Titel: Neuere Schienenstossanordnungen mit enger Stosschwellenlage.
Autor: F. Jaehn
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 401
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Neuere Schienenstossanordnungen mit enger Stosschwellenlage. Von Regierungsbaumeister F. Jaehn in Bromberg. Neuere Schienenstossanordnungen mit enger Stosschwellenlage. Die Wirtschaftlichkeit einer Oberbauanordnung wird in erster Linie durch eine möglichst gleichmässige Abnutzung aller ihrer Teile bedingt. Die Schienen sind der wichtigste Bestandteil des Gleisbaues und ihre möglichst lange Dauer ist somit die wesentlichste Voraussetzung einer wirtschaftlichen Gleisunterhaltung. Von der grössten Bedeutung für die Schienendauer ist aber der Widerstand der Stossverbindung, weil die Zerstörung der Schienen zuerst am Stosse auftritt. An der Stosstelle sind die Schienen den Hammerschlägen der Räder am meisten ausgesetzt, sie erfahren daher hier die meisten Beschädigungen. Die dabei entstehenden Plattdrückungen, Auswalzungen und Streckungen des Schienenkopfes können die Längenausdehnung der Schienen verhindern und seitliche wie senkrechte Ausbiegungen verursachen. Diese Zerstörungen der Schienenenden nehmen erheblich zu, sobald durch die Abnutzung der Laschenanlageflächen – sowohl an den Schienen wie auch den Laschen – die Schienenverbindung gelockert wird. So kommt es, dass bisher ein hoher Prozentsatz alter Schienen durch Breitdrücken und Verletzungen ihrer Enden vorzeitig ausgewechselt werden musste. Es kann also nicht Wunder nehmen, wenn seit dem Bestehen der ersten Bahnen die Frage der zweckmässigsten Schienenstossverbindung die Oberbautechniker und die Eisenbahnverwaltungen, insbesondere den Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen beschäftigte. Vor sechs Jahren nun stellte die Generaldirektion der kgl. bayrischen Staatseisenbahnen bei der geschäftsführenden Verwaltung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen den Antrag auf Abgabe eines Gutachtens über die Frage: „Welche Mittel zur Beseitigung bezw. Minderung der schädlichen Einflüsse des Schienenstosses haben sich als die geeignetsten erwiesen?“ Im Oktober 1899 legte die mit der Behandlung der Frage für den Verein betraute Direktion der Kaiser Ferdinands-Nordbahn (Baudirektor Ast) die Berichterstattung vor: sie war auf Grund der von den Vereinsverwaltungen beantworteten Fragebogen zu folgenden Ergebnissen gelangt: 1. Die jetzige Laschenverbindung am schwebenden Stosse ist sehr mangelhaft; infolge ihrer hohen Biegungsspannungen und Laschendrucke erleidet sie Materialbeanspruchungen, welche das Mass der im ungeteilten Gleis vorkommenden weit überschreitet. 2. Die Verbesserungsvorschläge erstrebeneinerseitsgehörige Steifigkeit und Tragfähigkeit der Gleisanordnung selbst,Laschen mit Querschnitten, deren Trägheitsmoment sich jenem der Schiene tunlichst nähert,Vergrösserung der Laschenanlageflächen und der Laschenlängen, Verkleinerung der Stosschwellenabstände; anderseitsneue Anordnungen für sanfte Ueberleitung der Radlasten über die Stosslücke. 3. Zur Beseitigung der schädlichen Einflüsse des Schienenstosses werden Versuche, welche eine Verringerung der Zahl der Gleisunterbrechungen bezwecken, vornehmlich die Verwendung langer Schienen, empfohlen. Insbesondere wird ausser dem festen Stosse auf Holzschwellen die Erprobung aller jener Anordnungen angeregt, welche auf eine Vereinigung der Vorzüge des ruhenden mit jenen des schwebenden Stosses hinzielen. 4. Empfohlen wird ferner, die Stossverbindung tunlichst von der Aufgabe zu befreien, zugleich als Schutzmittel gegen das Wandern der Schiene zu dienen. Die in diesen Ergebnissen niedergelegten wertvol,en Anregungen haben den Anstoss zu einer erheblichen Anzahl von Vorschlägen zur Verbesserung oder Neugestaltung der Stossverbindungen sowie zur Vornahme von Versuchen gegeben, deren Ergebnisse jetzt vorliegen.Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen, Protokoll No. 81 über die Verhandlungen am 14.–16. September 1905. Ganz besondere Beachtung unter den mannigfachen Vorschlägen zur Erzielung einer erhöhten Widerstandsfähigkeit des Gleises an seiner Unterbrechungsstelle verdienen gerade diejenigen, welche die als vorteilhaft anerkannten Eigenschaften des schwebenden Stosses mit jenen des ruhenden zu vereinen suchen. Zu dieser Gruppe sind fraglos jene Schienenstossverbindungen zu zählen, die auf einen Uebergang vom schwebenden zum festen Stosse durch eine möglichst verminderte Entfernung der Schienenstoss-Unterstützungen hinzielen. Es mögen daher an dieser Stelle in Kürze die bemerkenswertesten guten Eigenschaften und die ihnen entgegenstehenden Mängel der beiden Hauptvertreter aller heute gebräuchlichen StossanordnungenSteiner, die neuen Vorschläge zur Lösung der Schienenstossfrage. Wien, 1905, S. 5. erwähnt werden. Beim schwebenden Stoss ist als besonderer Vorzug die Möglichkeit einer elastischen Uebertragung der beim Befahren der Schienenunterbrechung unvermeidlichen Stosse auf zwei Schwellen sowie die einer leichteren Anordnung längerer, günstig geformter Laschen mit entsprechender Vermehrung der Berührungsflächen hervorzuheben. Beim festen Stosse muss die rechnerisch leicht nachzuweisende, geringe Beanspruchung der Schienenenden und ihrer Verbindungsteile sowie die bedeutende Einschränkung der Stufenbildung als Vorteil angesehen werden. Die Nachteile liegen bei der erstgenannten Anordnung einerseits im leichteren Lockerwerden der schwer zu versichernden Einzelteile und in dem damit verbundenen Materialverschleiss, anderseits, wenn einmal eine Lockerung stattgefunden hat, in dem ungehinderten Spiele der Schienenenden und den schädlichen bleibenden Einsenkungen. Bei der zweiten Verbindung müssen als Nachteile die beständigen Schwankungen der Stosschwelle um ihre Längsachse infolge der nacheinander eintretenden Einbiegungen der einen und der anderen Schiene, ihre dadurch begründete rasche Senkung, die Zerstörung der Schienenenden zwischen Rad und Schwelle wie zwischen Hammer und Ambos, schliesslich die Beeinträchtigung der Laschenwirkung durch gelenkartige Bewegungen genannt werden. Die Aufgabe einer in jeder Hinsicht vollkommenen Stossverbindung wird es sein, beim Uebergange des Rades die Höhen- und die Richtungsunterschiede der beiden Schienenenden auf ein kaum merkliches Mass, das sich möglichst dem Werte 0 nähert, herabzumindern, damit die Stösse in wagerechter Richtung – Gegenstossen des Rades gegen den Schienenkopf – und in senkrechter Richtung – Aufschlag des Rades und Rückschlag des Gestänges – erheblich abgeschwächt oder ganz vermieden werden. Die auf Erreichung dieses Zieles gerichteten Bestrebungen sind sowohl praktischer wie theoretischer Natur. Die ersteren zielen darauf hin, die Steifigkeit des Stosses zu erhöhen und die Stetigkeit der Laufflächen durch möglichste Unbeweglichkeit der Schienenenden oder durch Unschädlichmachung der Stosslücken zu gewährleisten. Die Bestrebungen theoretischer Art gehen von der aus theoretischen Untersuchungen geschöpften Erkenntnis aus, dass die selbständige, ungleichzeitige Bewegung der beiden Schienenenden an der Stosstelle nicht vermieden werden kann und dass es daher zweckmässiger ist, auf diese Beweglichkeit von vornherein bei der Stossausbildung Bedacht zu nehmen, als ihre kaum mögliche Beseitigung zu erstreben. Theorie wie Praxis haben jedoch unzweifelhaft den günstigen Einfluss verminderter Stosstützenentfernung erwiesen und allgemein machte sich das Bestreben geltend, diese Entfernung, soweit praktisch angängig, einzuschränken. Praktische Schwierigkeiten bei derartigen Anordnungen bot aber die Ausführbarkeit einer festen Unterstopfung der Stosschwellen. Wird die Stosstützenentfernung so weit verringert, dass eine gute Unterstopfung der Stosschwellen vom Stosse aus kaum möglich ist, so wird natürlich der beabsichtigte Vorteil durch den Nachteil einer schlechten Schwellenlage zum mindesten aufgehoben, wenn nicht gar sich eine Verschlechterung in dem Verhalten der ganzen Stossverbindung zeigt. Man wird daher darauf Bedacht nehmen müssen, auf andere Weise die Entfernung der Schienenstossunterstützungen zu verringern. Von den hierauf hinzielenden Vorschlägen verdienen ganz besondere Beachtung die von Bräuning, von Wasiutynski und von Schubert angegebenen Anordnungen. BräuningC. Bräuning, die Formänderungen der Eisenbahnschienen an den Stössen, Zeitschr. f. Bauw. 1893, S. 446. geht von dem Bestreben aus, in erster Linie die Bedingungen zu beseitigen, unter denen die ersten Formänderungen vor sich gehen und schlägt die Einführung einer elastischen Stossbrücke unter Beibehaltung des schwebenden Stosses vor. BlumBlum, Zur Frage des Schienenstosses, Zentrbl. d. Bauv. 1894, S. 466. hat die Zweckmässigkeit einer derartigen elastischen Stossbrücke theoretisch nachgewiesen und Anregungen für ihre praktische Ausgestaltung gegeben. Die Ergebnisse seiner Ausführungen gipfeln darin, dass es bei einer Stossbrücke der gedachten Art mit schwebendem Stosse mit verhältnismässig einfachen Mitteln möglich ist, die Höhenlage der Schienenlaufflächen am Stosse in möglichst genaue Uebereinstimmung zu bringen, was gerade beim Laschenstoss unmöglich und dessen Haupt- und Urfehler ist. Vom Standpunkte des Oberbautechnikers ist es als bedauerlich zu bezeichnen, dass diesen auch heute noch durchaus zeitgemässen Vorschlägen so wenig Beachtung geschenkt, bezw. dass nichts über etwaige auf diesen Grundsätzen beruhende Stossanordnungen bisher an die Oeffentlichkeit gedrungen ist. In gewisser Weise hat der von Bräuning angegebene Grundgedanke Anwendung bei dem von Haarmann entworfenen StarkstossoberbauA. Haarmann, Das Eisenbahngleise. Kritischer Teil. 1902, S. 219. gefunden. Haarmann lässt jedoch die Schienen in der ganzen Brückenlänge auflagern, während die Auflagerung in vier Punkten nach Bräunings Angaben theoretisch richtiger bezeichnet werden muss und sich auch im Einklänge mit den Forderungen des ersten Oberbautheoretikers Dr. ZimmermannDr. H. Zimmermann, Die Bedingungen einer dauerhaften Schienenstossverbindung, S. 9 und S. 17. befindet. WasiutynskiA. Wasiutynski, Beobachtungen über die elastischen Formänderungen des Eisenbahngleises. Org. f. Fortschr. d. Eisenbahnw. 1899. Ergänzungsheft. hält es für das zweckmässigste, die Stosschwellen unmittelbar aneinander zu rücken und sie nur von aussen zu unterstopfen, weil dann auf keinen Fall seitliches Ausweichen der Bettung zwischen den Stossschwellen vorkommen kann. Auf Grund seiner Untersuchungen kommt Wasiutynski zu dem Ergebnis, dass eine Beseitigung der Vertiefung im Stosse beim Uebergange des Rades möglich ist, und zwar 1. entweder durch Auseinanderrücken der unter dem mittleren Teile des Schienenpaares liegenden Schwellen, 2. oder durch Verkleinerung des Abstandes der Stossschwellen, sofern die allgemeine Steifigkeit des Gleises nicht beeinträchtigt werden soll. Es liegt nun die Möglichkeit vor, dass infolge der Aneinanderrückung der Stosschwellen die Stossverbindung im Vergleich zu den üblichen sich starrer und weniger elastisch gestaltet und daher das Gestänge im mittleren Teile der Schienen erhebliche, bleibende Einsenkungen erleidet. Wasiutynski hat diesen Umstand in Rechnung gezogen und gefunden, dass bei Unterstützung des Stosses durch zwei Schwellen, ferner bei einem Mittenabstand dieser Stosschwellen von den nächst liegenden Schwellen um 55 cm, und schliesslich bei einem Mittenabstand der übrigen Schwellen von 85 cm die Senkung sämtlicher Schwellen des Schienenpaares gleich wird. Es war schon im vorhergehenden auf die Schwierigkeit einer guten Unterstopfung bei enger Stosschwellenlage hingewiesen worden. Für die Dauerhaftigkeit derartiger Stossverbindungen ist aber ein ordnungsmässiges Unterstopfen der Stosschwellen von erheblichem Einfluss. Dies aber wird nur ermöglicht durch eine zweckmässige Schwellenform und durch die Güte der Bettung. In dieser Beziehung ist der Vorschlag Schuberts zur Erzielung enger Schwellenlage ausserordentlich bemerkenswert. SchubertE. Schubert, Schwellenabstand und Bettungsstoff im Eisenbahngleise. „Zeitschrift für Bauwesen“, 1897, S. 207. hat durch eingehende langjährige Versuche festgestellt, dass die Rippen- oder Kreuzschwelle (Fig. 5b) infolge ihrer sehr rasch eintretenden festen Lagerung bei einem Schwellenabstande von nur 0,36 m ganz besonders geeignet sei, die Kräftigung des Schienenstosses in wesentlich höherem Masse zu bewirken, als es die sonst üblichen Anordnungen vermögen. Doch auch in wirtschaftlicher Beziehung sind Schwellenform und Bettungsstoff von ganz erheblichem Einfluss. Die vollkofferige Schwelle (Fig. 7a) erfordert bei der Gleisunterhaltung doppelt soviel Arbeitslohn und gebraucht doppelt soviel Stopfmaterial, als die Schwelle mit Mittelrippe und die Holzschwelle. Steinschlagbettung aus hartem Gestein ist der Kiesbettung in bezug auf Arbeitslohn um das Dreifache, in bezug auf Verbrauch an Bettungsstoff um das Sechsfache überlegen. Man hat mehrfach eine erhöhte Tragfähigkeit der Stossverbindung durch möglichst nahe Aneinanderlegung der Stosschwellen zu erreichen gesucht und ist in der Verringerung des Stosschwellenabstandes soweit gegangen, dass ein Unterstopfen der Schwellen von der Stosseite nicht mehr möglich war. Auch über diesen Fall der einseitigen Unterstopfung hat SchubertE. Schubert, Ueber die Vorgänge unter der Schwelle eines Eisenbahngleises, „Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnw.“ 1899, S. 118 und 137. interessante Versuche angestellt, durch die sich die Beeinträchtigung der Tragfähigkeit einer nur einseitig unterstopften Schwelle zahlenmässig nachweisen liess. Nach den Ergebnissen dieser Versuche beträgt die Tragfähigkeit der nicht gestopften Schwellenkante nur noch ein Viertel derjenigen der gestopften Kante. Die Schwelle muss sich also bei eintretender Belastung nach innen neigen, so dass für den Schienenstoss nicht die Stützweite a (Fig. 1), sondern die um die doppelte Breite der Unterlagsplatten grössere Stützweite b (Fig. 2) zur Geltung kommt. Textabbildung Bd. 321, S. 403 Fig. 1. Textabbildung Bd. 321, S. 403 Fig. 2. Es ist nun ferner der Umstand in Rechnung zu ziehen, dass die Schiene den beim Uebergange des Rades ausgeübten Druck infolge ihrer elastischen Durchbiegung nicht gleichmässig auf die ganze Fläche der Unterlagsplatte verteilt, sondern ihn nach der jeweiligen augenblicklichen Stellung des Rades im Stossnachbarfelde oder im Stossfelde auf die der Stossstelle abgekehrte oder zugewendete Kante überträgt, so dass eine ungleichmässige Beanspruchung der Bettung unter der Schwelle entsteht. Bei nur mangelhaft oder garnicht von der Stosseite her gestopften Stosschwellen müssen von dem ersten Befahren der Stosstelle ab Einsenkungen eintreten, die sich infolge des fortschreitenden Verschleisses von Lasche und Schiene steigern. Der Schienenstoss erfährt unter den überrollenden Lasten wuchtige Schläge, welche zur weiteren Zunahme der Einsenkungen insbesondere der Schienenenden beitragen, die Stosschwellen in die Bettung hämmern und schliesslich, wenn die Elastizität der Bettung erheblich oder fast ganz nachgelassen hat, die Schienenenden breitschlagen. Diese schädlichen Einsenkungen können, abgesehen von einer Verstärkung der Schwelle und Vergrösserung der Schwellenbreite, oder besonderer Stosstützenauflagerung (Stossbrücken oder Langschwellen zwischen den Querschwellen), in erster Linie durch die Form der Unterlagsplatte und ihre der Tragfähigkeit der Bettung unter der Schwelle entsprechenden Stellung zur Schwelle erheblich herabgemindert werden. Auf die Wichtigkeit einer zweckmässigen Ausgestaltung der Unterlagsplatte hat bereits BräuningC. Bräuning, Die Lagerung der Schienen auf kiefernen Schwellen. „Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnw.“, 1899, S. 143 und 157. in seinen interessanten Ausführungen hingewiesen und auch einen der ungünstigsten Belastungsart Rechnung tragenden gusseisernen Schienenstuhl entworfen. Es soli hier nun erörtert werden, in wieweit Form und Stellung der Unterlagsplatte die Beanspruchung der Bettung und die daraus sich ergebenden Einsenkungen zu verringern imstande sind. Man hat oftmals den Oberbau mit einer Brückenanordnung verglichen: Die Schiene entspricht dem Träger, die Unterlagsplatte dem Auflager, die Schwelle dem Widerlager. Es ist nun klar, dass ebenso wie hohe Kantenpressungen des Widerlagers den Baugrund ungünstig beeinflussen, so auch in erhöhtem Masse Kantenpressungen der Schwelle auf die nachgiebige Bettung, zumal noch unter der stossweisen Wirkung der Lasten, zerstörend einwirken müssen. Die Aufgabe der Unterlagsplatte ist es, nicht nur den von der Schiene ausgeübten Druck auf die Schwelle zu übertragen, sondern ihn auch möglichst gleichmässig auf die in Anspruch genommene Schwellenfläche zu verteilen. Dies Ziel kann leicht durch die Gestaltung und die Abmessungen der Berührungsflächen mit der Schiene und mit der Schwelle erreicht werden. Die Berührungsfläche zwischen Schiene und Unterlagsplatte beansprucht nur geringe Abmessungen und würde am zweckmässigsten zylindrisch ausgebildet werden, um die Drehung der Schiene um den Auflagerpunkt infolge der Durchbiegung zu gestatten; wird von dieser zylindrischen Ausbildung abgesehen, so empfiehlt es sich, diese Fläche in der Schienenrichtung möglichst schmal zu halten, damit der ausgeübte Schienendruck sich nach Möglichkeit der senkrechten Mittelachse des Schwellenquerschnitts nähere. Die Berührungsfläche zwischen Unterlagsplatte und Schwelle muss so gross bemessen sein, dass an keiner Stelle die zulässige Beanspruchung des Holzes überschritten wird. Die Stärke der Unterlagsplatte lässt sich bestimmen, wenn man, ähnlich wie bei einem Tangentiallager, die halbe Plattenlänge als Freiträger ansieht, der mit dem gleichmässig verteilten halben Schienendruck belastet ist. Die Breite der Berührungsflächen – in der Schienenrichtung gemessen – zwischen Schiene und Unterlagsplatte und zwischen Unterlagsplatte und Schwelle ist bei den üblichen Unterlagsplatten gleich, während nach den oben erörterten Gesichtspunkten eine erheblich geringere Breite der Berührungsfläche zwischen Schiene und Unterlagsplatte in statischer Hinsicht von Vorteil wäre. Eine Vergleichsberechnung, bei der im ersten Falle beide Berührungsflächen eine Breite von 16 cm, im zweiten Falle die obere Berührungsfläche eine Breite von 6 cm, die untere von 16 cm erhalten sollen, wird uns die Herabminderung der Beanspruchung von Schwelle und Bettung rechnerisch erweisen. In der nachfolgenden Berechnung bedeute: G = Raddruck = 8000 kg, \gamma=\frac{B}{D}=\frac{\mbox{Last, welche die Schiene um 1 cm durchzubiegen vermag}}{\mbox{Last, welche die Schwelle um 1 cm zu senken vermag}} n=\frac{4\,\gamma+1}{8\,\gamma+1} für γ > 1,5    =\frac{\gamma+2}{3\,\gamma+2} für γ < 1,5 P = Schienendruck = nG c1 = obere halbe Breite der Unterlagsplatte = 8 cm, 3 cm c2 = untere halbe Breite der Unterlagsplatte = 8 cm l1 = Länge der Unterlagsplatte = 29 cm d = Schwellenbreite = 26 cm L = wirksame Stützlänge der halben Querschwelle = 75 cm p = Bettungsdruck in kg/qcm = Cy C = Bettungsziffer, gewöhnlich = 3 oder 8 y = Einsenkung der Schwelle in die Bettung in cm σA und σB = grösste Kantenpressungen in kg/qcm Es ergibt sich nunmehr: 1. Schienendruck P=\frac{4\,\gamma+1}{8\,\gamma+1}\,G für γ > 1,5 P=\frac{\gamma+2}{3\,\gamma+2}\,G für γ < 1,5 Da es sich hier um eine Ueberschlagsrechnung handeln soll, bei der es nur auf den Vergleich ankommt, so sind die Werte y, die im allgemeinen zwischen 0,5–4,0 schwanken, einer BerechnungEisenbahntechnik der Gegenwart, Oberbau. S. 138. entnommen und hier eingeführt. Der Schienendruck wird ermittelt für C = 3; γ = 3,35; P=\frac{4\,\gamma+1}{8\,\gamma+1}\,G=4140 kg für C = 8; γ = 1,35; P=\frac{\gamma+2}{3\,\gamma+2}\,G=4430 kg Aus den beiden gefundenen Werten wird den weiteren Rechnungen ein Mittelwert P = 4300 kg zugrunde gelegt. 2. Beanspruchung der Schwelle, Textabbildung Bd. 321, S. 404 Textabbildung Bd. 321, S. 404 Die Stärke der Unterlagsplatte ist im Mittel zu 1,7 cm angenommen. Diese Stärke ist, wie sich leicht rechnerisch nachweisen lässt, nicht ausreichend, um eine gleichmassige Druckübertragung bei zentrischer Lastwirkung auf die Schwelle ausüben zu können. Es soll daher hier überschläglich nur die halbe Länge der Unterlagsplatte als wirksame Stützlänge in Rechnung gezogen werden. Fall A. c1= c2 = 8 cm\frac{l_1}{2}= wirksame Stützlänge = 14,5 cm Fig. 3aund 3b \sigma_A=-\frac{P}{c_2\,l_1}\,\left(1+\frac{6\,c_2}{2\,c_1}\right)=-\frac{4\,P}{c_2\,l_1}=\frac{4\cdot 4300}{8\cdot 29}=-74,14\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{c_2\,l_1}\,\left(1-\frac{6\,c_2}{2\,c_2}\right)=+\frac{2\,P}{c^2\,l_1}=\frac{2\cdot 4300}{8\cdot 29}=+37,07\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Fall B. c1 = 3 cm; c2 = 8 cm (Fig. 4a und 4b) Textabbildung Bd. 321, S. 404 Textabbildung Bd. 321, S. 404 \sigma_A=-\frac{P}{c_2\,l_1}\,\left(1+\frac{6\,c_1}{2\,c_2}\right)=-\frac{4300}{8\cdot 29}\,\left(1+\frac{6\cdot 3}{2\cdot 8}\right)=-39,39\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{c_2\,l_1}\,\left(1-\frac{6\,c_1}{2\,c_2}\right)=-\frac{4300}{8\cdot 29}\,\left(1-\frac{6\cdot 3}{2\cdot 8}\right)=+2,32\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Textabbildung Bd. 321, S. 404 Mittlere Beanspruchung \sigma_m=-\frac{P}{c_2\,l_1}=-18,53kg/qcm 3. Beanspruchung der Bettung. Fall A. c1 = c2 = 8 cm (Fig. 3c) \sigma_A=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1+\frac{6\,c_2}{d}\right)=-\frac{4300}{26\cdot 75}\,\left(1+\frac{6\cdot 8}{26}\right)=-6,28\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1-\frac{6\,c_2}{d}\right)=+\frac{4300}{26\cdot 75}\,\left(1-\frac{6\cdot 8}{26}\right)=+1,87\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Fall B. c1 = 3 cm; c2 = 8 cm (Fig. 4c) \sigma_A=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1+\frac{6\,c_1}{d}\right)=-\frac{4300}{26\cdot 75}\,\left(1+\frac{6\cdot 3}{26}\right)=-3,73\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1-\frac{6\,c_1}{d}\right)=-\frac{4300}{26\cdot 75}\,\left(1-\frac{6\cdot 3}{26}\right)=-0,68\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Mittlere Beanspruchung \sigma_m=-\frac{P}{d\,L}=-2,21 kg/qcm Bei unmittelbar nebeneinander liegenden Stosschwellen (Zweischwellenstoss) wird d = 2 . 26 = 52 cm; es ergibt sich im Fall A. c1 = c2 = 8 + 13 = 21 cm (Fig. 8a und 8b). \sigma_A=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1+\frac{6\,c_2}{d}\right)=-\frac{4300}{52\cdot 75}\,\left(1+\frac{6\cdot 21}{52}\right)=-3,77\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1-\frac{6\,c_2}{d}\right)=-\frac{4300}{52\cdot 75}\,\left(1-\frac{6\cdot 21}{52}\right)=+1,57\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Fall B. c1 = 3 + 13= 16 cm; c2 = 8 + 13 = 21 cm (Fig. 9a und 9b). \sigma_A=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1+\frac{6\,c_1}{d}\right)=-\frac{4300}{52\cdot 75}\,\left(1+\frac{6\cdot 16}{52}\right)=-3,14\mbox{ kg}/\mbox{qcm} \sigma_B=-\frac{P}{d\,L}\,\left(1-\frac{6\,c_1}{d}\right)=-\frac{4300}{52\cdot 75}\,\left(1-\frac{6\cdot 16}{52}\right)=+0,93\mbox{ kg}/\mbox{qcm} Mittlere Beanspruchung \sigma_m=-\frac{P}{d\,L}=-1,10 kg/qcm (Fortsetzung folgt.)