Titel: F. W. Prokov's einseitig ansprechende Streckencontacte.
Fundstelle: Band 305, Jahrgang 1897, S. 135
Download: XML
F. W. Prokov's einseitig ansprechende Streckencontacte. Mit Abbildungen. Prokov's einseitig ansprechende Streckencontacte. Unter bestimmten Umständen kann es bekanntlich wünschenswerth erscheinen, dass Stromschliesser, welche ins Bahngleis eingelegt und unmittelbar durch die darüber wegfahrenden Züge thätig gemacht werden sollen, nur einseitig ansprechen, d.h. dass in denselben die zur Hervorrufung eines Signals – es kommen diesfalls an erster Stelle elektrisch betriebene Annäherungssignale für unbewachte Bahnüberwege auf Nebenbahnlinien in Betracht – erforderlichen Stromschliessungen oder Stromunterbrechungen nur durch die Züge der einen Richtung bewirkt werden, während die nach der entgegengesetzten Richtung fahrenden Züge diese Wirkung nicht hervorbringen sollen. Einrichtungen dieser besonderen Art sind bereits mehrfach an dieser Stelle (vgl. 1892 283 166; 1894 294 184; 1896 299 133) geschildert worden; von allen diesen älteren Anordnungen unterscheiden sich die Prokov'schen durch die Heranziehung pneumatischer Zwischentheile. Bei dem in Fig. 1 in Ansicht und in Fig. 2 in Draufsicht dargestellten Streckencontact ist an der Aussenseite des Schienenstranges 8 auf den Oberbauschwellen ein eisernes Gehäuse GG festgeschraubt, aus welchen zwei an der Welle W1 bezieh. W2 drehbare, an ihren freien Enden mit einer Rolle R1 bezieh. R2 versehene Radtaster T1 und T2 vorstehen. Dieselben sind während der gewöhnlichen Ruhelage, wie sie in Fig. 1 für den Taster T1 mit gestrichelten, für T2 mit vollgezogenen Linien dargestellt erscheint, angemessen hoch über die Schienenoberkante gehoben, so dass die Rollen R1 und R2 von den Radreifen der vorüberkommenden Eisenbahnfahrzeuge getroffen und niedergedrückt werden. Diese Lage für gewöhnlich festzuhalten ist die Aufgabe des Kolbens K, der sich während der Ruhelage an der tiefsten Stelle des Cylinders C befindet und hier durch die sich gegen den Bügel J stemmende Feder F und den einseitigen Luftdruck festgehalten wird. Durch die Gelenkstange D1 steht K mit dem Arm B1 in Verbindung und gegen den letzteren, welcher seinen Drehzapfen w1 am inneren Ende der Tasterachse W1 hat, lehnt sich der linksseitige Radtaster mit der aus seinem Arm A1 seitlich vorstehenden Zapfen U1. Ganz in derselben Weise bestimmt die zweite mit K verbundene Gelenkstange D2 die gehobene Lage des rechtsseitigen Radtasters, der sich mit dem Zapfen U2 seines Armes A2 gegen den Hebel B2 lehnt. Maassgebend für die Aufrechthaltung dieser Ruhelage und für die Kraft, welche erforderlich ist, die Radtaster niederzudrücken, ist das Vacuum, das unter den aufwärtsgehenden Kolben K entsteht; die Grösse des Cylinders muss daher so gewählt sein, dass das Hochziehen des Kolbens bezieh. das Niederdrücken eines oder des anderen Radtasters T1 und T2 nur erst unter dem Gewichte eines unbeladenen Eisenbahnwagens, keineswegs aber auch bei geringeren zufälligen oder absichtlichen Belastungen erfolgen kann. Die eigentliche Contactvorrichtung besteht einerseits aus einem an dem Zapfen U1 des linksseitigen Radtasters angebrachten Contactstift c und einer Contactplatte p. Letztere sitzt drehbar auf einem in der Hinterwand des Gehäuses G eingeschraubten Bolzen e und wird durch die Spiralfeder f (Fig. 2) für gewöhnlich in der Lage I, die in Fig. 1 durch eine gestrichelte Linie gekennzeichnet ist, festgehalten. Ein auf der Contactplattenachse sitzender Arm d steht durch eine Gelenkstange k mit einem Fortsatze A3 des Armes A2, also mit dem Taster U2 in Verbindung. So lange sich c und p in ihrer Ruhelage befinden, können sie sich nicht berühren und es ist sonach auch kein Stromschluss vorhanden. Textabbildung Bd. 305, S. 136 Prokov's einseitig ansprechende Streckencontacte. Fährt ein Zug in der Richtung des Pfeiles (Fig. 1) über die Gleisstelle, so trifft das erste Rad den Taster T1 und dreht ihn nach abwärts; bei dieser Drehung wird gleichzeitig der Kolben K durch den Zapfen U1, den Arm B1 und die Gelenkstange D1 hochgehoben, wobei auch D2 und B2 mit in die Höhe gehen. Zufolge der veränderten Lage tritt der Contactstift c mit der Platte p in Berührung und drückt die letztere in die Lage H. Die Stromschliessung, welche das Signal hervorruft, hat hiermit stattgefunden, und die Lage, welche in diesem Momente die einzelnen Theile der Streckencontactvorrichtung einnehmen, sind in Fig. 1 mit vollausgezogenen Linien ersichtlich gemacht. Kommt dann das Rad zum rechtsliegenden Taster T2, so wird auch dieser niedergedrückt und nebst dem Gelenke k, d in die in Fig. 1 mit gestrichelten Linien angezeichnete Lage gebracht, wodurch der zwischen c und p bestandene Contact wieder aufhört, weil das Gelenk k, d die Contactplatte in die Stellung III zurückdrückt. In der nunmehr erlangten Lage verharren alle Theile der Vorrichtung so lange, bis das letzte Rad des Zuges den Taster T2 passirt hat, dann aber veranlasst die Feder F und das Gewicht des Kolbens K, dass dieser in die Ruhelage zurückkehrt, wobei er durch Vermittelung der Gelenke D1 B1 und D2 B2 auch die beiden Radtaster ihre normale Lage zurückgewinnen lässt. Dieser Rückgang erfolgt nur langsam und sanft, da die Luft, welche früher beim Aufwärtsgehen des Kolbens durch Röhren in den Innenraum von C eingetreten ist, nunmehr nur allmählich zwischen der Manschette h und der Innenwand des Cylinders entweicht. Kommt ein Zug aus der anderen Richtung, so drückt er zuerst P2 nieder, wodurch der Pumpkolben gehoben und die Contacttafel p gleich in die Lage III versetzt wird. Wenn das weiterrollende Rad dann den Taster T1 niederdreht, wird allerdings der Contactstift c gehoben, aber er gelangt mit p in keine Berührung mehr, da die Platte schon zu weit rechts liegt. Der Rückgang aller Theile erfolgt genau so wie im früheren Beispiele; eine Stromschliessung, d.h. eine Signalgebung hat im zweiten Falle nicht stattgefunden und die Vorrichtung erfüllt sonach in dieser Beziehung die an sie gestellte Anforderung. Bei einer zweiten, wesentlich einfacheren Ausführungsform, welche in Fig. 3 und 4 ersichtlich gemacht wird, ist das Gehäuse G des Streckencontactes unmittelbar am Fusse der Eisenbahnschiene S mit Klemmhaken befestigt. Auch hier sind wieder zwei Radtaster T1 und T2 vorhanden, die zusammenwirken müssen; ihre Drehachsen W1 und W2 lagern in den beiden, zum Bahngleise parallelen Gehäusewänden. Zur Erleichterung des Radauflaufens sind die Enden der Tasterarme nicht, wie früher, mit Rollen versehen, sondern nur bogenförmig gekrümmt. Der Abstand zwischen T1 und T2 ist so gewählt, dass ein darüberrollendes Rad den zuerst getroffenen Taster erst völlig frei lässt, während er den zweiten bereits erreicht hat; auch ist der Radanlauf bei T1 ein wenig niedriger als bei T2, so dass der letztgenannte Tasterarm beim Kippen einen grösseren Weg macht, als der erstere. Der Taster T1, der während der Ruhelage durch eine kräftige, nur dem Gewichte der Eisenbahnfahrzeuge nachgebende Spiralfeder F (Fig. 4) in der gehobenen Lage festgehalten wird, trägt den mit der Stromleitung verbundenen, von einer Spiralfeder beeinflussten Contactstift c. Dem entgegen sitzen auf der Achse des Radtasters T2 die Arme A und B fest, von welchen der erstere die Contactplatte p trägt, während der letztere durch eine angelenkte Stange an dem Kolben K des Luftcylinders C hängt. Sobald ein Zug in der Richtung des Pfeiles die Streckencontactvorrichtung überfährt, wird fürs erste T1 nach abwärts gedrückt, wodurch c nach aufwärts geht und mit p in Berührung gelangt, in der Art, dass der Stift längst hinaufschleift, wobei s ein wenig zurückgedrückt wird. Durch dieses Schleifen werden die Berührungsstellen – wie es auch bei der zuerst geschilderten Tastergattung der Fall ist – immer rein gescheuert und blank erhalten, was eine stets vollkommene Contactgebung sichert. Die als Ergebniss der Bethätigung von T1 zwischen c und p erfolgte Berührung hört aber unverzüglich wieder auf, sobald das erste Rad des Zuges zum Taster T2 gelangt und diesen niederdrückt, weil dann der hochgehende Arm A die Contactplatte p dem Bereiche des Contactstiftes c vollständig entrückt. Beim Niedergehen von T2 hebt gleichzeitig der Arm B den Kolben K des Luftcylinders C, welch letzterer auf dem Boden des Gehäuses G drehbar angeordnet ist, damit er der bogenförmigen Bewegung der Kolbenstange folgen kann. Auf diese Weise ist der sofortige Rückgang des Tasters T2 verhindert, und p bleibt daher so lange hochgehoben, als Fahrzeuge über die Vorrichtung rollen. Der Taster T1 wird hiergegen vermöge des Einflusses seiner Rückstellfeder F allerdings von jedem Rade des vorbeifahrenden Zuges neuerlich niedergedrückt, allein alle nach dem Passiren des ersten Rades erfolgenden Bewegungen von T1 vermögen keine Signalgebung mehr zu veranlassen, weil der Stift s nie so hoch aufwärts gedreht wird, dass er die Platte p erreichen könnte. Erst bis der ganze Zug die beiden Radtaster überfahren hat, kann auch T2 langsam wieder den Rückweg in die Ruhelage antreten, in welche T1 schon sofort nach dem Aufhören des letzten Raddruckes zurückkehrt; es ist also auch beim Rückgange der beiden Taster eine Begegnung zwischen c und p nicht mehr möglich. Kommt ein Zug entgegengesetzter Richtung über die Gleisstelle, so wird zuerst T2 thätig gemacht und der erst etwas später bewegte Radtaster T1 findet mithin nach oben geschilderter Weise die Contactplatte bereits so hoch gehoben, dass er sie nicht mehr mit c erreichen kann; eine Stromschliessung bezieh. eine Signalgebung ist sonach vorliegenden Falles ausgeschlossen. Der entsprechend hohe Hub der Contactplatte p wird stets reichlich erzielt, weil nicht nur der Arm A wesentlich länger ist als jener, der den Stift c trägt, sondern weil T2 die Oberkante der Schiene auch weiter überragt als T1. Bei diesen beiden Radtastern (D. R. P. Nr. 75360) wird sonach die Abhängigkeit zwischen Stromschliessung und Zugrichtung durch die Tasterhebel in Gemeinschaft mit einer Luftkissenbremse gesteuert; sie erzeugen jedoch nur einen sehr kurzen Contact and sind daher bloss für besonders empfindliche Empfangsapparate verwendbar. Zur bezüglichen Abhilfe hat Prokov 1894 und 1895 Schienendurchbiegecontacte mit Doppeldruckhebel combinirt (D. R. P. Nr. 83637 und Nr. 90101), an welchen die letzteren die Steuerung des Contactes rücksichtlich der Zugsrichtung besorgen, während eine ähnliche Luftkissenbremse, wie die oben geschilderten, den Stromschluss so lange aufrecht hält, als die Vorrichtung vom Zuge befahren wird. Textabbildung Bd. 305, S. 137 Prokov's einseitig ansprechende Streckencontacte. Bei einer dritten, etwas jüngeren Abart seiner einseitig ansprechenden Streckencontacte benutzt Prokov verdichtete Luft, welche vom fahrenden Zug erzeugt wird, direct zur Thätigmachung des elektrischen Stromschliessers. Zu dem Ende sind an der betreffenden Gleisstelle, von der aus die Züge einer Richtung signalisirt werden sollen, unter einem der beiden Schienenstränge zwei Vorrichtungen T1 und T2 (Fig. 5 und 6) angebracht, welche im Wesentlichen aus je einem Traggehäuse mit einer Luftpumpe P1 bezieh. P2 bestehen, welche von den Schieneneinbiegungen wirksam gemacht wird, die der darüber wegfahrende Zug hervorruft. Von jeder dieser beiden, in angemessener Entfernung von einander im Gleise angebrachten Luftpumpen geht ein unterirdisch verlegtes Rohr R1 bezieh. R2 zu einem seitlich vom Gleis am Bahnkörper aufgestellten hohlen, gusseisernen, kurzen Säulenständer, in dessen Kopftheil sich unter einer staub- und wettersicheren Blechhaube die elektrische Stromschliessvorrichtung befindet. Die zugehörigen Leitungsdrähte sind also nicht wie gewöhnlich bis zu den Eisenbahnschienen, sondern nur bis zu dem geschilderten Contactständer zuzuführen, dessen Platz bequem nächst einer Telegraphenstange gewählt werden kann und an dem sich erforderlichen Falles leicht Isolatoren träger anbringen lassen. Im Einzelnen betrachtet, bildet jede der beiden Vorrichtungen T1 und T2 ein Gestell, das aus zwei kräftigen Winkelblechen aa (Fig. 5 bis 7) besteht, die parallel zur Gleisschiene gestellt und mit letzterer an den, Enden qq durch Querstücke fest verbunden sind. Diese Verbindungspunkte werden möglichst weit aus einander gerückt, damit der Durchbiegungspfeil der Fahrschiene thunlichst gross ausfällt. In der Mitte der beiden Längsbleche a ist an denselben das die Luftpumpe P1 (Fig. 7) umschliessende Blechgehäuse G angebracht. P1 wird durch die bei den Zugsfahrten bewirkten Schieneneinbiegungen in der Weise beeinflusst, dass die niederschwingende Fahrschiene S auf den Bolzen d, und dieser auf den kurzen Arm e des bei g drehbaren Hebels H drückt; das Ende des längeren, unter dem Drucke der Feder k stehenden Armes von H greift aber in eine Oese des Kolbens i ein, der in der Mitte mit einem Saugventil versehen ist. Das aus G vorragende, durch k und die Vermittelung von H stetig gegen S gepresste Ende des Zapfens d trägt, wie bei den Siemens und Halske'schen Schienendurchbiegecontacten, einen Gummiring, der Staub und Nässe abhält. Die aus Kupfer angefertigten aber, in bleierne Schutzrohre eingelagerten Kohre R1 und R2 (Fig. 8), welche die beiden Luftpumpen mit dem Stromschliesser in Verbindung bringen, sind von unten durch den hohlen Säulenschaft nach aufwärts unter die Schutzhaube v geführt und hier durch je eine Membran s abgeschlossen. Passirt ein Zug die Stelle, so bringt jedes Rad, das dabei über eine der Vorrichtungen T1 oder T2 rollt, eine Schienendurchbiegung mit sich, die gleichzeitig in der zugehörigen Luftpumpe das Senken des Ventilkolbens und das Ansaugen neuer Luft bewirkt, welch letztere beim nächsten Hub in das betreffende Druckrohr – R1 in Fig. 7 – getrieben und daselbst durch ein kleines Ventil z festgehalten wird. Zufolge des sich im Rohre steigernden Druckes erfolgt eine Ausbauchung der Abschlussmembran, welche zur Bewegung der Contacttheile benutzt ist. Jede der beiden Membranen trägt nämlich in ihrer Mitte einen Stift t, mit welchem sie auf den Hebel u1 bezieh. u (Fig. 8) drückt. Würde ein Zug – auf Fig. 6 bezogen – von links nach rechts verkehren, so trifft er zuerst auf T1 und baucht die betreffende Membran derart, dass der Arm u1 das Contactwinkelstück v (in Fig. 8 als Erdanschluss gedacht) an den mit der Signalstromleitung verbundenen Contactarm w drückt, wodurch also der zur Signalgebung erforderliche Stromschluss entsteht. Wenn dann der Zug zu T2 gelangt, so wird wohl auch die zweite Membran gebaucht und u nach vorwärts gedrückt, wobei w auf v schleift, aber die leitende Berührung zwischen diesen beiden Theilen hört nicht mehr auf. Vielmehr bleibt der Stromkreis so lange geschlossen, bis nach erfolgter Vorbeifahrt des Zuges sich der Druck in den Luftrohren wieder verliert und die Hebel u1 und u in ihre Ruhelage zurückkehren. Hätte jedoch ein Zug von rechts nach links seinen Weg genommen, wobei er zuerst die Vorrichtung T2 (Fig. 6) befährt, so tritt im Stromschliesser zuerst die linksseitige Membran in Wirksamkeit, indem sie, sich auf bauchend, den Contacthebel u (Fig. 8) nach rechts drückt. Erfolgt dann später die Befahrung der zweiten Luftpumpe, so wird allerdings auch der Contacthebel v gegen u gerückt, geräth jedoch hierbei in einen Einschnitt des von w isolirt angebrachten Arretirungsarmes y und ist hierdurch verhindert, mit w in Contact zu treten. In diesem Falle kann mithin eine Signalgebung nicht stattfinden. Streckencontacte der zuletzt geschilderten Gattung, deren Ausführung von der Maschinenfabrik Boldt und Vogel in Hamburg besorgt wird, sind laut Glaser's Annalen (vom 1. März 1897 S. 93) bei mehreren Eisenbahnverwaltungen in Deutschland, dann in Oesterreich, Dänemark und in der Schweiz in Betrieb genommen; u.a. arbeitet eine solche seit 17. Juni 1896 im Bereiche der königl. Eisenbahndirection Lübeck versuchsweise in Dienst gestellte Anordnung tadellos.