Titel: Fortsetzung der Discussion über Grundsätze der Galvanoplastik; von Friedrich Kick.
Autor: Friedrich Kick [GND]
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 313
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Fortsetzung der Discussion über Grundsätze der Galvanoplastik; von Friedrich Kick. Kick, über Grundsätze der Galvanoplastik. Die Polemik zwischen Hrn. Professor Meidinger und mir ist nicht ein um die „Priorität der Gedanken“ geführter werthloser Streit, wie es vielleicht bei flüchtiger Durchsicht der beiden letzten Entgegnungen erscheinen mag, sondern eine Controverse verschiedener Anschauungen über die Grundsätze der Galvanoplastik, welche als solche vielleicht geeignet ist, zur Klarstellung der Sachlage beizutragen, und hierdurch berechtigt ist, Raum in einem technischen Journale zu beanspruchen. Meidinger's Grundsatz: „Die Beschaffenheit des ausgeschiedenen Metalles oder des galvanischen Niederschlages hängt wesentlich von der Stromstärke in ihrer Beziehung zur Größe der Poloberfläche und der Concentration der Lösung ab“ (Bd. 218 S. 466), ist in der letzten Entgegnung desselben als nicht allgemein, sondern nur für neutrale Metalllösungen giltig bezeichnet worden (Bd. 219 S. 142). Es ist nun ferner bekannt, daß Gold, Silber, Platin, Nickel u.a. Metalle aus neutralen Lösungen keine guten galvanoplastischen Niederschläge gestatten; es gilt daher dieser Grundsatz auch nicht für die neutralen Lösungen aller Metalle, sondern er könnte diese Geltung nur für einige besitzen. – Doch sehen wir uns diesen Grundsatz zunächst in jener Fassung an, welche ihm Prof. Meidinger auf S. 142 dieses Bandes gibt; er sagt: „Das Verhältniß der Stromdichte zur Concentration der Lösung ist für eine bestimmte Beschaffenheit des galvanischen Niederschlages eine constante Größe, nur daß die Grenzen nicht ganz scharf sind.“ Angenommen dieser Grundsatz sei richtig, was läßt sich mit demselben anfangen, wie soll man, auf ihn gestützt, gute Niederschläge erhalten? So lange nicht jene constante Größe für gute Beschaffenheit der Niederschläge bei den verschiedenen neutralen Metalllösungen (für welche dieser Satz Geltung haben soll) angegeben wird, verweist er den Praktiker auf ein ungewisses Experimentiren und ist daher für die Praxis werthlos. Warum wurde nun diese Größe nicht wenigstens für neutrale Kupferlösungen angegeben, wenn sie angebbar ist? – Läßt sie sich aber nicht angeben, dann ist auch der Grundsatz unrichtig. Der geehrte Hr. College bemerkt S. 144, daß meine Versuche 1 und 3 günstige Resultate gegeben hätten, wenn statt eines Smee-Elementes zwei Bunsen-Elemente angewendet worden wären. – Es war im Versuch 3 die Stromstärke 3,23 chemische Einheiten, die Dichte 1,07. Wendet man zwei Bunsen-Elemente an, so erhält man ceteris paribus einen Strom von etwa 26 chem. Einh. und die Dichte ca. 8; es würde dies ziemlich den Verhältnissen des Versuches Nr. 8 entsprechen und wäre die Vornahme dieser Probe daher kaum erforderlich. Dennoch nahmen wir diesen Versuch nach Meidinger's Angabe in nachstehender Weise vor. 1. Eine Lösung von Kupfervitriol wurde mit geglühtem Kupferoxyd digerirt, um sie neutral zu machen. Nach Filtration der Lösung entsprach deren Dichte 20° B. Mit dieser Lösung wurden einerseits durch 2 Bunsen-Elemente bei einer Stromstärke von 20 chem. Einh., anderseits mit einem Smee-Element bei 2,3 chem. Einh. (bei gleicher Kathodengröße) Niederschläge hervorgebracht. Beide Niederschläge waren spröde, unablösbar, daher praktisch unbrauchbar. Allerdings zeigte der rasch erzielte Niederschlag eine weit bessere Farbe als der langsam erzielte. 2. Eine Lösung von käuflichem Kupfervitriol von 14° B. (wie im Versuch 3) wurde ebenso wie oben einerseits durch 2 Bunsen-Elemente, anderseits durch ein Smee-Element zerlegt. Der Strom entsprach im ersten Falle 17, im zweiten Falle 2 chem. Einh. In der Hauptsache waren beide Niederschläge ähnlich jenen des vorhergehenden Versuches, doch in ihren Eigenschaften etwas besser, was dem Gehalte an freier Säure des gewöhnlichen Kupfervitriols zuzuschreiben ist, dadurch bedingt, daß derselbe meist aus Lösungen krystallisirt, welche freie Säure enthalten. Man kann sich von der Richtigkeit dieser Angabe dadurch überzeugen, daß man Kupfervitriol so weit erhitzt, bis ein weißes Pulver erhalten wird. Feuchtes Lackmuspapier wird von den entweichenden Dämpfen geröthet. 3. Durch vorsichtiges Calciniren von KupfervitriolHierdurch entfernt man auch die im Kupfervitriol enthaltenen Spuren von Eisen, welche als Eisenoxyd am Filter zurückbleiben. wurde eine thatsächlich neutrale Kupfervitriollösung erhalten. Bei 14° B. und 2 Bunsen-Elementen entstand abermals ein correct gefärbter gleichförmiger, aber außerordentlich spröder Niederschlag, entschieden noch brüchiger als beim zweiten Versuch; bei Anwendung derselben Flüssigkeit aber von größerer Concentration (22° B.) gaben die 2 Bunsen-Elemente einen etwas mißfarbigen, streifigen Niederschlag, welcher bei Anwendung des Smee-Elementes auch bei 14° B. streifig und mißfarbig war. Zunächst sei hier bemerkt, daß in so lange Prof. Meidinger jene constante Größe, nach welcher sich Stromdichte und Concentration zu richten haben sollen, nicht angibt, immer das Hinterpförtchen bleibt, zu erklären, die Versuche hätten anders durchgeführt werden sollen, damit sie ganz entsprechende Resultate gegeben hätten. – Doch betrachten wir diese Versuche näher. Trotzdem sämmtliche Niederschläge spröde, also schlecht zu nennen sind, scheint es ja nach diesen Versuchen doch, als hätte die Stromstärke, resp. Dichte auf die Beschaffenheit des Niederschlages einen Einfluß. Bei großer Stromdichte entstanden wenigstens correct aussehende Niederschläge, während bei schwachen Strömen die schlechte Beschaffenheit ganz auffällig war. Daß Männer wie Smee und Meidinger ihre Behauptungen nicht aus der Luft erhaschen, ist ja klar, aber untersuchen wir näher, ob in der Deutung der Ursachen nicht doch eine Irrung ihrerseits obwaltet, ob diese Erscheinungen nicht sehr wahrscheinlich secundärer Natur sind. Zunächst werden die HH. Experimentatoren sich schwerlich bemüht haben, den Kupfervitriol neutral zu machen, sondern höchst wahrscheinlich den im Handel befindlichen einfach in Lösung gebracht haben. In diesem Falle spielt der veränderliche Gehalt an freier Schwefelsäure mit. – Ferner habe ich in meiner Abhandlung gezeigt, daß ganz kleine Mengen gewisser Zusätze, z.B. einige Tropfen Gelatine, einen wesentlichen Einfluß auf die Qualität des Niederschlages üben, der Niederschlag wird streifig, spröde; ebenfalls streifig wurden die Niederschläge bei Anwendung des Smee-Elementes bei obigen Flüssigkeiten. Ist man da nicht berechtigt anzunehmen, daß secundäre Vorgänge, die man eben noch nicht kennt, im Spiele sind? Prof. Meidinger behauptete (Bd. 218 S. 468 Anmerkung), daß bei Anwendung einer reinen Anode und reiner Flüssigkeiten die Bildung von „Kupferoxydul an der Anode geradezu unmöglich“ sei; und doch werden wir auf Versuche zu sprechen kommen, welche gar keinen Zweifel darüber lassen, daß diese Bildung und zwar in ziemlichen Mengen dennoch – aber secundär – erfolgt. Die secundären Vorgänge spielen beim elektrolytischen Processe eine große Rolle; die Zerlegungen erfolgen dadurch nicht in der erwarteten Reinheit, und dies ist der Grund, daß die Elektrolyse so selten über die Constitution der sogen. organischen Verbindungen Aufschluß gibt. Daher halte ich meinen Satz aufrecht: Die Beschaffenheit des Niederschlages ist in erster Reihe von der Zusammensetzung des Elektrolytes abhängig, von der Stromstärke innerhalb weiter Grenzen nicht oder nur insofern, als durch stärkern Strom öfter eine raschere Veränderung der Flüssigkeit oder secundäre Zersetzungen bedingt sind. In meiner ursprünglichen Abhandlung schloß sich (Bd. 218 S. 3) an diesen Satz die Bemerkung: „Indem das elektrolytische Gesetz auch durch secundäre Processe oft wesentlich gestört wird, die Richtigkeit des Gesetzes aber nichts desto weniger anerkannt werden muß, so könnte man obigen Satz als Amendement zum elektrolytischen Gesetze wahrscheinlich mit derselben Berechtigung bestimmter also aussprechen: Die Beschaffenheit metallischer Niederschläge ist abhängig von der Zusammensetzung der Flüssigkeit und unabhängig von der Stromstärke.“ So wie das elektrolytische Gesetz durch secundäre Erscheinungen oft beeinträchtigt wird, so wird es auch dieser Grundsatz, aber beide haben ihre Berechtigung. Prof. Meidinger sagt (S. 144 dieses Bandes): „Ein guter Niederschlag ist durchaus nicht an eine bestimmte Concentration der Flüssigkeit geknüpft, wie man etwa aus Kick's Aeußerungen schließen möchte.“ – Ich weiß nun nicht, wie dieser Schluß aus meinen Aeußerungen sich rechtfertigen läßt; denn ich gab speciell (Bd. 218 S. 9) für Kupfervitriolbäder an: „Das Elektrolyt für Kupferfällung ist am vortheilhaftesten Kupfervitriollösung mit einem Zusatze von mehr als 1/4 bis 7 Proc. Schwefelsäure; man wird geeignete Flüssigkeiten erhalten, wenn man Kupfervitriollösungen von 15 bis 20° B. durch Zusatz von Schwefelsäure um 1 bis 2° B. verstärkt.“ In dem ersten Satze ist von gar keiner bestimmten Concentration, im zweiten (15 bis 20° B.) ist der gelassene Spielraum ziemlich bedeutend. Verdünntere Lösungen empfehlen sich nicht, weil der Widerstand unnöthig vergrößert wird; concentrirtere nicht, weil dann leicht ein Auskrystallisiren von Kupfervitriol an der Anode stattfindet. Gerade in diesen Angaben ist der Wichtigkeit des Zusatzes der Schwefelsäure zum Bade die entsprechende Bedeutung beigelegt, während Meidinger in Meyer's Conversationslexicon von 1864, in seinem Artikel über Galvanoplastik, auf welchen er die Prioritätsansprüche fußt, den Schwefelsäurezusatz nur als „zweckmäßig“ bezeichnet. Wenn ich die Abhängigkeit der Qualität des Niederschlages von der Beschaffenheit der Flüssigkeit betonte, so ist hierunter eben nicht die Concentration sondern die Art des gelösten Metallsalzes, das Lösungsmittel und sonstige Zusätze, also bei den rationellen Kupferlösungen ist Kupfervitriol, Wasser und Schwefelsäure gemeint. Professor Meidinger bemerkt in seinen letzten Entgegnungen (S. 142), daß er die Wirkung des Schwefelsäurezusatzes zum Kupfervitriolbade erklärt habe, und legt seiner Erklärung einen größern Werth, wie der Constatirung der Thatsache – welche vielen Praktikern schon lange bekannt sein mochte, aber nie publicirt wurde – bei. Mir als Technologen ist die Constatirung von Thatsachen wichtiger, als ihre Erklärung, namentlich dann, wenn die Erklärung nicht dient, weitere Thatsachen aufzufinden. Es sei mir übrigens gestattet, gegen Meidinger's Erklärung einige Bedenken auszusprechen. Wenn nach Meidinger der Schwefelsäurezusatz zur Kupfervitriollösung bewirkt (Bd. 218 S. 469), daß der galvanische Strom eigentlich die Schwefelsäure zerlegt und hierdurch erst indirect der Metallniederschlag erhalten wird, so wäre – ganz abgesehen, daß die bereits merklich günstige Wirkung bei sehr geringen Mengen (ca. 1/4 Proc. Schwefelsäure) schwer erklärlich ist – die Metallfällung eine ebenso secundäre Wirkung, wie dies schon längst bei den Metallcyankaliumbädern angenommen wird. Bei letztern verhalten sich nun viele Metalle sehr ähnlich, und wenn man zwei (z.B. Kupfer und Zink) gleichzeitig in Cyankalium gelöst hat, so ist es möglich, eine Legirung zu fällen, deren Zusammensetzung dem Mengenverhältnisse der gelösten Metalle im Elektrolyte entspricht. Eine ähnliche Wirkung müßte dann auch dem Schwefelsäurezusatze zukommen. Ich beabsichtige, diesbezüglich Versuche anzustellen, oder soll ich mir „die Mühe derselben ersparen“ – weil vielleicht das Resultat schon bekannt ist? – Sobald der Schwefelsäurezusatz nur bei Kupfervitriol seine Wirkung thun sollte und bei andern schwefelsauren Metallsalzen (ähnlicher Constitution) nicht, so dürfte die Erklärung Meidinger's kaum haltbar sein; dem entgegen hätte sie bedeutenden praktischen Werth, wenn es durch sie gelänge, auch andere Metalle so leicht elektrolytisch zu fällen wie das Kupfer. Wenn ich mit Bezug auf die Versuche 64 bis 66 (welche bei sehr geringer Stromstärke in 253, 192 bezieh. 501 Stunden Versuchsdauer Niederschläge ergaben, die trotz Schönheit und Gleichförmigkeit „minder zähe“ waren) bemerkte, daß diese mindere Zähigkeit wahrscheinlich von einem Bleigehalte herrühren mag, so kann hierin kein Widerspruch gefunden werden – darum nicht, weil das Aussprechen von Vermuthungen nicht verboten ist (auch Prof. Meidinger spricht Bd. 219 S. 143 eine Vermuthung aus), und darum nicht, weil bei diesen Versuchen sich ein deutlicher weißer Bodensatz, welcher als schwefelsaures Bleioxyd bestimmt wurde, sich fand, welcher Bodensatz doch nur Verunreinigungen der Anode durch Blei zuzuschreiben war. Zudem fand Hr. Assistent Janowsky sowohl den Kupferniederschlag als die Anode bleihaltig. Daß schwefelsaures Bleioxyd in einer sauren Kupfervitriollösung, wenn auch in sehr geringen Mengen löslich sein muß, ist hierdurch gezeigt; ist aber auch nicht überraschend, da durch elektrolytische EinwirkungEinwirknng häufig eine Substanz löslich wird (z.B. Gold in Cyankaliumlösung), welche unmittelbar nicht löslich ist. Daß nun „Blei weich ist“, weiß ich auch; es folgt aber aus dieser Eigenschaft nicht, daß bei der krystallinischen Zwischenlagerung zwischen die Kupfertheilchen es die Eigenschaft der Weichheit übertragen müsse. Es erscheint daher jene Vermuthung weder absurd noch ein Widerspruch zu sein. Was nun den Streitpunkt betreffs der dunklen pulverigen Abscheidungen an der Anode betrifft, so sei zunächst erwähnt, daß ich die Richtigkeit der Untersuchungen Leuchtenberg's, auf welche sich der geehrte College (Bd. 219 S. 144 und 145) beruft, anerkenne; daß aber diese Untersuchung den von Meidinger (Bd. 218 S. 468 in der Anmerkung) gemachten Ausspruch „die Erzeugung von Kupferoxydul ist nun geradezu unmöglich“ weder rechtfertigen noch bestätigen. Leuchtenberg hat metallisches Kupfer und Kupferoxydul nachgewiesen neben den Producten aus den zahlreichen Verunreinigungen des käuflichen Kupfers, und dieses analytische Resultat ist vollkommen richtig. – Dem (Bd. 219 S. 145) ausgesprochenen Wunsche des geehrten Collegen, zu suchen, ob eine Abscheidung an der Anode entsteht, wenn man aus einer chemisch reinen, mit reiner Schwefelsäure versetzten Kupfervitriollösung im einfachen galvanoplastischen Bade Kupferplatten fällt und diese als Anoden verwendet, habe ich entsprochen. Es zeigte sich bei wiederholten Versuchen, sowohl bei Anwendung von Anoden, die aus reiner Lösung bei Anwendung einer Platinanode erst zu diesem Zwecke hergestellt wurden, sowie bei Anwendung schon vorhandener, galvanoplastisch gefällter Kupferplatten stets ein rothbrauner Beschlag, dessen Untersuchung ergab, daß er ein Gemenge von metallischem, feinvertheiltem Kupfer und Kupferoxydul war. Anfänglich entfernte ich diesen Niederschlag mehrmals mittels der Spritzflasche, bei den spätern Versuchen ließ ich ihn sich am Boden des Bades sammeln. Ein Abreißen von Metalltheilchen durch Schaben ist hierdurch ausgeschlossen; es lösen sich vielmehr durch den elektrolytischen Proceß kleine Metalltheilchen von der krystallinischen Anode ab.Eine derselben, bis zur Papierdünne aufgebraucht, zeigte sich als fein durchlöchertes Sieb. Interessant ist, daß auch die pulverigen, meist schwarzen Niederschläge bei gewöhnlichem Kupferblech derlei feine Metallsplitterchen enthalten. Mag man das elektrolytisch gefällte Kupfer kalt hämmern oder walzen, mag man es unter Borax umschmelzen, es verhält sich stets gleich, nur erscheint bei sehr glatter Oberfläche anfänglich weniger Beschlag. – Daß die Bildung des Kupferoxydules ein secundärer Vorgang ist, beweist die bei drei Versuchen übereinstimmend beobachtete Thatsache, daß sich ein größerer Gewichtsverlust an der Anode herausstellt, als Kupfer niedergeschlagen wurde; wenn diese Differenz auch eine sehr geringe ist, so ist sie bei länger andauernden Versuchen (bei Niederschlägen über 10g) doch unverkennbar. Ob nun das unzweifelhafte Auftreten von KupferoxydulDie Analyse wurde quantitativ von Hrn. B. Reinitzer durchgeführt (mit Wasserstoffstrom) und der rothbraune Bodensatz aus 60 Proc. Kupfer und 40 Proc. Kupferoxydul bestehend gefunden; nach einer andern Methode wird der von einem andern Versuche stammende Bodensatz untersucht, die Analyse ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Ferner untersuchte ich solche Bodensätze mit dem Mikroskop, und es ließ sich sehr deutlich das fein vertheilte metallische Kupfer von dem unter dem Deckgläschen beliebig zerreiblichen Kupferoxydul unterscheiden. Das Kupferoxydul erscheint amorph, während das elektrolytisch gefällte, sowie das losgelöste Kupfer stets krystallinisch ist. Läßt man einen galvanischen Strom sehr verdünnte Schwefelsäure zerlegen, wendet man aber als Anode Kupfer, als Kathode Platin an, so erhält man am Platin nach einiger Zeit eine pulverige Abscheidung metallischen Kupfers, welches trotz seiner außerordentlichen Zartheit doch bei bedeutenderer Vergrößerung (ca. 400 l.) eine krystallinische Beschaffenheit zeigt und sich hierdurch auffallend von dem obenerwähnten Kupferoxydul unterscheidet. im Beschlage der Anode von der secundären Wirkung von Wasserstoffsuperoxyd oder von einer nebenbei erfolgenden Wasserzerlegung herrührt, lasse ich dahingestellt und constatire zunächst nur diese Thatsache; bei erweiterter Wiederholung der Versuche wird sich die Erklärung schon finden. Ich sagte seiner Zeit mit Bezug auf die Versuche 64 bis 66 (Bd. 218 S. 9), daß der Niederschlag an der Anode der Hauptmasse nach Kupferoxydul war. Nachdem sich bei sehr vehementem Strome Kupferoxydul mit metallischem Kupfer abscheidet, ist es sehr möglich, daß bei etwa 50 mal schwächern Strömen, wie jene der benannten Versuche waren, ein Loslösen der Metalltheilchen gar nicht eintritt, daß man den Beschlag an der Anode daher nur aus Kupferoxydul bestehend findet. Solche Versuche dauern aber wochenlang und konnten daher für diese Erwiederung nicht auch vorgenommen werden. Wenn sich auch die zu Versuch 69 s. Z. gemachte Bemerkung, der Beschlag sei wahrscheinlich Kupferoxyd, eben nur auf diesen Versuch bezog, Prof. Meidinger daher hieraus nicht folgern konnte, es sei der von ähnlichen Versuchen stammende Niederschlag nicht analysirt worden, so räume ich doch gerne ein, daß bei der diesbezüglichen Analyse, welche ergab, daß die Hauptmasse des Beschlages Kupfer sei, bezüglich der Oxydationsstufe desselben ein Fehler unterlief. Zum Schlusse sei mir noch ein Wort betreffs der „Priorität der Gedanken“ gestattet. Prof. Meidinger nimmt (Bd. 219 S. 141) diese Priorität für sich in Anspruch. Meiner Meinung nach kann wohl die Priorität einer Publication, aber nicht jene der Gedanken in Anspruch genommen werden. – Betreffs meiner Publication nun sagt Prof. Meidinger (S. 142): „Wenn ich sagte, die Ergebnisse der Untersuchungen Kick's sind der Hauptsache nach nicht unbekannt, so sind als solche die Ergebnisse gemeint, aus neutraler Kupfervitriollösung erhält man (häufig) schlechte Niederschläge, aus saurer jedoch (in der Regel) gute.... Es handelte sich auch viel weniger darum, diese Thatsachen festzustellen, die übrigens so ganz präcis meines Wissens nirgends zuvor ausgesprochen wurden, als vielmehr die Erklärung dafür zu geben.“ – Mir will es scheinen, daß man zuerst Thatsachen feststellen muß und hierauf ihre Erklärung erst versuchen kann, und daß unter allen Umständen das Feststellen der Thatsachen die erste Aufgabe bleibt. Ueberflüssig erscheint mir daher Meidinger's Bemerkung (S. 141), ich hätte mir die Mühe der Versuche sparen können. Wenn dieselben keinen andern Erfolg gehabt hätten, als jene Thatsachen präcis festzustellen, so waren sie nicht umsonst gemacht; sie beweisen aber mehr, nämlich die Unabhängigkeit der Qualität des Niederschlages von der Stromstärke innerhalb sehr weiter Grenzen – und dies ist die Hauptsache. Prag, 27. Januar 1876.