Titel: Ofen für hohe Temperaturen.
Autor: Rr.
Fundstelle: Band 305, Jahrgang 1897, S. 87
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Ofen für hohe Temperaturen. Mit Abbildungen. Ofen für hohe Temperaturen. Die grossen Fortschritte, welche man in den letzten Jahren mit elektrischen Schmelzöfen gemacht hat, brachten H. L. Gantt (Industries and Iron, 1896 S. 504) auf den Gedanken, einen Koksofen zu bauen, mit welchem man noch höhere Temperatur erzielen kann, als mit einem Siemens'schen Regenerativofen erreicht wird. Textabbildung Bd. 305, S. 87 Ofen für hohe Temperaturen von Gantt. In einem Schmelzofen für Stahl, welchem man durch ein Gebläse Luft von gewöhnlicher Temperatur zuführt, wird in 4 Stunden eine Temperatur erzielt, bei welcher Stahl schmilzt. Die höchste Schmelztemperatur für Stahl beträgt etwa 1400° C. und man kann annehmen, dass die Temperatur des Koksfeuers um etwa 600° höher ist als diese Schmelztemperatur, also 2000° C. Weiter unten wird gezeigt werden, wie Gantt die Gebläseluft auf etwa 1500° C. erhitzen will; es entsteht nun die Frage, welche Temperatur mit dieser erhitzten Gebläseluft zu erreichen ist. Wenn mit Gebläseluft von gewöhnlicher Temperatur 2000° erzielt werden, so kann man erwarten, dass bei Verwendung von auf 1500° erhitzter Luft eine Temperatur von 2000 + 1500 = 3500° hervorgebracht wird. Da nun aber auch Wärmeverluste stattfinden, so wird nicht diese, sondern eine etwas niedrigere Temperatur, etwa 3000°, erhalten werden. Bisher ist angenommen worden, dass die Verbrennung unter gewöhnlichem Luftdruck erfolgt. Es kann der Ofen aber auch so gebaut werden, dass die Verbrennung unter mehreren Atmosphären Druck stattfindet, in welchem Falle die Temperatur viel höher werden müsste. Gantt ist der Ansicht, dass in dem nachstehend beschriebenen Ofen eine Temperatur von 3000° zu erzielen sei. Dieser Ofen ist als ein Siemens'scher Regenerativofen gedacht, welcher als Verbrennungskammer einen Schacht besitzt, der mit zwei Generatoren in Verbindung steht. Diese beiden Generatoren denkt sich Gantt unter einander noch durch einen oder mehrere Kanäle verbunden. Drückt man durch den einen Generator Luft, so verzweigt sich diese in zwei Theile; ein Theil gelangt in den Verbrennungsschacht, der zweite durch den Verbindungskanal in den anderen Generator, in welchem das in den Verbrennungsgasen befindliche Kohlenoxydgas zu Kohlensäure verbrannt wird. In Fig. 2 stellt A den Verbrennungsschacht vor, G und G1 die Kanäle, durch welche Luft eintritt und die Verbrennungsproducte aus dem Schacht abziehen. C und C1 sind die Generatoren, wo das Kohlenoxydgas, welchem Luft durch den Kanal E zugeführt wird, verbrennt, während D und D1 gewöhnliche Siemens'sche Generatoren bezeichnen. K (Fig. 1) ist ein Vierwegehahn, durch welchen die Gebläseluft dem Ofen zugeführt wird und die Verbrennungsproducte entweichen. Der Verbrennungsschacht A ist mit drei Trichtern ausgerüstet (Fig. 3); durch den mittleren Trichter gelangen die der hohen Temperatur auszusetzenden Körper in den Schacht und durch die beiden anderen das Brennmaterial (Koks). Wenn man Luft durch die Theile K, D, F, C und G zum Schacht gelangen lässt, so wird in demselben bald die Temperatur von 2000° entstehen. Die Verbrennungsgase strömen nach C1, werden hier durch die von E kommende Luft vollständiger verbrannt, und man kann annehmen, dass auch hier eine Temperatur von 2000° wie im Verbrennungsschacht entsteht. Aendert man jetzt den Weg der Gebläseluft, indem man sie durch die erhitzten Theile D1, F1, C1 und G1 strömen lässt, so wird die Luft vielleicht auf 1000° erwärmt werden und die Temperatur im Schacht A wird hierdurch auf etwa 2500° steigen. In der Kammer C werden nun die Verbrennungsgase mit Luft von 1000° vermischt und noch vollkommener verbrannt. Man kann annehmen, dass durch diese Verbrennung in der Kammer C eine Temperatur von 2200° entsteht. Wenn wir den Weg der Gebläseluft nochmals ändern, so wird diese im Raume C annähernd eine Temperatur von 1500° erlangen, welche nach unserer ersten Ueberlegung erforderlich ist, um im Verbrennungsschacht eine Temperatur von 3000° zu erzielen. Die Bildung von Calciumcarbid im elektrischen Ofen wurde von Dr. Borchers vor 10 Jahren entdeckt, welcher den dabei stattfindenden Process studirt und erklärt hat. Nach Borchers erfolgt die Bildung von Calciumcarbid nur durch die hohe Temperatur, welche durch einen elektrischen Strom erzeugt wird. Moissan schätzt die hierzu erforderliche Temperatur auf 3000° C, welche Gantt in seinem neuen Ofen auch zu erzeugen denkt. Dass wahrscheinlich auch schon in einem gewöhnlichen Hochofen Calciumcarbid sich bildet, geht aus Folgendem hervor. Bei Philadelphia ist eine Eisenbahnstrecke mit Hochofenschlacke beschottert und man hat daselbst die Wahrnehmung gemacht, dass es bei Regenwetter stark nach Acetylengas riecht. Wenn man bedenkt, dass in dem Material zur Beschickung eines Hochofens die Stoffe vorhanden sind, aus welchen das Calciumcarbid besteht, so ist es begreiflich, dass sich dieses in einem Hochofen bilden kann. Wenn nun Calciumcarbid in einem gewöhnlichen Hochofen entsteht, um so besser wird es sich dann in einem Gantt'schen Gebläseofen bilden können. Eine wichtige Frage ist nun die, aus welchem Material soll ein Gantt'scher Ofen gebaut werden. Magnesit scheint gegen hohe Temperaturen viel widerstandsfähiger zu sein als Kalk und wäre somit ein geeignetes Material. In Berührung mit Kohle wird sich wahrscheinlich Magnesiumcarbid bilden und dieses Product dürfte eine schützende Wirkung auf die Ofenwände aus Magnesit ausüben. Wenn man alle Umstände berücksichtigt, scheint es somit nicht unmöglich, eine Bekleidung für die Ofenwände zu finden, welche den hohen Temperaturen widersteht. Dr. Richards macht zu den Gantt'schen Mittheilungen folgende Bemerkungen: Feuerbeständige Materialien werden für diesen Ofen nicht leicht zu beschaffen sein. Nach Moissan schmilzt Aluminium bei etwa 2400° zu einer hellen, klaren Flüssigkeit, bei 2600° wird Magnesia flüssig und bei 2800 bis 3000° schmilzt selbst Kalk, besonders in Gegenwart von Kohle. Das einzige Mittel, welches man anwenden könnte, das Schmelzen der inneren Ofenwände zu verhindern, wäre die Anbringung einer Wasserschicht um den ganzen Ofen, oder wenigstens um die Theile, in welchen die höchsten Temperaturen sind. Der Verlust an Wärme wäre hierdurch zwar grösser, aber die Zerstörung der Wände würde nur bis zu einer bestimmten Tiefe vorschreiten können. Richards berechnet ferner die Wärmemenge, welche bei der Verbrennung von Koks mit hoch erhitzter Luft entsteht, und gelangt zu dem Resultate, dass diese Verbrennungswärme genügen würde, die von Gantt gewünschte Temperatur hervorzubringen. Rr.