Titel: Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen.
Autor: August König
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 497
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Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen. Von August König, Würzburg. Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen. Einleitung. Die epochemachende Erfindung der Schnellpresse datiert auf das Jahr 1811 zurück, und zwar war es Friedrich König, der zuerst den Gedanken fasste, die einfache Handpresse durch eine Maschine zu ersetzen und diese Idee im Verein mit dem Praktiker A. F. Bauer auch in genialster Weise zur Ausführung brachte. Mit der steten Verbesserung der Maschinen gingen gleichzeitig die Ansprüche der Drucker Hand in Hand, und wer kennt heute nicht jene farbenprächtigen Autotypien, welche als Endprodukt dieser gegenseitigen, rastlosen Tätigkeit fast innerhalb eines ganzen Jahrhunderts das glänzendste Zeugnis für die Leistungsfähigkeit jener Maschinen ablegen? Während nun die Literatur schon reichlichen Stoff über Prinzip und Wirkungsweise von Schnellpressen aufweist, hat die eigentliche Theorie über die inneren Vorgänge, namentlich in bezug auf Kräftewirkungen und Arbeitsverbrauch dieser Maschinen bisher keine Berücksichtigung gefunden, und möge daher vorliegende Arbeit in dieser Hinsicht als Ergänzung dienen. Von den beiden Grundtypen der Schnellpressen (Flachdruck- und Rotationsmaschinen) kommen für die theoretische Untersuchung lediglich die Flachdruckmaschinen, auch Flachformmaschinen genannt, in Frage, welche infolge der wechselnden Bewegungsrichtung des mit der Satzform hin- und hergehenden Fundaments (Karren) und der dadurch bedingten Massenwirkungen sehr ungünstig beansprucht werden, im Gegensatz zu den Rotationsmaschinen, welche infolge ihres kontinuierlichen Druckprozesses auch konstante Arbeitsverhältnisse aufweisen müssen. Zur Erzielung eines ruhigen Ganges sowie eines möglichst guten Druckes war es daher in erster Linie erforderlich, einen Ausgleich der inneren Kräftewirkungen herbeizuführen, was man durch Anwendung von Schwungrädern (bei Maschinen mit Kurbelbewegung) bezw. Luftpuffern (bei Zweitourenmaschinen) zu erreichen suchte. Bei den älteren Schnellpressen (Maschinen mit reiner Kurbelbewegung)Die erste von Friedrich König infolge der damals in Deutschland herrschenden ungünstigen Arbeiterverhältnisse in England gebaute Zylindermaschine (1811) hatte Doppelrechenbewegung. und bei den im Laufe der Jahre entstandenen Variationen (Maschinen mit Eisenbahn-, Kreis- und Schlittenbewegung) gelang dieser Ausgleich auch anscheinend und man begnügte sich bei verhältnismässig geringen Schwungmassen (150–250 kg, je nach Grösse der Maschine) Uebersetzungsverhältnisse zwischen 1 : 3 und 1 : 6 (zwischen Kurbel- und Vorgelegewelle) vorzusehen. Erst mit der Einführung des elektrischen Stromes als motorische Kraft zum Antrieb der Pressen liess sich der Nachweis erbringen, dass der vermutete Ausgleich ein sehr unvollständiger war. Namentlich machte sich dies bei Einzelantrieb bemerkbar, indem die infolge des wechselnden Kraftbedarfes der Pressen bedingten momentanen Stromschwankungen (± 50–100 v. H.) nicht selten zu Betriebsstörungen Veranlassung gaben (Verbrennen des Ankers, Auslöten der Kollektordrähte, frühzeitiges Abbrennen des Kollektors usw.) Die neueren Maschinen werden daher mit höheren Uebersetzungsverhältnissen (1 : 8 bis 1 : 12) gebaut, was auf die inneren Arbeitsverhältnisse von wesentlichem Einfluss war. Auch bei den Zweitourenmaschinen glaubte man zuerst den Ausgleich der Massenwirkungen durch Schwungräder erreichen zu können. Es zeigte sich jedogh, dass bei Verwendung von Schwungrädern gerade das Gegenteil erzielt wurde, weshalb man diese Maschinen zunächst ohne Schwungräder laufen liess. Erst nach der Erfindung der Amerikaner, die auftretenden Beschleunigungsdrücke durch Luftpuffer zu kompensieren, erlangten die Zweitourenmaschinen ihre heutige Bedeutung. Ausser der Güte des Druckes ist es namentlich die grosse Geschwindigkeit dieser Pressen, welche ihnen die Ueberlegenheit den anderen einfachen Maschinen gegenüber verschaffte. Während bisher sowohl für die Wahl der Schwungräder als auch für die Dimensionierung der Luftpuffer in der Hauptsache die Erfahrung und das praktische Gefühl entscheidend waren, sollen nun durch vorliegende Untersuchungen die theoretischen Grundlagen hierzu erbracht werden. Die Arbeit erstreckt sich dabei nicht nur auf die Berechnung der für Erzielung eines möglichst ruhigen Ganges der Schnellpressen erforderlichen Schwungmassen bezw. Luftpuffer, sondern befasst sich auch mit allen bei den Antriebs- und Bewegungsverhältnissen auftretenden Fragen (soweit dieselben auf vorligende Arbeit Bezug haben), und dürften die gewonnenen Resultate, welche ausserdem durch Versuche bestätigt werden konnten, speziell für Fachkreise von Interesse sein. 1. Abschnitt: Arbeitsdiagramme von Maschinen mit Kurbelbewegung. 1. Kapitel: Theorie. §. 1. Arten von Schnellpressen und deren Unterschiede hinsichtlich ihrer Bewegung. Für die Erzeugung der hin- und hergehenden Bewegung des Karrens, welche Bewegung bei allen Flachformmaschinen identisch ist und worin auch der wesentlichste Unterschied gegenüber den Rotationsmaschinen liegt,Vergl. auch den Aufsatz des Verfassers über „Mukulage und ihre Verwendung bei Rotationsmaschinen“, in welchem die Unterschiede der Flachform- und Rotationsmaschinen ausführlicher behandelt wurden (Prakt. Masch. Konstr., Heft 10–15, Jahrgang 1905). kommen hauptsächlich folgende vier Bewegungsarten in Frage (vergl. Fig. 1ad): a. direkte Kurbelbewegung, b. Eisenbahnbewegung, c. Kreisbewegung, d. Schlittenbewegung. Je nachdem die eine oder andere Bewegungsart Verwendung findet, unterscheidet man daher: Textabbildung Bd. 321, S. 498 Bewegungsmechanismen für Maschinen mit Kurbelantrieb. Maschinen mit direkter Kurbelbewegung, Eisenbahnbewegungsmaschinen, Kreisbewegungsmaschinen, Maschinen mit Schlittenbewegung. Textabbildung Bd. 321, S. 498 Fig. 2. Antriebmechanismus für Maschinen mit Eisenbahnbewegung. Mit letzterem Bewegungsmechanismus werden in neuerer Zeit mit Vorliebe gebaut: Doppelmaschinen, Zweifarbenmaschinen, Chromotypiemaschinen, Diese vier Bewegungsarten sollen nun hinsichtlich ihres Prinzipes soweit näher betrachtet werden, als es für die Aufstellung der Kräfte und Arbeitsdiagramme der betr. Maschinen erforderlich ist. zu a) Direkte Kurbelbewegung. Bei den Maschinen mit direkter Kurbelbewegung ist der Radius r der Kurbel gleich dem halben Weg des Karrens. Es entspricht also einer ganzen Umdrehung der Kurbel eine volle Arbeitsperiode der Presse, bestehend aus Hin- und Rückgang. Die Schubstange steht hier in direkter Verbindung mit dem Karren, muss aber, um demselben auszuweichen, entsprechend abgekröpft werden (vergl. Fig. 1a). Für diese Maschinengattung gilt also: r = ½s Textabbildung Bd. 321, S. 498 Fig. 3. Eisenbahnbewegungsmaschine kleineren Typus. zu b) Eisenbahnbewegung. Die Bewegung zwischen Kurbel und Karren ist hier durch einen Wagen mit Rollen und Rädern vermittelt, welch letztere in Zahnstangen eingreifen (vergl. Fig. 2). Dadurch, dass die untere, am Fussgestell der Maschine angebrachte Zahnstange feststeht, wirkt das Zahnrad des Wagens wie ein einseitiger Hebel mit dem Drehpunkt in n1 und mit den Hebelarmen n1m und n1n2. Da nun n1n2 = 2 × n1m ist, so macht Punkt n2 doppelt so viel Weg als m, d.h. die Zahnstange am Karren macht doppelt so viel Weg als der Wagen. Wird der Wagen also wagerecht fortbewegt, so müssen sich Räder und Rollen auf der unteren Lauffläche abwälzen und dabei in jedem Moment auf die obere Zahnstange als einseitiger Doppelhebel wirken. Es findet also eine Verdopplung des Karrenweges statt. Der Weg des Karrens ist sonach gleich dem doppelten Weg des Wagens. Bei gleich grossem Karrenweg s braucht daher die Kurbel nur halb so gross zu sein wie bei den Maschinen mit direkter Kurbelbewegung, was namentlich für die Konstruktion der Presse von wesentlichem Vorteil ist. Bei diesen Maschinen ist also: r'=\frac{r}{2}=1/4\,s. Textabbildung Bd. 321, S. 499 Fig. 4. Antriebmechanismus für Maschinen mit Kreisbewegung. Fig. 3 zeigt die Abbildung einer Schnellpresse mit Eisenbahnbewegung. zu c) Kreisbewegung. Die Kreisbewegung, ein besonderer Fall der Hypozykloidenbewegung, beruht darauf, dass in einem festliegenden Radring ein Zahnrad, dessen Teilkreisdurchmesser halb so gross ist, wie der des innen verzahnten Radringes, abrollt. Es beschreibt dann jeder Punkt des Laufrades eine gerade Linie, welche durch den Mittelpunkt des grossen Rades geht. Das Laufrad, auch Karrenbewegungsrad genannt, ist mittels einer Schubstange mit dem Karren verbunden und erhält seinen Antrieb durch ein konisches Zahnrädergetriebe. Für Erzielung einer geradlinigen Bewegung der Schubstange muss deren Angriffspunkt mit einem Punkt des Teilkreises des Laufrades zusammentreffen (vergl. Fig. 1c und 4). Textabbildung Bd. 321, S. 499 Fig. 5. Kreisbewegungsmaschine. Die Verschiebung s des Karrens entspricht genau dem Teilkreisdurchmesser des Radringes bezw. dem doppelten Teilkreisdurchmesser des Laufrades. Bei Annahme unendlich langer Stangen kann man sich sonach die Kreisbewegung, wie aus Fig. 1c ohne weiteres ersichtlich ist, sowohl durch die reine Kurbelbewegung mit einem Kurbelradius oa = r, als auch durch die Eisenbahnbewegung mit einem Kurbelradius ob = ½r ersetzt denken. Gewissermassen ist die Kreisbewegung auch als eine Abart der Eisenbahnbewegung, deren gerade Bahn jedoch zu einem Kreis aufgerollt ist, zu betrachten, so dass das Zentrum des Laufrades nicht in gerader Linie, sondern in einer Kreislinie läuft. Die Wegverdopplung ist also hier genau so wie bei den Eisenbahnbewegungs-Maschinen. Fig. 5 lässt die Abbildung einer Kreisbewegungsmaschine erkennen, während Fig. 6 eine Doppelmaschine mit gleicher Bewegungsart veranschaulicht. zu d) Schlittenbewegung. Die Schlittenbewegung beruht im Grunde auf dem gleichen Prinzip der Wegverdopplung wie die Eisenbahnbewegung. Sie unterscheidet sich von dieser nur dadurch, dass der Wagen hier in Wegfall kommt und an dessen Stelle ein einziges Zahnrad tritt. Die Führung des Karrens wird wie bei der reinen Kurbelbewegung durch Anordnung einer Gleitbahn erreicht (vergl. Fig. 1d). Ausserdem sind zur Verminderung der Reibung bezw. zur Erzielung eines leichteren Ganges der Maschine zwischen Karren und der oberen Gleitbahn kleine Laufrollen vorgesehen. Textabbildung Bd. 321, S. 499 Fig. 6. Doppelmaschine mit Kreisbewegung. Der Radius der Kurbel muss bei gleichem Karrenweg s genau so gross sein wie bei der Eisenbahnbewegung, oder halb so gross wie bei der direkten Kurbelbewegung. In Fig. 7 u. 8 sind Maschinen mit Schlitten- und zwangläufiger Rollenbewegung abgebildet und zwar zeigt erstere Figur das Modell einer Zweifarbenmaschine, letztere Figur dagegen das einer Chromotypiemaschine. Eine weitere Bewegungsart erhält man durch Vereinigung der Kreis- und Eisenbahnbewegung, indem die mit dem Laufrad in Verbindung stehende Schubstange den Karren nicht direkt, sondern unter Vermittlung eines Wagens angreift. Man hat es hier gewissermassen mit einer vierfachen Wegverkürzung bezw. -Vergrösserung zu tun, ein Vorzug, der namentlich bei Maschinen mit grossem Karrenweg zwecks Erzielung einer möglichst gedrängten Konstruktion sehr zu statten kommt. Aus diesem Grunde werden auch in neuerer Zeit die Zweifarbenmaschinen mit vereinigter Kreis- und Eisenbahnbewegung ausgerüstet. Was die praktische Verwendung der einen oder anderen Bewegungsart betrifft, so sei hier nur erwähnt, dass Maschinen mit direkter Kurbelbewegung heutzutage wenig mehr gebaut werden. Die Konstruktion ist zwar die einfachste und billigste, aber auch zugleich die schlechteste. Dagegen halten sich die Maschinen mit Eisenbahn- und Kreisbewegung in bezug auf Güte des erzielten Druckes so ziemlich das Gleichgewicht. Immerhin wird die Kreisbewegung als die ruhigste, solideste und dauerhafteste Bewegung hingestellt, was jedenfalls dadurch begründet ist, dass das Laufrad stets nach derselben Richtung fortläuft und ausserdem der Zug der Schubstange immer in gerader Richtung und parallel zur Gleitbahn erfolgt. Der Vorteil der Eisenbahnbewegungsmaschinen liegt lediglich in einem etwas leichteren Gang derselben, bedingt durch die rollende Reibung zwischen Karren, Wagen und Laufbahn, im Gegensatz zur gleitenden Reibung bei der Kreisbewegungsmaschine. In neuerer Zeit wurde jedoch diesem Uebelstand dadurch Rechnung getragen, dass man den Karren nicht direkt auf der Bahn gleiten lässt, sondern denselben auf kleine Stahlrollen bettet, welche ausserdem durch Anbringung von Zahnstange und Zahnrädchen zur steten Drehung-gezwungen sind, wodurch Abplatten einzelner Rollen vermieden wird. Diese zwangläufige Rollenbewegung liegt auch der Schlittenbewegung zugrunde, so dass bei allen modernen Schnellpressen der zur Bewegung des Karrens erforderliche Kraftaufwand für Maschinen derselben Grösse nahezu der gleiche sein dürfte. Textabbildung Bd. 321, S. 500 Fig. 7. Zweifarben-Schnellpresse mit Schlittenbewegung und Frontbogenausgang. Textabbildung Bd. 321, S. 500 Fig. 8. Chromotypiemaschine mit Schlittenbewegung und Frontbogenausgang. Die Kreisbewegung ist unstreitbar als Ideal der ein fachen Schnellpresse anzusehen. Sie wurde bereits im Jahre 1840 von A. F. Beuer, dem Mitbegründer der Weltfirma Koenig & Bauer, Würzburg, gebaut und haben sich die wesentlichsten Prinzipien bis heute unverändert erhalten, was jedenfalls der beste Beweis für deren Vorzüglichkeit sein dürftej §. 2. Kräftewirkungen bei Maschinen mit direkter Kurbelbewegung. Die zur Bewegung des Karrens erforderliche Kraft P wirkt stets in Richtung der Bahn, ist also ihrer Lage nach und bei gegebenen Betriebsverhältnissen auch ihrer Grösse nach bekannt. Zur Erzeugung von P muss nun eine gewisse Stangenkraft S vorhanden sein, deren Grösse bei Maschinen mit reiner Kurbelbewegung gegeben ist durch: S=\frac{P}{\cos\,\beta} wobei β den Winkel bedeutet, den die Schubstange mit der Wagerechten bildet. Die gleichzeitig auftretende Normalkraft N ergibt sich ferner zu: N = S . sin β bezw. N = P . tang β. Hierbei sei jedoch bemerkt, dass diese Kraft N so gerichtet sein muss, dass der Karren stets auf die Bahn gepresst wird. Da ausserdem bei Schnellpressen die Beanspruchung der Schubstange während der Druckperiode auf Zug erfolgen soll, so ist unter Einhaltung obiger Bedingung auch der Drehsinn der Kurbelwelle eindeutig festgelegt (gleichgültig ob sich der Antrieb auf der rechten oder linken bezw. vorderen oder hinteren Seite der Maschine befindet). Die am Kurbelzapfen wirkende Stangenkraft S zerlegt sich in zwei weitere Komponenten: in eine Kraft, welche tangential am Umfang des Kurbelkreises wirkt, und in eine Radialkraft in Richtung der Kurbel. Für die späteren Untersuchungen kommt nur die Tangentialkraft T in Frage. Ist α der Winkel, den die Kurbel mit der Wagerechten bildet und liegt der Angriffspunkt der Kurbelstange am Karren in gleicher Höhe wie die Kurbelachse, so lässt sich für die Berechnung dieser Kraft folgende Beziehung ableiten: T = S . sin (α + β) bezw. T=\frac{P}{\cos\,\beta}\cdot \sin\,(\alpha+\beta). Hieraus folgt, dass die einzuleitende Tangentialkraft T für eine gewisse Kurbelstellung α und bei Voraussetzung konstanter Betriebsverhältnisse nur vom Winkel β abhängt, den die Schubstange mit der Wagerechten bildet. Bei Annahme einer unendlich langen Stange würde dieser Winkel zu Null werden und damit die Tangentialkraft am kleinsten, nämlich: T = P . sin α, d.h. die Tangentialkraft Rändert sich in diesem speziellen Fall mit dem Sinus des Winkels α, den die Kurbel mit der Anfangslage bildet. Bei Maschinen mit direkter Kurbelbewegung liegen die Verhältnisse hinsichtlich der auftretenden Kräftewirkungen am ungünstigsten, da hier die Schubstange im Vergleich zur Kurbel (bei gleicher Baulänge der Presse) wesentlich kürzer ausfällt als bei Maschinen mit Eisenbahn- oder Schlittenbewegung. Je kürzer aber die Schubstange, desto grösser ist der maximale Neigungswinkel β und damit auch die aufzuwendenden maximalen Tangentialkräfte T. Unter der Voraussetzung, dass die Karrenkraft P sowie der Weg s bei allen Maschinentypen der gleiche ist, muss (bei Annahme unendlich langer Stangen) auch die während einer Druckperiode (Hin- und Rückgang) eingeleitete Arbeit dieselbe sein. Daraus folgt aber, dass die mittlere Tangentialkraft Tm bei Maschinen mit direkter Kurbelbewegung wegen der doppelt so grossen Kurbel nur halb so gross wird wie bei den anderen Maschinentypen (vergl. auch Fig. 1ad). Für die theoretische Untersuchung der inneren Arbeitsvorgänge ist es daher ganz gleichgültig, welche Bewegungsart zugrundegelegt wird. Es empfiehlt sich jedoch, die ganzen Betrachtungen auf Maschinen mit direktem Kurbelantrieb zu erstrecken, da hier der Karrenweg s gleich dem Durchmesser des Kurbelkreises ist, was für die Aufzeichnung von vergleichenden Diagrammen besonders zweckmässig erscheint. §. 3. Arbeitsdiagramm der Presse bei Leerlauf (bei Voraussetzung unendlich langer Schubstange). Leerlauf der Maschine ist immer vorhanden, wenn der Zylinder nicht „unter Druck“ gesetzt ist, wenn also keine Berührung zwischen Satzform und Druckzylinder stattfindet (bei Entfernung der Satzform ist stets Leerlauf der Presse vorhanden!). Um den Druck je nach Bedarf regulieren zu können, sind die beiden Zylinderlager in senkrechter Richtung verstellbar. Soll daher die Presse „ausser Druck“ gesetzt werden, so ist der Zylinder so hoch zu heben, dass der Karren mit der Form frei darunter hindurchgeht. Um den Karren in Bewegung zu bringen, müssen zunächst die Reibungswiderstände zwischen Karren und Gleitschienen (sog. Bahn) sowie in den Zylinderlagern überwunden werden. Ausserdem treten infolge der steten Geschwindigkeitsänderung der hin- und hergehenden Massen (von Karren, Form, Zahnstangen, Schubstange) Beschleunigungsdrücke auf, welche, wie später gezeigt werden soll, in erster Linie die ungünstige Arbeitsweise der Schnellpressen hinsichtlich ihres Kraftbedarfes bedingen. Für eine möglichst übersichtliche Behandlung empfiehlt es sich, die auftretenden Kräftewirkungen getrennt zu behandeln. a) Diagramm einer Schnellpresse bei Berücksichtigung der Reibung und Vernachlässigung der Massenwirkungen. Bezeichnet man mit GK das Gewicht sämtlicher mit dem Karren hin- und hergehenden Massen und mit f1 die Reibungsziffer, so ist die zur Ueberwindung der Reibung erforderliche Kraft: P_{r_1}=f_1\cdot G_K. Während der Druck GK, mit welchem der Karren infolge seines Gewichtes gegen die Gleitbahn gepresst wird, eine konstante Grösse vorstellt, ist die Reibungsziffer f1 ein sehr veränderlicher Faktor und hängt sowohl vom Material der sich berührenden Körperteile als auch vom verwendeten Schmiermaterial ab, ganz abgesehen von der durch die stete Geschwindigkeitsänderung des Karrens bedingten Beeinflussung. Bei zahlenmässiger Berechnung der Reibungsdrücke P_{r_1} kann es sich daher nur um Mittelwerte von f1 handeln. Für Schnellpressenbetrieb ist anzunehmen: f1 = 0,1 für gleitende Reibung, f1 = 0,01 für rollende Reibung. Um die Reibung der Druckzylinderwelle in ihren beiden Lagern zu überwinden, muss ebenfalls eine gewisse Kraft P_{r_2}, aufgewendet werden. Für liegende Zapfen ist nun das Reibungsmoment ausgedrückt durch: M_{r_2}=\left(\frac{4}{\pi}\,f'_2\cdot N\right)\cdot \varrho, wobei N der Druck gegen beide Lager, f'2 die Reibungsziffer und ρ der Radius der Zapfen ist. Das zur Ueberwindung der Reibung notwendige Kraftmoment (am Umfang des Druckzylinders vom Radius R) ist: M_{r_2}=P_{r_2}\cdot R. Da beide Momente von gleicher Grösse sein müssen, so folgt: P_{r_2}\cdot R=\left(\frac{4}{\pi}\cdot f_2\cdot N\right)\cdot \varrho, somit P_{r_2}=\frac{\left(\frac{4}{\pi}\cdot f'_2\cdot N\right)\cdot \varrho}{R}. Bei Leerlauf der Presse rührt der in den Lagern hervorgerufene Druck lediglich von dem Gewichte GC des Zylinders her. In diesem speziellen Falle würde die Formel sonach lauten: P_{r_2}=\left(\frac{4}{\pi}\cdot f'_2\cdot G_C\right)\cdot \frac{\varrho}{R} bezw. P_{r_2}=(f_2\cdot G_C)\,\frac{\varrho}{R}, wenn gesetzt wird: f_2=\frac{4}{\pi}\cdot f'_2, wobei für f2 als Mittelwert 0,01 genommen werden kann. Textabbildung Bd. 321, S. 501 Fig. 9a u. b. Kräftediagramm einer Schnellpresse mit Kurbelbewegung. Da der Zylinder während des Rückganges des Karrens stehen bleibt, so kommt dieser Druck P_{r_2} nur für den eigentlichen Arbeitsgang der Maschine in Betracht. Die infolge von Reibung auftretenden Kräfte sind demnach: für Hingang P_r=P_{r_1}+P_{r_2}=G_K\cdot f_1+G_C\cdot f_2\cdot \frac{\varrho}{R} für Rückgang P_r=P_{r_1}=G_K\cdot f_1. Unter der Voraussetzung, dass die steten Geschwindigkeitsänderungen von Karren und Druckzylinder ohne Einfluss auf die Reibungswiderstände sind, ergibt sonach die graphische Darstellung der Reibungsdrucke Pr sowohl für den Hin- wie Rückgang des Karrens ein Rechteck, welches am zweckmässigsten über dem Karrenweg s als Grundlinie aufgezeichnet wird (vergl. Fig. 9a). Sind diese Kräfte Pr der Grösse nach bekannt, so lassen sich auch die entsprechenden Tangentialkräfte Tr bestimmen und zwar verfährt man am einfachsten graphisch, indem man für beliebig angenommene Kurbelstellungen (z.B. unter 30°, 60° usw.) die zugehörigen Tangentialkräfte konstruiert (vergl. Fig. 9b). Die Formel Tr = Pr . sin α ergibt ohne weiteres, dass in den Totlagen des Karrens (α = 0° und 180°) die Tangentialkraft gleich Null ist, dagegen in den Mittelstellungen der Kurbel (α = 90° und 270°) ein Maximum erreicht. Die beiden Kurven sind bei Annahme unendlich langer Schubstange Sinuslinien, deren Verschiedenheit lediglich durch die beim Arbeitsgang des Karrens erfolgte Mitnahme des Zylinders bedingt ist. Um die an der Kurbel aufgewendete Arbeit zu erhalten, müssen die Tangentialkräfte Tr über den wirklichen Kurbel weg aufgetragen werden. Da einer ganzen Arbeitsperiode (Hingang und Rückgang des Karrens) genau eine volle Umdrehung der Kurbel (vom Radius r) entspricht, so ist demnach der in Frage kommende Weg gleich 2, über welcher Strecke das Arbeitsdiagramm aufzuzeichnen ist. Der Inhalt der so erhaltenen Fläche stellt dann die während einer Kurbelumdrehung verbrauchte Arbeit vor (vergl. Fig. 10). b) Diagramm der Schnellpresse bei Berücksichtigung der Massenwirkungen und Vernachlässigung der Reibung. Massenwirkungen treten in einem Getriebe stets auf, wenn Geschwindigkeitsänderungen der bewegten Teile vorhanden sind. Bei Schnellpressen mit Kurbelbewegung müssen wegen der hin- und hergehenden Bewegung des Karrens und des damit verbundenen zwangläufigen Antriebs des Druckzylinders sowohl die Massenwirkungen des Karrens, wie jene des Zylinders berücksichtigt werden. 1. Massenwirkung des Karrens. Bei Voraussetzung unendlich langer Schubstange ist der für irgend eine Kurbelstellung zurückgelegte Weg des Karrens ausgedrückt durch: s = r . (1 – cos α). Die Geschwindigkeit v1 des Karrens ist: v_1=\frac{d\,s}{d\,t}=r\cdot \sin\,\alpha\,\frac{d\,\alpha}{d\,t} und da \frac{d\,\alpha}{d\,t}=\frac{u}{r}= Winkelgeschwindigkeit der Kurbel, so folgt: v1 = u . sin α, worin u die Umfangsgeschwindigkeit der Kurbel bedeutet. Die Beschleunigung b1 des Karrens bei Voraussetzung konstanter Umfangsgeschwindigkeit der Kurbel ist: b_1=\frac{d^2\,s}{d\,t^2}=\frac{d\,v_1}{d\,t}=u\cdot \cos\,\alpha\cdot \frac{d\,\alpha}{d\,t} somit: b_1=\frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha. Die Beschleunigungsdrücke P_{b_1} sind dann: P_{b_1}=M_K\cdot b_1=\frac{G_K}{g}\cdot b_1, wobei MK die Gesamtmasse, bezw. GK das Gesamtgewicht der bewegten Teile ist (von Karren, Satzform, Zahnstangen, Schubstange usw.) Der Faktor GK : g ist für ein und dieselbe Maschine stets von gleicher Grösse (abgesehen von der Variation in der Grösse der Satzform), so dass die Beschleunigungsdrücke lediglich von der Beschleunigung selbst, bezw. von der Geschwindigkeit des Karrens und damit auch von der Geschwindigkeit der Kurbelwelle abhängen. Textabbildung Bd. 321, S. 502 Fig. 10. Arbeitsdiagramm einer Schnellpresse mit Kurbelbewegung. Die infolge der Massenwirkung bedingten Tangentialkräfte T_{b_1} ergeben sich zu: T_{b_1}=P_{b_1}\cdot \sin\,\alpha bezw. T_{b_1}=M_K\cdot b_1\cdot \sin\,\alpha=\frac{G_K}{g}\cdot b_1\cdot \sin\,\alpha. (Fortsetzung folgt.)