Titel: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 134
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Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Von K. Drews, Oberlehrer an der Königl. höheren Maschinenbauschule in Posen. (Fortsetzung von S. 118 d. Bd.) Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Hebezeuge für den Hafenbetrieb und an Bord von Schiffen. Wenn im Werkstättenbetrieb auf Schiffswerften der elektrische Antrieb alle anderen Antriebsarten von Hebezeugen zurückgedrängt hat, so gilt dies für den Hafenbetrieb noch nicht in vollem Umfange. Auf S. 1 7 u. f. ist geschildert worden, wie schwierig es anfänglich für die elektrischen Hebezeuge war, dort gegen die hydraulischen aufzukommen. Ich habe an der genannten Stelle darauf hingewiesen, daß die hydraulischen Hafenkrane auch jetzt noch zahlreiche Anhänger haben. Eine sehr strittige Frage besteht noch bezüglich der Betriebskosten bei beiden Antriebsarten. Eine Klärung können nur Versuche unter möglichst verschiedenartigen Betriebsverhältnissen bringen; solche Versuche fehlen aber fast gänzlich. Der umfangreichste Vergleichsversuch ist im Jahre 1904 mit den Hebezeugen in den Dockanlagen von Middelsbrough in England angestellt worden, Engng. 1904, Bd. I, S. 905. Bei den Versuchen wurde mit der Höchstlast gearbeitet und dabei der Kraftverbrauch von 100 Kranspielen in etwa drei Stunden gemessen. Es ergaben sich nun unter Berücksichtigung der Verzinsung und Abschreibung des Anlagekapitals folgende Zahlen: elektrischer Betrieb 1000 t/m kosten 1,48 M., hydraulischer Betrieb 1000 t/m kosten 2,75 M. Hierbei betrug der Belastungsfaktor der elektrischen Stromerzeugungsanlage 7,3 v. H., derjenige des Pumpwerkes 14,4 v. H. Bei günstigerer Belastung des elektrischen Kraftwerkes hätte man nach Ansicht des Versuchsleiters 50 v. H. Gewinn an Betriebskosten erhalten. Es wurden dann mit den hydraulischen Kranen noch weitere Versuche, die mehr den wirklichen Betriebsverhältnissen angepaßt waren, durchgeführt, wobei sich die Betriebskosten auf 4,8 M. für 1000 t/m beliefen. Die Versuche in Middelsbrough sprechen ja sehr zu Gunsten des elektrischen Betriebes, aber man würde doch fehlgehen, wollte man nun den hydraulischen Betrieb wenigstens in wirtschaftlicher Beziehung als abgetan erklären. Veränderte Betriebs- und örtliche Verhältnisse könnten sehr wohl ein dem hydraulischen Betriebe günstigeres Resultat ergeben. Ich habe schon früher betont, daß die wahrscheinlich größere Wirtschaftlichkeit des elektrischen Antriebes allein diesen nicht zum Siege geführt haben würde, wenn ihm nicht noch andere Vorteile anhafteten; und diese letzteren sind für seine Einführung oft ausschlaggebend gewesen, ausschlaggebend sogar dann, wenn die Betriebskosten des elektrischen Betriebes sich höher stellten als bei anderen Antriebsarten. Wie schroff sich noch heute vielfach die Meinungen von Fachleuten bezüglich des elektrischen und hydraulischen Antriebes von Hafen- und Dockkranen gegenüberstehen, zeigen die vorjährigen Verhandlungen der englischen Inst. of Civil Engineers. In einem Vortrage über die Kraftverteilung in Häfen wog der Vortragende die Vor- und Nachteile beider Betriebskräfte gegeneinander wie folgt ab. Druckwasser: Maschinen und Apparate kosten weniger als entsprechende elektrische; kein Geräusch, keine Feuersgefahr; das Druckwasser kann für Feuerlöschzwecke benutzt werden; der hydraulische Akkumulator ist der elektrischen Batterie an Kosten, Einfachheit und Instandhaltung überlegen; die Lebensdauer von Druck Wasserleitungen ist sicherlich eine längere als diejenige elektrischer Leitungen. Erstere können nachweislich über 30 Jahre ohne Erneuerungen betriebsfähig sein. Elektrtzität: Die Leitungen sind leicht zu handhaben, lassen sich leicht verlegen, sind im Betriebe transportabel, nehmen wenig Raum ein; keine Frostgefahr; der Stromverbrauch paßt sich der jeweiligen Belastung an; dieselbe Energieerzeugung für Kraft und Licht. Der Vortragende kam zu dem Schlusse, der elektrische Betrieb biete so viel Vorteile, daß seine Verwendung in immer höherem Maße mit den gesammelten Erfahrungen auf diesem Gebiete zunehme. In der Besprechung des Vortrages bemerkte (nach Engng. 1907) Herr Ellington, daß nach seiner Erfahrung der Wirkungsgrad elektrischer Kraftverteilung kleiner sei als derjenige hydraulischer. Die Ausführung hydraulischer Anlagen in England lasse auch noch viel zu wünschen übrig; so setze man z.B. in Amerika an jeden Aufzug einen Akkumulator; auch wende man dort höhere Drücke an. Für die Wahl elektrischer Hebezeuge sei vielfach der Wunsch nach gemeinsamer Erzeugung von Kraft und Licht ausschlaggebend gewesen. Es sei indes sehr schwer, für diesen Gegenstand allgemein gültige Grundsätze aufzustellen. Ein anderer Redner, Herr Lyster, sprach sich für den hydraulischen Betrieb aus. Dieser käme dem elektrischen mindestens gleich und erfordere weniger Reparaturen und Aufmerksamkeit als der elektrische. Dagegen gab Herr Corthall nach seinen Erfahrungen beim Bau verschiedener Häfen dem elektrischen Antrieb den Vorzug. Beim Bau des Hafens von Rosario in Südamerika habe er im Jahre 1901 zwei seiner Ingenieure auf sechs Monate nach Europa zum Studium der einschlägigen Verhältnisse gesandt. Auf Grund der dabei gewonnenen Erkenntnisse habe er sich für die elektrische Kraftverteilung entschieden. Ein anderer Redner, Herr Hunter, neigte sich wieder mehr dem hydraulischen Betriebe zu. Er habe in seinem Betriebe 70 Krane mit beiderlei Antrieb; ihre Oekonomie sei die gleiche. Der elektrische Antrieb schmiege sich allerdings besser an. Die Unterhaltungkosten elektrischer Krane seien wohl etwas niedriger als diejenigen der hydraulischen, aber dafür seien die Anschaffungskosten jener bedeutend höher. Bei Spills, die dem Staub und Schmutz ausgesetzt sind, müßte jeder Ingenieur ohne weiteres Druckwasser als Betriebskraft wählen; bei elektrischen Spills reißen die Störungen gar nicht ab. Diesem absprechenden Urteil über elektrische Spills trat indes einer der späteren Redner entgegen. Gewisse Vorteile des hydraulischen Betriebes anerkannten noch einige andere Redner. So sei dieser stets bei schweren und rohen Betrieben und dort, wo immer mit der gleichen Last gearbeitet werde, am Platze. Herr Humphrey erwähnte, als er vor drei Jahren an den großen Seen in Nordamerika war, habe er dort zu seinem Erstaunen überwiegend hydraulische Krane in Anwendung gesehen, namentlich alle schwere Hebearbeit wurde damit verrichtet.Das bezieht sich wahrscheinlich nur auf die Hulett-Auslader. Bezüglich des hydraulischen Akkumulators bemerkte derselbe Redner, daß eine elektrische Zentrale überlastungsfähig sei und das ersetze vielfach den Akkumulator. Im übrigen schließe er sich auch der Meinung an, daß ein endgültiges Urteil darüber, welchem der beiden Betriebsarten der Vorzug gebühre, außerordentlich schwer abzugeben sei. Man sieht aus diesen Verhandlungen, daß der hydraulische Betrieb wenigstens in England noch enragierte Anhänger besitzt. Ist doch dort noch in neuester Zeit ein Portalkran für 150 t Tragkraft mit hydraulischem Betriebe von Armstrong gebaut worden. (Engng. 1907, S. 250.) Jedenfalls besteht die Tatsache, daß es noch eine ganze Anzahl von Häfen, und darunter recht große, mit hydraulischem Antrieb der Hebezeuge gibt. So sind z.B. im Hafen von Antwerpen 316 fahrbare Portalkrane und mehrere schwere ortsfeste Krane mit Druckwasserbetrieb vorhanden. Das Druckwasser wird in drei Zentralen mit zusammen 1350 PS Leistung erzeugt. Die Leitungen haben eine Gesamtlänge von mindestens 20 km. Demgegenüber ist aber festzustellen, daß bei Neubauten der hydraulische Betrieb immer weniger in Frage kommt, daß dem elektrischen Hafenbetrieb doch die Zukunft gehört. Alle Hafenkrane, die zum Laden und Löschen von Gütern dienen, sind stets als Voll- oder Halbportalkrane ausgebildet. Diese Bauart hat sich als die geeignetste für den Hafenverkehr erwiesen. Das Portal, auf dem der Drehkran steht, überspannt ein oder mehrere Eisenbahngleise. Diese Krane sind in der technischen Literatur so oft beschrieben und abgebildet worden, daß ich von der Besprechung ihrer Einzelteile Abstand nehmen kann. Eingehende Besprechungen einiger neuerer Ausführungen mit elektrischem Antriebe findet man in D. p. J. 1907, S. 65 u. f. sowie S. 451 u. f. Wegen des schwierigeren Transportes unter Deck geht man mit dem Gewicht der einzelnen Stücke nicht gern über eine gewisse Grenze hinaus; diese Grenze dürfte etwa bei 3000 kg liegen. Die normalen Hafenkrane in den Seehäfen haben daher meist eine Tragkraft von 3000 kg. In Flußhäfen kommt man jedoch vielfach mit 1500 kg aus. Die Hubhöhe beträgt gewöhnlich 10–15 m; die Ausladung 8–13 m. Die Höchstlast 3 t wird in der Regel mit einer Geschwindigkeit von 0,8 m/Sek. gehoben; durch die Selbstregulierung des Hubmotors erhalten dann kleinere Lasten entsprechend höhere Geschwindigkeiten. Die Drehgeschwindigkeit am Lasthaken gemessen, beträgt meist 2 m/Sek. Die Leistung der Hubmotoren liegt zwischen 30 und 40 PS; diejenige des Drehmotors beträgt gewöhnlich 5 PS. Mit Lasten bis etwa 1000 kg kann man ungefähr 40 bis 50 Kranspiele in der Stunde ausführen; bei größeren Lasten erfordert das Anschlingen der Stücke größere Sorgfalt und daher mehr Zeit. Wo, wie z.B. in Hamburg, die Krane nur kurze Strecken verfahren werden, genügt hierzu Handantrieb. Auf kleineren Umschlagstellen, wo einige wenige Krane ein langgestrecktes Ufer bedienen müssen, wird man gut tun, auch für die Fahrbewegung maschinellen Antrieb vorzusehen. Da Drehen und Fahren zu gleicher Zeit nie vorkommt, so kann man, um einen besonderen Fahrmotor zu sparen, dem Drehmotor durch Umkuppeln auch die Fahrbewegung auferlegen. Sprechen besondere Umstände für einen Fahrmotor, so kann man wenigstens wie bei dem Portalkran von Späth, D. p. J. 1907, S. 65, den dritten Steuerschalter sparen, indem man den Schalter für den Drehmotor durch einen Umschalter mit dem Fahrmotor verbindet. Tragkraft, Geschwindigkeiten und Abmessungen der hydraulischen Hafenkrane sind die gleichen wie bei den elektrischen. Ein hydraulischer Halbportalkran für Antwerpen ist in D. p. J. 1906, S. 212 beschrieben worden. Für schwerere Lasten und Hantierungen stellt man gewöhnlich noch einen oder mehrere meist ortsfeste Krane mit größerer Tragkraft an geeigneten Stellen auf. So befindet sich z.B. im Stettiner Freihafen neben den dortigen normalen hydraulischen Kranen ein ortsfester elektrischer Portalkran von 10 t Tragkraft von Ludwig Stuckenholz, der in D. p. J. 1904, S. 8 beschrieben ist. Die Hafenkrane, wenigstens die elektrischen, werden meist als Drehscheibenkrane ausgeführt; dies bedingt, daß der drehbare Teil des Kranes in sich stabil ist; der Königszapfen soll nur zur Zentrierung dienen. Infolge dieser Bedingung fällt natürlich, wie schon bei den Hammerkranen erwähnt, der Drehscheibenkran schwerer aus als andere Bauarten von Drehkranen. In neuerer Zeit greift man daher wieder zu den älteren Formen der Drehkrane mit fester und drehbarer Säule. Die Bauart der Portalkrane mit fester Säule hat in D. p. J. 1906, S. 503 und 514 u. f. eine eingehende Besprechung erfahren, so daß ich mich auf diesen Hinweis beschränken kann. Dieselbe Anordnung haben Bechem & Keetman, wie schon früher erwähnt, bei ihren Turmdrehkranen für Schiffswerften gewählt. Die Bauart der mit dem Ausleger drehbaren Säule, die wir auch schon bei den Hammer- und Turmdrehkranen kennen gelernt haben, zeigt Fig. 36 in einer Ausführung der Firma Losenhausen, in Düsseldorf. Textabbildung Bd. 323, S. 135 Fig. 36.Fahrbarer elektrisch betriebener Verladekran von Losenhausen. Tragkraft 1000 kg, Ausladung 13,5 m. Da bei diesen beiden Systemen das unausgeglichene Kippmoment des drehbaren Teiles auf das Gerüst übertragen wird, so fällt das Eigengewicht des ganzen Kranes geringer aus als bei Drehscheibenkonstruktionen, was bei schweren Kranen natürlich auch eine Rückwirkung auf die Fundierungskosten und dergl. hat. Die Stromart im Hafenbetrieb ist zum größten Teil Gleichstrom; Drehstrom kommt seltener in Betracht. Da in Häfen gewöhnlich Licht und Kraft aus demselben Netz entnommen werden, so sind die Kranmotoren für 220 oder 440 Volt Spannung gewickelt. Bei 110 Volt werden die Steuerapparate unhandlich und teuer. (Fortsetzung folgt.)