Titel: Fortschritte auf dem Gebiete der Funkentelegraphie.
Autor: Otto Nairz
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 396
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Fortschritte auf dem Gebiete der Funkentelegraphie. Von Ingenieur Otto Nairz, Charlottenburg. Fortschritte auf dem Gebiete der Funkentelegraphie. Textabbildung Bd. 321, S. 395 Fig. 1. Sendestation der Demonstrationsapparate für drahtlose Telegraphie. Von allen Erfindungen, die der Funkentelegraphie zu der Bedeutung verholfen haben, die sie heute unstreitig erlangt hat, ist zweifellos der Kupplungskreis von weittragendster Bedeutung gewesen. Die heute von der Gesellschajt für drahtlose Thelegraphie, die bekanntlich bis jetzt ebensoviele Stationen errichtet hat wie alle übrigen Gesellschaften zusammen, am meisten verwendete Form lässt sich besonders gut erkennen aus den hübschen Demonstrationsapparaten, die die genannte Gesellschaft auf den Markt gebracht hat. Obwohl dieselben nur Unterrichtszwecken dienen sollen, lassen sie doch alle Chikanen erkennen, mit denen eine moderne Station ausgerüstet werden muss, um das Maximum an Reichweite zu erlangen. Der Sender, den Fig. 1 einschliesslich Luftleiter und dessen Apparateanordnungen (Fig. 2) veranschaulicht, wird durch Fig. 3 und 4 hinsichtlich der Schaltung charakterisiert. Er besteht aus einem Luftdraht von 2,5 m Länge, 3 Windungen der Spule L, einer Schiebespule mit den Marken ADBC und dem ebenso langen Gegengewicht. Die Funkentelegraphie arbeitet ja so, dass der Luftdraht, die Antenne, in einer Viertelwelle schwingt, während das natürliche eine halbe Welle ist. Textabbildung Bd. 321, S. 395 Fig. 2. Der Sender. Textabbildung Bd. 321, S. 395 Fig. 3. Schaltungsschema des Senders. (Grundriss.) Die zweite Viertelwelle lässt man entweder durch die Erde oder ein sogenanntes Gegengewicht aufnehmen. Eine gute Erde, nämlich leicht erreichbares Grundwasser hat man aber nicht überall zur Verfügung, so dass man gezwungen ist, Leiter in einer Weise auszuspannen, die sie befähigt, eine Viertelwelle aufzunehmen, d.h. den Spannungsknoten an die gewünschte Stelle zu bringen. Es ist bekannt, dass derselbe um den Betrag einer Viertelwelle vom freien Ende, das allemal den Spannungsbauch darstellt, entfernt ist. Mit der Stromverteilung verhält es sich dagegen umgekehrt. Hierbei befindet sich der Bauch in der Mitte und die beiden Knoten an den Enden. Man kann sich den Grund dafür leicht verständlich machen, wenn man sich vor Augen hält, dass ein elektrischer Strom immer ein Potentialausgleich ist. Vom Punkte höchster Spannung positiven Vorzeichens, der sich in einem betrachteten Momente etwa am oberen Ende eines in einer halben Welle schwingenden Drahtes befinden mag, fliesst der Strom nach dem Punkte niederster Spannung (negatives Vorzeichen). Aber nicht nur zwischen Punkten mit Maximalwerten der Spannung findet eine Strömung statt, sondern überhaupt zwischen Punkten verschiedenen Vorzeichens. Es überlagern sich deshalb in der Mitte, dem Spannungsknoten, die Ströme zu deren Bauch. Textabbildung Bd. 321, S. 396 Fig. 4. Schaltungsschema des Senders. Textabbildung Bd. 321, S. 396 Fig. 5. Der Empfänger. Die beiden Drahtenden des Luftdrahtes krönt je ein etwa 0,5 qm grosses Drahtnetz. Dasselbe stellt eine Endkapazität vor, wie sie seinerzeit von Marconi verwendet wurde. Eine solche lässt die Kapazität des Leiters, sowie dessen Eigenwellenlänge, ebenso wie den schwingenden Strom, der der Wurzel aus der Kapazität proportional ist, grösser werden. Mit dem Luftdraht ist ein Kondensatorkreis insofern direkt gekuppelt, als beiden von sieben Windungen der Spule L die drei schon erwähnten gemeinsam sind. Diesem Kreise gehört ferner an eine Leydenerflasche c, deren äussere Belegung von etwas kleinerer Oberfläche als die innere ist, durch Verschieben innerhalb einer metallischen Führungshülse aber auf verschiedene Grösse der Kapazität eingestellt werden kann. Es ist dies nötig, um die Frequenz des Kreises jener der Antenne anpassen zu können, welche bei den Demonstrationsapparaten auf vier verschiedene Wellenlängen (entsprechend ADBC) eingestellt werden kann. Die Wichtigkeit mit verschiedenen Wellen arbeiten zu können liegt auf der Hand; die deutsche Marine z. B, arbeitet mit sieben und ist darum den ausländischen überlegen. Endlich enthält der Kupplungskreis noch das notwendige Uebel aller Funkentelegraphenanlagen, die Funkenstrecke F. Die Speisung derselben erfolgt durch einen kleinen Induktionsapparat und 12 winzige, in Parallelschaltung befindliche Trockenelemente E unter Zuhilfenahme der Taste T. Textabbildung Bd. 321, S. 396 Fig. 6. Schaltungsschema des Empfängers. (Grundriss.) In bezug auf den Luftleiter ist der Empfänger von gleicher Bauart wie der Sender. Die Anordnung seiner Apparate zeigt Fig. 5, die Schaltungsschemata Fig. 6 und 7. Auch hier enthält der Luftdraht zwei Spulen, von denen die eine wieder die Marken ADBC zeigt und die andere die primären Windungen jenes Transformators enthält, der die Schwingungen auf einen geschlossenen Kreis überträgt. Die sekundären Windungen des Transformators sind mit einem veränderlichen Kondensator C, verbunden, der nötig ist, um Resonanz herzustellen mit dem Luftleiter, entsprechend den Wellen ADBC. Als Wellenanzeiger ist bei den Demonstrationsapparaten der Fritter F verwendet, der ja immer noch der einzige Detektor ist, der das Schreiben gestattet. Derselbe wird in Reihe mit einem relativ grossen Kondensator c an den veränderlichen gelegt. Er gestattet in allbekannter Weise beim Auftreffen der elektrischen Schwingungen einem Lokalstrom den Durchgang, welcher seinerseits durch Klopfen die Entfrittung, sowie das Schreiben besorgt. Hieran ist wenig Neues zu sehen. Textabbildung Bd. 321, S. 396 Fig. 7. Schaltungsschema des Empfängers. Die Wellenlängen, mit denen diese Apparate arbeiten, liegen zwischen 30 und 50 m. Man kann innerhalb der Abmessungen bewohnter Räume nicht nur störungsfrei mit ihnen telegraphieren, sondern auch die Notwendigkeit der Resonanz erkennen. Sender und Empfänger arbeiten nämlich nur zusammen, wenn sie auf die gleiche Wellenlänge abgestimmt sind, nicht aber wenn der eine die Welle A und der andere DB oder C eingestellt hat. Ja man kann von einem Sender aus zwei Empfänger betätigen, die auf verschiedene Wellen eingestellt sind, ohne dass sich letztere gegenseitig stören. Die hiermit beschriebenen Demonstrationsapparate lassen den Wert der gekuppelten Sender- und Empfängeranordnung deutlich erkennen, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn man den Kupplungskreis abschaltet. Unstreitig ist jedoch der wissenschaftliche Zusammenhang der Phänomene, die in der Funkentelegraphie ausgenutzt werden, ein ziemlich komplizierter, so dass es nicht Wunder nehmen darf, dass das Wesen des gekuppelten Senders lange Zeit unbekannt geblieben ist – was es nämlich trotz der theoretischen Arbeiten von Abraham und Wien tatsächlich ist. Im Folgenden werden wir jedoch sehen, dass neuere Experimentaluntersuchungen volle Klarheit darüber gebracht haben. (Fortsetzung folgt.)