Titel: Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau.
Autor: Jaehn
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 228
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Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau. Von Regierungsbaumeister Jaehn in Bromberg. (Schluß von S. 214 d. Bd.) Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau. Eine immer größere Ausdehnung nimmt infolge der vorliegenden sehr günstigen Erfahrungen die Verwendung des Tallowwood im Straßenbau an. Die erzielten Erfolge sind auf die bereits erwähnten charakteristischen Eigenschaften des Tallowwood zurückzuführen, also insbesondere große Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung durch starken Wagenverkehr infolge außerordentlicher Härte und daher kaum meßbare Abnutzung, und fast völlige Indifferenz gegen Nässe und Trockenheit, Kälte und Hitze. Die Ansprüche, die an ein gutes Straßenpflaster gestellt werden, sind verschiedener Art: Die Stadtverwaltungen verlangen zunächst ein Pflaster von hoher Wirtschaftlichkeit, fordern aber zugleich vom gesundheitlichen Standpunkt, daß es reinlich und wenig aufsaugungsfähig in bezug auf fäulniserregende Stoffe sei; das Publikum verlangt ein elastisches, geräuschloses, staubfreies und dauerhaftes Pflaster, weil ja öftere Wiederherstellungsarbeiten unangenehme Verkehrsstörungen mit sich bringen; der Fuhrwerksbesitzer und der Tierfreund verlangen ein Pflaster, welches den Pferden ein sicheres und festes Auftreten ermöglicht, Ausgleiten verhindert und leichtes Aufstehen gestürzter Pferde begünstigt. Die mehrfach angewendeten Weichholzpflasterarten aus schwedischer oder bosnischer Kiefer, aus Buchenholz usw. bedingten wegen der beträchtlichen Ausdehnung des Materials erhebliche Fugen zwischen den Pflasterklötzen. Gerade die Fuge ist die Ursache gewesen, weswegen Weichholzpflaster nicht den vorgenannten Anforderungen entsprechen konnte: an den freien Kanten der Fuge begann infolge der mechanischen Angriffe der Pferdehufe oder Wagenräder das Zerstörungswerk, das sich in mechanischer und chemischer Wirkung, also Abnutzung und Fäulnis äußerte. Letztere wird noch durch den Umstand begünstigt, daß weiches Holz sich verfilzt und sogen. Barte bekommt. Würde man nun irgend ein hartes Holz mit größeren Fugen verlegen, so würden die Köpfe der Pflasterklötze rund werden und sogen. Kugelköpfe bekommen; hierdurch wäre gleichfalls die Zerstörung eingeleitet. Es kommt also darauf an, ein hartes Holz zur Pflasterung zu verwenden, welches sich gar nicht oder sehr wenig ausdehnt; dies trifft für Tallowwood zu. Die Tallowwoodpflasterklötze können daher fugenlos verlegt werden, es empfiehlt sich nur zur größeren Sicherheit an den Begrenzungen des Pflasters Ausdehnungsfugen vorzusehen; wird noch durch die Einlegung einer Ausgleichschicht, der Feinschicht, sowie durch Klötze von genau gleicher Höhe, eine völlig gleiche Oberfläche des Pflasters erzielt, so sind hierdurch die vorgenannten Zerstörungsursachen behoben und die Vorbedingungen für ein dauerhaftes, den obengenannten Ansprüchen entsprechendes Pflaster gegeben. Im nachstehenden ist die Herstellung eines zweckmäßigen Tallowwoodpflasters in seinen Einzelheiten beschrieben. Das Pflaster erhält als Unterlage eine Betonsohle von mindestens 18 cm, und, sofern ein Straßenbahngleis in Frage kommt, von mindestens 25 cm Stärke innerhalb des Straßenbahnkörpers. Diese Betonsohle wird aus Beton in einem Mischungsverhältnis von 1 cbm Kies auf eine Normaltonne Portlandzement (1 : 8) hergestellt. Auf die Betonsohle wird eine 1½ bis 2 cm starke, genau abgezogene Feinschicht (Estrich) aus einem Teile Zement und drei Teilen feinem Sand aufgebracht, um die Oberfläche des Betonkörpers genau profilmäßig auszugleichen. An den Fußwegkanten werden bei Ausführung der Pflasterung 3–5 cm breite Ausdehnungsfugen vorgesehen, welche nach dem Versetzen der Holzklötze auf ihre ganze Höhe mit plastischem Ton ausgefüllt werden und ähnlich wie die beweglichen Auflager einer Brücke, eine Ausdehnung des Pflasterkörpers zulassen. Die Holzklötze werden genau nach ihrer Stärke sortiert und an einer Längsseite wie an einer Querseite in ihrer ganzen Höhe intensiv in eine im wesentlichen aus Goudron und leichtflüchtigen ätherischen Oelen hergestellte Eintauchmasse getaucht. Darauf werden sie schnell an die vorher ausgeführte Klotzreihe angepreßt, so daß die Goudronklebmasse die Fugen zwischen den einzelnen Klötzen völlig ausfüllt und beim Anpressen ein Teil der Masse noch oben aus den Fugen herausgepreßt wird. Die Oberfläche des Pflasters muß eine völlig gleichmäßige Fläche bilden; Holzklötze, welche an der Pflasteroberfläche zu hoch oder zu tief stehen, sind herauszunehmen und durch besser passende zu ersetzen. Die Oberfläche der Holzklötze neben den Schienen muß 1 – 2 mm höher als die Schienenoberkante liegen, um die zerstörenden Wirkungen der sonst von den Schienen auf das Pflaster fallenden Wagenräder zu beheben. Die Pflasterungsreihen, welche an den Schienen entlang stehen, müssen vom Schienenkopf mindestens ½ cm entfernt sitzen und dürfen denselben keinesfalls berühren, damit die Beweglichkeit von Schienen gegen das Pflaster gewahrt wird. Der Zwischenraum zwischen Schienenkopf, Schienensteg und Holzpflaster wird zweckmäßig mit einer Zementmischung 1 : 2 ausgegossen. An den Bordsteinkanten werden die Holzklötze nicht senkrecht zur Straßenrichtung gelegt, sondern es werden zur Begrenzung der Ausdehnungsfugen an dieser Stelle zwei längslaufende Klotzreihen angeordnet. Nach fertiggestellter Verlegung der Holzklötze in der geschilderten Weise werden diese mit der ziemlich hoch erhitzten und durch weiteren Zusatz leichtflüchtiger ätherischer Oele verdünnten Eintauchmasse überstrichen und auf den Abstrich noch in warmem Zustand eine kleinkörnige, etwa erbsengroße Sandschicht von 1 cm Höhe gestreut. Durch den Straßenverkehr werden diese kleinen Sandteile zertrümmert und mit Hilfe der überstehenden Goudronschicht und des noch besonders aufgebrachten Ueberstriches in die etwa noch offenstehenden kleinen Fugen eingepreßt. Hierdurch ist die Gewähr dafür gegeben, daß sämtliche Fugen zwischen den Klötzen auch tatsächlich mit einem elastischen Bindemittel ausgefüllt sind. Die Holzklötze erhalten im allgemeinen eine Höhe von 8, 9 oder 10 cm. Der zu pflasternden Straße wird eine Querneigung von 1 : 100, und bei geringem Längsgefälle von 1 : 80 gegeben. Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 6a und 6b.Holzpflasterstraße mit Einbau der Straßenbahnschienen. Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 7. Abschluß des Holzpflasters gegen den Bordstein.Fig. 8. Entwässerung der Oberfläche des Betons der Holzpflasterstraßen. A Fußweg; B Beton; C Bordstein; D Dilatationsfuge; F Feinschicht; H Holzpflaster; K Kiesbett. Die Straßen größerer Städte haben vielfach auch noch den Straßenbahnverkehr aufzunehmen, es ist daher bei der andauernden Zunahme der Achslasten und der Fahrgeschwindigkeit der Verlegung des Straßenbahngleises und dem Anschluß des Straßenpflasters an dasselbe besondere Beachtung zu schenken. Sowohl für die Einbettung wie für die Umfassung des Eisenbahngleises bildet wieder Tallowwood ein zweckmäßiges Material, wie bereits DietrichDr.-Ing. Max Dietrich, Die Entwicklung des Straßenbahngleises infolge Einführung des elektrischen Betriebes (Doktoringenieur-Dissertation). Berlin 1906. S. 45 u. 46 u. Abb. 234, 235, 236, 237, 238 u. 240. hervorgehoben hat. Das Straßenbahngleis darf weder eine zu nachgiebige noch eine ganz unnachgiebige Unterlage erhalten; im ersteren Falle wird sich das Gleis infolge der Straßenbahnachslasten senken und tiefer als das umliegende Pflaster zu liegen kommen, daher durch die Straßenfuhrwerke stoßartig beansprucht werden, sobald die nachgiebige Schicht infolge der Zusammenpressung unelastisch geworden ist; im zweiten Falle aber treten Stoßwirkungen auf die unnachgiebige Unterlage infolge der hinüberrollenden Straßenbahnachslasten ein, weil genaues Aufliegen der Schiene auf der Unterlage nie zu erzielen ist, die Zerstörung der Unterlage wirkt bald nachteilig auf die Lage des Gleises ein, wodurch naturgemäß die Stoßwirkungen verstärkt werden. Es hat den Anschein, als ob durch Einlegung von Tallowwoodklötzen zwischen Schiene und Unterlage hier der richtige Mittelweg gefunden ist, der die Nachteile der beiden sich grundsätzlich gegenüberstehen den Straßenbahngleis-Anordnungen vermeidet. Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 9.Entwässerung des Betons an der Rinne. B Beton; D Tonfuge; E eisernes Rohr; H Holzpflaster; K Kiesbett; Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 10.Straßenkreuzung. A Fußweg. Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 11. C Bordschwelle; D Tonfuge; U Anordnung des Pflasters bei wagerechter Lage; V desgl. bei Steigung. Textabbildung Bd. 322, S. 229 Fig. 12. B Beton; Bl 6 mm starke Bleche; Dr Drainierrohre; H Holzpflaster; K Kiesbett; Sch Schleuse. Fig. 13. Schnitt a-b In den Fig. 613 sind Ausführungen von Straßenpflasterungen unter Verwendung von Tallowwood zur Darstellung gebracht. Textabbildung Bd. 322, S. 230 Fig. 14.Bildliche Darstellung des Umfangs der verschiedenen Pflasterarten, sowie des Kosten für Herstellung, Unterhaltung und Reinigung. (s. auch Tab. 6.) Fig. 6a und 6b zeigen eine Holzpflasterstraße mit Einbau von Straßenbahnschienen, die in verschiedener Weise (Ausführung α, β und γ) eingefaßt sind. In Fig. 7 bis 9 sind Einzelheiten zu vorstehenden Systemskizzen dargestellt und zwar in Fig. 7 der Abschluß des Holzpflasters gegen den Bordstein, in Fig. 8 und 9 die Entwässerung des Betons. Fig. 10 bringt die Systemskizze der Pflasterung einer Straßenkreuzung, Fig. 11 eine Einzelheit einer derartigen Anordnung. Die Oberflächenentwässerung des Betons mittels Kiesgräben und Drainagerohren nach einem in der Mitte der Straße liegenden städtischen Entwässerungskanal ist in Fig. 12 und 13 durch Querschnitt und Längsschnitt zur Darstellung gebracht. Außerordentlich interessant ist die durch Tab. 6 und Fig. 14 gegebene Darstellung über vom Tiefbauamt Leipzig ausgeführte Pflasterungen nach Umfang der verschiedenen Pflasterarten sowie ihrer Kosten für Herstellung, Unterhaltung und Reinigung; es geht aus der Darstellung hervor, daß von den letzten drei unter eine Gruppe zu fassenden Pflasterarten – Asphaltpflaster, Weichholzpflaster und Tallowwoodpflaster – das letzte trotz höherer Beschaffungskosten sich infolge niedriger Unterhaltungskosten und langer Nutzungsdauer den beiden anderen Pflasterarten gegenüber technisch und wirtschaftlich überlegen zeigen muß. Durch Fig. 15a, 15b, 15c wird die Einbettung von Straßenbahnschienen in Asphaltpflaster unter Verwendung von Tallowwoodpflaster-Querreihen (Fig. 15a und b) bezw. Längsreihen (Fig. 15c) erläutert; der Schienenfuß ist dabei in Asphaltguß gebettet, der sich wiederum gegen den ihn rings umgebenden Beton preßt. Fig. 16a und 16b zeigt außer der Umfassung der Straßenbahnschiene durch Tallowwoodpflasterreihen die Auflagerung des Schienenfußes auf Tallowwoodklötzen, die mit der Hirnholzseite den Schienenfuß berühren, in Fig. 17a und 17b ist eine ähnliche Anordnung dargestellt, bei der jedoch der Schienenfuß durch Tallowwoodlanghölzer gestützt wird. Sowohl bei der Anordnung in Fig. 16a und 6b wie bei der in Fig. 17a und 17b wird gutes Aufliegen des Schienenfußes auf der Holzunterlage durch Tallowwoodkeile erreicht. Bei Straßenbahnweichen ist in gleicher Weise wie bei Eisenbahnweichen der Zungendrehpunkt und das Herzstück infolge der unvermeidlichen Schläge der Abnutzung sehr ausgesetzt; man hat die Stoßwirkung an diesen Stellen durch Unterlegung von Tallowwoodholzplatten unter die eisernen Grundplatten in sinnreicher Weise herabgemindert (Fig. 18). Höchst bemerkenswert ist ferner die Einbettung des Straßenbahngleises in die Tallowwoodpflasterfahrbahn der im Bau befindlichen Rheinbrücke zwischen Ruhrort und Homberg, die durch die Fig. 19 und 20 dargestellt ist. Der Schienenfuß wird hierbei zur Unterstützung in Tabelle 6. Vergleich der verschiedenen Pflaster arbeiten nach Umfang, sowie Kosten für Herstellung, Unterhaltung und Reinigung. Textabbildung Bd. 322, S. 230 Für die Holzarten B–D bei Herstellung auf 15 cm hoher Knackbettung. Für C und D kommt seit 1900 ein Unterbau von 18 cm Packlage, 12 cm Knack und 6 cm Sand zur Ausführung. Für Holzart F gilt der Preis für Straßen ohne Straßenbahnen. Unterhaltungskosten der Elsterstraße. Holzart; Bedeutung der Werte; Makadam; Bruchsteinpflaster; Bossiertes Pflaster; Schlackensteinpflaster; Zementmakadam; Asphalt; Weichholzpflaster; Australisch. Hartholzpflaster; Reihe; Gesamt- qm; Umfang der Pflasterarten am Schlusse des Jahres 1901; Anteil in v. H.; In den Jahren 1892–1901 hergestellte Flächen; Herstellungskosten der verschiedenen Pflasterarten für 1 qm Fläche in M.; Für die seit 1896 mit Hartholz befestigten Straßen sind bis jetzt keine Unterhaltungskosten entstanden; Unterhaltungskosten der verschiedenen Pflasterarten für 1 qm und 1 Jahr; in v. H. der Herstellungskosten; Jährliche Reinigungskosten für 1 qm einer flachen Rinne der Betonunterbettung gelagert und mit Asphaltmasse untergossen. Bei einem zweiten Vorschlage wird er mittels eiserner Unterlagsplatten und Schraubenbolzen auf den Belageisen befestigt. Die Langlöcher der Schienen (Fig. 20) dienen dazu, um das sich zwischen den Gleisen auf dem Betonbett unter dem Holzpflaster ansammelnde Wasser außerhalb des Gleises seitlich auf dem quergeneigten Betonbett abzuführen. Bei der Ueberführung des Straßenbahnverkehrs über eine Brücke ist außer der Verminderung der Stoß Wirkungen auch eine Abdämpfung des während des Hinüberrollens der Straßenbahnwagen entstehenden Geräusches sehr erwünscht. Eine derartige stoßvermindernde und schalldämpfende Anordnung ist für die neue Neckarbrücke in Heidelberg in Vorschlag gebracht und in ihren Einzelheiten aus den Fig. 21a bis 21d ersichtlich. Textabbildung Bd. 322, S. 231 At Asphalt; Ei Eisenplatte; H Tallowwoodpflaster; Hk Tallowwoodkeile; Hu Tallowwoodunterlage; K Kiesbett; a Beton 1 : 1; b Beton 1 : 5; c Beton 1 : 10. Textabbildung Bd. 322, S. 231 Fig. 19 und 20.Holzpflasterung der Fahrbahn der Rheinbrücke zwischen Ruhort und Homberg. At Asphalt; F Zement-Glattstrich; H Holzpflaster; Hf Holzfutter, wird nach Herstellung des Betons wieder entfernt; P Paßstück aus Beton; Q Querträgeroberkante; a Beton 1 : 1; b Beton 1 : 5. Die Fig. 6a bis 21c haben uns verschiedene Anwendungsmöglichkeiten des Tallowwood im Straßenbau gezeigt. Infolge der mehrfach hervorgehobenen besonderen Eigenschaften hat sich das Tallowwood immer mehr das Feld erobert und nur wenige deutsche Großstädte dürfte es geben, die nicht einzelne und sei es nur versuchsweise mit Tallowwood gepflasterte Straßen aufzuweisen hätten. Textabbildung Bd. 322, S. 231 Fig. 21a–21d.Fahrbahn der Neckarbrücke in Heidelberg. At Asphalt-Filzplatte; G Konstruktions-Auflagerplatte; Hu Tallowwoodplatte; J Schienenfußplatte. Jahrelange Erfahrungen einzelner Großstädte (z.B. Leipzig, Dresden, Berlin, Bremen, Charlottenburg, Frankfurt a. M., Nürnberg, Karlsbad) sind außerordentlich günstig ausgefallen und haben den Anlaß zu weiterer Einführung des Tallowwoodpflasters gegeben.