Titel: Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule Berlin im Betriebsjahre 1904.
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 186
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Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule Berlin im Betriebsjahre 1904. (Schluss von S. 175 d. Bd.) Die Tätigkeit des Königlichen Materialprüfungsamtes der Technischen Hochschule zu Berlin usw. Die Erledigung eines Antrages führte zur Entscheidung der Frage, ob Gasbehälterbleche im Innern des Behälters, wo sie mit dem Sperrwasser und der Leuchtgasatmosphäre in Berührung stehen, rosten können. Die Frage musste auf Grund des Versuches im kleinen bejaht werden. Das Sperrwasser steht auf der einen Seite mit Luft in Berührung, auf der anderen mit dem Leuchtgas. Die Luft diffundiert durch das Wasser hindurch nach dem Gasraum und das auf diese Weise immer rasch mit Sauerstoff versorgte Wasser vermag die eintauchenden Eisenteile, soweit sie nicht durch Anstrich geschützt sind, ebenso schnell zum Rosten zu bringen, als ob die Leuchtgasatmosphäre nicht vorhanden wäre. Es kann vorkommen, dass auf den Bruchflächen von Zerreisstäben verschiedenartig gefärbte Stellen auftreten. Zuweilen haben sie das Aussehen von Kern- und Randzonenbildung. Derartige Erscheinungen können in der Art des Materials begründet sein, was sich durch Aetzproben leicht nachweisen lässt. Zuweilen aber stehen sie mit dem eigentlichen Gefüge des Materials in gar keinem Zusammenhang, sondern sind lediglich auf die Art der Herbeiführung des Bruches zurückzuführen.M. Rudeloff.„Beitrag zum Studium des Bruchaussehens zerrissener Stäbe“. „Baumaterialienkunde“ 19 Heft 6 und 7. In solchen Fällen würde es falsch sein, aus dem ungleichartigen Bruchaussehen auf Ungleichartigkeit des Materials zu schliessen. Zur Aufklärung solcher Erscheinungen bieten die metallographischen Verfahren eine wertvolle Handhabe. Zuweilen bemerkt man auf den Bruchflächen von Zerreisstäben hellere rundliche Einschlüsse. An den Stellen, wo diese Einschlüsse infolge der Bearbeitung des Stabes an die Oberfläche treten, zeigen die Stäbe parallel zu ihrer Längsrichtung Scharen kleiner Querrisse, sogenannte „Härteadern“Vergl. A. Martens, Handbuch der Materialienkunde, Berlin 1898, Seite 81.. Die Einschlüsse können Schnüren von phosphorreichem Material entsprechen, die infolge des Schmiedens oder Walzens in der Streckrichtung verlängert sind. Sie sind wegen des höheren Phosphorgehaltes weniger dehnbar als ihre Umgebung und reissen beim Zerreissversuch vorzeitig ein. Das Vorhandensein solcher Fehlstellen lässt sich am besten metallographisch feststellen. Die Ursache der Sprödigkeit kann entweder durch die Art des Materials oder durch seine Wärmebehandlung (Ueberhitzung usw.) bedingt sein. Ueber die durch letztere Ursache erzeugte Sprödigkeit und die Möglichkeit der Heilung ist eingehend berichtet worden in „Krankheitserscheinungen in Eisen und Kupfer“ (E. Heyn. „Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure“ 1902). Sie kann an Eisensorten auftreten, die bei richtiger Behandlung völlig einwandsfrei sind. Sprödigkeit kann aber auch bedingt werden durch schlechte Materialeigenschaften. Besonders auffällig ist die Wirkung von Aussaigerungen phosphor- und schwefelreicher Stellen innerhalb des Querschnittes, die durch geeignete Aetzverfahren erkannt werden können. In manchen Flusseisenblechen sind Schnüre phosphorhaltigen Eisens eingelagert, deren Phosphorgehalt bis zu 0,3 v. H. und noch höher steigt. Diese Schnüre liegen in grober oder feiner Verteilung meist in der Kernzone und diese ist dann wesentlich phosphorreicher als die Randzone. Infolge solcher örtlichen Phosphoranreicherungen wird das Eisen sehr empfindlich gegen stossweise Beanspruchung im verletzten Zustande, was sich durch Kerbschlagbiegeproben nachweisen lässt. Die Empfindlichkeit ist am grössten dort, wo die Phosphorschnüre eingelagert sind. Entsprechend dem verschiedenen Phosphorgehalt in Kern- und Randzone ist auch der Sprödigkeitsgrad in den Stäben aus den verschiedenen Zonen verschieden. Werden Nietlöcher in solchen Fällen gestossen (nicht gebohrt), so reissen die phosphorreichen Schnüre am Lochumfang infolge der starken Beanspruchung beim Lochstossen auf und wirken wie Kerbe. Erfahrungsgemäss reissen solche Bleche bei irgend einer gelegentlichen stossweisen Beanspruchung, die sich nie völlig vermeiden lässt, an den Nietlöchern ein und der Bruch setzt sich plötzlich von da aus über grosse Wege mitten in das Blech hinein fort. Die Verwendung derartiger Bleche für den Kesselbau schliesst schwere Gefahren in sich, um so mehr, als Festigkeitsuntersuchungen, wie sie die Würzburger Normen vorschreiben, die vorhandene Sprödigkeit vielfach gar nicht erkennen lassen. Das in dem Bericht angeführte Beispiel zeigt, dass bei einem Mantelbleche die Zugfestigkeit und Dehnung den Normen genügte und nur die Kerbschlagbiegeprobe die grosse Sprödigkeit des Materials erkennen liess. In mehreren Fällen erwies sich die metallographische Untersuchung geeignet zur Aufklärung besonderer Erscheinungen an gehärteten Werkzeugstählen, insbesondere an Schnelldrehstählen, ferner zum Nachweis etwa vorhandener Schweissungen und deren Güte, zur Erklärung von Brüchen in gehärteten Stahlstücken und des Rissigwerdens gelöteter Kupferrohre, In einem Fall wurde von den vollkommenen Mitteln des Amtes Gebraugh gemacht, um den Einfluss der mechanischen und der Wärmebehandlung von Stahl in den verschiedenen Abschnitten des Betriebes festzustellen. Zu diesem Zweck wurden Messungen zur Ermittelung des Wärmegrades beim Ein- und Austritt aus den Walzen, des Wärmegrades beim Glühen usw. vorgenommen, so dass die Art der Wärmebehandlung genau festgelegt war. Darauf wurden die Veränderungen des Gefüges in den einzelnen Behandlungszuständen und zugleich die zugehörigen Festigkeitseigenschaften festgestellt. Für die Industrie ist es zweifellos von grösstem Wert, wenn solche Untersuchungen öfter gemacht werden, da auf diese Weise über eine Reihe sonst unerklärlicher Erscheinungen Aufschluss erlangt werden kann, die bei empirischer Behandlung gar nicht oder nur unter Aufwendung unverhältnismässig hoher Kosten aufgeklärt werden können. In der Abteilung für allgemeine Chemie wurden 315 Anträge mit 541 Untersuchungen erledigt, von denen die folgenden hervorgehoben sein mögen: Zur Feststellung der Gefahrlosigkeit im Eisenbahnverkehr wurden verschiedene Proben von Sicherheitszündhölzern, bengalischen Zündhölzern und Magnesium-Blitzlichtpulvern auf ihr Verhalten gegen Stoss, Schlag und Reibung sowie auf ihren Zündungsgrad untersucht. Die Prüfungsergebnisse waren bei sämtlichen Proben derart günstige, dass keinerlei Bedenken gegen die Zulassung zum Eisenbahnversand erhoben werden konnten. Die Prüfung eines Leuchtgas-Heizapparates auf Gesundheits-Schädlichkeit beim Gebrauch infolge Auftretens unvollständig verbrannter (kohlenoxydhaltiger) Gase ergab Spuren solcher Gase, deren Entstehung wahrscheinlich einer geringfügigen Unvollkommenheit in der Konstruktion des Apparates zuzuschreiben war. Die festgestellten Mengen unvollständig verbrannter Gase waren so gering, dass sie nicht für gesundheitsschädlich angesehen werden konnten. Um die Güte der Verzinkung elektrolytisch verzinkter Nägel auf einfache Weise zu ermitteln, war ein Untersuchungsverfahren empfohlen worden, das sich auf das verschiedenartige Aussehen der beim Eintauchen von Eisen und Zink in Kupfersulfatlösungen entstehenden Kupferabscheidungen gründete. Dem Amt war die Aufgabe gestellt, an der Hand verschiedener Sorten elektrolytisch verzinkter Nägel die Brauchbarkeit des Verfahrens zu prüfen. Die Prüfung ergab seine völlige Unzulänglichkeit für die in Betracht kommenden elektrolytisch verzinkten Nägel, deren Verzinkung, wie die Analysen ergaben, allerdings sehr schwach war. Mit einem Kesselsteinverhütungsmittel wurden dem Antrag gemäss umfangreiche Untersuchungen darüber angestellt, ob ein mit diesem Mittel versetztes Leitungswasser bei 5 Atmosphären Dampfdruck Eisenstäbchen mehr angreift, eis das gleiche Wasser ohne diesen Zusatz und ob bei diesen Versuchen eine wesentliche Verschiedenheit in der Menge der auf den Eisenstäbchen entstehenden Ablagerungen von Bestandteilen des Wassers (Kesselsteinbildner) festzustellen sei. Das Ergebnis dieser Untersuchungen war derart, dass weder ein nachteiliger, noch ein günstiger Einfluss des Kesselsteinverhütungsmittels bezüglich beider Gesichtspunkte hergeleitet werden konnten. Die Ursache dieses unbefriedigenden Ergebnisses war, wie die Analyse der Ablagerungen auf den Eisenstäbchen ergab, zum Teil dem Material des bei den Versuchen verwendeten Autoklaven (Kupfer mit Dichtungen aus Blei) zuzuschreiben. Derartige Prüfungen von Kesselsteinverhütungsmitteln sollten daher nur in entsprechenden kleinen Versuchskesseln aus Eisenblech vorgenommen werden. Indigofarbige Tuche wurden wiederholt auf Reinheit der Indigofärbung untersucht, da es nicht selten vorkommt, dass indigogefärbte Tuche, die infolge unsachgemässer Behandlung beim Färben nicht den gewünschten Farbenton erhalten haben, durch Ueberfärbung mit den viel weniger haltbaren Anilinfarbstoffen nachträglich geschönt werden. Ein neues Untersuchungsverfahren zur leichten Eroennung solcher Ueberfärbungen wurde auf seine Brauchbarkeit geprüft. Dabei wurde durch viele Versuche festgestellt, dass dieses Verfahren in den weitaus meisten Fällen einen sicheren Schluss auf etwaige Ueberfärbungen zulässt. In der Abteilung für Oelprüfung wurden 982 Proben zu 508 Anträgen geprüft. Hier mögen folgende Arbeiten besonders genannt sein: Prüfung von Rohöl auf Verarbeitungsfähigkeit durch Destillationsversuche und Paraffinbestimmung; Untersuchungen von Kienöl auf Mineralölgehalt. – Hierüber zeigte sich, dass die zur Prüfung von Terpentinöl auf Mineralöl benutzte Herzfeldsche Probe mit Schwefelsäure für Kienöl nur bedingt brauchbar ist, da auch bei reinen Kienölen 3,5–10 v. H. von der Säure nicht gelöst werden; – Prüfungen von: Leinölfirnissen und Leinölen auf Reinheit und Trocknungsvermögen, Anstrichmassen und wasserlösliche Oele auf das Angriffsvermögen auf Metalle. Aus den wissenschaftlichen Arbeiten sei folgendes erwähnt: Durch Untersuchung der in Wollfettoleïne enthaltenen etwa 40 bis 60 v. H. betragenden unverseifbaren Stoffe, die äusserlich hellen Mineralschmierölen völlig gleichen und schon häufig zu falscher Beurteilung solcher Oleïne Anlass gegeben haben, wurde von J. Marcusson festgestellt, dass diese Stoffe sich von Mineralölen durch ihr starkes optisches Drehungsvermögen (αD = + 18 bis + 28), ihre hohe Jodzahl (59–79) und beträchtlichen Sauerstoffgehalt unterschieden. Ausserdem geben sie infolge Gehalts an Cholesterinabkömmlingen scharf die Liebermannsche und Hager-Salkowskische Reaktion auf Cholesterinderivate. Mineralölzusätze werden im Wollfettoleïn die Jodzahl und das optische Drehungsvermögen der unverseifbaren Stoffe erniedrigen, während Harzölzusätze durch Geruch, erhöhtes spez. Gewicht, erhöhte Löslichkeit in Alkohol und hohes Refraktionsvermögen der alkoholischen Anteile nachzuweisen sind. Auch in Destillatoleinen aus gewöhnlichen Fetten sind 3 bis 10 v. H. optisch aktive (αD = + 4,8 bis + 9,6) unverseifbare Stoffe von mineralölartigem Aussehen gefunden worden, die ihr optisches Drehungsvermögen nur einem Gehalt an Zersetzungsstoffen des Cholesterins verdanken können. Durch Destillieren von reinem Cholesterin und Auskochen des Destillates mit Acetanhydrid werden völlig mineralschmierölartige, ebenfalls stark drehende Destillate gewonnen. Da Erdöl nach der meistbegründeten Engler-Höferschen Theorie aus Fetten der Meeresfauna entstanden ist, liegt die Annahme nahe, das optische Drehungsvermögen des Erdöls auf Zersetzungsstoffe des Cholesterins zurückzuführen. Diese Produkte müssten sich in der Schmierölfraktion angereichert finden, was mit Literaturangaben gut im Einklang steht. Sowohl durch theoretische Erwägungen als durch den Versuch wurde es wahrscheinlich gemacht, dass sich bei der Zersetzung der Fette der Meeresfauna schmierölartige Stoffe in einem früheren Zeitraum als dünnflüssige, petroleumartige Stoffe gebildet haben, dass also nicht, wie bisher angenommen wurde, Schmieröl im wesentlichen durch Polymerisation des „Protopetroleums“, sondern vielmehr das Petroleum erst aus dem Schmieröl durch tiefgreifende Zersetzung infolge von Druck- oder Temperatursteigerung entstanden sei. Bezüglich der Verseifbarkeit von Bienenwachs war von Dr. R. Cohn behauptet worden, dass entgegen den bisherigen Erfahrungen erst durch mehrstündiges Kochen mit \frac{n}{2} alkoholischer Lauge vollständige Verseifung zu erzielen sei, und dass das Henriquesche Verfahren der kalten Verseifung zu niedrige Zahlen ergibt. Versuche erwiesen jedoch, dass die gemachten Beobachtungen unzutreffend waren.„Zeitschrift für öffentliche Chemie“, XI, 1. In einer Anzahl von Oelen und Fetten glaubten verschiedene Autoren gesättigte normale Fettsäuren oder Isosäuren der Formel C17H34O2 gefunden zu haben. Durch ausgedehnte fraktionierte Fällungen mit Magnesiumacetat verbunden mit Kristallisation wurde jedoch nachgewiesen, dass diese vermeintlichen Heptadecylsäuren aus einem Gemisch mehrerer Säuren von verschiedenem Molekulargewicht bestanden, welche durch fraktionierte Fällung und Kristallisieren nur äusserst schwer zu trennen waren und daher als einheitliche Säuren erschienen.„Mitteilungen“ 1905 und „Bericht der Deutschen Chemischen Gesellschaft“ 1905, Heft 5. Im Anschluss an eine schon im vorigen Jahre begonnene Arbeit über den Tropfpunkt wurde gezeigt, dass die bis jetzt üblichen Verfahren zur Bestimmung des Tropfpunktes von Paraffin, Ceresin, Schmierfetten usw., abgesehen von erheblichen Abweichungen bei Wiederholungsversuchen, Mittelwerte ergeben, die bis zu 5° von dem wahren Tropfpunkt entfernt liegen. Für den wahren Tropfpunkt wurde eine physikalische Begriffsfeststellung gegeben; zur leichten Bestimmung dieses Punktes wurde ein Apparat konstruiertUbbelohde,„Mitteilungen“ 1904, Heft 5 und „Zeitschrift für angewandte Chemie“ 1905, Heft 31.. Die im Amt gesammelten Erfahrungen über Transformatorenöle und Schalteröle wurden zusammenfassend beschriebenHolde,„Mitteilungen“ 1904, Heft 3.. In Schieberkästen von Pressluftpumpen sowie in Zylindern und Schieberkästen von Heissdampfmaschinen finden sich gelegentlich dunkle Rückstände, In Pressluftpumpen sind die Rückstände mehrfach unter starker explosionsartiger Verbrennung gebildet worden. Die Ergebnisse der Untersuchung einer Anzahl solcher Rückstände wurden beschriebenHolde,„Mitteilungen“ 1904, Heft 4..