Titel: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 65
Download: XML
Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Von K. Drews, Oberlehrer an der Königl. höheren Maschinenbauschule in Posen. (Fortsetzung von S. 51 d. Bd.) Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Das Arbeitsfeld der Laufkrane hat man in den letzten Jahren dadurch zu vergrößern gesucht, daß man die Laufkatze vielfach mit einem Ausleger versehen hat. Es hat sich dies hauptsächlich dort als zweckmäßig erwiesen, wo die Werkstätte aus mehreren parallelen Schiffen besteht. Eine Auslegerkatze bietet hier die Möglichkeit, eine Last aus dem vom Laufkran bestrichenen Schiff in das nebenliegende Schiff zu versetzen, wo sie dann gegebenenfalls unmittelbar von einem anderen Hebezeug aufgenommen werden kann. Anfänglich war der Ausleger, der sich unterhalb der Kranträger in deren Längsrichtung befand, nicht drehbar. Z. d. V. 1905, S. 201 zeigt einen solchen Laufkran von Ludwig Stuckenholz. Der Ausleger kann unter den Radkasten des Kranes hinweg in den Nebenraum fahren und die Last dort absetzen oder aufnehmen. Selbstverständlich müssen die Trennungswände der Schiffe geeignete Durchbrechungen haben. Textabbildung Bd. 323, S. 65 Fig. 12.Ausleger-Laufdrehkran von Ludwig Stuckenholz. Eine wesentliche Erweiterung dieser Bauart bilden die sogen. Auslegerlaufdrehkrane. Fig. 12 zeigt einen solchen von der Firma Stuckenholz für 3 t Tragkraft und 6,8 m Ausladung. Die Laufkatze ist hier ein fahrbarer Drehkran in umgekehrter Anordnung. Der Katzefahrmotor befindet sich auf dem Laufwagen selbst, auf dem eine Kreisschiene für die Laufrollen der Drehscheibe befestigt ist, an der der ganze untere drehbare Teil hängt. Der Motor für die Drehbewegung befindet sich auf der Drehscheibe; die Hubwinde ist auf dem Gegengewichtsarm des Auslegers untergebracht. Die Hubgeschwindigkeit beträgt 18 m/Min., die Schwenkgeschwindigkeit am Haken gemessen 130 m/Min. Eine Konstruktionszeichnung dieses Kranes findet man in Z. d. V. 1905, S. 204. Textabbildung Bd. 323, S. 66 Fig. 13.Elektrisch betriebener Laufkran mit drehbarem Ausleger von Bechem & Keetman. Eine besonders schwere Ausführung solcher Krane zeigt Fig. 13. Dieser Laufdrehkran ist von Bechem & Keetman in Duisburg gebaut. Seine Tragkraft beträgt 30 t, die Ausladung 4 m und die Spannweite 13,2 m. Bemerkenswert an der Gebäudeanordnung ist der Fortfall aller Säulen zum Tragen der linken Fahrbahn des Kranes. Diese hängt an den Dachbindern. Dadurch ist ein einziger breiter Raum mit zwei parallelen Kranbahnen und sehr günstigen Transportmöglichkeiten geschaffen worden. Die Vorteile der Laufdrehkrane sind augenfällig. Einmal beherrscht ein solcher Kran einen gewissen Teil der Nebenräume, dann bestreicht der Lasthaken eine Fläche von der Breite der doppelten Ausladung, ohne daß der Laufkran selbst verfahren zu werden braucht. Textabbildung Bd. 323, S. 66 Fig. 14.Konsolkran von Bechem & Keetmann. Befinden sich mehrere solcher Krane in demselben Raume, so kann es, wie schon oben bemerkt, vorkommen, daß einer von ihnen an einer Stelle liegen bleiben muß, wodurch die anderen in ihrer Fahrt behindert sind. Hier bieten nun Laufdrehkrane auf parallelen Fahrbahnen die Möglichkeit, eine Last mittels eines Kranes des Nebenraumes an Ort und Stelle zu schaffen. Auch das Zusammenarbeiten zweier Krane wird durch den drehbaren Ausleger sehr erleichtert. Das hat den großen Vorteil, daß man den einzelnen Kran nicht der seltener vorkommenden größten Last, sondern einer Mittellast anpassen kann. Mit zwei der obigen 30 t Laufdrehkrane würde man Stücke bis 60 t Gewicht, wie sie in größeren Gießereien vorkommen, transportieren können, während man sonst gezwungen wäre einen 60 t-Laufkran einzubauen, der aber nicht ausgenutzt werden würde. Bemerkenswerte Vorteile für Werkstätten bietet auch der Konsolkran von Bechem & Keetman (Fig. 14). Dieser Kran läuft nach Art eines Velozipedkranes auf einer Schiene, die an der Gebäudewand befestigt ist. Das Kippmoment wird durch wagerechte Druckrollen auf die Eisenkonstruktion der Wand übertragen. Auf dem geraden Ausleger bewegt sich eine Laufkatze; alle drei Motoren für Heben, Katze- und Kranfahren werden von dem auf der Figur sichtbaren Führersitz aus gesteuert. Zwei solcher Konsolkrane an den Längswänden laufend beherrschen fast ganz das Arbeitsfeld einer nicht zu breiten Halle. Vor Velozipedkranen, die in der Mitte der Halle laufen, haben sie den Vorzug, daß die Bodenfläche des Arbeitsraumes durch eine Fahrschiene nicht beeinträchtigt wird, also voll ausgenutzt und daß überden Konsolkranen noch ein Laufkran angeordnet werden kann. Für den Transport leichterer Stücke etwa bis 3000 kg Gewicht durch die Werkstätten benutzt man auch vielfach einschienige Motorlaufwinden, die meist auf den unteren Flanschen eines planmäßig durch die Werkstätte gelegten -Trägers laufen. Textabbildung Bd. 323, S. 67 Fig. 15.Molorlaufwinde von Bechem & Keetman. Textabbildung Bd. 323, S. 67 Fig. 16.Einschienige Motorlaufwinde mit elektrischem Hub- und Fahrwerk von Bechem & Keetman. Fig. 15 zeigt eine solche Winde mit zwei Motoren und Schneckengetriebe. Das Gehäuse des Hubmotors ist mittels eines Flansches gegen den Schneckenkasten geschraubt. Gebremst wird durch eine Lastdruckbremse. Die beiden Steuerwalzen werden von unten durch Seilzüge betätigt; beim Loslassen der Züge gehen sie selbsttätig in die Nullstellung. Für längere zu durchfahrende Strecken wählt man besser Motorlaufwinden mit Führersitz, wie sie Fig. 16 zeigt. In dem Führerkorb befinden sich dann die Steuerapparate. Beide Motorlaufwinden sind von Bechem & Keetman in Duisburg. Elektrische Flaschenzüge, wie sie in D. p. J. 1906, S. 225 u. 226 dargestellt sind, haben in Deutschland nicht den Eingang gefunden wie in anderen Ländern. Auch Preßluftflaschenzüge mit schwingenden Zylindern (D. p. J. 1905, S. 131 u. 132) dürften wohl nur eine amerikanische Spezialität sein. Preßlufthebezeuge mit Hubkolben findet man auch bei uns namentlich in Eisenbahnwerkstätten nicht selten. Ihr Verwendungsgebiet ist jedoch ein sehr beschränktes; zur Bedienung von Werkzeugmaschinen können sie recht gute Dienste leisten. Der Betriebsdruck beträgt gewöhnlich 4–7 at. Für den Transport auf den Fabrikhöfen sind meist fahrbare Bock- und Drehkrane im Gebrauch. Bezüglich ihrer Konstruktion und Leistungen bieten die letzten Jahrgänge von D. p. J. reichliches Material. Wo die Ortsverhältnisse das Legen einer elektrischen Leitung nicht gestatten, findet man bei fahrbaren Drehkranen noch häufig Dampfbetrieb, in wenigen Fällen auch Antrieb durch Benzinmotoren. Ueber Vor- und Nachteile der letzteren Betriebsart sind in D. p. J. 1906, S. 5 u. 6 längere Ausführungen gemacht worden. Der Akkumulatorbetrieb, der den elektrischen Drehkran unabhängig von der Stromzuführung macht, kommt nur ganz selten zur Verwendung; eine Batterie von genügender Kapazität ist einmal sehr kostspielig, dann erhöht sie auch das tote Gewicht des Kranes in recht erheblichem Maße. Bei einem Akkumulatoren-Drehkran für 3 t Tragkraft von Stuckenholz (Z. d. V. d. I. 1903, S. 1736) beträgt das Gewicht der Batterie 4,6 t. Allerdings reicht die Ladung für zwei Tage aus. In D. p. J. 1902, S. 496 ist ebenfalls ein elektrischer fahrbarer Drehkran mit Akkumulatoren von der Firma Losenhausen in Düsseldorf dargestellt. (Fortsetzung folgt.)