Titel: Zeitschriftenschau.
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 732
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Zeitschriftenschau. Zeitschriftenschau. Die Rheinuferbahn Köln–Bonn. (Prof. Rinkel.) Für diese der A.-G. Köln-Bonner Kreisbahnen gehörige 22 km lange elektrische Städtebahn waren drei Projekte in engerem Wettbewerb: 1. 1000 Volt Gleichstrom mit einer Batterie im Kraftwerk (Siemens-Schuckert Werke); 2. 800 Volt Gleichstrom mit einer Batterie im Kraftwerk (A. E. G.); 3. 6000 Volt Wechselstrom am Fahrdraht und Kommutatormotoren mit Transformierung im Motorwagen (A. E. G.). Gewählt wurde das erste Projekt; die Anlage ist die erste Gleichstrombahn mit 1000 Volt in jedem Motor. Das Kraftwerk liegt fast in Strecken mitte und enthält vorläufig zwei Tandemverbundmaschinen mit direkt gekuppelten 330 Kilowatt-Nebenschlussdynamos (1000 Volt) von 150 Uml./Min., letztere besitzen Wendepole für funkenfreies Arbeiten. Parallel mit den Betriebsmaschinen arbeitet eine Pufferbatterie von 330 Amp./Std. Kapazität bei einstündiger Entladung, welche durch eine Puffermaschine, System Pirani, so geregelt wird, dass sie bei konstanter Spannung zwischen den Hauptsammelschienen je nach der Belastung ge- oder entladen wird. Bei der gewöhnlichen Parallelschaltung ist bekanntlich ein wirksames Mitarbeiten der Batterie nur durch grösseren Spannungsabfall (mindestens 10 v. H.) möglich, so dass die getroffene neue Anordnung beachtenswert ist. Nach dem Vorschlage des Verfassers wurden Fernbatterien vorgesehen und zwar je eine 300 Amp.-Batterie in Sürth und in Hersel (5,72 bezw. 7,42 km vom Kraftwerk), die mit dem Kraftwerk durch je eine Leitung von 125 qmm und eine 2 × 12 Kwt. Zusatzmaschine verbunden sind. Vorteile dieser Anordnung sind: Die höchste Leistungsfähigkeit der Anlage steigt um rund 300 Kwt., bei Maschinenschäden kann man den stärksten Verkehr – in jeder Richtung stündlich zwei Vierwagenzüge – drei Stunden lang allein mit den Batterien führen; das „tote Kupferkapitel“ ist in „lebendiges Batteriekapitel“ umgesetzt, statt 47 t werden nur noch 15 t Speisekupfer nötig. Ferner konnte die Strecke in drei isolierte Teile zerlegt werden und schliesslich sind die Bahnmasten von Verstärkungsleitungen entlastet. Besonders wertvoll ist jedoch die grössere Gleichmässigkeit der Streckenspannung sowie die Verminderung des Spannungsverlustes in den Schienen (nur 17 v. H. des Gesamtleitungswiderstandes). Die Oberleitung besteht aus zwei Fahrdrähten von je 80 qmm Querschnitt für jedes Gleise, welche mittels an Drahtstücken hängenden Spreizbügeln von verschiedener Länge (um die Zickzackabspannung zu ermöglichen) an einem Tragstahldrahtseil aufgehängt sind. Letzteres ist an Doppelhochspannungsisolatoren (auf Auslegermasten) befestigt, welche aus zwei untereinander angeordneten Porzellan- bezw. Hartgummi-Isolatoren bestehen. Der Querbügel kann mit den Fahrdrähten um einen Drehpunkt in der Bügelmitte pendeln, wodurch beide Fahrdrähte stets am Stromabnehmer endigen. In Bahnhöfen sind an Stelle der Auslegermasten Ueberbrückungen durch leichte Gitterträger zwischen zwei Aussenmasten angeordnet. Als Schienenverbinder (zwei für jeden Stoss) sind flache Kupferbänder gewählt, die mit Kupferstöpseln und Stahlkeilen befestigt sind. Die Motorwagen mit Drehgestell (27 t Gewicht) enthalten 57 Sitzplätze, die Anhänger (16 t) bis zu 70 Plätze; insgesamt befördert ein Vierwagenzug im Höchstfalle 400 Personen. Ausser Handbremsen haben die Wagen Westinghousebremsen, welche von den Reisenden betätigt werden können. Jeder Motorwagen ist mit zwei Reihenschlussmotoren (je 2,5 t Gewicht) von je 130 PS Stundenleistung bei 1000 Volt Motorspannung ausgerüstet. Vier Wendepole mit vom Ankerstrom durchflossenen Wicklungen gewähren weitgehendst Funkenfreiheit. Die Lamellendicke des Kommutators beträgt (mit Isolation) 4,5 mm am Umfang. Die Motoren müssen 20 Betriebsstunden entsprechend 240 km Tagesleistung bei voller Belastung aushalten. Zur Zugsteuerung wurde ein neues vom Verfasser vorgeschlagenes elektrisches Vielfachsteuerungssystem von den Siemens-Schuckert Werken ausgebildet. Zur Herstellung der Verbindungen dienen Kontaktschützen, welche nicht von der Hauptleitung, sondern durch eine kleine Steuerbatterie (150 kg Gewicht) von 60 Volt und 8 Amp./Std. Hierdurch wird nur ein einfacher Steuerschalter mit Asbestonitwalze ohne Funkenlöschung erforderlich, welcher die entsprechende Erregung der Schützenspulen bewirkt, die die Hauptstromverbindungen nach dem Serienparallelsystem für jeden Wagen herstellen. Die Steuerleitungen durchlaufen den ganzen Zug, die Verbindung erfolgt durch eine einzige Kupplungsdose. Die Aufladung der Steuerbatterie erfolgt zum Zwecke der Stromersparnis in Reihenschaltung mit dem Bremsluftpumpenmotor. Die Schaltung geht folgendermassen vor sich: Sobald die Fahrtrichtungswalze des Fahrschalters auf vor- oder rückwärts gestellt wird, schalten sich sämtliche auf dem Dache angeordneten Automaten aller Motorwagen ein und die Fahrtwender, die die Anker und Magnete der Motoren verbinden, werden umgestellt. Eine Bewegung der Geschwindigkeitswalze ist aber zunächst noch durch die Sperrung verhindert. Erst wenn die Fahrtrichtungswalze noch um einen Teilstrich weiter gedreht ist, lässt sich die Geschwindigkeitswalze bewegen. Als Stromabnehmer besitzt jeder Wagen zwei Siemensbügel mit Aluminiumschleifstück; die Höchstkontaktstromstärke beträgt 75 Amp. Die Wagen gehen an der 1000 Volt Fernstrecke auf die 500 Volt Strassenbahnstadtstrecken über, es wurde daher für die Beleuchtung eine besondere Sicherheitsumschaltvorrichtung vorgesehen. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf freier Strecke zu 50 km genehmigt, die Fahrzeit beträgt 49 Minuten, wovon allein 25 Minuten auf die Stadtstrecken entfallen. (Elektrische Bahnen und Betriebe, 4., 14., 24. Sept., 4. Okt. 1906.) A. M. Zahnradbahn. (Birkinbine.) Die beschriebene bisher längste und höchste Zahnradbahn führt auf den 4315 m hohen Pike's Peak im Staate Kolorado (Westen der Vereinigten Staaten Amerika); ihr Ausgangspunkt liegt auf 2028 m Höhe. Der Höhenunterschied von 2287 m wird durch eine Streckenlänge von über 9 km überwunden, wobei die mittlere Steigung 160 v. T., die grösste 250 v. T. auf längere Strecken beträgt. Der Oberbau besteht aus einem normalspurigen Vignoles-Gleise mit Holzschwellen, in dessen Mitte zwei stählerne Zahnstangen liegen. Der Zug besteht aus einer Vauclain-Verbund-Dampflokomotive der Baldwin-Werke von 30 t Gewicht, welche den geschlossenen Personenwagen drückt. Letzterer ist mit der Lokomotive nicht gekuppelt und besitzt selbständige Zahnradbremsen, so dass bei einem Unfall der Lokomotive der Personenwagen für sich festgebremst werden kann. (Cassiers Magazine, Okt. 1906.) A. M. Elektrischer Betrieb im Simplontunnel. (Solier.) Schluss von. S. 715. Fünf Lokomotiven sind vorhanden, zwei von der Firma Brown Boveri, drei von der Valtellinabahn. Alle sind fünfachsig; an jedem Ende eine Laufachse, in der Mitte drei miteinander gekuppelte Treibachsen, zwischen denen die beiden Motoren gelagert sind. Die Lokomotiven sollen bei 34 km/Std. Geschwindigkeit mehr als 6000 kg, bei 68 km/Std. Geschwindigkeit mehr als 3500 kg Zugkraft am Radumfang entwickeln und einen Zug von 400 t Gewicht (einschl. Lokomotive) in 55 Sek. auf 30 km/Std. und einen Zug von 250 t Gewicht (einschl. Lokomotive) in 110 Sek. auf 60 km/Std. bei ebener Strecke beschleunigen. Die Hauptzahlen betreffend die Lokomotiven von Brown Boveri sind: Länge zwischen den Puffern 13,32 m, Durchmesser der Triebräder 1,64 m, der Laufräder 0,85 m; Adhäsionsgewicht 42 t, Gewicht des mech. Teiles 34 t, der elektr. Ausrüstung 28 t; Leistung zweier Motoren 900 PS normal, 2300 PS maximal; Motorspannung 2700 bis 3000 Volt. Die beiden Fahrgeschwindigkeiten 34 und 68 km/Std. werden nicht wie bei den Valtellinalokomotiven durch Kaskadenschaltung, sondern durch Polumschaltung erhalten; die 16- bezw. 8-poligen Motoren sind infolgedessen leichter. Der Ständer hat sechs Klemmen, der Läufer sechs Schleifringe, An jedem Ende des Lokomotivdaches sitzt ein Stromabnehmer, der aus einem rechteckigen Rahmen mit zwei hierauf angeordneten Bügeln besteht. Das Aufrichten geschieht mittels eines mit Druckluft gespeisten Zylinders und einer Feder. Der von den Stromabnehmern abgenommene Fahrstrom gelangt über einen Notausschalter dann an einem Blitzableiter vorbei und über Sicherungen zu einem Fahrtrichtungsschalter. Letzterer wird ebenso wie der Polumschalter und die Abschaltung der Anfahrwiderstände von dem Fahrschalter gesteuert; erstere beiden durch Druckluft, letztere durch eine Kettenübertragung. Zum Anfahren dienen 13 Widerstandsstufen, die bei 68 km/Std. Geschwindigkeit zweimal, einmal bei der Schaltung der Motoren für 16 Pole und dann für 8 Pole, angewendet werden können. Zwei Satz Widerstände aus Rheotandraht zu je sechs Gruppen entsprechend den beiden Motoren und den sechs Läuferphasen sind vorgesehen. Vier durch 3 PS-Motoren angetriebene Ventilatoren dienen zur Kühlung der Widerstände. Alle Hochspannung führenden Teile sind in einem besonderen Metallgehäuse angeordnet, das nur bei nieder gelegten Stromabnehmern geöffnet werden kann. Zwei Christensen-Kompressoren liefern die Druckluft für die Steuerung der Apparate und für die Westinghouse-Bremse. Deren Speisung geschieht ebenso wie die der Beleuchtung mit Strom von 110 Volt Spannung aus einem besonderen Transformator von 7 Kw. (L'éclairage électrique 1906/1907, S. 13–19.) Pr. Drehstromlokomotive. (Herzog.) Die auf der Bahn Brunnen–Morschach (Schweiz) in Betrieb befindliche Lokomotive wiegt mit voller Ausrüstung 10,5 t und befördert mit einer Geschwindigkeit von 9 km/Std. eine Last von 15,5 t. Zwei 85 PS-Motoren treiben mittels doppelter Uebersetzung (insgesamt 1 : 10,85) das Triebzahnrad an. Die Zahnräder der ersten Uebersetzung haben Winkelzähne. An die Zahnstange angreifende Zangen an jedem Ende der Lokomotive hindern das Aufsteigen des Triebzahnrades. Ausserdem ist ein besonderes Bremszahnrad vorgesehen. Zwei von einander getrennte Handspindelbremsen wirken auf Rillenscheiben, die mit dem Trieb- und Bremszahnrad verbunden sind. Jede dieser Bremsen bringt normal den Zug auf 7 m Weg in 5 Sek. zum Stehen. Ausserdem ist eine auf die Motorwellen wirkende Bandbremse vorhanden, die elektrisch, von Hand oder durch den Geschwindigkeitsregler angestellt werden kann und den Zug bei 11 km/Std. Geschwindigkeit auf der Steigung von 17 v. H. auf 3 m in 2 Sek. zum Stehen bringt. Auf den Motorwellen angebrachte Lamellengleitkupplungen mildern die Stosswirkung beim selbttätigen Einschalten der Bremse und verhüten bei Kurzschlüssen plötzliches Anhalten der Lokomotive. Der halboffene Wagenkasten ruht talwärts auf der Lokomotive und bergwärts auf einem zweiachsigen Drehgestell. Um bei Talfahrt die Drehstrommotoren als Stromerzeuger verwenden zu können, besitzen deren Anker eine besondere Gleichstromwicklung mit Kommutator, die an zwei Phasen der Ständerwicklung angeschlossen ist. Hierdurch entsteht ein Feld, welches in der Drehstromwicklung des Ankers Ströme induziert, die in den Widerständen in Wärme umgesetzt werden. Die Widerstände werden mittels eines Ventilators gekühlt, dessen Antriebsmotor, ebenso wie die Zugbeleuchtung aus einem kleinen Transformator gespeist wird. (Elektrische Bahnen und Betriebe 1906, S. 515–518.) Pr. Einphasen-Wechselstromlokomotive. (Kummer.) Auf der schweizerischen Strecke Seebach–Wettingen sind von der Maschinenfabrik Oerlikon Versuche mit einer Lokomotive für i Wechselstrom von 15000 Volt Spannung vorgenommen worden. Vom Januar bis zum November 1905 wurde bei einer Periodenzahl von 50 eine Umformerlokomotive mit Gleichstrommotoren, dann bei einer Periodenzahl von 15 bis zum Juli 1906 eine Lokomotive mit Wechselstrom-Kollektormotoren benutzt. Betreffs der Bauart der Lokomotiven wird auf frühere Veröffentlichungen verwiesen. Nach den acht Monaten haben die Kollektoren der beiden 200 PS-Wechselstrommotoren noch ihr blankes Aussehen, ausserdem sind noch die ersten Kohlenbürsten im Betrieb. Versuche mit der Lokomotive (40 t Gewicht) und Anhängelasten von 90 t und 170 t ergaben bei der Messung in dem Hochspannungsstromkreis der Lokomotive einen Kraftverbrauch von 40,5, 26,7 und 23,3 Wattst./tkm. Die für das Kraftwerk in Betracht kommenden Zahlen müssen um die Leitungsverluste vergrössert werden, die wegen der hohen Spannung jedoch gering sind. Andererseits ist die Lokomotive nicht voll ausgenutzt und entsprechend der grösseren Anhängelasten wird auch der Kraftverbrauch für den tkm noch herabgehen. Schliesslich sind auch die Krümmungen und der Oberbau der Versuchsstrecke ungünstig beschaffen. An der Hand einer Schaulinie wird gezeigt, wie die Geschwindigkeitsregelung der Lokomotive in weiten Grenzen durch Aenderung der Klemmenspannung der Motoren erreicht werden kann; hierzu wird die Anzahl der eingeschalteten Wicklungsabteilungen des Haupttransformators geändert. (Schweizerische Bauzeitung 1906, II, S. 159–162.) Pr. Decksitzwagen für elektrische Bahnen. (Smith) Die Twin City Rapid Transit Company, die den Verkehr zwischen St. Paul und Minneapolis vermittelt, baut nach einem Vorversuch zurzeit 30 Decksitzwagen in ihren eigenen Werkstätten und zwar kann der die Decksitze enthaltende, nach Art eines besonderen Wagenkastens hergestellte Aufbau im Winter abgenommen werden. Dieser Aufbau hat vorn (die Wagen haben nur einen Führerstand) Glasfenster, an den Seiten Schiebevorhänge, ist mit Quersitzen versehen und fasst 65 Personen. Der Aufbau wiegt etwa 2,3 t und ergibt eine Gesamtwagenhöhe von 5,1 m bei 6,1 m Oberleitungshöhe. Bezüglich des unteren Wagenkastens, der auf einem Stahlrahmen gebaut ist, wird auf ältere Veröffentlichungen hingewiesen. Besonderer Wert ist auf die feuersichere Anordnung der Widerstände und Leitungen unter dem Wagen gelegt. Die Baldwin-Drehgestelle sind leicht auswechselbar hergestellt; ausserdem werden mit Motoren vollständig ausgerüstete Drehgestelle in dem Wagenschuppen bereit gehalten, um bei Motorbeschädigungen durch Auswechseln der Drehgestelle den Wagen möglichst schnell wieder betriebsfähig zu machen. (Street Railway Journal 1906, S. 504–506.) Pr. Motoranordnung auf Drehgestellen. (Gough.) Ist ein Wagen mit zweiachsigen Drehgestellen ausgerüstet und sind, wie meist üblich, zwei Motoren unterzubringen, so können sie einerseits entweder zwischen Laufachse und Drehzapfen (innen) oder von letzterem aus gerechnet jenseit der Laufachse (aussen) hängen; andererseits können beide entweder auf demselben Drehgestell angeordnet oder auf beide Drehgestelle verteilt sein. Unter Berücksichtigung der statischen Belastung der Treibräder und den Wirkungen beim Anfahren ergibt sich als empfehlenswert für Wagen mit nur einem Führerstand aussenhängende Motoren auf den Hinterachsen jedes Drehgestells; weniger günstig ist die Verwendung innenhängender Motoren, ebenso wie die Anordnung beider Motoren auf dem vorderen Drehgestell und Verwendung eines leichter gebauten hinteren Drehgestells. Hat ein Wagen in beiden Richtungen zu fahren, so empfiehlt sich die Aussenaufhängung auf den Achsen 1, 3 bezw. 2, 4; bei Innenaufhängung ist die Unterbringung in demselben Drehgestell besonders unter Verwendung eines leichteren zweiten Drehgestells günstig. Die letztere Anordnung empfiehlt sich übrigens dann besonders, wenn das nötige Adhäsionsgewicht reichlich vorhanden ist und allein auf das Anfahren Wert zu legen ist. (Street Railway Journal 1906, S. 514–517.) Pr. Wagenbremsen. (Sayers.) Fortsetzung von S. 700. Die bekannten Bremsen sind entweder Rad- oder Schienenbremsen bis auf eine, die gleichzeitig beide Arten vereinigt. Die Wirkung der Radbremse wird durch die Grösse der Adhäsion der Räder an die Schienen beschränkt; zu starkes Anpressen der Bremsklötze hat Feststellen der Räder zur Folge, welches je nach der Beschaffenheit der Schienen (rein, schmutzig, gesandet) bei verschiedenem Druck stattfindet, und wodurch die Bremswirkung wesentlich (auf etwa ⅓) sinkt. Sehr starker Strassenverkehr und vor allem starke Steigungen erfordern Schienenbremsen. Werden letztere mechanisch angepresst, so wird die Adhäsion der Räder und die Wirkung der Radbremse vermindert. Magnetische Schienenbremsen haben diesen Uebelstand nicht. Die Kurbel der Handbremse ist zweckmässig als sogen. Ratschkurbel ausgeführt. Bei Drehgestellwagen wirkt der vom Führer ausgeübte Zug unter Vermittlung eines unter Wagenmitte angebrachten schwingenden Hebels auf die getrennten Bremsgestänge. Bei Maximum-Traktion-Drehgestellen (mit ungleich grossen Rädern und näher den grösseren Rädern liegenden Drehzapfen) ist der Bremsdruck verschieden und zwar entsprechend der Belastung der Radsätze zu bemessen. Das Bremsen nutzt sowohl die Räder, d.h. deren Gmfang oder deren Bandagen als auch die Bremsklötze ab. Da erstere kostspieliger sind, ist für letztere das weniger widerstandsfähige Material zu verwenden. Stahlbandagen sollen 95–125000 Wagenkilometer leisten, andernfalls sind weichere Bremsklötze zu verwenden. Die Handbremse genügt für schwachen Verkehr und Geschwindigkeiten unter 16 km/Std. Hierbei beträgt der Bremswegschon 13,5–20 m je nach der Schienenbeschaffenheit. Stärkere Bremswirkung wird meist durch Verwendung von Druckluft erzielt, die in einem Zylinder mittels eines Kolbens auf das Bremsgestänge wirkt, das gleichzeitig zur Handbremsung dient. Bei Strassenbahnen wird allgemein die direkt wirkende Luftbremse verwendet. Die Druckluft kann 1. an einer Kompressorstation in den Wagenbehälter gefüllt werden, 2. durch Antrieb eines Kompressors von der Wagenachse, 3. durch einen besonderen Motor auf dem Wagen erzeugt werden. (Fortsetzung folgt.) (The Electrician 1906, S. 956–957.) Pr. Bahnisolatoren für Hochspannung. (Hakansson.) Die neuen Hochspannungs-Isolatoren der Vereinigten Isolatorenwerke A.-G., Berlin-Pankow (Patent Kleinsteuber) entsprechen allen Anforderungen an Hochspannungsisolatoren wie Sicherheit gegen Randentladungen, möglichst hohe Isolation, weitgehende mechanische Festigkeit. Die äussere Kappe (Regenschutzkappe) ist. nicht wie üblich aus Metall hergestellt, sondern aus Isolationsmaterial; die Form ist glockenförmig nach unten erweitert, so dass das abtropfende Regenwasser von dem Isolierbolzen fortgeleitet wird. In die Regenschutzkappe ist oben eine Metalleinlage eingepresst, die zur Befestigung der Aufhängevorrichtung dient. Auf der oberen Fläche ist die Kappe durch einen aufgeschraubten Metalldeckel abgeschlossen; zwischen letzterem und dem Kopfe des isolierten Bolzens ist eine Scheibe aus Isoliermaterial angeordnet. Das untere Bolzenende wird je nach der Befestigungsart des Fahrdrahtes derart ausgebildet, dass leichtes Anbringen der Fahrdrahtklemmen möglich ist. Bei Anlagen für höhere Spannungen von 12–15000 Volt werden an einem Ausleger zwei dieser Isolatoren in 1,00 bis 1,50 m Abstand befestigt, zwischen ihnen wird ein Querdraht gespannt, woran ein dritter Isolator befestigt ist, an welchem der Fahrdraht oder das Tragseil hängt. Die Aufhängung ist somit federnd, die Isolation eine vierfache, da jeder Isolator doppelte Isolationssicherheit bietet. Bei Spannungen von 1000–5000 Volt genügt ein unmittelbar am Ausleger befestigter Isolator, an welchem das Tragseil für die Fahrdrahtaufhängung hängt. Bei den Versuchen trat ein Ueberschlag zwischen Fahrdraht und Aufhängevorrichtung in trockenem Zustande bei 48 bis 50000 Volt Wechselstrom ein, bei einem künstlichen Regen von 16 mm Höhe minutlich bei 20–24000 Volt; die Isolatoren widerstanden einem senkrechten Zug von 2500 kg, ohne andere Formänderungen als leichte Verbiegung der Tragarme aufzuweisen. Derartige Isolatoren sind u.a. auf der Versuchsstrecke der Wiener Stadtbahn seit 1905 im Gebrauch. (Elektrische Bahnen u. Betriebe, 13. Okt. 1906.) A. M. Blitzableiter für Strassenbahnwagen. (Ballou.) Veranlasst durch häufige Beschädigungen der Motoren durch atmosphärische Entladungen hat die Denver City Tramway Company besondere Blitzableiter auf ihren Wagen angebracht, die als Wasserwiderstände gebaut sind. Das Wasser befindet sich in einem rechteckigen Gefäss von 46 cm Höhe und 33 × 20 qcm Grundfläche. Auf dessen Boden liegt eine geerdete Eisenplatte. Zur Stromzuführung ist ein mit Schleifkontakten versehener Schlitz im Deckel vorgesehen, durch den bei Heraufziehen eines Gewitters eine Kohlenplatte von 0,9 × 3,5 qcm Querschnitt und 20 cm Länge in das Wasser getaucht wird. Der Stromverlust beträgt bei 500 Volt 1½ Amp., die das Wasser in 50 Minuten auf den Siedepunkt erhitzen. Letzteres wird als unwesentlich hingestellt, da nur wenige Gewitter länger als 40 Minuten anhalten. Andererseits lässt die Wärme eine nachträgliche Ueberwachung des Führers zu. Auf dem Kasten ist eine aus zehn Windungen bestehende Drosselspule angebracht, um das Eintreten der atmosphärischen Entladungen in die Leitungen des Wagens zu verhindern. Die Gesellschaft misst dem jedoch wenig Wert bei, da in einem Fall eine Beschädigung eines Motors über fünf Drosselspulen hinweg stattgefunden hat. Die Blitzableiter selbst haben sich sehr gut bewährt. Wenn sie auch nicht alle Beschädigungen verhindert haben, so sind letztere doch wesentlich vermindert worden. (Street Railway Journal 1906, S. 520.) Pr. Wagenstromzähler. (Wattmann.) Bahnunternehmungen, die Strom von fremden Elektrizitätswerken beziehen, sind besonders genötigt die Stromkosten herabzusetzen, die in vielen Fällen 20–25 v. H. der Betriebsausgaben ausmachen. Nun trägt, wie Versuche in Köln und Brüssel ergeben haben, die Geschicklichkeit der Wagenführer wesentlich zu dem Stromverbrauch bei (in Köln Unterschiede von 3 : 5). Die ersten Erfolge mit Wagenstromzählern zur Ueberwachung der einzelnen Führer hatte 1901 die Magdeburger Strassen-Eisenbahngesellschaft; seitdem sind in Deutschland über 1600 Wagen mit Zählern ausgerüstet worden. Die Urteile über die Erfolge gehen noch stark auseinander; immerhin haben von 30 Gesellschaften 12 Ersparnisse von 4–20 v. H. festgestellt. Eine Gesellschaft, die selbst billig ihren Strom erzeugt, hat die Wagenstromzählung aufgegeben, da der Wert einer möglichen Stromersparnis durch die Kosten der Stromzählung aufgewogen wird. Als Zähler werden Stromzähler und Stromzeitzähler benutzt. Erstere leiden unter den Erschütterungen der Wagen und zeigen ungenau; letztere sind genauer und überdies billiger (40 M gegenüber 125–200 M einschl. Montage). Sie messen die Gesamtzeit, während der die Fahrkurbel auf irgend einer der Fahrstellungen steht, und die dem Stromverbrauch praktisch proportional ist. Allerdings kann der Fahrer bei Wagen mit zwei Motoren durch Bevorzugung der Parallelschaltstellungen einen scheinbar günstigeren Stromverbrauch erzielen; ausserdem kann das Anfahren unnötig beschleunigt und hierdurch die Motoren überanstrengt werden. Wie weit diese Bedenken praktisch zutreffen, kann zur Zeit noch nicht entschieden werden. Auch übermässig schnelles und unvorsichtiges Fahren, ebenso wie geringe Innehaltung des Fahrplanes wird von einigen Seiten befürchtet; dem steht jedoch wohl ohne weiteres die Ausdehnung der Verwendung von Zählern entgegen. Die Unterhaltungskosten der Stromzähler betragen bei den grossen Betrieben 17–17,5 M. für je 100000 Wagenkilometer. Ueber Zeitzähler liegen nur ungenügende Zahlen vor; doch werden, da sie im wesentlichen Uhrwerke sind, deren Unterhaltungskosten sehr gering sein. Wegen der besonderen Verhältnisse (Steigungen, Kurven, Zahl der Haltestellen) können bei der Beurteilung nur die Fahrer derselben Strecke miteinander verglichen werden, wobei bei Fahrten mit Anhängern die durch den Zähler festgestellten Werte mit einer Erfahrungszahl zu multiplizieren sind. Wird der Gesamtwert eines grösseren Zeitraumes (ein Monat) berücksichtigt, so gleichen sich die durch die Witterung, Besetzung und Verschiedenartigkeit der Wagen herrührenden Unterschiede der Einzelwerte aller Fahrer genügend aus, so dass in der Tat ein zutreffendes Bild der Fahrleistungen gewonnen wird. Auf Grund der letzteren geben einzelne Verwaltungen Geldprämien, andere beschränken sich auf eine Belehrung der untüchtigen Fahrer. Die Kosten für die Verwaltungsarbeit, die durch die Stromzählungen entstehen, wird auf 12–18 M. für 100000 Wagenkilometer angegeben. Ein Urteil darüber, ob die Stromzeitzähler dasselbe wie die Stromzähler leisten, kann noch nicht gefällt werden, doch können die theoretischen Einwände, die hiergegen gemacht werden, nicht ausschlaggebend sein, sondern nur praktische Versuche. An der Hand von Zahlenbeispielen wird gezeigt, dass der wirtschaftliche Wert der Stromzählungen wesentlich von dem Strompreis abhängt. Schliesslich wird darauf hingewiesen, dass zur grösseren Klarstellung der Stromzählerfrage noch weiteres statistisches Material und sorgfältige Beobachtungen erwünscht sind. (Deutsche Strassen- und Kleinbahnzeitung 1906, S. 687–693 und 707–710.) Pr. Stosstufenmesser. Unter dem Einfluss der Radlasten findet an jedem Stoss eine lotrechte Verschiebung der Schienenenden von Eisenbahngleisen gegen einander statt. Zum Messen dieser Verschiebung ist von Reitler in Wien der folgende Apparat konstruiert. In einem gabelförmigen an einem Schienenende befestigten Teil sind zwei leichte Zylinder gelagert, die durch einen am gegenüberliegenden Schienenende befestigten Lappen verschoben werden können. Die Zylinder werden durch Reibung in ihrer jeweiligen Lage festgehalten und gestatten mittels einer Teilung und eines Nonius nach der Vorbeifahrt eines Zuges oder eines Fahrzeuges die grösste Verschiebung bis auf 0,01 mm abzulesen. Versuche auf der Kaiser Ferdinandsnordbahn ergaben bei gut erhaltenen Hauptgleisen Verschiebungen von 0,04 bis 0,25 mm, bei alten Stationsgleisen bis 0,5 und 0,8 mm. (Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1906, S. 193–194.) Pr. Kreiselpumpen. (Fischer & Zeine.) Die auf der Bayerischen Landesausstellung in Nürnberg vorgeführten Kreiselpumpen von Gebr. Sulzer, von Klein, Schanzlin & Becker und von J. A. Hilpert sind nach Konstruktion und Leistung beschrieben. Von ihnen besitzt die Fontänepumpe von Hilpert zweiseitigen Einlauf (Leistung 13 cbm/Min auf 45 m bei 1200 Uml./Min) Die Laufradkanäle sind derart geformt, dass die Aenderung der relativen Durchflussgeschwindigkeit nach einer Graden erfolgt. (Zeitschr. f. d. ges. Turbinenwesen 1906, S. 369–376.) K. Kolbenpumpen. (Mueller.) Bei dem auf der Bayerischen Landesausstellung in Nürnberg liegenden Zwillingspumpwerk des Werkes Augsburg tritt das Wasser aus dem im Fundament versenkten Saugwindkessel durch seitliche Kanäle in über dem Zylinder liegende Saugkammern, die mit einem besonderen kleinen Windkessel versehen sind. Die Korlissventile bestehen aus einfachen Bronzeringen mit Bronzefedern ohne Hubbegrenzung (n = 125). Eine für den Versand und die Massenfabrikation sehr geeignete Form (Lager, Ständer, Gradführung, Windkessel und Pumpenkörper aus einem Gusstück) zeigt auf der erwähnten Ausstellung die stehende doppeltwirkende Kolbenpumpe von Balcke-Frankenthal. Die Bronzesitze der federbelasteten Ringventile werden durch Spindeln von aussen festgehalten. Eine Presspumpe mit selbsttätiger Auslösung derselben Firma hat über den Druckventilen besondere Rückschlagventile, die geschlossen bleiben, wenn der zulässige Druck erreicht ist, während die Pumpe dann ohne Druck durch das Druckventil nach einer Rückflussöffnung arbeitet, die sich in dem Raum zwischen Druck- und Rückschlagventil befindet und durch einen mit Gewichten belasteten Kolben geöffnet wird, Durch diese Anordnung wird das Eindringen von Luft in die Pumpe verhindert. (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingenieure 1906, S. 1648 bis 1652.) K. Die Kaiserwerke. (Herzog.) Fortsetzung von S. 703. An den Zulaufstollen schliesst ein zweiter gedeckter Kanal (0,0005 Gefälle) von 174 m Länge und 1,00 × 1,80 m Querschnitt an. Durch ein Wasserschloss erfolgt der Uebergang in die aus 11 Druckzonen bestehende Rohrleitung von 550 mm 1. Weite (oben genietete, unten geschweisste Rohre von 10–15 mm Blechstärke). Die Dichtung erfolgt durch Gummiringe zwischen Stahlgussflanschen. Als Leerschuss dient ein mittels Falle absperrbarer im offenen Terrain eingeschnittener Graben mit Steinpflasterung. Das Bruttogefälle beträgt 321,1 m. Die Maschinenhalle mit 29,3 × 11,6 m Grundfläche (10,5 m hoch) enthält zwei 1200 PS wagerechte Turbinen von Rüsch in Dornbirn, welche mit den Dynamos direkt gekuppelt sind; der Platz für eine dritte 1200 PS Einheit ist vorgesehen. Ferner sind zwei liegende Erreger-Turbinensätze aufgestellt. Die Turbinen sind Pelton-Turbinen für 480 Uml./Min. mit auswechselbaren Schaufeln aus Deltametall und Leitapparat und Schieber aus Phosphorbronze. Zur Regelung dienen selbstättige Präzisions-Geschwindigkeitsregulatoren. Zum Anlassen, Regulieren und Abstellen der Generatorturbinen erhielt jede Gruppe einen 2 PS Drehstrommotor mit Kurzschlussanker für 115 Volt Betriebsspannung. Für die Turbinen sind garantiert: 80 v. H. Wirkungsgrad bei Vollast, 79 v. H. bei ¾ und 78 v. H. bei ½ Last. Die Drehzahlschwankungen sollen bei plötzlichen Belastungsänderungen von 25 v. H. ± 2 v. H., bei solchen von 50 v. H. ⊥ 3 v. H., bei solchen von 100 v. H. ± 6 v. H. nicht überschreiten. Bei den Abnahmeversuchen ergab sich bei 75 v. H. Belastungsschwankung nur 3 v. H. Drehzahländerung. (Fortsetzung folgt). (Schweizer. Elektrotechn. Zeitschr., 29. Sept. u. 6. Okt. 1906.) A. M. Wasserkraftanlage. (Schluss von S. 702.) Zur Reserve der Wasserkraftanlage der Holyoke Water Power Co. wurden, wie bemerkt, eine 500 KW Curtisturbodynamo für 900 Uml./Min. gewählt und zwar hauptsächlich darum, weil die Dampfturbine im Notfalle bedeutend schneller betriebsfertig ist als eine Kolbenmaschine, sowie weniger Aufsicht bedarf. Sowohl der Turbogenerator wie die mit den Wasserturbinen gekuppelten Generatoren erzeugen Drehstrom von 2300 Volt und 60 Perioden i. d. Sekunde. (The Engineering Record, 22. Sept. 1906.) A. M. Schmelzpfropfen zur Wärmebestimmung bei der Stahlverarbeitung. Die bekannten Segerschen Kegel und die aus Metallen hergestellten Schmelzlegierungen verdanken ihre Beliebtheit der Leichtigkeit, mit der sie überall untergebracht werden können, wodurch es dann ohne Mühe gelingt die Temperatur gerade an der Stelle zu bestimmen, wo sie von Bedeutung ist. Doch können sich diese Kegel an Genauigkeit nicht mit den aus diesem Grunde neuerdings so in Aufnahme gekommenen thermoelektrischen oder optischen Pyrometern messen, die dafür allerdings weniger handlich und erheblich teurer sind. Jener Nachteil der Segerschen Kegel soll nun dadurch vermieden sein, dass man die Pfropfen nicht mehr aus Metallen oder Metallegierungen, sondern aus den Salzen von Metalloxyden herstellt, deren Schmelzpunkte so zuverlässig bestimmt und so genau bekannt sind, dass sie sogar zur Kalibrierung der feinsten thermoelektrischen Pyrometer benutzt werden. Auch können aus diesen Salzen oder aus ihren Legierungen leichter solche Pfropfen für alle erforderlichen Temperaturen hergestellt werden als aus den an Zahl geringeren Metallen selbst. Die Pfropfen erhalten die Gestalt von kleinen Zylindern von 10 bis 22 mm Durchmesser und werden zum Schütze gegen Witterungseinflüsse und dergl. mit einer Wachsschicht überzogen, deren Farbe je nach dem Schmelzpunkte verschieden ist. Meistens wird es nun nicht möglich sein, durch unmittelbare Beobachtung den Augenblick des Schmelzens festzustellen, weil die Pfropfen an unzugänglichen Stellen im Innern des Ofens untergebracht werden müssen. Dann empfiehlt sich die Zuhilfenahme des elektrischen Stromes zur Betätigung von Anzeigevorrichtungen. Dargestellt sind zwei Anordnungen. Bei der ersteren wird der Pfropfen durch eine federnd angeordnete Stange gegen das Ende eines vorn etwas konisch zulaufenden Rohres gedrückt. Schmilzt er, so schliesst die weiter in die Röhre hineingleitende Stange einen Kontakt, und eine galvanische Batterie setzt eine Klingel in Bewegung. Bei der zweiten Anordnung ist der Zylinder selbst in einen elektrischen Strom eingeschaltet, der ausserdem eine Lampe zum Leuchten bringt und um einen kleinen Magneten kreist. Beim Schmelzen des Pfropfens erlischt die Lampe, der Magnet lässt seinen Anker fallen und schliesst dadurch den Stromkreis einer Klingel. (Engineering 1906, Bd. II, S. 92.) F. Mbg. Ameisensäure als Konservierungsmittel. Seitdem die bisher meist gebräuchlichen Konservierungsmittel für Heisch gesetzlich verboten sind, hat man sich nach Ersatzmitteln umgesehen und als solches auch Ameisensäure vorgeschlagen. Der Berliner Nahrungsmittelchemiker Dr. G. Lebbin hat nun die Anwendbarkeit dieses Mittels näher geprüft. Zur Erhaltung von Fleisch und ähnlichen Nahrungsmitteln können Säuren nicht ohne weiteres angewandt werden, weil sie das Grauwerden von frischem rotem Fleisch befördern. Lebbin prüfte deshalb vornehmlich pflanzliche Nahrungsstoffe und zwar in erster Linie solche, die leicht schimmeln: Fruchtsäfte aller Art, Brot, Marmeladen, frische Früchte usw., daneben aber auch Fleisch und Fleischwaren. Sämtliche Versuchsgegenstände waren mit Schimmel bezw. Fäulnisstoffen geimpft. Lebbin fand, dass der Zusatz einer verdünnten Ameisensäure, die 0,15 v. H. wasserfreier AmeisensäureDie Ameisensäure des Handels enthält meist nur etwa 50–60 v. H. reiner Säure. enthält, regelmässig ausreichte, um alle damit versetzten Nahrungsmittel in gutem Zustande zu erhalten. In vielen Fällen genügte schon 0,10 v. H.; bei Zitronensäure und Kirschsaft reichte aber diese schwächere Säure nicht aus. Die Ameisensäure ist also tatsächlich als Fäulnis verhinderndes Mittel brauchbar; in der geringen erforderlichen Menge ändert sie das Aussehen und den Geschmack der Nahrung nicht. Grosse Menge von Ameisensäure wirken natürlich schädlich, ebenso wie Essigsäure, sogar etwa doppelt so schädlich, als diese, wie Lebbin auf Grund seiner Tierversuche annimmt. Solche Mengen kommen hier aber nicht annähernd in Frage. Zur Sicherheit stellte Lebbin auch Versuche am Menschen an, indem er selbst und drei andere Herren 2–4 Wochen lang täglich ½ Liter Himbeerlimonade tranken, die im Liter 1 g Ameisensäure enthielt. Es stellten sich keine Beschwerden ein, niemals wurde Eiweiss im Harn gefunden. Gibt man bei der Bereitung von Fruchtsirup zum Saft 0,15 v. H. Ameisensäure und 60 v. H. Zucker, so wird der fertige Sirup 0,06 v. H. Ameisensäure enthalten, wenn beim Einkochen keine Säure verloren geht. Von diesem Sirup müsste man täglich 0,8 kg essen, um 0,5 g Ameisensäure aufzunehmen, eine Menge, die, wie Lebbin zeigte, für den Körper unschädlich ist. (Chemikerzeitung 1906, S. 1009–1011.) A.