Titel: Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule Berlin im Betriebsjehre 1904.
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 156
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Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule Berlin im Betriebsjehre 1904. Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule zu Berlin usw. Dem vorliegenden Bericht über die Tätigkeit des Amtes im Betriebsjahre 1904 entnehmen wir folgendes: Am 1. April 1904 wurden die Königliche Mechanisch-Technische Versuchsanstalt in Charlottenburg und die Königliche Chemisch – Technische Versuchsanstalt in Berlin unter der Bezeichnung: „Königliches Materialprüfungsamt“ vereinigt. Das Amt umfasst nunmehr die 6 Abteilungen: 1. für Metallprüfung, 2. für Baumaterialprüfung, 3. für Papierprüfung, 4. für Metallographie, 5. für allgemeine Chemie, 6. für Oelprüfung. Die Abteilung für Metallprüfung erledigte insgesamt 320 Anträge mit etwa 3600 Versuchen. Ausserdem wurde wie auch im Vorjahre wieder eine Reihe von Festigkeitsprobiermaschinen mit Hilfe von Kontrollstäben auf die Richtigkeit der Kraftanzeige untersucht und zwar: a. 2 Zerreissmaschinen, Bauart Sentker, von 10 und 25 t Kraftleistung, b. 1 Seilprüfungsmaschine, Bauart Losenhausen, von 100 t Kraftleistung, c. 1 Kettenprobiermaschine. Bauart Mengeringhausen Nachf, 15 t Kraftleistung, d. 1 Druckpresse, Bauart Brink & Hübener, 32 t Kraftleistung. Die Notwendigkeit, die Materialprüfungsmaschinen ständig unter Kontrolle zu halten, wird von den verschiedenen Werken und Behörden immer mehr erkannt. Hiervon zeugt auch die zunehmende Zahl der von der Abteilung abgegebenen Kontrollstäbe. Gegen 2 im Vorjahre waren es im letzten Jahre deren 9. Hiervon bezogen: 5 Stück die Versuchsanstalten der Technischen Hochschulen zu Dresden (je einen 10 t-, 50 t- und 100 t-Stab), Brunn (50 t-Stab) und Hannover (50 t-Stab), 2 Stück (20 t- und 50 t-Stab) die Gewehrfabrik und die Artillerie-Werkstatt zu Spandau, 1 Stab (3 t) das Kaiserliche Telegraphen-Versuchsamt zu Berlin und 1 100 t-Stab die Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg. Unter den auf Antrag ausgeführten Versuchsarbeiten mögen die nachstehenden genannt sein: a) Biegeversuche mit Blechträgern, die aus dünnen ∪-förmig gebogenen Blechen zusammengenietet waren. Zur Prüfung gelangten einzelne Träger, bei denen die Bleche in der Mitte der Träger stumpf gestossen und in verschiedenen Formen verlascht waren; daneben wurden die Festigkeitseigenschaften des verwendeten Bleches und der Einfluss des Lochstanzens ermittelt. b) Biegeversuche mit Greyträgern zur Feststellung des Einflusses der Stützweite und der Länge der überstehenden Enden auf den Elastizitätsmodul und auf die Spannungen an der Proportionalitätsgrenze und Biegegrenze. c) Versuche mit biegsamen Wellen in zwei verschiedenen Bauarten, zur Ermittlung der Festigkeit gegen Verdrehen. Die gleichzeitig beantragten Versuche auf Ermittlung des Arbeitsverlustes beim Gebrauch der Wellen mussten abgelehnt werden, da das Amt auf derartige Versuche nicht eingerichtet ist. d) Die Prüfung einer neuen Form der Befestigung von Radnaben für Militärfahrzeuge auf der Laufachse. e) Versuche mit Riemenscheiben aus Gusseisen, Holzstoff und Holz zur Feststellung des Gleitwiderstandes von Lederriemen auf den Scheiben und der Festigkeit der Scheiben gegen Zusammendrücken. Den geringsten Gleitwiderstand lieferten unter gleichen Versuchsbedingungen die Gusseisenscheiben, den grössten die mit Lack angestrichenen Holzscheiben. Die Prüfung auf Zusammendrücken wurde in der Weise ausgeführt, dass die Scheiben auf eine festliegende Welle gesteckt und dann die Kraft bestimmt wurde, mit der ein die Scheibe halb umspannejder Riamen bis zur Zerstörung der Scheiben belastet werden musste. Bei den Gusseisenscheiben zerbrach der Kranz zur Hälfte. Die Holzscheiben drückten sich unter teilweiser Absplitterung zusammen; die grösste Festigkeit lieferte die Scheibe aus Holzstoff. f) Prüfung von Flaschenverschlüssen, bestehend aus Blechkapseln, deren Ränder sich um einen Wulst am Flaschenhals legten und mit einer besonderen Vorrichtung aufgepresst wurden. Die Versuche bezweckten festzustellen, bei welchem Wasserdruck im Innern der Flasche der Verschluss undicht wurde. g) Prüfung eines neuen Türdrückers, bestehend aus zwei mit gezahnten Flächen ineinandergreifenden und durch einen Stahlkonus zusammengedrückten Türdrückerhälften. Gemessen wurde die Formänderung beim Belasten und die höchste getragene Last. h) Holzuntersuchungen; sie erstrecken sich: 1. Auf Untersuchungen über den Einfluss des Blauwerdens auf Biegung und Druckfestigkeit von Kiefernholz. Während frühere Versuche nach dieser RichtungRudeloff, Untersuchung über den Einfluss des Blauwerdens auf die Festigkeit von Kiefernholz.„Mitteilungen“ 1897, S. 1, 1899, S. 209. gezeigt hatten, dass das Raumgewicht und die Druckfestigkeit von Kiefern-Splintholz durch das Blauwerden eher zu- als abgenommen hatten, betrug bei den vorliegenden Versuchen die Druckfestigkeit des blauen Holzes nur etwa 91 v. H. von derjenigen des weissen Holzes und das Raumgewicht 96 v. H.; es war aber nicht ausgeschlossen, dass die Festigkeit der blau gewordenen Proben bereits durch Schimmelbildung beeinträchtigt worden war. Aus den Ergebnissen der Biegeversuche lässt sich schliessen, dass der Widerstand gegen Biegen durch Blauwerden gelitten hatte. Die Bruchspannung war um etwa 13 v. H., die Proportionalitätsgrenze um 8 v. H. und der Elastizitätsmodul um 4. v. H. zurückgegangen. 2. Versuche mit tannenen Bauhölzern auf Biege- und Druckfestigkeit. Die Balken wurden bei 240 cm Stützweite auf Biegung mit Einzellast in der Mitte beansprucht; ihr Querschnitt betrug: a = 24–25 cm, b = 12–13 cm. Die Beanspruchung erfolgte in der Richtung von a. Die Kraft war hierbei annähernd tangential zu den Jahrringen gerichtet. Einige der Proben hatten vollen rechteckigen Querschnitt, während bei anderen auf der nach der Aussenseite des Stammes gelegenen Seite die Ecken fehlten (Waldkante). Die Versuche ergaben Biegefestigkeiten von 291–497 kg/qcm. Hierbei machte sich der Einfluss der Waldkanten weniger geltend als der der Aeste. Letztere drückten die Biegefestigkeiten erheblich herab. Die Druckfestigkeit betrug 173–372 kg/qcm. 3.Biegeversuche mit Balken (Bockbeine) von 10 cm Breite und etwa 14,5 cm Höhe im Querschnitt ergaben bei 230 cm Stützweite und Einzellast in der Mitte für Kiefernholz folgende Spannungen: Proportionalitätsgrenze etwa 390 kg/qcm, Bruchfestigkeit 660 kg/qcm, für Weisstanne betrugen diese Werte 310 und 570 kg/qcm. 4. Vier Anträge erstreckten sich au& die Ermittlung der Festigkeitseigenschaften, des Quellens und der Abnutzbarkeit von verschiedenen ausländischen Holzarten; die Ergebnisse einer dieser Untersuchungen, afrikanische Hölzer betreffend, sind in den „Mitteilungen“ 1905, Heft 6, veröffentlicht. i) Untersuchungen mit im Betriebe gebrochenen Konstruktionsteilen, als Laufachsan, Verbindungsstücke zwischen Förderseil und Korb im Bergwerksbetrieb, Schraubenbolzen, ein gusseisernes Seilrad und ein Rohr. Bei der Laufradachse und einem Schraubenbolzen war durch Aetzproben festgestellt, dass Flusseisen mit stark ausgeprägter Bildung von Kern- und Randzone vorlag. In der Festigkeit unterschieden sich beide Zonen besonders darin, dass das Eisen aus der Kernzone erheblich geringeren Widerstand gegen Biegen hatte, als das Eisen aus der Randzone; ganz besonders trat dies bei Beanspruchung der Probe unter Stosswirkung zu Tage. Nach den Erfahrungen des Amtes ist derartiges Material sehr empfindlich gegen Dauerbeanspruchung. Bei der Achse war diese Empfindlichkeit besonders deswegen von Bedeutung, weil dis Achse dort, wo sie im Betriebe brach, so weit abgedreht war, dass die Kernzone fast bloss lag. An dem gebrochenen Schraubenbolzen waren keine Mängel im Eisen wahrzunehmen, auf die die Ursache des Bruches zurückgeführt werden konnte. Ebenso liessen sich auch bei dem gusseisernen Rohr keine Mängel in den Festigkeitseigenschaften, der Gefügebeschaffenheit und der chemischen Zusammensetzung des Eisens finden, welche als Ursache des Betriebsbruches angesehen werden konnten. Bei dem gebrochenen Seilrad dagegen konnte die Ursache des Bruches auf mangelhaftes Material zurückgeführt werden. In zwei Fällen war zu untersuchen, ob Brüche von Gussstücken auf Gusspannungen zurückzuführen seien. Bei einem Zylinderdeckel konnten solche Spannungen durch Ermittlung der Formänderungen beim Zerschneiden der Stücke euf der Hobelmaschine deutlich festgestellt werden. Dabei war die Festigkeit nur gering, so dass die Spannungen, welche durch die mangelhafte Gestaltung des Deckels besonders stark waren, umsomehr zur Geltung kommen mussten. k) Versuche über die Wärmeausdehnung von Gusseisen und einer Nickellegierung. Bis zu 58° C ergab sich die Ausdehnungszahl für je 1° Wärmeerhöhung bei Gusseisen zu 0,0000107, bei der Nickellegierung zu 0,0000136. Der Unterschied zwischen beiden Stoffen betrug im Mittel 27 v. H. Die Messung erfolgte mit einem von Rudeloff angegebenen Apparat, bei dem die Proben in einem elektrisch erhitzten Luftbade sich befinden und die Längenänderungen mit Martensschen Spiegelapparaten festgestellt werden. Eine zweite Versuchsreihe, bei der beide Materialien nebeneinander im Luftbade bis auf 60° C erhitzt wurden, ergab den Dehnungsunterschied zu 29,7 v. H. 1) Zu zwei Anträgen war eine Härtemasse, deren Zusammensetzung nicht angegeben war, daraufhin zu untersuchen, ob es möglich war, bei ihrer Verwendung gewöhnlichem Gusstahl gleiche Schneidfähigkeit zu geben, wie bestem Werkzeugstahl im gewöhnlichen Härtungsverfahren. In einer zweiten Versuchsreihe war die Verwendung eines Schweisspulvers zum Schweissen von Gusstahl zu untersuchen. Die Härtemasse und das Schweisspulver entsprachen den Erwartungen des Antragstellers nicht. m) Versuche mit Vulkan-Fiber ergaben die Zugfestigkeit des Materials zu 500 kg/qcm in der einen und zu 700 in der anderen Richtung. Die Druckfestigkeit betrug 500–600 kg/qcm und die Biegefestigkeit 930–1060 kg/qcm. n) In zwei Fällen war die Druckfestigkeit von Beton im fertigen Mauerwerk zu ermitteln; die Ermittlung sollte an der Mauer selbst erfolgen und nicht an herausgearbeiteten Proben. Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, dass etwa 1,5 m unter Oberkante Mauer ein Loch gestemmt wurde, welches gross genug war, um zwei Eisenbahnschienen durch die Mauer zu stecken. Die obere Begrenzungsfläche des Loches wurde gut geebnet und sorgfältig abgestrichen. Sie bildete beim Versuch die eine Druckfläche und wurde zu dem Zweck mit einer starken gusseisernen Platte belegt; über ihr lag oben auf der ebenfalls abgeglichenen Mauerfläche die zweite Platte. Ein Rahmenwerk aus Schienen und Zugstangen umspannte den freigelegten Mauerteil, und zwischen dem oberen wagerechten Rahmenteil und der Mauer war ein hydraulischer Presszylinder zur Ausübung der Druckkraft eingeschaltet. Auf diese Weise konnte die Druckfestigkeit der Mauer nachgewiesen werden. o) Die neu beschaffte 600 t-Presse ist wiederholt zur Prüfung grosser Bauteile benutzt worden. Hervorgehoben sei eine Versuchsreihe, bei der Betonsäulen mit verschiedenartig angeordneten Eiseneinlagen auf Knickfestigkeit zu prüfen waren. p) Versuche mit Gerüsthaltern bezweckten die Tragfähigkeit solcher Halter bei gleicher Anordnung, wie sie bei praktischer Verwendung stattfindet, festzustellen. Die Abteilung für Baumaterialprüfung bearbeitete 611 Anträge mit zusammen 26826 Versuchen. Die Mehrzahl der Anträge erstreckte sich auf die Feststellung der Eigenschaften von Baustoffen, die für ganz bestimmte Zwecke in Aussicht genommen waren und über deren Verwendbarkeit oder deren Eigenschaften der Verbraucher sich Gewissheit zu verschaffen wünschte. Die Zahl der Prüfungen von ebenen Stein- und Betondecken geringer Spannweite ist zurückgegangen infolge der Bestimmungen der Berliner Baupolizei, nach denen generelle Genehmigungen für die Ausführung bestimmter Deckensysteme einzelner Unternehmungen nicht mehr gewährt werden. Dagegen entspinnt sich ein scharfer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Deckensystemen, welche die trägerlose Ueberspannung grosser Räume zum Ziel haben. Im Laufe des Jahres gelangten zur Prüfung 11 Decken mit Spannweiten von 1,20–2,7 m und 11 Decken mit 3,0–8,0 m Spannweite. Ausserdem fanden 3 Deckenprüfungen in Bauten statt, die sich ausser auf die Tragfähigkeit der Decken auch auf deren Widerstandsfähigkeit gegen Stösse (durch Wurfproben) erstreckten. Die Wurfversuche werden mit einer eisernen Kugel von 49 kg Gewicht ausgeführt, die, in einer Sperrklinke hängend, auf die benötigte Fallhöhe gehoben und dann ausgelöst wird. In neun Fällen wurden Brandproben mit eigens hierfür errichteten Versuchshäuschen ausgeführt. Hierbei handelte es sich um die Feststellung der Feuerbeständigkeit von 4 Dachpappenarten, 2 feuerfesten Türen, je 1 Träger- und Rohrumhüllung, 5 Kalksandsteinsorten, sowie einem Feuerschutzschrank. Die Prüfung von feuersicheren Türen ist zum Teil auf Wunsch und unter Mitwirkung der Berliner Feuerwehr vorgenommen worden; die Proben haben zu wertvollen Verbesserungen der Konstruktionen von Holztüren mit Eisenbeschlag geführt. Die Prüfungen von Dachpappedächern und von Stoffen, die als Ersatz für Dachpappe angewendet werden, sind noch nicht erledigt Die Prüfung der Kalksandsteine auf Widerstandsfähigkeit im Feuer hat ergeben, dass die besseren Fabrikate im Feuer und beim Ablöschen annähernd den gleichen Widerstand leisten, wie gebrannte Mauersteine. Beide Steinsorten werden durch ein mindestens eine Stunde lang anhaltendes, möglichst bis auf 1100° C Wärme gesteigertes Feuer an der dem Feuer zugekehrten Fläche zermürbt und ergeben beim Auftreffen des kalten Wasserstrahles Absplitterungen. Der Grad der Widerstandsfähigkeit im Feuers ist naturgemäss bei verschiedenen Fabrikaten verschieden. Prüfungen von frischem Beton wurden im grossen Umfange auf Antrag des Deutschen Beton-Vereins zur Ausführung gebracht, um den Einfluss des grösseren oder geringeren Wasserzusatzes auf die Festigkeit von Beton in verschiedenen Mischungen mit Isarkies und Rheinkies festzustellen. Der Einfluss gewisser kieselsäurereicher Zusätze zum Zementmörtel auf deren Festigkeit wurde auf Antrag einer Behörde durch umfangreiche Versuchsreihen festgestellt, deren Ergebnisse bereits in den „Mitteilungen“ Jahrg. 1904, Heft 5, S. 220 u. ff. veröffentlicht wurden. In zwei getrennten Versuchsreihen kam der Einfluss bestimmter Wässer auf Zementbeton zur Prüfung. In einem Falle handelte es sich hierbei um einen Betonpfeiler, der annähernd zwei Jahre in Moorwasser gelegen hatte und von Moorwasser umspült war. Chemische Einwirkungen des Moorwassers auf den Beton liessen sich nicht wahrnehmen; der Beton hatte vielmehr ausreichende Festigkeit bewahrt. In einem anderen Falle handelte es sich um die Feststellung, inwieweit industrielle Abwässer (Schlempe) auf unterirdische Ton- und Zementrohrkanäle einwirken; es liess sich keine schädliche Einwirkung feststellen. Zum Zweck des Baues von Hafenanlagen in zitier der afrikanischen Kolonien wurden aus dem Meeresboden Bohrproben entnommen und auf Verwendbarkeit zur Bereitung von Zementmörtel geprüft. Der stark schluffige, mit Muscheln und Muschelresten durchsetzte Boden war nur teilweise zur Mörtelbereitung verwertbar. In steigendem Masse wurde die Abteilung durch die Prüfung von erhärtetem Beton in Anspruch genommen, bei dem entweder die Festigkeit oder das Mischungsverhältnis nachträglich festgestellt werden sollte. Vielfach waren die für den ersteren Zweck eingereichten Probestücke der Form nach zu den Druckversuchen ungeeignet und mussten erst durch Sägen auf würfelähnliche Gestalt gebracht werden. Die dabei unvermeidlich auftretenden Erschütterungen können, ebenso wie die Erschütterungen beim Herausstemmen der Probestücke aus grösseren Massen, die Festigkeit unkontrollierbar beeinflussen. Das Veifahren, neben jedem Bauwerk aus dem dazu verwendeten Beton eine Anzahl würfelähnlicher Probekörper herzustellen, deren Prüfung später zu beliebiger Zeit vorgenommen werden kann, verdient den Vorzug vor dem Herausstemmen der Körper. Die nachträgliche Festsetzung des zu einem Betonkörper verwendeten Mischungsverhältnisses scheiterte in verschiedenen Fällen an dem Umstand, dass der zu dem Beton verwendete Sand oder Kies Kalksteintrümmer enthielt, die beim Aufschliessen des Bindemittels durch Salzsäure mit in Lösung gehen und die genaue Trennung des Bindemittels vom Zuschlagmaterial unmöglich machen. Aus diesem Grunde dürfte es sich empfehlen, dass Behörden, die den Unternehmer auf die richtige Anwendung der ihm vorgeschriebenen Mischungen kontrollieren wollen, ihre Massnahmen so einrichten, dass sie nicht allein auf die nachträgliche Trennung von Bindemittel und Zuschlagmaterial angewiesen sind, sondern vielleicht die Mischungen durch Stichproben während der Herstellung der Betonkörper kontrollieren. Die Prüfung der Portland-Zemente nach den „Normen“ erfolgte in der hergebrachten Weise. In immer steigender Zahl sind auch Eisen-Portland-Zemente zur Prüfung gekommen. Die bereits im vorjährigen Bericht ererwähnten vergleichenden Untersuchungen von Eisen – Portland-Zement und Portland-Zement wurden fortgeführt, eine Erweiterung dieser Versuche ist ausserdem in Aussicht genommen. Während des Berichtsjahres sind vier Zementkalke zur Untersuchung gelangt. Diese erstreckte sich auf die Feststellung der Mörtelergiebigkeit, Verputzfähigkeit und der Festigkeit für verschiedene Mörtelmischungen. Wenn auch die Zementkalke an Festigkeit ihrer Mörtel wesentlich hinter den Portlandzementen zurückstehen, so bilden sie doch ein wertvolles Baumaterial, und ihre Verwendung an Stelle des gewöhnlichen Weisskalkes sollte ihrer guten Erhärtungsfähigkeit wegen (auch an der Luft) in grösserem Umfange erfolgen. Einen vollkommen neuen Industriezweig stellt die Herstellung von Zementmauersteinen dar, deren sich eine ganze Reihe von Zementwarenfabriken und Bauunternehmern namentlich auf dem platten Lande befleissigen. Der Umstand, dass diese Steine gegenüber anderen Mauersteinen von Normalformat (Ziegelsteine und Kalksandsteine) im allgemeinen nur wettbewerbsfähig sind, wenn sie in sehr mageren Mischungen hergestellt werden, etwa 1 : 7 und 1 : 8 in Raumteilen, und die Tatsache, dass Steine dieser Mischung nach einigen Wochen Erhärtung nicht wesentlich mehr als 40 bis 50 kg Druckfestigkeit zu ergeben pflegen, beschränken das Anwendungsgebiet dieser Steine; man sollte sie für Mauerwerk, dem eine erhebliche Druckfestigkeit zugemutet werden muss, nicht verwenden. In verschiedenen Fällen gelangten derartige Steine zur Prüfung, die aus zusammengestürzten Bauwerken entnommen waren und sehr geringe Druckfestigkeiten ergaben. Für ländliche Bauten, Stallungen, Scheunen, für Umfassungsmauern und andere Bauwerke unbedeutender Art sind indessen diese Steine sehr wohl verwendbar. Unter den zur Prüfung gelangten gebrannten Steinen nehmen im Berichtsjahr die porösen Deckensteine besonders breiten Raum ein. Die Druckfestigkeit dieser Steine wurde vielfach nach drei Richtungen hin ermittelt, dabei zeigten sich zwischen den einzelnen Steingattungen recht erhebliche Unterschiede. Die Druckfestigkeit von Lochsteinen schwankte z.B. zwischen 111 und 330 kg/qcm. Da die Tragfähigkeit von Hohlsteindecken wesentlich von der Druckfestigkeit der verwendeten Steine abhängig ist und anderseits die Tragfähigkeit den Masstab abgibt für die zulässige Spannweite, wird der Prüfung der Deckensteine auf Druckfestigkeit besonderer Wert beigemessen. Im Berichtsjahre ist auch die Prüfung von Rohstoffen für die Zement-, Kalk- und Ziegelerzeugung aufgenommen worden. Durch diese Prüfungen soll die Verwendbarkeit der Rohstoffe zu bestimmten Zwecken an Hand von Brennproben ermittelt werden. Die Bestimmung des Stoffverlustes unter dem Angriff des Sandstrahlgebläses hat namentlich für Prüfung von Fussbodenplatten steigenden Anklang gefunden. Ihr wird vor dem Versuch auf der Schleifscheihe der Vorzug gegeben.„Mitteilungen“ Jahrg. 1904, Heft 3, S. 103 u. ff. Auf Antrag einer Firma wurde ein Schneidemittel (scharfkantige Stahlkörner) auf Leistungsfähigkeit im Vergleich zu dem hier sonst gebräuchlichen Schneidemittel „Diamantine“ (ebenfalls Stahlsplitter) geprüft. Den Versuchen wurde ein gleichmässiger Granit zugrunde gelegt und der Vergleich zur Feststellung der geleisteten Arbeit innerhalb bestimmter Zeit und bei Verwendung bestimmter Mengen des Schneidemittels herbeigeführt. Von den Gerichten wurde die Abteilung in fünf Fällen in Anspruch genommen. In einem Falle handelte es sich um die Begutachtung eines Betonfundamentes. Die eine Partei behauptete, der Beton habe keine messbare Druckfestigkeit, sondern sei im wesentlichen loser und tragunfähiger Sand. Die Untersuchung an Ort und Stelle hat für diese Behauptung keine Unterlagen ergeben; der Beton war vielmehr gut erhärtet. In einem anderen Fall sollte die Druckfestigkeit von Zement-Mauersteinen (Betonsteine) festgestellt werden, die zu einem Hochbau verwendet worden waren, der nach Einbringung der Decken zusammenstürzte. Es kam dabei auch die Güte des verwendeten Mörtels in Frage. Während die Druckfestigkeit von Zementmauersteinen in fünf Fällen im Mittel auf 33, 43, 53, 81 und 97 kg/qcm, im Durchschnitt bei allen zu 60 kg/qcm festgestellt wurde, ergab die Prüfung der Steine aus dem eingestürzten Bau nur eine Druckfestigkeit von 45 kg/qcm. Die Festigkeit der Steine lag also erheblich unter dem Durchschnitt. Die Druckfestigkeit gebrannter Hintermauerungssteine im trockenen Zustand schwankte zwischen 65 und 459 kg/qcm (vgl. „Mitteilungen“ 1899, S. 179). Dabei hatten von 43 Ziegelgattungen nur 11 weniger als 150 kg/qcm Druckfestigkeit. Gewöhnliche gebrannte Hintennauerungssteine müssen 150 bis 300 kg/qcm Druckfestigkeit aufweisen, wenn sie einem guten Durchschnitt entsprechen sollen. Aus diesen Gründen ergab sich die Minderwertigkeit der untersuchten Zementmauersteine in bezug auf Druckfestigkeit. Für Pfeilermauerwerk pflegt man noch wesentlich bessere Steine zu verwenden. Der verwendete Mörtel hat sich als gewöhnlicher Kalkmörtel im Mischungsverhältnis 1 : 3,7 nach Raumteilen und als wenig fest und bröcklig erwiesen. Nach Ziureck soll guter Kalkmörtel 13 bis 15 v. H. Kalk enthalten; der vorliegende hatte nur 10,1 v. H. Für stark belastetes Pfeilermauerwerk ist reiner Kalkmörtel an sich ungeeignet; hierzu muss mindestens verlängerter Zementmörtel Verwendung finden. Der geprüfte Mörtel entsprach also hinsichtlich der Wahl des Bindemittels und des Mischungsverhältnisses nicht den an einen Mörtel für tragfähiges Mauerwerk zu stellenden Anforderungen. Für ein anderes Gericht wurde ebenfalls die Untersuchung von Steinen (Kalksand- und Ziegelsteine), sowie von Beton und Mörtel durchgeführt, um die Ursache eines Hauseinsturzes zu ermitteln. In diesem Fall lieferten die Kalksandsteine 156 kg/qcm, die Ziegelsteine im trockenen Zustande 173 kg/qcm, im wassersatten 113 kg/qcm Druckfestigkeit. Der Beton dagegen, der aus grösseren Blöcken herausgeschnitten wurde, hatte im Mittel aus fünf Versuchen nur 42 kg/qcm Druckfestigkeit. Der Mörtel war ein Luftkalkmörtel in Mischung 1 : 3,1 Raumteilen. In einem vierten Fall handelte es sich um die Feststellung der Raumbeständigkeit eines Zementes und in einem fünften um die Ermittlung der Wasserdurchlässigkeit von gebrannten Dachziegeln, die sich bei der Prüfung als nicht wasserdicht erwiesen. Gegenstand einer besonderen Prüfung war die Feststellung der Widerstandsfähigkeit von Kork-Estrich gegen Eindruck. Hierbei wurde ermittelt: a. die Druckempfindlichkeit des Kork – Estrichs unter allmählich ansteigender Belastung bis zum Bruch der Kork-Estrichschicht und b. das Verhalten des Estrichs unter dauernder Einwirkung eines Teils der Bruchlast. Der zum Zweck der Prüfung auf dem Grundstück des Amtes in einem Versuchshäuschen hergestellte Kork-Estrich bestand aus einer 5 cm hohen Schicht Scllackenbeton, einer 2 cm dicken Kork-Estrichschicht und einer etwa 1,5 cm dicken Zementmörtelschicht. Der Schlackenbeton war gestampft, der Kork-Estrichmörtel 2,0 cm dick aufgetragen und auf 1,5 cm Höhe verdichtet, während der Zementmörtel im dünnflüssigen Zustande aufgebracht wurde. Die Belastungsversuche wurden auf dem Kork-Estrich ohne Linoleum-Belag vorgenommen, nachdem sich bei vorangegangenen Versuchen herausgestellt hatte, dass die Beobachtung des Verhaltens des eigentlichen Kork-Estrichs unter Linoleumbelag nicht mit Sicherheit möglich war. Zur Lastübertragung wurde ein dreibeiniger Tisch benutzt und dieser so beschwert, dass die drei Tischbeine, die bei quadratischem Querschnitt je 16 qcm Auflagefläche und leicht gebrochene Kanten hatten, annähernd gleich belastet waren. Die Druckempfindlichkeit des Estrichs wurde durch Feststellung der Senkung der Tischbeine und des Bruches der sogenannten Estrichhaut festgestellt. Es ergab sich, dass im Mittel aus drei Versuchen der Bruch der Estrichhaut bei 882 kg Gesamtbelastung = 18,4 kg qcm eintrat. Die Tischbeine hatten sich unter dieser Last im Mittel um 1,8 mm gesenkt. Zur Feststellung des Verhaltens unter ruhender Last wurde der Tisch bei der ersten Versuchsreihe mit 725 kg = 15,1 kg/qcm der Auflagefläche belastet und 24 Stunden stehen gelassen und bei dem zweiten zwölf Tage später erfolgenden Versuch mit 582 kg = 12,1 kg/qcm der Auflagefläche belastet. Bei der ersten Reihe brach die Zementestrichhaut nach 24 Stunden unter zwei Tischbeinen durch; bei dem zweiten Versuch trat nach vierzehn Tage währender Belastung kein Bruch ein. Nach der Entlastung zeigte der Estrich unter den Füssen des Tisches keine nennenswerten Eindrücke. (Fortsetzung folgt)