Titel: Rauchverbrennung.
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 411
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Rauchverbrennung. Rauchverbrennung. Das dauernde Interesse, das der Frage der Rauchverminderung nicht nur aus Fachkreisen, sondern auch von den durch die Rauchplage Betroffenen entgegengebracht wird, liegt zweifellos darin, daß es bisher eine allen Anforderungen genügende Rauchverbrennungseinrichtung nicht gab. Die bekannt gewordenen und praktisch erprobten Einrichtungen zur Verhütung der Rauchplage haben den gehegten Erwartungen insofern nicht entsprochen, als sie entweder in der Konstruktion zu kompliziert waren, oder einer besonderen Wartung bedurften, oder sehr hohe Anschaffungs- oder auch häufige und reichliche Reparaturkosten erforderten. Bei ganz allgemeiner Prüfung der Frage, welcher Rauchverhütungseinrichtung der Vorzug zu geben ist, wird zunächst zu untersuchen sein, in welcher Weise die angebotene Einrichtung die Rauchplage beseitigen soll und alsdann, ob sie geeignet erscheint, bei dem jeweiligen Betrieb den Rauch ganz oder annähernd ganz zu beseitigen, und die Nutzwirkung der Dampfkessel zu erhöhen oder mindestens nicht ungünstig zu beeinflussen. Hierbei muß vor allen Dingen berücksichtigt werden, daß die Verminderung der Rauchentwicklung fast ausschließlich durch Zuführung von Sekundärluft zum Feuerungsraum erreicht wird, und daß sowohl die Menge dieser Sekundärluft, wie auch deren Zuführung zeitlich und örtlich richtig und den jeweiligen Betriebsverhältnissen entsprechend gewählt werden muß. Wie wesentlich dieser Umstand ist, geht daraus hervor, daß die atmosphärische Luft nur 21 Teile Sauerstoff, aber 79 Teile Stickstoff enthält und letztere in der Feuerung mit erwärmt werden müssen, wodurch praktisch die Verluste vergrößert, sonst aber irgend welche Vorteile nicht erzielt werden. Führt man sich nun den fortschreitenden Verbrennungsprozeß auf einem Planrost bei natürlichem Schornsteinzuge vor Augen, so ergibt sich schon, zu welchen Zeiten und in welcher Menge die Sekundärluft zweckmäßig in den Feuerungsraum eingeführt werden muß. Nach jedesmaligem Beschicken des Rostes, d.h. nach jedesmaligem Aufwerfen von Kohle entweicht der letzteren naturgemäß die größte Menge Kohlenwasserstoffe, welche als Rauch aus dem Schornstein steigen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstände, daß die Arbeit des Schornsteins infolge der auf den Rost gebrachten größeren Kohlenmenge erschwert wird und die durch den Rost und die höhere Kohlenschicht eintretende Primärluft gerade im Gegensatz zu dem Erfordernis geringer ist, als bei mehr oder ganz abgebranntem Feuer. Mit dem zunehmenden Abbrand der frischen Kohlenschicht wird letztere niedriger, der Widerstand für den Luftdurchtritt geringer und der Zutritt der Primärluft durch den Rost wieder größer. Hieraus geht hervor, daß eine Rauchverminderungseinrichtung jedesmal mit dem Augenblick der Beschickung des Rostes mit frischem Brennstoff in Tätigkeit traten, und dem Feuerungsraum Sekundärluft, also eine nicht durch den Rost, sondern von anderer Stelle eintretende Menge Luft, zuführen muß. Die zu dieser Zeit der. Rostbeschickung eintretende Menge Sekundärluft muß aber durch die Rauchverbrennungseinrichtung auch regelbar und zwar entsprechend dem Abbrand der Kohlenschicht regelbar sein, damit die Zuführung des Sauerstoffes in demselben Verhältnis abnimmt, wie die Entwicklung der Kohlenwasserstoffe geringer wird. Bei vollkommen durchgebranntem Feuer muß der Zutritt der Sekundärluft ganz aufhören. Soll also eine Rauchverhütungseinrichtung als zweckentsprechend bezeichnet werden, so muß sie nicht nur Sekundärluft zur richtigen Zeit und in richtiger Menge dem Feuerungsraum zuführen, sondern sie muß die Sekundärluft auch von der richtigen Stelle aus zuführen. Sind die Ansichten der Fachleute und der beteiligten Interessenten über die beiden ersten Punkte gleich, so gehen sie über den dritten Punkt doch auseinander. Es ist daher wohl ratsam, gerade über den strittigen Punkt die eingehenden praktischen Versuche einer durchaus unparteiischen und maßgebenden wissenschaftlichen Vereinigung als zutreffend anzusehen. Textabbildung Bd. 322, S. 411 Fig. 1. Textabbildung Bd. 322, S. 411 Fig. 2. Textabbildung Bd. 322, S. 411 Fig. 3. Der Verein für Feuerungsbetrieb und Rauchbekämpfung in Hamburg hat über seine langjährigen und eingehenden Versuche einen ausführlichen Bericht im Jahre 1906 herausgegeben, in dem er sich auch über die Frage der Sauerstoffzuführung bei Feuerungen und über die zweckmäßigste Stellung der Zuführung des Sauerstoffes auf Grund dieser Versuche äußert. In dem Bericht wird hervorgehoben, daß die Unterschiede sowohl hinsichtlich Rauchverminderung und Ausnutzung bei den verschiedenen Arten der Luftzufuhr zwar nicht groß sind, daß sich solche aber feststellen ließen und daß der am wenigsten geeignete Ort zur Zufuhr der Sekundärluft der Raum hinter der Feuerbrücke ist. Die Luftzuführung von vorn, also durch die Feuertüre ist dagegen bei einer für möglichst gute Mischung Sorge tragenden Anordnung äußerst wirksam und läßt zweifellos die beste Kontrolle zu, weil man die regulierbaren Teile stets vor Augen hat. Hieraus ergibt sich, daß die praktischste und vorteilhafteste Stelle zur Einführung von Sekundärluft diejenige an der durchbrochenen Feuertür ist und soll deshalb eine derart wirkende konstruktiv sehr einfache Einrichtung hier näher besprochen werden. Die in Fig. 13 veranschaulichte Einrichtung besteht lediglich aus einer schlitzartig durchbrochenen und gehäuseartig ausgebildeten Feuertür. Die schlitzartigen Durchbrechungen werden durch entsprechend bemessene Schieber bedeckt. Letztere sind untereinander fest verbunden und stehen mit einem gleichfalls an der Tür, und zwar oberhalb derselben befestigten Anschlaghebel und ferner mit einem zwischen den Schiebern angeordnetem Hemmwerk in Verbindung. Die äußerst einfache aber zweckentsprechend durchgebildete Konstruktion wird bei jedesmaligem Beschicken des Rostes mit frischer Kohle vollständig selbsttätig betätigt. Sobald der Heizer die Tür öffnet, wird das Hemmwerk gelöst und durch gleichzeitiges Anheben der Schieber die in der vorderen Abschlußwand befindlichen Durchbrechungen für den Eintritt frischer Verbrennungluft freigegeben. Vor allen Dingen ist bei der ganzen Einrichtung darauf Wert gelegt worden, daß der Heizer in keiner Weise in Anspruch genommen oder belastet wird. Seine Arbeitsleistung bleibt die gleiche, ob der betreffende Kessel mit der Einrichtung versehen ist oder nicht. Gleichzeitig ist aber auch Wert darauf gelegt, daß die durch die schlitzartigen Oeffnungen der Feuertür eintretende Sekundärluft nicht unmittelbar, also nicht unvorgewärmt, in den Feuerungsraum eintreten kann. Es ist deshalb im Innern der gehäuseartig ausgebildeten Feuertür ein Hohlraum vorgesehen, welcher durch eine stumpfwinkelig, nach dem Feuerraum zu geneigte Zwischenwand begrenzt wird, und in dem die durchziehende Luft Wärme aufnimmt. Die durch die Luftschlitze eintretende Sekundärluft gelangt also beim Oeffnen bezw. Schließen der Feuertür zunächst in den innerhalb des Türgehäuses befindlichen Hohlraum, wo die Vorwärmung erfolgt, und tritt alsdann durch die von der stumpfwinkelig angeordneten Zwischenplatte festgelegten Querschnitte mit erhöhter Geschwindigkeit und zweckentsprechend verteilt, in den Feuerungsraum über. Um nun einen stets gleichbleibenden, guten Effekt der Kesselanlage zu gewährleisten, schließen die mit dem Hemmwerk verbundenen Schieberverschlüsse entsprechend dem fortschreitenden Verbrennungsprozeß auf dem Rost die Durchbrechungen in der vorderen Abschlußwand allmählich ab, indem die Schieber nach Schließen der Tür mit ihrem Eigengewicht auf das Hemmwerk drücken, welches aber nur ein allmähliches Herabrücken derselben gestattet. Die Geschwindigkeit läßt sich durch einfaches Verstellen der in den Hemmwerken befindlichen Flügelräder einstellen. Hierdurch hört selbst der geringste Luftzutritt durch die Tür auf, sobald die frisch aufgeworfene Kohle so weit durchgebrannt ist, daß eine Rauchbildung nicht mehr stattfindet. Textabbildung Bd. 322, S. 412 Fig. 4. Textabbildung Bd. 322, S. 412 Fig. 5. Gleichzeitig mit der eintretenden vorgewärmten Sekundärluft wird auch oberhalb der Feuertür Dampf in Gestalt eines zarten Dampfschleiers in die Feuerung eingeführt. Wie aus Fig. 1 ersichtlich, sprüht dieser Dampfschleier über die frisch aufgeworfene Kohlenmenge, bewirkt eine noch bessere Mischung der eintretenden Sekundärluft mit den schweren Kohlenwasserstoffen, ferner eine bessere Luftzuführung nach dem Feuerungsraum und endlich eine Erhöhung der Verbrennungstemperatur im Feuerungsraum. Die vorgenannten, zur Erzielung einer wirklich guten Rauchverbrennungseinrichtung berücksichtigten Momente sind längst bekannt und ihnen ist auch schon von vielen Feuerungstechnikern durch die verschiedenartigsten Konstruktionen Rechnung getragen, jedoch liegt der Wert der hier besprochenen Einrichtung, wie bereits vorerwähnt, in der Einfachheit der Konstruktion. Irgendwelche Gestänge, Hebelübersetzungen, Oelzylinder usw. kommen nicht zur Anwendung, sondern nur ein Hemmwerk, welches direkt an der Tür befestigt und so ausgebildet ist, daß die an der Tür auftretenden Temperaturschwankungen auf dasselbe ohne Einfluß sind. Es bleibt noch zu erwähnen, daß die ganze Form der Feuertür in keinem Falle dem Heizer bei der Bedienung des Kessels hinderlich wird. Da auch die Montage, wie aus den vorstehenden Figuren ersichtlich, sehr einfach ist, so dürften die Anschaffungskosten auch wohl für die ganze Einrichtung nicht gerade hoch sein. Mit der Einrichtung sind auf den Berliner Städtischen Wasserwerken in Lichtenberg amtlich Vergleichsversuche angestellt und diese, als auch die bei einer Reihe Industriefirmen erzielten Ergebnisse haben einen durchschlagenden Erfolg in bezug auf Wirkung und Nutzeffekt ergeben. Die während der amtlichen Versuche gemachten Aufzeichnungen sind aus den Diagrammen (Fig. 4 u. 5) ersichtlich und dadurch ganz besonders interessant, daß sie in ihrem Zusammenhang ein klares Bild über die Rauchverminderung, wie auch über die Vorgänge im Kessel während der Versuche ergeben. Die Apparate werden geliefert von der Firma Müller & Korte in Pankow bei Berlin.