Titel: Neuere Hebezeuge.
Autor: Georg von Hanffstengel
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 433
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Neuere Hebezeuge. Von Georg von Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart. (Fortsetzung von S. 420 d. Bd.) Neuere Hebezeuge. Wie Fig. 3 S. 418 zeigt, wird der Kran unter anderem dazu benutzt, um Kohlenwagen in Schiffe zu entleeren, und zwar dient hierzu die in Fig. 810 dargestellte „Kohlenpritsche“, die an den grossen Haken des Kranes angehängt werden kann. Sie besteht aus einer um den Zapfen A drehbaren Kippbühne und einem Hängerahmen, de2 "eim Entleeren von seiner senkrechten Stellung nicht oder nur unwesentlich abweicht, da der gemeinsame Schwerpunkt von Bühne und Wagen sich nie weit von A entfernt. Die Bühne ist an ihren Drehzapfen mittels ⌞- und ⊏-Eisen aufgehängt, die unmittelbar an den Querträgern angreifen. Auf diese stützen sich breitflanschige ⌶-Eisen als Schienenträger. Zum Auf- und Abfahren der Wagen wird die Bühne in eine Grube gesetzt und ruht dann mit den Längsträgern auf niedrigen Lagerböcken. Die gusseisernen Führungsklötze B passen in entsprechend ausgesparte Gusstücke im Mauerwerk und dienen dazu, die Bühne in die genau richtige Lage zu bringen. Der Wagen soll, damit das ganze Gerüst nicht schief hängt, zentrisch auf der Bühne stehen, und zwar ist es erwünscht, dass jeder Wagen von beliebigem Radstand selbsttätig in diese Lage gebracht und darin festgehalten wird. Die Aufgabe ist in der Weise gelöst, dass die Hakenpaare, die in bekannter Weise die Achsen umgreifen und ein Abrollen in beiden Richtungen hindern, symmetrisch zur Mittelebene verschiebbar angeordnet sind. Zum Verstellen der Haken dient eine Spindel D mit Rechts- und Linksgewinde, die an den in Schlittenführungen beweglichen Traversen angreift, welche je zwei Haken verbinden. Ist z.B. ein Wagen mit kleinem Radstand auf der Bühne festzumachen, so werden zunächst die vorderen Haken angehoben, dann der Wagen aufgefahren, hierauf das hintere Hakenpaar aufgerichtet und nun beide Paare so lange verschoben, bis sie an den Achsen anliegen. Dies geschieht bei grösseren Verschiebungswegen durch den Motor B, der mit Schneckengetriebe und Kegelrädern auf die Spindel arbeitet, und zur genaueren Einstellung durch Handkurbeln, die an den mittleren Hängeeisen gelagert sind und durch Kette, Kegel- und Stirnräder die Spindel treiben. Zum Aufrichten und Niederlegen der Fanghaken dienen die Handhebel F, deren Gestänge aus Fig. 8 zu erkennen ist. Federn G gleichen das Eigengewicht der Haken aus. Die Handhebel werden in ihrer jeweiligen Lage durch umlegbare Gewichte gesichert, die in der Figur fortgelassen sind. Haken und Handhebel verschieben sich gemeinsam, so dass sich die gegenseitige Lage ihrer Drehpunkte nicht ändert. Mit der Bühne fest verbunden ist auf jeder Seite ein aus Profileisen hergestelltes Rad angebracht, über das eine von oben betätigte Krankette läuft. Durch dieselbe kann die Bühne in der einen oder anderen Richtung gekippt werden. Die lichte Weite der Bühne ist so bemessen, dass gegen das Normalladeprofil ein Spielraum von etwa 50 mm bleibt. Der aus Gitterwerk gebildete Rahmen ist an seinen oberen Eckpunkten durch Bolzen mit einem innenliegenden ⌶-Eisen verbunden, an dem nach der Mitte zu die Bügel angreifen, die in den Kranhaken eingehängt werden. Oben auf dem Rahmen steht der Motor H, der zum Antrieb der Kippbewegung dient. Er bewegt durch Schnecken- und Zahnradgetriebe die Kettennuss J, von der aus die Kette, ehe sie nach unten geht, zunächst über zwei Rollen K geführt wird. Diese sind in einer ⊏-Eisentraverse gelagert, die durch Schrauben L dem Rahmen gegenüber verstellt werden kann und so eine Spannvorrichtung für die Kette bildet. Die im Querschnitt nicht gezeichnete Hälfte des Rahmens ist symmetrisch ausgebildet, nur fehlen Motor und Schneckengetriebe, da der Antrieb von einer durchgehenden Vorgelegewelle abgenommen wird. An der Plattform ist eine Schüttrinne angebracht, die gleichfalls der Länge des aufgefahrenen Wagens entsprechend eingestellt werden kann. Auf der Zeichnung ist die Vorrichtung nicht angegeben. Ein am Kranausleger aufgehängter Schüttrumpf leitet die Kohle in das Schiff und verhindert zum Teil das Zerbröckeln der Kohle. Die Bühne erhält den Betriebsstrom, wie schon oben erwähnt, von der Laufkatze her durch ein Kabel zugeleitet, das sich beim Heben und Senken auf einer Trommel selbsttätig auf- und abwickelt. Dadurch wird die Steuerung des Kippmechanismus in die Hand des Kranführers gelegt, so dass keine Bedienungsmannschaft die Plattform zu begleiten braucht. Turmdrehkran für 40 t Betriebslast im Aussenhafen zu Emden. (Fig. 11 S. 435.) Die Hauptdaten sind: Grösste Ausladung 23,5 m Höhe von Schienenoberkante bis Lasthaken 30,0 Hubgeschwindigkeit für 40 t   1,8 m/Min.              „                   „   20 t   3,6              „                   „   kleinere Lasten bis 15 Katzenfahrgeschwindigkeit bis 30 Drehgeschwindigkeit, aussen gemessen 50 Die Ausführung unterscheidet sich von den vorher besprochenen Kranen dadurch, dass Hub- und Fahrwerk auf der Katze selbst untergebracht sind. Dementsprechend ist der Gegengewichtsarm verhältnismässig länger gehalten. Die Katze läuft auf den Obergurten der Hauptträger, deren Seitensteifigkeit in üblicher Weise durch Laufstege mit Fachwerksverband gesichert ist. Ein weiterer Unterschied liegt in der Anordnung des Fusslagers. Dasselbe ist als einfaches Spurlager mit Zapfen ausgeführt und in etwa 6 m Höhe in das Traggerüst eingebaut, so dass der Raum unterhalb für die Durchfahrt frei bleibt. Textabbildung Bd. 321, S. 434 Kohlenpritsche zum 75 t Drehkran. Die Ausführung der Hubwinde und des Drehwerkes ist, wenn man von den aus der geänderten Aufstellung sich ergebenden Unterschieden absieht, dieselbe wie oben. Auch das Drehwerk ist in gleicher Weise angeordnet. Das Führerhaus behält seinen Platz seitlich am Ausleger, nahe der Drehachse. Riesendrehkran für 50 t Betriebslast in Santa Cruz de la Palma, (Fig. 12 S. 436.) Hauptdaten: Länge des Auslegerarmes 22 m   „       „    Gegengewichts-    armes 10 Nutzbare Ausladung 17,9 Grösste Trägerhöhe   3,6 Durchmesser des Laufrol-    lenkranzes   7,78 Durchmesser des Drehzahn-    kranzes   9 Hubmotor 54 PS Katzenfahrmotor 30 Drehmotor 15 Kranfahrmotor 54 Der Kran ist für die Hafenbauten in Santa Cruz bestimmt und hat vorwiegend künstliche Steinblöcke mit einem Gewichte bis zu 50 t zu heben und zu versetzen. Die Blöcke werden auf den Werkplätzen durch einen fahrbaren Bockkran auf Rollwagen gehoben und auf diesen mittels einer elektrischen Lokomotive dem Drehkran zugeführt, der sie an die Gebrauchsstelle bringt. Der Kran besteht, wie die Abbildung zeigt, aus der auf einem Rollenkranz gelagerten Brücke und einem Portal mit quadratischer Plattform. Winde und Katzenfahrwerk sind auf dem Gegengewichtsarm feststehend angeordnet. Letzterer ist 3,6 m hoch und hat parallele Gurtungen, während der Ausleger an der Spitze auf 2,1 m zusammengezogen ist. Mit Rücksicht auf die Stürme, die am Aufstellungsort herrschen, wurde besonderer Wert auf weitmaschige Ausbildung des Fachwerks gelegt. Gegengewicht und Maschinenhaus wirken als Windschirm, so dass das Drehwerk vom Winddruck ziemlich entlastet ist. Das Gegengewicht ist so gewählt, dass der Schwerpunkt bei vollbelastetem und bei unbelastetem Kran auf entgegengesetzten Seiten ungefähr gleiche Entfernung von der Drehachse hat. Die Laufbahn der Katze ist auf die durch Horizontalfachwerk versteiften Trägerobergurte verlegt. Textabbildung Bd. 321, S. 435 Fig. 11. Turmdrehkran für 40 t Betriebslast im Aussenhafen zu Emden. Zur Gewichtsübertragung zwischen Ausleger und Portal dient ein Kranz von frei sich drehenden, konisch abgedrehten Rollen. Von einem Walzenspurlager, wie es bei den schweren Turmkranen verwendet wurde, unterscheidet sich dieser Rollenkranz insofern, als er nicht nur senkrechte Kräfte, sondern auch das von den unausgeglichenen Lasten herrührende Moment in der Auslegerebene sowie die quer dazu wirkenden Kippmomente des Winddrucks und der Beschleunigungskräfte aufzunehmen hat. Diese Art der Auflagerung ist in Deutschland noch ziemlich selten, findet sich aber in Amerika allgemein bei Drehbrücken und häufig auch bei schwereren Kranen.Es dürfte sich vielleicht empfehlen, wegen der Aehnlichkeit des Auslegers mit einer Drehbrücke solche Krane als „Drehbrückenkrane“ zu bezeichnen. Der Name „Riesenkran“ hat wenig Charakteristisches. Die Rollen sind zwischen zwei ⊏-Eisenringen gelagert, die in angemessenen Abständen miteinander verbunden sind. Der innere Ring ist an den Flanschen durch aufgenietete Bleche verstärkt, so dass er gegenüber den infolge der Kegelform der Rollen auftretenden wagerechten Kräften widerstandsfähig wird. Er steht durch radiale Speichen mit einem Zentrierstück in Verbindung, das sich an dem im Portal fest gelagerten Königszapfen führt. Dieser zentriert gleichzeitig den Ausleger, den er ausserdem gegen Kippen infolge etwaiger unvorhergesehener Einflüsse sichert. Textabbildung Bd. 321, S. 436 Fig. 12. Riesendrehkran für 50 t Betriebslast in Santa Cruz de la Palma. Der obere konische Druckring ist an Querträgern des Auslegers befestigt, die der gleichmässigen Druckübertragung wegen möglichst starr ausgeführt sind. Er tritt seitlich über die Hauptträger hinaus, ist aber hier nicht mehr abgestützt, so dass nur die Rollen – etwa 24 Stück –, die sich jeweilig unter dem Ausleger befinden, an der Druckübertragung voll beteiligt sind. Demnach kommt gegenüber den in der Mittelebene des Auslegers auftretenden Kippmomenten der volle Durchmesser des Laufkranzes zur Geltung, während gegenüber den quer dazu wirkenden Kräften nur auf die Auslegerbreite als Basis zu rechnen ist. Es hat sich, wie die Firma angibt, bei der rechnerischen Untersuchung herausgestellt, dass diese Stützweite vollkommen genügte. Die Plattform des Portales ist ein Quadrat von 8,7 m Seitenlänge. Es wird von schweren Kastenträgern gebildet, die in den Ecken durch andere schräg eingebaute Träger ausgesteift sind. Dieselben sind so angeordnet, dass der Laufring eine gute Unterstützung findet. Auf der Plattform ist auch der Zahnkranz des Drehwerks gelagert, der aus ⊏-Eisenringen mit eingesetzten Triebstockbolzen aus Stahl besteht. Die Eckpfosten, welche mittels kugeliger Auflager das Gewicht auf die Laufwagen übertragen, sind an den Längsseiten durch Fachwerksrahmen und an den Stirnseiten durch in der Figur nicht deutlich erkennbare Bogen ausgesteift, welche das Durchfahrtprofil frei lassen. Jeder Wagen enthält vier Laufrollen, die zu zweien auf einer Achse sitzen. Jede Rolle hat in der Mitte einen Spurkranz und stützt sich auf zwei Schienen, so dass zusammen acht Schienen die Last aufnehmen. Da die Gleise auf Kaimauerwerk verlegt sind, so darf auf eine gleichmässige Belastung der beiden Radhälften gerechnet werden. Die mittleren Laufwagen dienen zur Fortbewegung des Kranes. Sie werden durch je zwei Pufferfedern gegen die Schienen gedrückt, so dass ihr Adhäsionsdruck von der Durchbiegung des Gerüstes und der Verlegung der Gleise unabhängig blaibt. Die Laufrollen sind bei diesen mittleren Wagen ohne Spurkränze ausgeführt, weil der Kran in Kurven fahren muss. Auf jeder Achse sitzt ein Stirnrad, das seinen Antrieb von einem gemeinsamen mittleren Rade empfängt. Der Motor steht auf der Plattform und arbeitet zunächst auf ein Schneckengetriebe, von dem aus die Bewegung nach den beiden Portalseiten durch Stirn- und Kegelrädervorgelege weiter geleitet wird. Die senkrechten Wellen sind beweglich gelagert, so dass bei Verschiebungen des Laufwagens gegen das Portal keine Klemmungen auftreten können. Die Hauptwinde weist gemischten Schnecken- und Stirnradantrieb auf und besitzt zwei Seiltrommeln, die auf einer gemeinsamen feststehenden Achse in Stahlwalzen gelagert sind. Die neben der vom Motor betriebenen Senkbremse vorhandene elektromagnetische Haltebremse ist so eingerichtet, dass sie mittels Handhebel gelüftet werden kann. Auf diese Weise ist es möglich, die Last auch bei ausgeschalteter Senkbremse abzulassen, was bei der Empfindlichkeit dieser Vorrichtungen vorteilhaft erscheint. Die beiden Seile laufen nach dem Auslegerschnabel, von dort zur Katze, wo sie je einen vierfachen Flaschenzug bilden, und vereinigen sich schliesslich an einer Ausgleichrolle, die in einem der Querrahmen gelagert ist. Die Laufkatze ist ein einfaches Gerüst, gebildet aus kastenförmigen Längsträgern zur Aufnahme der Laufräder und Querträgern, zwischen denen die Seilrollen ihren Platz finden. Das Hakengeschirr hängt an acht Seilen und trägt, in Kugeln drehbar, eine Traverse, über deren Enden zur Aufnahme der Blöcke quadratisch geflochtene Stahltrossen gelegt werden, welche durch Haken zu schliessen sind. Die Katzenfahrbewegung wird durch zwei Ketten in derselben Weise vermittelt wie bei den schweren Turmdrehkranen. Auch der Drehmechanismus ist in gleicher Weise ausgeführt wie dort. Sämtliche Motoren sind eingekapselt. Die Anlasser sind für volle Reversion und Ankerkurzschlussbremsung eingerichtet. Die angeführten Beispiele zeigen die Leistungsfähigkeit der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg im besten Lichte und sichern der Firma einen Platz unter den ersten Hebezeugfirmen Deutschlands. Die aus dem Streben nach Gewichtsverminderung sich ergebende Ausnutzung des Materials sowie Klarheit und Eleganz der Formen sind vor allem kennzeichnend für den deutschen Kranbau geworden und treten auch in den dargestellten Ausführungen in vollem Masse hervor. (Fortsetzung folgt.)