Beitrag zur Theorie der
Dampfmaschinen-Regulierung.Von Dr. W. Hort.(Schluß von S. 339 d. Bd.)Beitrag zur Theorie der Dampfmaschinen-Regulierung.A. a. O. sind die Möglichkeiten negativer und komplexer λ erörtert, ebenso wie die Bestimmung der Konstanten Ci und es wurde
gefunden, daß die Regulatorstellungen zk stets reell sind, wenn auch einige λ komplex sind. Nicht untersucht wurde dagegen der
Fall, daß der Regulator keine Oelbremse hat, daß also b
= 0 und; wird.Rechnet man für diesen Fall die PQR um, so findet
sich:
22)
Aus diesen Gleichungen folgt nun keineswegs, daß die Regulierung ohne Oelbremse
sofort unbrauchbar wird. Die Durchrechung eines Beispiels wird dies zeigen. Eine
Dampfmaschine von 500 PS habe eine mittlere Umlaufszahl 80 i. d. Minute. Das
Trägheitsmoment des Schwungrades sei:Θ = 735 . 106 [cm2 kg].Das größte DrehmomentMm =
455 . 106 [cm2
kg sek– 2].Der Kurbelradiusr = 50 [cm].Der halbe Muffenhub des Regulatorsz0
= 5 [cm].Die mittlere Winkelgeschwindigkeitωm =
8,40 [sek– 1].Die größte Abweichung der Winkelgeschwindigkeit von der
mittleren nach oben und untenη0= 0,28 [sek–
1].Der Ungleichförmigkeitsgrad der RegulierungDie mittlere HubzeitT = 0,375 [sek].Die DurchgangszeitTd
= 0,905 [sek].Die Größeγ = 1,105 [sek– 1].Die GrößeDie Wurzeln der Regulatorgleichung seienα1 = –
8 [sek– 1]α2= – 10 [sek– 1].Der Regulator ist also beinahe aperiodisch gedämpft, da α1 und α2 ungefähr gleich sind.Diese Angaben genügen, um P, Q, R zu berechnen. Es
ist:P = 0,88358Q = – 0,26268R = – 0,00535.Und die Wurzeln der Gleichung 19 werdenλ1 = –
0,01910λ2 =
0,45134 + i√0,07621λ3 =
0,45134 – i√0,07621Die Absolutwerte sämtlicher λ sind also kleiner als die
Einheit, die Störung wird in einen neuen Beharrungszustand übergehen. Der genaue
Verlauf einer Störung, wenn die Maschine bei voller Belastung plötzlich total
entlastet wird, ist in Fig. 4 schaubildlich
dargestellt. Die einzelnen Punkte sind nach unseren Formeln berechnet. Nach 10
Hüben, d.h. schon nach 3,75 Sek. ist der neue Beharrungszustand erreicht.
[Textabbildung Bd. 322, S. 357]
Fig. 4.Wir wollen jetzt das Verhalten der Maschinenanlage untersuchen für den Fall, daß die
Oelbremse des Regulators abgeschaltet wird und daß das Stellzeug auch keine
nennenswerte Reibung verursache, die als Dämpfung gelten kann. Dann ist b = 0 zu setzen und die Größe α in Gleichung 22 wirdα = 9 [sek– 1].Hiermit findet sichP = – 1,38619Q = + 0,19145R = + 0,55967.Die Wurzeln der Gleichung 19 nehmen dann folgende Werte an:λ1 = +
0,58381λ2 = –
0,87744λ3 = –
1,09256Da λ3 absolut größer als
die Einheit ist, kann die Regulierung nicht stabil sein (s. Fig. 5). Die Amplituden der Regulatorbewegung und die
Schwankungen der Winkelgeschwindigkeit der Maschine nehmen fortgesetzt zu. Diesem
Uebelstand kann aber jetzt dadurch abgeholfen werden, daß man das Schwungrad
vergrößert, etwa so, daß γ = 0,8 [sek– 1] wird.
[Textabbildung Bd. 322, S. 358]
Fig. 5.
[Textabbildung Bd. 322, S. 358]
Fig. 6.Berechnet man mit diesem γ bei übrigens ungebremstem
Regulator von neuem die Stabilitätsbedingungen, so ergibt sich:P = – 1,26465Q = + 0,39968R = + 0,68121und die Wurzelnλ1 = +
0,69940λ2 = –
0,98203 + i√0,00961λ3 = –
0,98203 – i√0,00961Da die absoluten Beträge von λ2 und λ3
kleiner als die Einheit sind, so ist die Regulierung durch die
Schwungradvergrößerung wieder brauchbar geworden. Die graphische Darstellung des
Strömungsvorganges ist in Fig. 6 enthalten. Zuerst
nehmen die Regulatorausschläge zu, dann wieder ab, um von neuem zu einem Maximum zu
wachsen, welches aber kleiner ist als das vorhergehende. So geht es fort, bis der
Regulator und damit die Maschine zur Ruhe kommt. Hier hat der Störungsverlauf den
Charakter einer Schwingung mit abklingenden Schwebungen. Die Zeitdauer des ganzen
Vorganges ist allerdings wesentlich länger als bei dem zuerst betrachteten und
beträgt etwa 45 Sekunden.Diese Zeitdauer kann noch erheblich abgekürzt werden durch zweckmäßige Wahl des
Regulators. Letzterer ist wesentlich durch die Zahl α
charakterisiert. Nun ist aber die Größedas Produkt der drei Wurzeln λ
und es steht zu erwarten, daß die Wurzeln kleiner werden, wenn ihr Produkt kleiner
wird. Diese Schlußfolgerung ist zwar nicht mathematisch scharf, da auch noch P und Q in Betracht
kommen; da aber eine genaue Untersuchung hier zu viel Raum beanspruchen würde, so
wollen wir uns mit jener genäherten Annahme begnügen.Bestimmen wir also auf Grund dieser Annahme α so, daß
R ein Minimum wird. Die nach α aufzulösende Gleichung ist:oderαT = tg α
T.Löst man diese Gleichung auf, so folgt:αT = 257°,5 = 4,489.Berechnet man mit diesem αT die Größen PQR, so findet sich:P = 0,19195Q = – 0,55965R = 0,63483und die Wurzeln der charakteristischen Gleichungλ3– Pλ2– Qλ – R = 0sindλ1
= 0,69665λ2= – 0,25235 + i√0,84757λ3= – 0,25235 – i√0,84757Der so bestimmte Schwingungsvorgang verläuft nun viel rascher konvergent als der
vorhergehende; man findet, daß schon nach etwa 30 Hüben, d.h. nach etwa 12
Sekunden die Maschine zur Ruhe gekommen ist.Durch Vorführung dieser Beispiele dürfte der qualitative Beweis erbracht sein, daß
der Regelungsvorgang einer Dampfmaschine infolge der unstetigen Einwirkung des
Reglers auf das Kraftfeld auch dann stabil verlaufen kann, wenn die Dampfmaschine
vollkommen reibungslos und der Regler ungedämpft ist. Die schon von Wischnegradsky erkannte Tatsache, daß eine Oelbremse
stets abkürzend auf den Störungsvorgang wirkt, wird hierdurch nicht beeinträchtigt;
die mitgeteilten Resultate dürften aber eine Erklärung dafür bieten, daß öfter
Dampfmaschinen beobachtet werden, die auch ohne Oelbremse am Regulator befriedigend
regulieren.Um nun auch noch den Fall des astatischen mit Bremse ausgerüsteten Regulators zu
erledigen, können wir uns kürzer fassen. Hier sei etwa α1
= 0; α2 = α.
Die Größen PQR reduzieren sich jetzt auf e + 2, – 2e – 1, e, wo e = eαT gesetzt ist. Die drei Wurzeln der
charakteristischen Gleichung werden dann einfach (wie man sich leicht
überzeugt):λ1 =
1λ2 =
1λ3 =
eαT.Dieser Fall muß aber ausgeschlossen werden, da sonst die Konstanten C der Gleichung 18 zum Teil unendlich werden
würden.Ebenso ist der Fall des ungebremsten astatischen Regulators (α1 = α2 = 0) auszuschließen, da hier mit λ1 = λ2 = λ3 = 1 die Konstanten
C jener Gleichung ebenfalls unendlich werden.Sonach bleibt der Satz 4 der Wischnegradsky-Stodolaschen
Theorie durch unsere Entwicklungen unberührt.