsproceß statt, welchen Kalk und Brandöle eingehen und worin sich das Oel emulsivartiv suspendirt. Die Farbe der zuerst abgeblasenen Oele ist erträglich leicht, der erste Antheil fast klar; ihr Geruch ist aber ungemein penetrant und macht sich beim Brennen bis zur Unerträglichkeit geltend. Die Oele sind trübe von mitgerissenen, äußerst fein vertheilten Kalktheilchen, welche sich selbst nach längerem Stehen nicht vollkommen absetzen. Der Bodensatz, welcher nach längerer Zeit entstand, zeigte unter dem Mikroskope rubinrothe Krystalle und ließ reichlich Kalk nachweisen. – Dieselbe Erscheinung trat auch ein, als die Oele nach Behandlung mit Lauge und Schwefelsäure mit Chlorkalklösung gemischt wurden. Der Rückstand im Abblaseständer stellt eine dicke, seifenleimartige Masse dar, welche sich nach längerem Stehen in drei Schichten sondert. Die untere enthält eine dicke, schmierige und schwere Substanz, darauf folgt ein Oelstratum und zu oberst schwimmt ein leichter Schaum dieser Kalkemulsion. Durch starke Laugen wird wohl das Sedimentiren befördert, so daß ein großer Theil des Oels in die Höhe kommt; verdünnte Salzsäure, Salpetersäure oder Schwefelsäure leisten weniger. Die Säuren wirken somit in geringerem Grade auf diese eigenthümliche Kalkverbindung, als scharfe Laugen, die durch ihre große Verwandtschaft zu den kreosotähnlichen Verunreinigungen der Oele letztere sammt dem Kalk abscheiden, welcher zwischen dem Kreosotalkali und dem Oele sich in der Mitte schichtet. Erhitzt man eine Probe dieser Masse auf dem Platinblech, so wird sie unter heftigem Spritzen herumgeschleudert. Dieses durch Einwirken von Wasserdampf auf Oel bei Gegenwart von Kalk entstandene Coagulum erschwert den Gang des Abblasens ungemein. Durch den Widerstand, welchen die Masse dem einströmenden Dampf entgegensetzt und die das Zuleitungsrohr desselben verlegt, entsteht ein Poltern und stoßweißes Arbeiten des Apparats, wobei in Abständen viel vom Kesselinhalt mit Gewalt herüber gerissen wird. Destillirt man diesen Rückstand über freiem Feuer, so gewinnt man wohl das Oel wieder, es besitzt aber einen eigenthümlichen Geruch, welcher nicht unähnlich demjenigen des Kapnomors ist, welches man erhält, wenn man Kreosotöle über caustischen Alkalien destillirt. Die nämlichen Behandlungsversuche wurden wiederholt, und die Oele über freiem Feuer destillirt. Weiter wurden sie in der Retorte selbst mit Kali, Natron, Kalkhydrat, Natronkalk, Chlorkalk, calcinirter Soda und Kreide gemischt. Eine Destillation zugleich mit wässerigen Substanzen über freiem Feuer wird ungemein verzögert. Das Stoßen in der Retorte nimmt kein Ende, und die Oele sind, so lange Wasser übergeht, dunkel gefärbt. Dieses rührt nicht etwa von Verunreinigungen der letzten Antheile einer früheren Destillation in den Kühlschlangen her, sondern findet immer statt, bis die letzte Wasserspur aus der Füllung geschafft ist. Eine sorgfältige Entwässerung durch längeres Stehenlassen der behandelten Oele wird unter allen Umständen die Destillation wesentlich fördern und klare Producte liefern. Ein Zusatz auch der trockensten Körper ist hinwieder andererseits sehr lästig. Bei der Destillation zur Trockne leidet dabei die Retorte, und der Rückstand ist äußerst schwer aus der Bodenfläche zu schaffen. Zieht man nicht bis zur Trockne ab, indem man den Rückstand weiter auf Paraffin verarbeitet, so überträgt man diese festen Körper in andere Gefäße, und immer bleibt in der Retorte eine Incrustation zurück, welche sich nicht gut abstemmen läßt und die Wärmeleitungsfähigkeit des Metalls vermindert. Die öfter auf das Wärmste anempfohlene Destillation über feste oder flüssige alkalische Körper dürfte daher zu verwerfen seyn. Allen diesen Versuchen war eben so wenig Folge zu geben, wie sich kleinere Experimente mit Mangansuperoxyd, übermangansaurem, zweifachchromsaurem und chlorsaurem Kali als gleich kostspielig und unausführbar im Großen erwiesen. So belehrend diese und analoge Versuche an und für sich sind, eben so trostlos müssen sie stets für den Unternehmer seyn, welchem die Aufgabe gestellt ist, ein positives Resultat zu erzielen. Es gibt nicht leicht einen anderen Fabricationszweig, welcher mit zwei so einfachen, wenn gleich sehr energisch wirkenden Chemikalien, wie Aetzlauge und Schwefelsäure, arbeitet. Aus der Reihe der Versuche stellt sich auch heraus, daß die alleinige Behandlung mit diesen zwei Reagentien beizubehalten, ferner, daß die Destillationsweise über freiem Feuer der Methode des Abblasens weitaus vorzuziehen sey. Die bei der Destillation über freiem Feuer gewonnenen Oele besaßen in minderem Grade den penetranten Geruch, waren klar und dunkelten nicht so rasch nach; auch war die Ausbeute gegenüber den abgeblasenen Oelen eine größere, und die Manipulation eine ungleich billigere. Ein eigentliches Resultat, welches günstige Veränderungen in Dichte, Farbe, Geruch und Leuchtkraft einschlösse, war jedoch nicht gewonnen. Dichte, Farbe und Geruch sind aber im Allgemeinen die nachtheiligen Eigenschaften der Oele aus den meisten bituminösen Fossilien, weßwegen dieselben so rasch von den Oelen aus Naphta überflügelt wurden. Von mechanischen Mitteln, wie Filtration über jene bekannten Körper, welche durch Flächenanziehung auf Farbe und Geruch wirken, kann wegen der Natur der Oele kein Erfolg zu erwarten seyn. Vor Allem bleibt die Dichte durch gewöhnliche Operationen unverändert. Es mußte nun ein neues Verfahren aufgefunden werden, welches unter strenger Berücksichtigung des Kostenpunktes allen Anforderungen an gute Leuchtöle Rechnung trägt, ein Verfahren, wodurch das nachdunkelnde Princip und der eigenthümlich stechende theerige Geruch zerstört, die Abscheidung der Verunreinigungen befördert, und vor Allem die Dichte derart herabgestimmt werden sollte, um bei genügender Ausbeute der Concurrenz zu begegnen, welche immer engere Grenzen um diesen Fabricationszweig zog. In Verfolgung der Ideen zur Ausführung dieser Postulate war dem Verfasser die Leuchtgaserzeugung der leitende Gedanke; denn diese Fabrication steht dem Princip nach in innigem Zusammenhange mit der Production von Hydrocorbüren, mögen sie was immer für einen Namen tragen oder aus was immer für einem Rohmaterial hervorgegangen seyn. Die Thatsache, daß bei der Zersetzung der Mineralöle in Gasretorten je nach der angewandten Hitze Producte verschiedener Natur entstehen, daß schon bei gewöhnlicher Destillation derselben, wobei die abziehenden Dämpfe sich an den heißen Wandungen des Kessels zersetzen, fortwährend Gasentwickelung stattfindet, und daß bei erhöhter Temperatur und geeigneter Vorrichtung ausschließlich Gase auftreten, konnte den mitten inne liegenden Versuch nicht ausschließen, einen Apparat zu construiren, in welchem bei entsprechender Temperatur die Zersetzung der Oele in der Art vor sich geht, daß bei geringer Gasbildung reichlich leichtes Oel erzeugt werden kann. Schon bei der Destillation der Paraffinmasse, welche längere Zeit beansprucht, haben die ersten Dämpfe bei dem steten Aufsteigen und Niederfließen Gelegenheit, sich an den heißen Kesselwänden zu zersetzen, und condensiren sich endlich zu einem Oele, welches an Dichte die leichten Theeröle bei weitem übertrifft. Eine Reihe von Versuchen, welche vom Verfasser vor zwei Jahren begonnen wurde, bestätigte die Richtigkeit der Voraussetzung, daß unter gewissen Abänderungen des Zersetzungsprincips und im Gegensatze zu dem Verfahren bei der Gaserzeugung, reichliches Oel von geringer Dichte entstehen müsse. Die einleitenden Experimente lieferten jedoch ein negatives Resultat. Beim Einströmen von Oel in glühende Gefäße entwickelt sich nebst Brandharzen hauptsächlich Gas, woraus sich nur bei vollkommener Abkühlung einiges Oel abscheiden läßt, welches reich an brandigen Substanzen ist. Dasselbe ist der Fall, wenn das Glühgefäß mit Kohks, Backsteinen, Schlacke und ähnlichen Körpern, die nach jedem Gebrauch ersetzt werden müssen, angefüllt wird. Die Gasentwickelung erfolgt um so stürmischer und reichlicher, je dünner der Oelstrahl und je höher die Temperatur ist. Bei stark zufließenden Oelen erfolgt eine einfache Destillation mit bedeutender Beimengung brenzlicher Stoffe. Die Methode wurde nun dahin abgeändert, daß die in einem besonderen Gefäße entwickelten Oeldämpfe unmittelbar durch ein heftig glühendes Rohr strichen, an das sich eine ausgiebige Kühlung anschloß. Nach mehrfach abgeänderten Versuchen stellte sich heraus, daß, wenn die Oeldämpfe bei stürmischer Destillation dicht gedrängt durch das hellglühende Rohr strömten, die abgekühlten Oele bei geringer Gasentwickelung nach Behandlung mit Lauge und Schwefelsäure die gewünschten Eigenschaften von Dichte, Farbe und Geruch besaßen. Dieß war nicht der Fall, wenn die Destillation nur langsam vor sich gieng, denn es entwickelte sich dann eine große Menge Gas mit stark gekohltem Wasserstoff und schwere Destillationsproducte traten auf; brauner bis schwarzer Qualm verließ das Kühlrohr, und unter Entbindung von Wasserstoffgas schied sich reichlich Kohlenstoff ab. Die in hohem Grade befriedigenden Resultate veranlaßten die alsbaldige Uebertragung dieses Processes in die große Production, worauf der Verfasser ein Privilegium besitzt. Die Methode ist bereits durch die Versuche im kleinen Maaßstabe angedeutet. Die Oeldämpfe werden aus einer gußeisernen Destillirblase unmittelbar durch ein flach gedrücktes, gußeisernes Rohr, welches in einem eigens dazu erbauten Glühraume mit scharf getrocknetem Torf zur Rothgluth gebracht ist, geführt und gelangen nach einer vorläufigen Luftkühlung in das Kühlgefäß, an dessen Ausflußende ein aufsteigendes Rohr zur Abfuhr der nicht condensirbaren Gase in die Luft oder Feuerung angebracht ist. Die Ausdehnung des Eisens bei höherer Temperatur bietet mehrere Schwierigkeiten dar, weßwegen für Beweglichkeit des Apparates gesorgt werden muß. Die meisten Störungen verursachen die Verbindungen des Glührohrs mit dem Helmansatze und der Luftkühlung. Muffe mit Flantschen, in welche das andere Rohr ziemlich tief gleichfalls bis zur Flantsche, die mit der zweiten fest verschraubt wird, hineingreift, und ein harter Eisenkitt compensiren diese unvermeidlichen Mängel auf einen nicht weiter berücksichtigungswerthen Verlust. Diesen Glühproceß haben die bei der Destillation des Theers fractionirten Oele, die Oele von der Destillation der Paraffinmasse, die abgepreßten Paraffinöle und endlich die bei der Rectification der fertigen Oele verbleibenden Rückstände, wenn sie nicht allzu paraffinhaltig sind, durchzumachen. Bei den rohen Theerölen ist es nothwendig oder doch vortheilhaft, eine vorgehende Behandlung mit 5 Proc. Lauge und Schwefelsäure vorzunehmen, um den größeren Theil von Kreosot und Harz zu entfernen, welche beim Processe wegen Bildung verschiedener brandiger Stoffe den beabsichtigten Effect beeinträchtigen würden. Sind die Theeröle sehr unrein, dann ist es rathsam, vorerst Schwefelsäure anzuwenden, welcher 20 Procent Vitriolöl beigemischt sind. Bei solchen Theerölen bringt die vorhergehende Behandlung mit Lauge die entgegengesetzte Wirkung hervor, indem sie sich mit der Oelmasse verdickt und das nachfolgende Waschen entführt große Quantitäten Oeles. Die übrigen Oele bedürfen keiner Vorbehandlung, nachdem sie schon die nöthigen Reinigungsprocesse durchgemacht haben. Es ist einleuchtend, daß die vorbenannten Oele sich in ihren Eigenschaften verschieden verhalten und somit ein modificirtes Glühverfahren erheischen, sowie es erforderlich ist, jedes dieser Oele für sich in Arbeit zu nehmen. Jene Oele, welche eine Dichte von 0,900 übersteigen, dürfen weniger stürmisch durch den Glühapparat streichen, als diejenigen unter 0,900 Dichte. Je nach dem Paraffingehalt der Oele werden 60–70 Procent abgezogen; 32 bis 22 Procent verbleiben als Rückstand, welcher weiter auf Paraffin aufbereitet wird. Nach einer jährigen Beobachtung ergaben sich hierbei durchschnittlich 8 Procent Gase, welche aus Wasserstoffgas, Kohlenoxydgas, Sumpfgas, Acetylen und ölbildendem Gas bestehen. Oele von durchschnittlich 0,887 Dichte werden durch den Glühproceß in solche von 0,863 umgewandelt. Die eigentliche Beschaffenheit derselben tritt erst nach der Behandlung und Destillation auf. Die Oele sind bei der Behandlung unschwer vom Kreosot und Harz zu befreien. Es ist nicht zu läugnen, daß von der Art und Weise der Behandlung die schließliche Güte der Oele abhängig ist. Die Fabrik arbeitete mit dem Rührscheit in gewöhnlichen Mischbottichen, ohne Anwendung von Wärme. Siedend heiße Lauge unterstützte dabei zwar in hohem Grade die Abscheidung der kreosotähnlichen Körper, und das nachfolgende Mischen mit Schwefelsäure bewirkte selbstthätig eine Erhöhung der Temperatur; doch ist nach dieser Behandlungsweise eine durchgreifende Reinigung der Oele selbst in den Sommermonaten nicht leicht möglich. Die Mischgefäße mit indirecter Erwärmung durch Wasserdampf, wie sie in einigen thüringischen Fabriken bestehen, leisten beim Reinigungsprocesse unstreitig Vorzügliches. Die Fabrik muß sich vorläufig auf directe Dampfeinströmung beschränken, wobei allerdings die Einwirkung concentrirter Chemikalien abgeschwächt wird. Die Lauge muß daher eingeengter angewendet werden, sowie der Schwefelsäure einige Procente mehr an Vitriolöl hinzuzufügen sind. Längere Ruhe zum Absetzen und häufige Waschungen mit viel Wasser tragen wesentlich zur Reinigung der Oele bei. Nach diesen sorgfältig geleiteten Operationen werden die Oele destillirt und zur Erzielung besonders reiner Leuchtstoffe rectificirt. Die Fabrik separirt bei der ersten Destillation die Oele auf Photogen und Solaröl, rührt sie mit 2 Proc. Lauge an und unterwirft sie getrennt der Rectification. Man gewinnt sonach von den behandelten Oelen durchschnittlich 26 Proc. Photogen von bis 0,815 Dichte und 58 Proc. Solaröl von bis 0,845 Dichte. Als Rückstand verbleiben 16 Proc., welche weiter auf Paraffin aufbereitet werden. Die ersten Antheile der Photogen-Rectification zeigen eine Dichte von 0,765. Dieses Turfol ist durch den Glühproceß entstanden, da Oele von solcher Dichte wegen verschiedener Uebelstände bei der Verkohlung des Torfes, welche später besprochen werden sollen, nicht fertig im Torftheer existiren. Das Photogen ist anfänglich wasserklar; die Mischung mit einer Dichte von 0,815 besitzt einen gelblichgrünen Stich; das Solaröl hat nicht nur bei einer durchschnittlichen Dichte von 0,845 eine hellweingelbe Farbe, sondern das Destillat bleibt bis zu Ende, wo schon Paraffin übergeht, dauernd gelb. Die Oele besitzen einen eigenthümlich aromatischen, von allen anderen Oelen verschiedenen Geruch, welcher als specifische Eigenschaft sich nicht beseitigen läßt. Ein flüchtiger Stoff wird jedoch entfernt, wenn man die rectificirten Oele einige Tage über verdünnten caustischen Laugen stehen läßt. Der Geruch ist aber nicht so widerlich stechend und anhaftend als bei einigen Naphta-Oelen. Das nachdunkelnde Princip wurde durch das Glühverfahren gänzlich zerstört. Diese Oele, von der Fabrik Pyrogen genannt, zeichnen sich durch eine ruhige, gleichmäßige, schöne und intensive Flamme und durch große Sparsamkeit beim Brennen aus. Sie sind im südlichen Böhmen trotz der kurzen Zeit ihrer Einführung schon sehr beliebt und werden namentlich in den Mineralöllampen von Ditmar (in Wien) zur Beleuchtung von Städten und geschlossenen Räumen mit Vortheil verwendet. Auf der vorjährigen Londoner Industrie-Ausstellung wurden sie mit der Preismedaille gekrönt. Nachdem die Naphta-Gasöle wegen ihrer Explosibilität, welche schon bedauerliche Unglücksfälle zur Folge hatte, viel von ihrem früheren Ruf einbüßten, dürften die namhaft billigeren Solaröle nicht allein die Photogene insbesondere, sondern auch die theuren, fetten Oele zum größten Theil verdrängen. Der Rückschlag der Mineralölproduction auf die Rübölfabrication ist bereits empfindlich fühlbar. In nicht gar ferner Zeit werden die Solaröle in der Beleuchtungsfrage eine dominirende Stellung einnehmen. Das Glühverfahren ist bei den schweren Bergölen, womit in der Fabrik mehrere Versuche angestellt wurden, ebenso anwendbar, wie es unstreitig mit dem besten Erfolge auch bei den schweren Oelen aus den verschiedenen bituminösen Fossilien in Anwendung zu bringen seyn wird. Die Gesammtausbeute aus Torftheer beträgt gegenwärtig außer 20 Procent werthvoller Producte aus den Abfällen, 5 Procent Photogen, 26 Proc. Solaröl und 4 Proc. Paraffin, welch letztere Ausbringung um das Doppelte stieg. Es wurde somit die Gewinnung von Producten von 8 auf 55 Procent gehoben und eine aufgehende Verarbeitung des Theers angebahnt. Wegen der außerordentlichen Verunreinigung des Theeres entfallen 45 Proc. auf Theerwasser, Gase, Kohks und kohlige Rückstände. Der Verfasser beabsichtigt in seinen weiteren Mittheilungen über die technisch-chemische Verwerthung des Torfes auf diesen für die Lebensfrage der Mineralfabriken nicht unwichtigen Gegenstand zurückzukommen.