Titel: Beitrag zur Theorie und Konstruktion der Wage, mit besonderer Berücksichtigung der n-fach übersetzten Hebelwage.
Autor: Franz Lawaczeck
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 680
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Beitrag zur Theorie und Konstruktion der Wage, mit besonderer Berücksichtigung der n-fach übersetzten Hebelwage. Von Franz Lawaczeck, Dipl.-Ing., Camberg. (Fortsetzung von S. 669 d. Bd.) Beitrag zur Theorie und Konstruktion der Wage, mit besonderer Berücksichtigung usw. 4. Die Empfindlichkeit eines Systemes von n-Hebeln. Nachdem diese Betrachtungen gezeigt haben, dass das für parallele Kräfte abgeleitete durch Fig. 3 dargestellte Empfindlichkeitsgesetz auch für beliebig gerichtete Kräfte gilt, sind wir in der Lage, die Empfindlichkeit eines beliebig zusammengesetzten Hebelsystems zu bestimmen, sofern für den in Betracht kommenden kleinen Ausschlag die Kräfte mit genügender Annäherung ihre Richtung beibehalten. Letzteres ist immer der Fall, wenn die Zugstangen genügend lang sind. Es werde beispielsweise eine sogenannte Potenzwage mit beliebig, jedoch nicht zu stark gegen die Senkrechte geneigten Zugstangen behandelt (s. Fig. 6). Die einzelnen Hebel mögen für sich so ausgeglichen sein, dass sie in unbelastetem Zustande der Wage sämtlich sich in ihrer Nullage befinden. Soll die Wage auch nach ihrer Belastung durch L + F in A und L1 + F1 in J in der Nulllage einspielen, so muss sein L_1+F_1=\frac{L+F}{u}, wobei mit den Bezeichnungen der Fig. 6 u=\frac{b\cdot d\cdot f}{a\cdot c\cdot e}, die Gesamtübersetzung darstellt. Wird nun nach dem Einspielen der Wage in der Nullage zu L1 + F1 eine kleines Zulagegewicht ΔL1 zugefügt, so werden sämtliche Hebel sich um die kleinen Winkel Δϕ1, Δϕ2, Δϕ3 drehen, wenn das System im stabilen Gleichgewicht war. Textabbildung Bd. 321, S. 680 Fig. 6. Es werde nun die Grösse des Ausschlagwinkels Δϕ1 an Hebel I berechnet unter der Voraussetzung, dass die Zugstangen genügend lang sind, so dass ihre Richtungsänderung bei der kleinen Drehung vernachlässigt werden kann. Die Neigungen der Zugstangen können wir uns dann durch eine gleichwertige Schneidenverschiebung ersetzt denken, ohne dass dadurch irgendwelche Aenderung der Hebelgewichte oder der Schwerpunktslagen sich ergeben müssten. So entsteht Fig. 7, in der die der Zugstangenneigung entsprechenden e2 Werte eingetragen sind. Diese Figur stellt mithin eine Wage dar, deren Empfindlichkeit mit derjenigen der durch Fig. 6 dargestellten vollständig übereinstimmt. Wird der Winkel, den die Zugstange zwischen Hebel II und III mit der Senkrechten bildet, γ, der entsprechende Winkel der anderen Zugstange β genannt, so muss nach dem Neigungsersatz in Fig. 7 der Winkel, den HG mit der Wagerechten einschliesst, sowohl wie der Winkel, den EF mit der Wagerechten bildet, dem Winkel γ gleich sein; ebenso bilden BC und ED mit der Wagerechten den Winkel β. Denken wir uns wieder, wie vorhin die durch L + F und L1 + E1 an den einzelnen Hebeln hervorgerufenen Kräfte durch ihre Resultierende ersetzt (s. Fig. 8) und schreibt man: [L+F+Z_1]\,e'_2+W_1\,e'_1=\frakfamily{M}_1,Dabei sind \frakfamily{M}_1,\ \frakfamily{M}_2,\ \frakfamily{M}_3 die „Viriale“ der einzelnen Hebel., Siehe Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte. II. Band. Kap. XII S. 267. [Z_1+Z_2]\,e''_2+W_2\,e_1''=\frakfamily{M}_2, . . 5) [Z_2+L_1+F_1]\,e'''_2+W_3\,e_1'''=\frakfamily{M}_3, so lässt sich die Momentengleichung für die nach einem kleinen Ausschlage sich neu einstellende Gleichgewichtslage, bezogen auf den Drehpunkt des Hebels III, H, anschreiben, wenn man noch die in der Zugstange des dritten Hebels durch ΔL1 hervorgerufene Kraftvergrösserung mit ΔZ2, die in der anderen Zugstange eintretende mit ΔZ1 bezeichnet: Textabbildung Bd. 321, S. 681 Fig. 7. Textabbildung Bd. 321, S. 681 Fig. 8. \Delta\,L_1\cdot f\cdot \mbox{cos}\,\Delta\,\varphi_3=\frakfamily{M}_3\,\mbox{sin}\,\Delta\,\varphi_3+\Delta\,Z_2\,e\,\mbox{cos}\,(\gamma-\Delta\,\varphi_3), . . . . . . 6) wobei ΔZ2 sich gibt aus: \Delta\,Z_2\,d\cdot \mbox{cos}\,(\gamma-\Delta\,\varphi_2)=M_2\,\mbox{sin}\,\Delta\,\varphi_2+\Delta\,\Z_1\,c\cdot \mbox{cos}\,(\beta-\Delta\,\varphi_2), und ΔZ1 aus: \Delta\,Z_1\,b\,\mbox{cos}\,(\beta+\Delta\,\varphi_1)=\frakfamily{M}_1\,\mbox{sin}\,\Delta\,\varphi_1, Daraus folgt, wenn sin γ . sin Δϕ2 gegen cos γ . cos Δϕ3 in Gleichung 6, ebenso wie die entsprechenden Produkte in den weiteren Gleichungen, vernachlässigt wird, was zulässig ist für kleine Werte von γ und Δϕ: \Delta\,L_1\,f\cdot \cos\,\Delta\,\varphi_3=\frakfamily{M}_3\,\sin\,\Delta\,\varphi_3+\frakfamily{M}_2\,\frac{\sin\,\Delta\,\varphi_2}{\cos\,\Delta\,\varphi_2}\,\frac{e}{d}\,\cos\,\Delta\,\varphi_3+\frakfamily{M}_1\,\frac{\sin\,\Delta\,\varphi_1}{\cos\,\Delta\,\varphi_1}\,\frac{c}{b}\,\frac{e}{d}\,\cos\,\Delta\,\varphi_3, \Delta\,L_1\,f=\frakfamily{M}_3\,\mbox{tg}\,\Delta\,\varphi_3+\frakfamily{M}_2\,\mbox{tg}\,\Delta\,\varphi_2\,\frac{e}{d}+\frakfamily{M}_1\,\mbox{tg}\,\Delta\,\varphi_1\,\frac{c\,e}{b\,d} . . . . . 7) Bedenkt man, dass für hinreichend kleine Werte von Δϕ die Winkel selbst an Stelle ihrer Tangenten treten können, dass ferner: \Delta\,\varphi_3=\Delta\,\varphi_2\,\frac{d}{e}=\Delta\,\varphi_1\,\frac{d}{e}\,\frac{b}{c}, . . . 8) so erhält man \Delta\,L_1\,f=\Delta\,\varphi_1\,\left[\frakfamily{M}_3\,\frac{b\,d}{c\,e}+\frakfamily{M}_2\,\frac{b\,e}{c\,d}+\frakfamily{M}_1\,\frac{c\,e}{b\,d}\right] und schliesslich \Delta\,\varphi_1=\frac{\Delta\,L_1\,f}{\frac{c}{b}\,\frac{e}{d}\,\left[\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}\right]}, . 9) woraus nach Einführung von u=\frac{b\,d\,f}{a\,c\,e} \Delta\,\varphi_1=\frac{\frac{b\,d\,f}{a\,c\,e}\,a\cdot \Delta\,L_1}{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}}=\frac{u\,\Delta\,L_1\cdot a}{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}}, oder da u\,\Delta\,L_1-u\,\frac{L_1+F_1}{E}=\frac{L+F}{E}=\Delta\,L, \Delta\,\varphi_1=\frac{\Delta\,L\cdot a}{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}} . 10) Diese letzte Form zeigt zunächst im Vergleich mit Gleichung 9, dass der Ausschlagwinkel absolut genommen derselbe bleibt, ob man nun im Punkte J ein Zulagegewicht \Delta\,L_1=\frac{L_1+F_1}{E} oder in A ein solches der Grösse \frac{L+F}{E}=\Delta\,L zufügt. Ferner ersieht man, dass die \frakfamily{M}-Werte einen mit dem Quadrat der Uebersetzung bis zu dem jeweiligen Hebel wachsenden Beitrag zur Empfindlichkeit liefern, woraus folgt, dass auf die konstruktive Behandlung des \frakfamily{M}-Wertes des Hebels, der den grössten Ausschlag macht, das grösste Gewicht zu legen ist. Weiterhin ergibt Gleichung 10, dass für positive \frakfamily{M} Werte, also für den Fall, dass jeder Hebel des Systems für sich im stabilen Gleichgewicht sich befindet, der Ausschlag des ersten Hebels durch Zufügen weiterer Hebel nur kleiner werden kann, da sein reziproker Wert sich vergrössert. Allerdings liesse sich ein vergrösserter Ausschlag erzielen durch Einfügung labiler Hebel. Wenn man bedenkt, dass man bei einem einzigen Hebel auf negativen e2 Wert deshalb unter Umständen verzichtet, weil dieser Wert meist nur ganz klein sein darf, wenn man vor Labilität gesichert sein will, so könnte man bei einem zusammengesetzten System einen Vorzug darin erblicken, dass bei dem Hebel, der den kleinsten Ausschlag macht, schon relativ grosse, also konstruktiv leichter zu beherrschende e2 Werte angebracht werden könnten, bevor man Gefahr läuft, dass das ganze System in labilen Gleichgewichtszustand gerät. Die allgemein gültige Gleichung 9, die sich ohne weiteres auf beliebig viele Hebel ausdehnen liesse, lässt sich noch in etwas anderer Form schreiben, nämlich: \frac{1}{\Delta\,\varphi_1}=\frac{\frakfamily{M}_3\,\frac{b}{c}\,\frac{d}{e}}{\Delta\,L_1\,f}+\frac{\frakfamily{M}_2\,\frac{b}{c}\,\frac{e}{d}}{\Delta\,L_1\,f}+\frac{\frakfamily{M}_1\,\frac{c}{b}\,\frac{e}{d}}{\Delta\,L_1\,f}. 11) Bedenkt man, dass einem Zulagegewicht (s. Fig. 7) \Delta\,L_1=\frac{L_1+F_1}{E} in J, ein Zulagegewicht \Delta\,L'_1=\frac{L_1+F}{E}\cdot \frac{f}{e}=\Delta\,L_1\,\frac{f}{e} in F, oder \Delta\,L''_1=\Delta\,L_1\,\frac{f}{e}\,\frac{d}{c} in B, oder \Delta\,L=\Delta\,L_1\,\frac{f}{e}\,\frac{d}{c}\,\frac{b}{a} in A entsprechen würde, und schreibt man dementsprechend \frac{1}{\Delta\,\varphi_1}=\frac{\frakfamily{M}_3\,\frac{b}{c}\,\frac{d}{e}}{\Delta\,L_1\,f}+\frac{\frakfamily{M}_2\,\frac{b}{c}}{\Delta\,L_1\,\frac{f}{e}\,d}+\frac{\frakfamily{M}_1}{\Delta\,L_1\,\frac{f}{e}\,\frac{d}{c}\,b} 12) so erkennt man, dass \frac{\frakfamily{M}_3}{\Delta\,L_1\,f}=\frac{1}{\Delta\,\varphi'_3}, dem reziproken Ausschlagwinkel gleich sei, der eintreten würde, wenn man den Hebel III aus dem System herausnähme und für sich entsprechend belastete, dass ferner \frac{\frakfamily{M}_3}{\Delta\,L_1\,f}\,\frac{b}{c}\,\frac{d}{e}=\frac{1}{\Delta\,\varphi'''_1} der auf Hebel I reduzierte reziproke Ausschlagwinkel Δϕ'3 sei; ebenso finden sich die übrigen Summanden der Gleichung 12 als die reziproken auf Hebel I reduzierten Ausschlagwinkel. Man kann auch sagen, dass Δϕ'''1 der Ausschlagwinkel des ersten Hebels sei, der eintreten würde, wenn alle \frakfamily{M} Werte ausser \frakfamily{M}_3 gleich Null seien; analog wären Δϕ''1 und Δϕ'1 zu erläutern. Man kann also schreiben: \frac{1}{\Delta\,\varphi_1}=\frac{1}{\Delta\,\varphi'_1}+\frac{1}{\Delta\,\varphi''_1}+\frac{1}{\Delta\,\varphi'''_1} . 13) Dieser Satz, der in ähnlicher Form, jedoch nur für ein System starrer Linien, also unter Vernachlässigung des Einflusses der Hebelgewichte von SchönemannVergl. Schönemann a. a. O. S. 176, §. 15. gegeben wurde, gilt wie bewiesen, für hinreichend kleine Ausschläge ganz allgemein und kann auf Systeme beliebig vieler Glieder ausgedehnt werden. In Worten könnte obiger Satz ausgedrückt werden: In jedem zusammengesetzten Hebelsystem ist der reziproke Empfindlichkeitswinkel gleich der Summe der reziproken Empfindlichkeitswinkel jedes einzelnen Hebels, vorausgesetzt, dass alle Empfindlichkeitswinkel auf denselben Hebel bezogen werden. 5. Anwendung der entwickelten Formel auf ausgeführte Wagenmechanismen. Die Gleichung 10, die uns die Empfindlichkeit eines zusammengesetzten Hebelsystemes zu berechnen gestattet, wurde abgeleitet an Hand einer Potenzwage, und zwar war dabei angenommen, dass die Last L1 + F1 in einem Punkt angriffe. Wird die Last auf eine der Drehachse des Hebels parallele Schneide mittels Pendelschale übertragen, so ist diese Annahme zulässig. Nun wird aber bei der Mehrzahl der zusammengesetzten Hebelwagen die Last durch eine sogenannte Brücke auf mindestens drei Tragschneiden übertragen. Für den Anwendungsbereich unserer Formeln haben wir diese Brückenwagen in zwei Gruppen zu trennen: In 1. solche Wagen, bei denen die Empfindlichkeit von der Lage der Last auf der Brücke unabhängig ist, 2. solche Wagen, deren Empfindlichkeit sich durch Verschiebung der Last auf der Brücke verändert. Zur ersten Gruppe gehören alle Wagen, deren Brücken genau parallel geführt werden; sodann einige Wagen mit angenäherter Parallelführung, für deren Mechanismus ganz bestimmte Verhältnisse entwickelt werden können, für die die Empfindlichkeit ebenfalls unabhängig von der Lage der Last auf der Brücke wird. Für diese Gruppe gilt die Formel 10 sinngemäss ohne weiteres, da man sich die Last Ll + F1 sowohl auf alle Tragschneiden gleichmässig verteilt als auch insgesamt von einer einzigen aufgenommen denken kann, ohne dass das Endresultat gestört wird. Bei Anwendung der Formel auf die zweite Gruppe muss man eine bestimmte mögliche Lastverteilung auf die Tragschneiden annehmen; für diese bestimmte Lage der Last kann dann, da man jetzt die Belastung jedes Hebels kennt, die Empfindlichkeit bestimmt werden. 6. Schwingungsdauer eines aus n-Hebeln bestehenden Systemes. Wir wollen jetzt dazu übergehen, die Schwingungsdauer eines zusammengesetzten Hebelsystemes zu betrachten, unter der Voraussetzung, dass die Amplituden nur klein sind. Die Schwingungsdauer eines mathematischen Pendels der Länge l ist bekanntlich angenähert für hinreichend kleine Amplituden: t=\pi\,\sqrt{\frac{l}{g}} . . . . . . 14) Betrachtet man einen einseitig an einer wagerechten Achse drehbar befestigten gewichtslosen Stab der Länge l, an dessen Endpunkte ein Massenpunkt m wirkt, so ist die Winkelbeschleunigung, die dieser erfährt, wenn er aus seiner Gleichgewichtslage um den Winkel ϕ herausgebracht ist: \varepsilon=\frac{m\,g\,l}{m\,l^2}\,\sin\,\varphi=\frac{g}{l}\,\sin\,\varphi=\frac{g}{l}\,\varphi. Diese Winkelbeschleunigung ist nur veränderlich mit dem Sinus des Ausschlagwinkels. \frac{\varepsilon}{\varphi} ist demnach ein konstanter Wert. Schwingt nun irgend ein Hebelsystem derart, dass ein entsprechender Wert \frac{\varepsilon'}{\varphi'} konstant ist, so wird dieses System dieselbe Schwingungsdauer haben, wie ein mathematisches Pendel der Länge l'=\frac{\varphi'}{\varepsilon'}\,g, d.h. die Schwingungsdauer t'=\pi\,\sqrt{\frac{l'}{g}}=\pi\,\sqrt{\frac{\varphi'}{\varepsilon'}} . . . . 15) besitzen. Wir werden nun zeigen, dass in der Tat der entsprechende Wert \frac{\varphi'}{\varepsilon'} für hinreichend kleine Schwingungen eines Hebels eines zwangläufig gekuppelten Hebelsystems konstant ist. Wir wollen diesen Wert an Hand der Fig. 9 ermitteln. Die ursprünglich gegen die Senkrechte geneigt zu denkende Zugstange der Fig. 9 wollen wir uns durch Neigungsersatz in die Senkrechte übergeführt denken. Textabbildung Bd. 321, S. 683 Fig. 9. Um nun die Winkelbeschleunigungen, die die Hebel des Systems erfahren, bestimmen zu können, wollen wir zunächst Hebel 1 für sich allein betrachten, indem wir ihn mit den Ergänzungskräften versehen. Sieht man von den durch Pendeln der Wagschalen allenfalls entstehenden Kräften ab, so hat man in A nur eine Ergänzungskraft \frac{L+F}{g}\,l\cdot \varepsilon_1 senkrecht zu AC hinzuzufügen, wenn ei die Winkelbeschleunigung des Hebels I bedeutet. Zwar tritt normal zu dieser eine Zentrifugalbeschleunigung auf, doch übt diese keinen Einfluss auf die Bewegung des Hebels aus, weil ihr Moment bezüglich C Null ist. In B tritt eine in die Zugstangenrichtung fallende Ergänzungskraft mp auf, die dazu dient, die Massen des zweiten Hebels, der mit dem ersten Hebel ja zwangläufig verbunden ist, entsprechend der Bewegung dieses zu beschleunigen. Da Hebel I für sich betrachtet ein starrer Körper ist, gilt für ihn die Beziehung: ε1J1 = M1 . . . . . . 17) wenn noch J1 das Trägheitsmoment des Hebels, bezogen auf seine Drehachse, und M1 die Grösse des resultierenden Momentes aller Kräfte bezüglich desselben Drehpunktes bedeutet. Es ergibt sich M1 für Δϕ1 zu: M_1=[(L+F+Z_1)\,e'_2+W_1\,e'_1]\,\sin\,\Delta\,\varphi_1-m\,p\,l_1\,\cos\,(\beta_1-\Delta\,\varphi_1)-\frac{L+F}{g}\,l\cdot \varepsilon_1\cdot l\,\cos\,(\beta+\Delta\,\varphi_1), oder falls entsprechend den früheren Bezeichnungen: l cos β = a, l1 cos β1 = b, mit den früheren Vernachlässigungen, sofern β, β1, entsprechend kleinem e'2, und Δϕ1 hinreichend kleine Winkel: M_1=\frakfamily{M}_1\,\sin\,\Delta\,\varphi_1-m\,p\,b-\frac{L+F}{g}\,l^2\,\varepsilon_1, 18) womit Gleichung 17 übergeht in: \varepsilon_1\,\left(J+\frac{L+F}{g}\,l^2\right)=\frakfamily{M}_1\,\sin\,\Delta\,\varphi_1-m\,p\,b. 19) In Gleichung 19 ist die Ergänzungskraft mp noch unbekannt; um diese zu ermitteln, betrachten wir Hebel II für sich. Ist ε2 dessen Winkelbeschleunigung um seinen Drehpunkt, J2 das auf denselben Drehpunkt bezogene Trägheitsmoment des Hebels, M2 das resultierende Moment sämtlicher Kräfte bezüglich desselben Drehpunktes, so gilt wieder ε2J2 = M2 . . . . . . . . . . 20) Ist der Ausschlag Δϕ2, und werden analoge Vernachlässigungen, wie bei Hebel I gemacht, so wird M_2=\frakfamily{M}_2\,\sin\,\Delta\,\varphi_2+m\,p\,c-\frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2\,\varepsilon_2. Da infolge des Zusammenhanges mit Hebel I \Delta\,\varphi_2=\Delta\,\varphi_1\,\frac{b}{c} und \varepsilon_2=\varepsilon_1\,\frac{b}{c} ist, so wird aus Gleichung \varepsilon_1\,\frac{b}{c}\cdot J_2=\frakfamily{M}_2\,\frac{b}{c}\,\sin\,\Delta\,\varphi_1+m\,p\,c-\varepsilon_1\,\frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2\,\frac{b}{c}, . . 21) woraus m\,p=\frac{\varepsilon_1}{c}\,\left[J_2\,\frac{l}{c}+\frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2\,\frac{b}{c}\right]-\frakfamily{M}_2\,\frac{b}{c^2}\,\Delta\,\varphi_1. Setzt man diesen Wert in Gleichung 19 ein, so erhält man: \varepsilon_1\,\left(J_1+\frac{L+F}{g}\,l^2+J_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2\,\frac{b^2}{c^2}\right)=\frakfamily{M}_1\,\sin\,\Delta\,\varphi_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}\,\sin\,\Delta\,\varphi_1, woraus \varepsilon_1=\frac{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}}{J_1+J_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frac{L+F}{g}\,l^2+\frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2\,\frac{b^2}{c^2}}\,\sin\,\Delta\,\varphi_1 22) Die Formen \frac{L+F}{g}\,l^2 und \frac{L_1+F_1}{g}\,{l^2}_2 lassen erkennen, dass man sich die Massen der Gewichte, die das Hebelsystem belasten, in den Schneiden A bezw. F konzentriert denken darf; dann kann man den Nenner des Ausdruckes 22 auffassen als ein lediglich auf den ersten Hebel bezogenes Trägheitsmoment J0, das der Trägheit sämtlicher Massen gleichwertig ist, während der Zähler mit sin Δϕ1 alsdann die Summe aller Momente ohne Berücksichtigung der Ergänzungskräfte, ebenfalls auf die Drehachse des ersten Hebels bezogen bedeutet. Danach lässt sich leicht die Winkelbeschleunigung eines Hebels einer n-fachen Hebelkette anschreiben. z.B. ist die Winkelbeschleunigung ε'1 für den ersten Hebel der Potenzwage Fig. 6, wenn man noch den Beitrag von Last und Gegengewicht zu J0 durch Einführung von u, der Gesamtübersetzung, da \frac{L_1+F_1}{g}=\frac{L+F}{g}\cdot \frac{1}{u} ist, vereinfacht, indem man in Gleichung 22l2 durch a2 und l22 durch d2 ersetzt, womit der Beitrag von Last und Gegengewicht zu J0 gleich \frac{L+F}{g}\,(1+u)\,a^2 wird, \left.{{\ \ \ \ \ \ \ \ \varepsilon'_1=\frac{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}}{J_1+J_2\,\frac{b^2}{c^2}+J_3\,\frac{b^2}{c^2}\cdot \frac{d^2}{e^2}+\frac{L+F}{g}\,(1+u)\,a^2}\,\sin\,\Delta\,\varphi'_1}\atop{=\frac{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\cdot \frac{d^2}{e^2}}{J_0}\,\sin\,\Delta\,\varphi'_1.}}\right\ 23) Für dasselbe System wird, wie aus Gleichung 22 und 23 zu erkennen, der Wert \frac{\varepsilon'_1}{\sin\,\Delta\,\varphi'_1}=\frac{\varepsilon'_1}{\Delta\,\varphi'_1} eine Konstante, so dass die Schwingungsdauer des Systems (Fig. 6) nach Gleichung 15 berechnet werden kann zu: t=\pi\,\sqrt{\frac{J_0}{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}}} oder, führt man z die Schwingungszahl i. d. Minute ein, so wird mit z=\frac{60}{t}, \begin{array}{rcl}z^2&=&\frac{3600}{\pi^2}\,\frac{\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2\,\frac{b^2}{c^2}+\frakfamily{M}_3\,\frac{b^2}{c^2}\,\frac{d^2}{e^2}}{J_0}\\&=&\frac{3600}{\pi^2}\,\left[\frac{\frakfamily{M}_1}{J_0}+\frac{\frakfamily{M}_2}{J_0\,\frac{c^2}{b^2}}+\frac{\frakfamily{M}_3}{J_0\,\frac{c^2}{b^2}\,\frac{e^2}{d^2}}\right]\end{array} . . . . 24) Ebenso wie man die Trägheit sämtlicher Massen sich ersetzt denken kann durch das lediglich auf Hebel 1 bezogene Trägheitsmoment J0, so kann man die Trägheit sämtlicher Massen ersetzen durch ein auf den zweiten oder dritten Hebel bezogenes Trägheitsmoment. Nennt man dieses auf den zweiten Hebel bezogene Trägheitsmoment J'0 das auf den dritten Hebel bezogene J''0, so muss offenbar sein: J'_0=J_0\,\frac{c^2}{b^2} J''_0=J_0\,\frac{c^2}{b^2}\,\frac{e^2}{d^2}, womit Gleichung 24 übergeht in z^2=\frac{3600}{\pi^2}\,\left[\frac{\frakfamily{M}_1}{J_0}+\frac{\frakfamily{M}_2}{J'_0}+\frac{\frakfamily{M}_3}{J''_0}\right]. Wie leicht zu erkennen stellen demnach die Summanden der Gleichung 24 die Quadrate der Schwingungszahlen dar, die jeder einzelne Hebel für sich dem Systeme erteilen würde. Bezeichnet man diese Schwingungszahlen mit z1, z2, z3, so ist also z1 die Schwingungszahl für das System, wenn \frakfamily{M}_2=\frakfamily{M}_3=0, z2 die Schwingungszahl des Systems, wenn \frakfamily{M}_1=\frakfamily{M}_3=0 und endlich z3 die Schwingungszahl, wenn \frakfamily{M}_1=\frakfamily{M}_2=0 gedacht wird. Damit nimmt Gleichung 24 die Form an: z2= z21+ z22+ z23 . . . . . . . . . . 25) wobei dann für gleichen \frakfamily{M}-Wert die Einzelschwingungszahlen sich zu einander verhalten, wie die zwischen den Drehpunkten der zugehörigen Hebel liegenden Hebelstrecken, d.h. z'1 : z'2 = c : b: z'2 : z'3 = e : d. Die Beziehung der Gleichung 25 kann ohne weiteres auf ein System von beliebig vielen Hebeln angewandt werden, und gilt ganz allgemein für nicht zu grosse Neigungen der Zugstange gegen die Vertikale, sofern nur die Amplituden genügend klein genommen werden. Man hat also den Satz: Das Quadrat der an einem n-fachen Hebelkettensystem auftretenden Schwingungszahl ist gleich der Summe der Quadrate der Schwingungszahlen, die die einzelnen Hebel für sich dem System erteilen würden, sofern nur die Richtungen der Zugstangen von der Vertikalen nicht zu stark abweichen, und die Amplituden hinreichend klein genommen werden. Dieser Satz bildet eine Analogie zu dem Schönemannschen Satz von der Empfindlichkeit eines n-fachen Hebelkettensystems. Und analog dem früheren Ergebnis, dass der \frakfamily{M}-Wert des Hebels, der den grössten Ausschlag macht, den energischsten Einfluss auf die Empfindlichkeit des ganzen Systems ausübt, zeigt Gleichung 24 dasselbe bezüglich der Schwingungszahl. Sowohl hinsichtlich der Schwingungszahl, wie der Empfindlichkeit, verlangt also der „Oberbalken“; das ist der Hebel des grössten Ausschlages, konstruktiv die grösste Aufmerksamkeit. (Fortsetzung folgt.)