Titel: Notiz über das Titriren des Zinnsalzes; von Dr. Friedrich Goppelsröder, Director der Ecole de Chimie in Mülhausen i. E.
Fundstelle: Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XXXV., S. 148
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XXXV. Notiz über das Titriren des Zinnsalzes; von Dr. Friedrich Goppelsröder, Director der Ecole de Chimie in Mülhausen i. E. Mitgetheilt in der Sitzung des Comité de Chimie der Société Industrielle vom 25. Februar 1874; (Bulletin t. XLIV p. 297). Goppelsröder, über das Titriren des Zinnsalzes. Bei Gelegenheit einer Expertise über einige Muster von Zinnsalz habe ich im Vereine mit meinem Assistenten, Hrn. W. Trechsel, nach zahlreichen Versuchen über die verschiedenen Titrirmethoden für Zinnsalz zwei neue Titrationswege kennen gelernt. Nach der einen Methode löst man in einem kleinen Ballon eine bestimmte Menge von Kaliumbichromat in Wasser auf, und fügt zu der heißen, aber nicht kochenden Lösung zuerst Salzsäure, hernach das zu untersuchende Zinnsalz. Sobald dieses sich gelöst hat und eine neue größere Menge Salzsäure zugefügt worden ist, erwärmt man und leitet das entwickelte Chlor in eine Lösung von Jodkalium. Das hierin frei gewordene Jod wird mittels Natriumhyposulfitlösung und Stärkekleister titrirt; seine Menge entspricht der durch das Zinnsalz nicht reducirten Menge des Bichromates, während das reducirte Bichromat dem Zinnsalze nach folgender Gleichung entspricht: 3 SnCl₂ + K₂Cr₂O₇ + 14 HCl = 3 SnCl₄ + Cr₂Cl₆ + 2 KCl + 7 H₂O (3 SnCl + KO,2 CrO₃ + 7 HCl = 3 SnCl₂ + CrCl₃ + KCl + 7 HO). Arbeitet man mit metallischem Zinn, so setzt man dieses zu der heißen concentrirten Bichromatlösung, welcher man Salzsäure zugefügt hatte. Das Zinn löst sich und reducirt das Bichromat; die Operation bleibt sich im folgenden gleich. Die Bichromatlösung muß in diesem Falle sehr concentrirt sein, damit nicht Wasserstoff entweiche. Die Reaction des Zinns auf das Kaliumbichromat ist durch folgende Gleichung auszudrücken: 3 Sn + 2 K₂Cr₂O₇ + 28 HCl = 3 SnCl₄ + 2 Cr₂Cl₆ + 4 KCl + 14 H₂O (3 Sn + 2[KO, 2 CrO₃] + 14 HCl = 3 SnCl₂ + 2 CrCl₃ + 2 KCl + 14 HO). Wir fanden zum Beispiele in einem eisenhaltigen Zinn nach dieser Methode 99,45 Proc. Zinn. Nach der zweiten Methode löst man das Zinnsalz unter Zusatz einer bekannten Menge von Bichromat in Salzsäure, fügt nach Reduction des Bichromates einen Ueberschuß von Jodkalium zu, läßt fünf Minuten ruhen und titrirt das frei gewordene Jod mit Natriumhyposulfit. Die Auflösung des Zinnsalzes, sowie die Reduction des Bichromates und die ganze Operation geschehen in einem mit eingeschliffenem Stöpsel versehenen Fläschchen und in der Kälte. Nach der ersten Methode fanden wir in einem Zinnsalze a : 96,26 Proc., nach der zweiten Methode 95,89, 96,257 und 96,4 Proc. Zinnchlorür SnCl₂ + 2 H₂O. In einem Zinnsalze b fanden wir nach der zweiten Methode: 96,9, 97,12 und 96,99 Proc., in einem Zinnsalze c : 91,38, 91,79 und 91,45 Proc. und in einem Zinnsalze d : 96,53, 96,86 und 96,67 Proc. SnCl₂ + 2 H₂O. Man muß genau den beschriebenen Weg einschlagen. In den Fabriken bedient man sich hier einfacherer Methoden, um das Zinnsalz mit Kaliumbichromat zu titriren. Entweder fügt man zur Lösung des Zinnsalzes so lange eine Lösung von Bichromat, bis daß die Färbung vom reinen Grün zum gelblichen Grün übergeht, oder man wendet gleichzeitig das mit Jodkaliumstärkekleister getränkte Papier an. Letztere Methode ergab bei zum Theile durch meinen Schüler, Hrn. Haby, ausgeführten Versuchen ziemlich genaue Resultate. Mit Hilfe der ersteren Methode gelangt man nach dem Ausspruche industrieller Chemiker bei längerer Uebung des Auges zu Resultaten, welche für die Praxis genügend exact sind. Bei den von uns bis dahin damit angestellten Versuchen war immer ein Ueberschuß von Bichromat nöthig. Der zu einer Expertise berufene Chemiker muß immer die exacteste Methode wählen, während man in Fabriken den einfacheren, aber oft nur annähernde Resultate gebenden Methoden den Vorzug gibt. Bei diesem Anlasse erinnere ich an eine Arbeit von Scheurer-Kestner (Comptes rendus t. LII; Januar- bis Juniheft 1861), welche von der Einwirkung des Sauerstoffes auf das Zinnchlorür und vom Titriren des Zinns durch Kaliumpermanganat handelt. Scheurer titrirt das Zinn, indem er es zuerst in Salzsäure löst oder die Verbindung desselben in Chlorür verwandelt und dann die Lösung mit Wasser verdünnt, welches einen Ueberschuß von Natriumcarbonat enthält; es schlägt sich Zinnoxyd nieder. Er fügt zu dieser Flüssigkeit alsdann überschüssiges Kaliumpermanganat, entfärbt durch Schwefelsäure und Eisenchlorür, dessen Titer bekannt ist, und fügt wieder Permanganat bis zur bleibenden Rosafärbung hinzu. Zieht man vom verbrauchten Volum der Permanganatlösung das Volum des durch das Eisenchlorür zersetzten Permanganates ab, so erhält man das zur Oxydation des Zinnsalzes nöthig gewesene. Diese Methode war uns bei Anstellung unserer Versuche über verschiedene Titrationsmethoden des Zinnsalzes noch nicht bekannt.