Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, Nr. , S. 371
Download: XML
Miscellen. Miscellen. Verbreitung der Lehmann'schen Heißluftmaschine und der Otto und Langen'schen Gaskraftmaschine. Die Verhandlungen des Vereins für Beförderung des Gewerbfleißes, 1875 S. 316 ff. bringen ausführliche statistische Mittheilungen über die Verbreitung der obengenannten Kleinkraftmaschinen. Hiernach wird die Lehmann'sche Heißluftmaschine in Deutschland ausschließlich von der „Berlin-Anhaltischen-Maschinenbau-Actiengesellschaft in Berlin (Moabit) und Dessau“ gebaut und sind von derselben bis 1. Juli 1875 geliefert worden: 396 Stück mit rund 347e. Davon dienen allein 278 zur Wasserversorgung. 22 zum Betrieb von Druckerpressen, 10 zur Ventilation und für Aufzüge; der Rest von 86 Maschinen vertheilt sich auf verschiedene Kleingewerbe. Die Heißluftmaschine wird bis jetzt in 8 verschiedenen Größen gebaut, nämlich für 1/12 1/3 3/4 1 1 1/2 1 1/2 2 2e mit 1 1 1 1 1 2 1 2 Cylindern. (Die 1/12e-Maschine wird nur für Laboratoriumsversuche und andere ganz kleine Betriebe verwendet.) Von Gaskraftmaschinen, System Otto und Langen, welche in Deutschland ausschließlich von der „Gasmotorenfabrik Deutz“ gebaut werden, und zwar in 6 Größen, nämlich für 1/4    1/2    3/4    1    2    3e, waren am 1. Mai 1875 in Gebrauch 1987 Stück, davon zur Wasserversorgung 500, zum Betrieb von Druck- und lithographischen Pressen 400 Maschinen; der ganz bedeutende Rest von 1087 Maschinen kommt auf die Kleingewerbe. Flüssige Kohlensäure als Motor. Die Zeiten, wo man durch Verwendung der Kohlensäure statt des Dampfes zum Antrieb unserer Maschinen einen ungeahnten Wirkungsgrad derselben erzielen wollte, sind wohl schon lange vorüber, seit die mechanische Wärmetheorie nachgewiesen hat, daß die Wirkungsgröße einer jeden calorischen Maschine einzig und allein von den Temperaturgrenzen der arbeitenden Flüssigkeit abhängt, vollständig unabhängig aber ist von der Natur derselben, sei es nun Luft, Wasser, Aether oder Kohlensäure u.a. Ein anderes aber ist es mit den für eine bestimmte Leistung erforderlichen Dimensionen, und hier erfordern bekanntlich die Heißluftmaschinen die größten, die Kohlensäuremaschinen aber die kleinsten Verhältnisse, denn atmosphärische Luft erreicht erst bei 273° die Spannung von 1at Ueberdruck (bei Erwärmung von 0° ohne Veränderung des Volums), Wasserdampf schon bei 120°, flüssige Kohlensäure hat aber schon bei 0° eine Spannung von 35at. In Folge dessen eignet sich letztere am meisten für compendiöse Mechanismen, welche große Kraft entwickeln sollen, und ihre seltene Verwendung ist nur der kostspieligen Herstellung und der Gefahr beim Gebrauche zuzuschreiben. Eine specielle Anwendung findet die Kohlensäure bei unterseeischen beweglichen Torpedos, welche in kleinstem Raume eine große bewegende Kraft enthalten sollen. Zu diesem Zwecke ist die Torpedo-Station der Vereinigten Staaten in Newport (Rhode Island) mit eigenen Apparaten versehen, um die großen Lay-Torpedos mit je 300k flüssiger Kohlensäure füllen zu können. Dieselben werden vom Scientific American, October 1875 S. 245 in der Hauptsache folgendermaßen beschrieben. Das Gas wird in einem gußeisernen Gefäße erzeugt, welches mit Marmorstaub und Wasser theilweise gefüllt ist und in einem mit Ventilverschluß versehenen Aufsatze die erforderliche Schwefelsäure enthält. Durch Oeffnen des Ventils tritt die Schwefelsäure in den Cylinder ein, in welchem eine Rührvorrichtung von außen her bewegt werden kann. Die entstehende Kohlensäure wird durch ein Bleirohr bis zum Boden eines mit Wasser gefüllten Waschgefäßes geleitet, beim Aufsteigen durch das Wasser gereinigt und endlich in ein Sammelgefäß geleitet. Von hier aus strömt sie durch eine in Eis gekühlte Schlange zu der Druckpumpe, welche einen stählernen Cylinder mit 63mm Durchmesser und 254mm Hub besitzt und von einer eigenen Dampfmaschine von 178mm Durchmesser und 380mm Hub bewegt wird. Von der Pumpe endlich, die gleichfalls mit Eis gekühlt ist, gelangt die comprimirte Kohlensäure in flüssigem Zustande in die eigentlichen Sammelreservoirs, welche von einer Kältemischung umgeben sind. Ihre Spannung beträgt dann ca. 40at, hei höhern Temperaturen aber kann dieselbe bis auf das Doppelte und mehr steigen (bei 45° auf 100at); deshalb ist die Anfertigung der zu ihrer Aufbewahrung dienenden Gefäße eine Sache von großer Wichtigkeit. Als beste Herstellungsweise soll sich folgende eigenthümliche Methode bewährt haben. Das Gefäß wird aus einem cylindrischen Mittelstück und kugelförmigen Kappen zusammengesetzt, welche dadurch hergestellt werden, daß zusammengelöthete Hülsen aus 1mm starken Stahlblech mit versetzten Stößen über einander geschoben und schließlich durch Eingießen von reinem flüssigem Zinn zu einem Ganzen verbunden werden. Ein derart hergestelltes Gefäß soll nach Angabe unserer Quelle eine Spannung von 200at ausgehalten haben, bis es zerstört wurde. Die Herstellungskosten von 1k flüssiger Kohlensäure betragen ca. 0,6 M. M. Verdichtung von Dampfleitungsröhren. Zur Verdichtung leck gewordener Heizungsanlagen mit abgehendem Dampf, welche von Weißblech hergestellt sind, nehme man guten Mennigkitt, vermische denselben mit in Spiritus aufgelöstem Schellack und verstreiche damit die schadhafte Stelle in kaltem und von Wasser befreitem Zustande. (Gewerbeblatt für Hessen, 1876 S. 13.) Akustische Telegraphie mittels Dampfpfeifen. Bei einem in der Manchester Scientific and Mechanical Society gehaltenen Vortrage (Engineer, December 1875 S. 473) zeigte W. H. Bailey Dampfpfeifen von verschiedener Größe vor, welche dazu bestimmt waren, unter verschiedenen Verhältnissen als akustische Telegraphen verwendet zu werden. Bailey wurde durch Capitän Brent vom Bellerophon auf diesen Gegenstand aufmerksam gemacht und hält es für möglich, daß Schiffe bei nebeligem Wetter auf eine Entfernung von 3 bis wenigstens 6 oder 8 englische Meilen (4,83 bis 9,65 oder 12km,87) mit einander sprechen können. Bei den von Tyndall im Mai 1873 angestellten Versuchen wurden Töne je nach dem Zustande der Atmosphäre (vgl. 1874 213 450) auf 3,5 bis 12,75 englische Meilen (5,63 bis 20km,52) Entfernung gehört, bei widrigem Winde das eine Mal sogar 9,25 Meilen (14km,88) weit. Obgleich nach Tyndall's Versuchen Dampfhörner, welche 5 1/3mal so theuer sind wie Dampfpfeifen, als vorzüglicher hingestellt wurden, hält Bailey doch die Pfeifen für besser. Da dicker Nebel stets bei Windstille auftritt, so sind Schalltelegraphen dabei sehr leicht zu benützen. Mittels einer großen Dampfpfeife kann man recht gut je nach der Entfernung 10, 20, ja bis 30 Wörter in der Minute telegraphiren; dabei erzeugt das Niederdrücken einer Taste eine weite Oeffnung des Dampfweges und bietet die Möglichkeit, lange und kurze Pfiffe zu geben. Mittels der Taste wird nämlich ein Doppelsitzventil bewegt, welches so äquilibrirt ist, daß es selbst bei 80 oder 100 Pfd. auf den Quadratzoll (5,64 oder 7k,04 pro 1qc) mit größter Leichtigkeit bewegt werden kann, sollte auch das Dampfrohr 3 bis 6 Zoll Durchmesser (76 bis 152mm) haben. Der Schalltrichter der Pfeife ist stellbar, damit man Dampf von hoher oder niederer Spannung benützen kann und das günstigste Resultat mit dem Dampfe erhält, welchen der Kessel während der Arbeit liefert. Die Pfeife soll etwa 10 oder 12 Fuß (3m,05 oder 3m,66) über dem Kopfe des Telegraphirenden angebracht werden, welcher mittels eines mit einem Anschlage versehenen Hebels und einer Kette das Ventil bewegt und nach dem Strich-Punkt-Alphabete telegraphirt. Bailey zieht das Morse-Alphabet wegen des internationalen Charakters desselben vor; doch kann auch ein anderes Alphabet gewählt werden, z.B. für Schiffe eins, welches sich genauer den Laternensignalen anschließt. Neben der Telegraphirtaste soll das zu benutzende Alphabet erhaben in Eisenguß angebracht werden, damit Jedermann gleich telegraphiren kann. Bailey meint, mit einer Pfeife von 12 Zoll Durchmesser (304mm) könne man bei Nebel auf 6 Meilen (9km,65) telegraphiren, da eine 6zöllige (152mm) auf über 3 Meilen (4km,83) deutlich zu vernehmen war. Das wirkliche Telegraphiren mit der Pfeife würde bei Nebel nutzbringender sein als das jetzt vorgeschriebene blose Pfeifen, da man kaum die Gegend bestimmt beurtheilen könne, woher das letztere komme. Mit noch größerm Nutzen aber könnte man sich der Pfeife bei günstigerm Wetter zum Telegraphiren von allerhand Nachrichten von einem Schiffe nach dem andern oder an die Küste bedienen, auf kürzere oder weitere Fernen. Ebenso könnte man mittels der Pfeife durch den Pulverdampf hindurch auf Flotten oder einzelnen Schiffen Befehle ertheilen. Von Vortheil dürfte ferner die Pfeife zum Telegraphiren in Waarenhäusern, in Docks, bei der Flußschifffahrt, in Kohlen- und Eisenwerken u.s.w. sein. E–e. Pneumatische Röhrennetze in England. In einem in der Institution of Civil Engineers in London vorgelesenen Vortrage von R. S. Culley und R. Sabine über die pneumatische Beförderung von Telegrammen (vergl. 1872 206 3) wird berichtet, daß 24 pneumatische Röhren in London vorhanden sind, von einer Gesammtlänge von etwa 18 engl. Meilen (29km), ferner 4 Röhren in Liverpool, 3 in Dublin, 5 in Manchester, 3 in Birmingham und 1 in Glasgow. Die allgemeine Ansicht, daß die pneumatische Beförderung theurer wie die telegraphische sei, wurde als irrig nachgewiesen, da der Gesammtaufwand der erstern blos zwei Drittel von dem betrug, was zur Bezahlung des Gehaltes der zur telegraphischen Beförderung nöthigen Beamten erforderlich gewesen wäre, ohne Berücksichtigung der Kosten für Drähte und Apparate. Es wurde ferner dargethan, daß die Kraft und Billigkeit beim Betriebe um so größer wäre, je dünner die Röhren wären. (Telegrapher, 1875 Bd. 11 S. 300.) E–e. Wasserglas zum Anstrich auf Holz, Mauerwerk und Metallen. Die Wasserglasfabrik Van Baerle und Sponnagel in Berlin empfiehlt ein Farben-Wasserglas in einer zum Anstrich unmittelbar geeigneten Lösung. Nach einer Mittheilung derselben (Deutsche Bauzeitung, 1875 S. 511) ist es beim Gebrauch dieser Lösung wesentlich, daß die zu streichenden Flächen trocken, frei von Fett, Leim, Rost oder Harz sind. Besonders empfehlenswerth ist ein Zusatz von Kalk oder Schwerspath; der sich dann bildende kieselsaure Kalk oder Barit ist unlöslich, wodurch der Anstrich wetterbeständig wird. Um demselben eine Färbung zu geben, kann man alle reinen mineralischen Farben als Zusatz benützen, z.B. alle reinen natürlichen und künstlichen Erdfarben, wie Ocker, rothe und grüne Erde etc., Ultramarin-Blau und Grün, Zinkweiß und Zinkgrün, Ruß u.s.w. 20 bis 25 Proc. des Volums der zugesetzten Farben mit Kalkpulver oder Schwerspath gemischt und das doppelte Quantum = 24 bis 28 Proc. Wasserglas zugesetzt, reichen hin, um die Farbemasse streichrecht zu machen. Bei dem Preise von 6 bis 7 M. per Ctr. Natron-Wasserglas und 14 bis 15 M. per Ctr. Kali-Wasserglas kostet das zum Anstrich nothwendige Wasserglas 0,45 bis 0,90 M. pro 100qm Anstrichfläche, wozu der Preis für die gewählte Farbe nebst demjenigen des Kalkpulvers oder Barits noch hinzutritt. Die sorgfältig gemischte Anstrichmasse muß möglichst dünn aufgetragen werden, da dieselbe je dünner desto haltbarer ist. Durch Wiederholung werden die gestrichenen Flächen vollständig gedeckt. Wenn an diesen Flächen sich alkalische Bestandtheile finden, so bildet sich bei Verwendung von Natron-Wasserglas bisweilen ein Ueberschuß von Natron, welcher auskrystallisirt. Besser wird unter solchen Umständen Kali-Wasserglas zur Anwendung gebracht. Auf Cementputz halten die Wasserglasfarben ebenfalls gut, ebenso auf Gyps; sind letztere ungeschützt gegen Regen, so ist zu beachten, daß die Flächen vor Ausführung des Anstrichs mit 1/2 bis 1gradiger lauwarmer Lösung von Wasserglas mit einem Schwamme abgewaschen und hierauf mit reinem, lauwarmem Wasser abgespült werden müssen. (Vergl. 1875 217 421.) Weiße Schmierseife (patentirte Wasserglascomposition). Unter dem Namen „weiße Schmierseife“ (patentirte Wasserglascomposition) wird ein angeblich von Van Baerle und Sponnagel in Berlin fabricirtes Waschmittel ausgeboten und, wie man hört, sehr gut abgesetzt. Die „weiße Schmierseife“ hat nach G. Merz (Deutsche Industriezeitung, 1875 S. 475) weiße Farbe, schwaches Parfüm und die Consistenz einer klumbigen Salbe; bei näherer Prüfung erscheint sie als ein mit zahllosen kleinen Luftblasen gefüllter, auffällig dicker Schaum von sogen. kurzer Consistenz. Beim Umrühren erhält die Masse eine „längere“ und mehr seimige Beschaffenheit. Die Masse ist eine Mischung von Natronseife mit Natron-Wasserglaslösung und Luft, welche letztere zum Aufbauschen dient. Die Composition gibt bei der Zersetzung 2,37 Proc. krystallinische Fettsäuren von dem Schmelzpunkt der aus Cocosseife ausgeschiedenen, und sie verliert bei 100° 56,8 Proc. Wasser. Hieraus läßt sich das Mischungsverhältniß ableiten. Zur Nachahmung der Composition wurde eine Cocosseife mit 73 Proc. Fettsäure und 15 Proc. Wasser und ferner eine Wasserglaslösung von 37 1/2° B., welche bei 100° 58,7 Proc. Wasser verliert, verwendet. Für diese Materialien berechnet sich das Mischungsverhältniß: 1 Th. Seife auf 30 Th. Wasserglaslösung. Eine hiernach hergestellte Mischung, erhalten durch Schmelzen der zerschnittenen Cocosseife in der erwärmten Wasserglaslösung und Umrühren der erkalteten Masse, zeigte in der That dasselbe Aussehen wie die Original Schmierseife. Das so leicht herzustellende Präparat sieht in der That ganz verführerisch und gehaltreich aus, und es wird den wohlberechneten Eindruck auf die Haus- und Waschfrauen, Färber und andere Consumenten zu machen kaum verfehlen. Der Werth von 1k weißer Schmierseife berechnet sich zu 44 Pf.; der Verkaufspreis beträgt aber 70 Pf. Ueber die Fabrikation von Zuckercouleur. Bekanntlich wird das zum Färben von Liqueren, Essig, Bier u. dgl. verwendete Caramelbraun durch Erhitzen von Zucker (1867 185 236) oder von Traubenzucker mit Alkalien erhalten. Anthon (Kohlrausch's Organ für Rübenzuckerindustrie, 1875 S. 691) empfiehlt auf 100k Stärkezucker 3k,25 krystallisirte Soda oder 1k,75 Aetznatron zu verwenden, welche nach vollkommener Schmelzung dem Zucker zugesetzt werden. Zum Färben von Essig ist diese Stärkezuckercouleur jedoch nicht geeignet, da sie durch denselben theilweise zersetzt wird. Statt der Soda Ammoniumcarbonat zu nehmen (1866 181 334), ist nach Angabe des Verfassers nicht praktisch. Ueber den Gehalt der Zuckerrüben an Stickstoff und Ammoniak. Champϊon und Pellet fassen die Resultate ihrer Untersuchungen in folgenden Sätzen zusammen: 1. Bei gleichem Boden und gleichem Stickstoffgehalt des Düngers enthalten die Rüben um so mehr Stickstoff, als sie reicher an Zucker sind. 2. Bei gleichem Zuckergehalt sind die Rüben um so reicher an Stickstoff, als der Dünger stickstoffhaltig ist. 3. Der Gehalt an Ammoniak verringert sich mit der Zunahme an Zucker. Dieselben Verhältnisse sollen auch für das Zuckerrohr gelten. (Comptes rendus, 1875 t. 81 p. 537.) Ueber die Wirkung einiger Desinfectionsmittel. Uebermangansaures Kalium. Schröter hat beobachtet, daß Infusorien lange Zeit in starken Lösungen desselben herumschwimmen; dann tritt in das Innere dieser Organismen eine braune Färbung ein, worauf sie absterben. Aehnlich verhalten sich Hefezellen, während die Sporen der bekannten Schimmelpilze Mucor und Pencillium selbst auf starken Lösungen keimen. Bakterien werden in concentrirten Lösungen ohne Braunfärbung getödtet; in Lösungen von 1 : 1000 vermehren sie sich dagegen. Die Wirkung der übermangansauren Salze wird noch bedeutend dadurch vermindert, daß sie zuerst auf die zerfallenen organischen Substanzen einwirken und dadurch zersetzt werden. Wird z.B. ein Stück frisches Fleisch in eine Lösung von Kaliumpermanganat gebracht, so färbt sich seine Oberfläche braun, die Lösung entfärbt sich bald, das übermangansaure Salz ist zersetzt. Das Wasser zieht nun Substanzen aus dem unzersetzten Fleische; es treten Bakterien auf, die sich stark vermehren und das Fleisch weiter angreifen. Wegen der großen Masse zersetzter organischer Stoffe ist jetzt zur wiederholten Desinfection sehr viel übermangansaures Salz erforderlich, und dennoch ist nach 1 bis 2 Tagen starke Vermehrung der Bakterien, Trübung und Fäulnißgeruch wieder eingetreten. Trotz der Anwendung großer Mengen dieses Desinfectionsmittels fault das Fleisch fast ebenso schnell als in reinem Wasser. Uebermangansaures Kalium mag daher zum Ausspülen von Wunden mit Vortheil Verwendung finden, zur Desinfection von Abortsstoffen ist dasselbe völlig ungeeignet (vgl. 1873 210 141). Chlor. Trocknes Chlorgas ist ohne Wirkung auf die niedern Organismen; Chlorräucherungen von Kleidungsstücken, Waarenballen sind daher ganz nutzlos. Unzureichend und sehr schnell erschöpft ist die desinficirende Wirkung auf Flüssigkeiten, Abortsstoffe u. dgl. Phenol. In Lösungen angewendet, ist die Carbolsäure ein kräftiges Mittel zur Zerstörung niederer Organismen; in Lösungen von 1 Th. Phenol in 2000 Th. Wasser werden Infusorien und Bakterien augenblicklich getödtet; 2mg genügen, um die Gährung von 100cc Zuckerlösung zu verhindern. Bei einem andern Versuche zeigte Fleisch, unter Wasser aufbewahrt, schon nach 3 Tagen starke Trübung und reichliche Bakterienbildung, in Lösungen von 1 : 10000 begann die Zersetzung des Fleisches nach 6 Tagen, desgleichen aber erst nach 5 Wochen in Lösungen von 1 : 2000 (nachdem Phenol durch Verdunsten verloren gegangen war), und in Wasser mit 0,1 Proc. Phenol hatte das Fleisch selbst nach 8 Wochen noch ganz das Aussehen von frischem Fleisch; Bakterien waren nicht nachzuweisen. In praktischer Beziehung ist also wohl kein Stoff so sehr geeignet, in größern, leicht zersetzbaren Massen (Excrementen, Canalinhalt) die Entwicklung von Fäulniß und Infectionsorganismen zu hindern, bis diese Stoffe auf andere Weise unschädlich gemacht werden können, als Phenol. Auch zur Desinfection von Wunden, zum Conserviren organischer Stoffe u. dgl. ist seine Anwendung nur zu empfehlen (vgl. 1873 210 136). Hitze. Fäulnißbakterien werden bei 58° getödtet; die Anwendung heißer Dämpfe und kochenden Wassers ist demnach beachtenswerth. (F. Cohn: Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 3. Heft S. 30.) Eidam (daselbst S. 208) berichtet, daß der Fäulnißerreger Bacterium Termo bei Temperaturen unter + 5° in den Zustand der Kältestarre verfällt, aus dem er jedoch bei höhern Temperaturen zu neuem Leben erwacht. Am günstigsten für seine Entwicklung und damit für den Fäulnißproceß sind die Temperaturen von 30 bis 35°, während diese Organismen bei 60° absterben. Durch längeres Eintrocknen, selbst bei 50°, werden sie nicht getödtet. Thymol. Husemann empfiehlt wiederholt als Antisepticum das Thymol, namentlich zum Wundverbande (Industrieblätter, 1875 S. 442. – Vgl. 1869 194 360). Salicylsäure. Neubauer macht meitere Mittheilungen (vgl. 1875 215 169), welche die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure bestätigen (Journal für praktische Chemie, 1875 Bd. 12 S. 331). Endemann (daselbst S. 260) hat den Desinfectionswerth der Salicylsäure und Carbolsäure dadurch festzustellen gesucht, daß er Luft durch eine damit versetzte fauliche Flüssigkeit und von hier durch eine reine Cohn'sche Bakterienlösung leitete. Da nach den neuern Untersuchungen von F. Cohn die Bakterien aus faulenden Flüssigkeiten durch Luft keineswegs regelmäßig in andere Lösungen übergeführt werden, so sind die Resultate Endemann's nur mit Vorsicht aufzunehmen. F. Das Bankulöl. E. Heckel bestreitet die Angabe Corenwinder's (1875 218 464), daß zur Beleuchtung das Bankulöl besser sei als Rapsöl. In Neu-Caledonien hat man vergeblich versucht, dasselbe für den Leuchtthurm zu benützen; die den Docht umgebenden Metallbrenner waren jedoch bald zerstört und selbst Platinbrenner wurden schnell zerfressen. Versuche, welche Verfasser im Auftrage der Regierung anstellte, die der Verwendung dieses Oeles entgegenstehenden Uebelstände zu beseitigen, schlugen fehl, und so mußte selbst da, wo die Bankulnuß im Ueberfluß vorhanden ist, der Gebrauch des Oeles aufgegeben werden (Comptes rendus, 1875 t. 81 p. 371). Menschlicher Körper, leuchtend durch Phosphorwasserstoff. Vor einigen Jahren, als Maclean einen Theil des Tages mit Phosphorwasserstoff (PH₃) aus Phosphor und Kalilauge experimentirt hatte, sah er beim zu Bette gehen seinen Körper ganz leuchtend von einem Glimmen wie das des Phosphors an der Luft. Entweder war etwas von dem Gase der Verbrennung entgangen oder das Verbrennungsproduct war von dem Körper absorbirt und der Phosphor erlitt später an der Oberfläche desselben eine langsame Oxydation (eremacausis). Verfasser fühlte hierbei nichts Auffallendes und seine Gesundheit hat dadurch in keiner Weise gelitten. (Nach Poggendorff's Annalen, 1875 Bd. 156 S. 657.) Ueber die Bildung von wasserfreier Schwefelsäure bei Verbrennung von Schwefelkies. (Berichtigung.) Bei Gelegenheit meines Referates über die Versuche von Scheurer-Kestner, betreffend die Bildung von Schwefelsäure bei der Röstung von Schwefelkies (1875 218 322), ist mir ein Irrthum untergelaufen, auf welchen mich kürzlich Hr. Büchner in Liesing bei Wien aufmerksam machte, und den ich mich beeile, hiermit zu constatiren und richtig zu stellen. Ich hatte bemerkt, daß ich einer von Scheurer-Kestner berechneten Analyse von aus Schwefelkies erhaltenen Röstgasen nicht nachzukommen vermöchte, und dies damit begründet, daß die Procentzahlen für Sauerstoff und schweflige Säure sich zu 20,96, dem Procentgehalte der atmosphärischen Luft an Sauerstoff, ergänzen müßten; ich hatte ferner, von dieser Annahme ausgehend, die Zusammensetzung der Röstgase abweichend von Scheurer-Kestner berechnet. Diese Begründung und diese Annahme sind aber irrthümlich auf den vorliegenden Fall angewendet, in welchem es sich um Schwefelkiesverbrennung handelt, während sie in dieser Weise lediglich anwendbar sind, wenn man Schwefel verbrennt. Friedr. Bode.