Titel: Chemische Studien über das Kupfer; von T. Sterry Hunt.
Fundstelle: Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XLI., S. 132
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XLI. Chemische Studien über das Kupfer; von T. Sterry Hunt. Aus den Comptes rendus, t. LXIX p. 1357; December 1869. Hunt, Studien über das Kupfer. Bekanntlich hat das Kupferchlorür mit dem Silberchlorid manche Aehnlichkeit. Beide Körper sind weiß, werden am Licht schwarz, sind leicht schmelzbar, in Wasser unlöslich, dagegen in Ammoniak und in Alkalichloriden löslich. Die Löslichkeit des Kupferchlorürs in den letzteren ist jedoch weit größer als die des Silberchlorids. Eine gesättigte Lösung von Chlornatrium nimmt bei 90°C. beiläufig 16,8 Proc. Kupferchlorür auf, von welchem sich beim Erkalten auf 10°C. ungefähr die Hälfte wieder ausscheidet; durch Zusatz von Wasser wird ein weiterer Antheil des Kupfersalzes ausgefällt. Ferner ist das Kupferchlorür löslich in Auflösungen von Chlorcalcium, Chlormagnesium, Chlorzink, Manganchlorür, Kobaltchlorid, Eisenchlorür und Kupferchlorid. Die Aehnlichkeit zwischen Kupfer und Silber erstreckt sich auch auf die Oxyde; nach meinen Beobachtungen besitzt das Kupferoxydul die Eigenschaft, die Lösungen aller eben erwähnten Chlorverbindungen, mit Ausnahme des Chlornatriums und des Chlorcalciums, unter Ausscheidung von Oxyden und Bildung von Kupferchlorür zu zersetzen. Bei Anwendung von Chlorzink und Manganchlorür entstehen unlösliche Oxychloride dieser Metalle, welche noch näher zu untersuchen sind. Mit Chlormagnesium und Eisenchlorür erhielt ich Resultate, welche ich für neu halte. Ich stellte das zu den folgenden Versuchen verwendete Kupferoxydul durch gelindes Erhitzen einer mit Rohrzucker und überschüssigem Aetznatron gemischten Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd dar. Der sich langsam absetzende zinnoberrothe Niederschlag wurde sorgfältig ausgewaschen und getrocknet. Dieses rothe Oxydul ist in einer concentrirten Lösung von Chlormagnesium schon bei gewöhnlicher Temperatur löslich, leichter noch bei 100°C., wobei Magnesiahydrat ausgeschieden und Kupferchlorür gebildet wird, welches im überschüssigen Chlormagnesium sich auflöst. Filtrirt man heiß und wäscht den Niederschlag mit einer concentrirten Chlornatriumlösung aus, so kann man dadurch die Magnesia von der farblosen Flüssigkeit trennen, aus welcher durch metallisches Eisen unter Bildung von Eisenchlorür das metallische Kupfer gefällt wird; denn: Cu²O + MgCl = Cu²Cl+ MgO. Löst man in der Wärme Kupferoxydul bis beinahe zur Sättigung in Chlormagnesium und läßt die Lösung dann in Berührung mit der ausgeschiedenen Magnesia erkalten, so setzt sich ein orangefarbiger Nieder schlag von Kupferoxydul oder vielleicht Oxychlorür aus, welches beim Erhitzen der Flüssigkeit verschwindet und nach dem Erkalten sich von Neuem ausscheidet. Wird festes Kupferchlorür mit Magnesia und Wasser digerirt, so bildet sich Kupferoxydulhydrat und Chlormagnesium. Das Doppelsalz von Chlormagnesium und Kupferchlorür ist jedoch in Gegenwart von Magnesiahydrat beständig, selbst in der Kälte, vorausgesetzt daß ein beträchtlicher Ueberschuß von Chlormagnesium zugegen ist. Eine filtrirte Lösung von Kupferoxydul in Chlormagnesium gibt beim Verdünnen einen orangegelben Niederschlag von Kupferchlorür, dessen Färbung von anhaftendem Kupferoxydul herrührt, welches wahrscheinlich durch die Reaction von etwas in der concentrirten Flüssigkeit aufgelöster oder suspendirter Magnesia entstanden ist. Eine Chlormagnesiumlösung von 1,23 specif. Gewicht vermag bei der Temperatur von 12°C. ungefähr 7,10 Proc. Kupferchlorür in Lösung zurückzuhalten. Man kann auch eine mit Chlornatrium gemischte Lösung von schwefelsaurer Magnesia zum Auflösen des Kupferoxyduls anwenden. Die zwischen Eisenchlorür und Kupferoxydul stattfindende Reaction gibt nicht, wie man wohl erwarten dürfte, Kupferchlorür und Eisenoxydul, sondern dieses letztere geht unter theilweiser Reduction des ersteren zu metallischem Kupfer in Eisenoxyd über. Erhitzt man eine mit Chlornatrium gemischte Lösung von Eisenchlorür mit einer hinlänglichen Menge Kupferoxydul, so wird sämmtliches Eisen als Eisenoxyd, mit metallischem Kupfer gemengt, niedergeschlagen, während Kupferchlorür in Lösung zurückbleibt. Wie Versuche mit einem Ueberschuß von Eisenchlorür zeigen, wird in dieser Weise ein Drittel des Kupfers reducirt. Diese Reduction kann man direct bewerkstelligen, indem man frisch gefälltes und in der Flüssigkeit noch suspendirtes Eisenoxydulhydrat einer Lösung von Kupferchlorür in Chlornatrium hinzufügt; es bildet sich dann bei Anwendung von gelinder Wärme metallisches Kupfer und Eisenoxyd. Ein gleiches Resultat erhält man durch Versetzen einer nicht filtrirten Lösung von Kupferoxydul in Chlormagnesium, in welcher das Magnesiahydrat noch suspendirt ist, mit einem löslichen Eisenoxydulsalze. Das Magnesiahydrat macht 1 Aequivalent Eisenoxydul frei, welches sofort ein Drittel des Kupferchlorürs reducirt und zu Eisenoxyd wird. Die Reaction zwischen dem Eisenchlorür und dem Kupferoxydul kann man durch nachstehende Gleichungen ausdrücken; 1)  Cu²O + FeCl = Cu²Cl + FeO;                     2)  Cu²O + 3FeCl = Cu² + FeCl + Fe²O³;         und das schließliche Resultat wird versinnlicht durch die Gleichung: 3)  3 Cu²O + 2FeCl = 2 Cu²Cl + Cu² + Fe²O³; Das Eisenoxydul reducirt auch das Kupferchlorid zu Kupferchlorür, entsprechend der Gleichung: 2CuCl + 3FeO = Cu²Cl + FeCl + Fe²O³ und es ist eine größere Menge Eisenoxydul hinreichend, um hernach alles Kupfer zum metallischen Zustande zu reduciren: 2CuCl + 6FeO = 2 Fe²O³ + 2FeCl + 2Cu. Versetzt man eine Kupferchloridlösung mit Eisenoxydulhydrat oder mit frisch gefälltem kohlensaurem Eisenoxydul, in den durch die letzte Gleichung angegebenen Verhältnissen, so braucht man nur gelinde zu erwärmen, um sämmtliches Kupfer in metallischem Zustande, mit Eisenoxyd gemengt, niederzuschlagen, während Eisenchlorür in Lösung bleibt. Das so gefällte Kupfer besitzt eine sehr lebhafte rothe Farbe und überzieht oft die Wandungen des Gefäßes mit einer spiegelnden Schicht. In einer heißen Lösung von Kupferchlorid löst sich dieses Kupfer mit Leichtigkeit, wobei das beigemengte Eisenoxyd zurückbleibt. Auf die Reactionen zwischen dem Eisenchlorür und dem Kupferoxyd hat schon Meyer aufmerksam gemacht (in der berg- und hüttenmännischen Zeitung von 1862, S. 182); dieselben scheinen aber bisher noch wenig studirt worden zu seyn. Das Kupferoxyd wird, selbst nach dem Glühen, bei gewöhnlicher Temperatur durch eine Eisenchlorürlösung angegriffen, entsprechend der Gleichung: 3CuO + 2FeCl = Cu²Cl + CuCl + Fe²O³. Diese Reaction wird durch die Unlöslichkeit des Kupferchlorürs sehr verzögert; in Gegenwart von Chlornatrium aber und bei Anwendung von Wärme, durch welche die Auflösung der Kupferverbindung gefördert wird, erfolgt sie rasch und vollständig. Bei Beobachtung der oben angegebenen Verhältnisse schlägt sich alles Eisen als Eisenoxydhydrat nieder. Die so erhaltene grünliche Lösung löst leicht einen Theil des metallischen Kupfers auf, und wenn sie nicht einen großen Ueberschuß von Chlornatrium enthält, so setzt sich aus ihr auf Zusatz von Wasser, oder schon beim Erkalten, Kupferchlorür ab. Behandelt man diese Lösung bei 50°C. mit kohlensaurem Kalk, so schlägt sich der dritte Theil des Kupfers als grünlich gefärbtes kohlensaures Kupferoxyd nieder und es bleibt eine ungefärbte Lösung von Kupferchlorür zurück. Digerirt man eine Lösung von Eisenchlorür und Chlornatrium mit einem beträchtlichen Ueberschusse von Kupferoxyd, so verbindet sich dieses mit dem Kupferchlorid zu einem unlöslichen Oxychlorid. Zu diesen sämmtlichen Reactionen kann man ein Gemenge von Eisenvitriol und Kochsalz verwenden. Das bei diesen Reactionen zwischen dem Kupferoxyd und dem Eisenchlorür entstandene Eisenoxyd enthält ein wenig Eisenoxychlorid. Wird der rothbraune Niederschlag mit Chlornatriumlösung gut ausgewaschen und dann mit reinem Wasser behandelt, so gibt er an letzteres einen Theil des Oxychlorids ab; verwendet man aber anstatt des Wassers Alkohol und läßt den Niederschlag trocknen, so wird das Oxychlorid in Wasser unlöslich. So behandelt und mit Chlornatrium gereinigt, scheint es von sehr schwankender, wenngleich stark basischer Zusammensetzung zu seyn. Eines dieser Präparate enthielt 11 Aequivalente, ein anderes 20 Aequiv. Eisen auf 1 Aequiv. Chlor. Bei einem Versuche, wo reines Kupferoxyd in überschüssigem, mit Chlornatrium gemischtem Eisenchlorür gelöst wurde, fand ich auf 30 Aequiv. aufgelösten Kupfers 21 Aequiv. gefälltes Eisen, anstatt 20 Aequiv., welche die Theorie fordert. Die unter diesen Umständen stattfindende Bildung einer geringen und wahrscheinlich wandelbaren Menge Eisenchlorid ist vielleicht Folge einer zwischen dem Kupferchlorid und dem Eisenchlorür bei Gegenwart des Eisenoxydes stattfindenden secundären Reaction. – Eine kurz gefaßte Mittheilung über die vorstehenden Untersuchungen wurde am 22. August 1869 in der Versammlung der amerikanischen Gesellschaft zur Beförderung der Wissenschaften zu Salem (Massachusetts) vorgetragen.