Titel: Die rotierende Kurbelschleife und die Schleppkurbel als Antrieb für Propellerrinnen.
Autor: Paul Brandt
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 212
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Die rotierende Kurbelschleife und die Schleppkurbel als Antrieb für Propellerrinnen. Von Paul Brandt. (Fortsetzung von S. 197 d. Bd.) Die rotierende Kurbelschleife und die Schleppkurbel als Antrieb für Propellerrinnen. Aenderung der Hubgröße und Umlaufszahl. Bis jetzt ist die Größe der Kurbel r stets als unveränderlich betrachtet worden; es wäre nun zu untersuchen, wie sich die Verhältnisse gestalten, wenn bei gleichbleibendem Verhältnis von \frac{a}{r} der Hub verschiedene Größen annimmt, vor allem, welchen Einfluß eine Vergrößerung oder Verkleinerung von rauf die Größe des Vorschubs ausübt. Zunächst werde noch einmal festgestellt, wie sich die Werte von v und φ verändern, wenn bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen die Umlaufszahl n oder der Kurbelradius r oder beide gleichzeitig sich ändern. Da in den rein geometrischen und kinematischen Beziehungen zwischen den Winkeln und Strecken des Getriebes keinerlei Veränderung eintritt, wenn es mit geänderter Umlaufszahl arbeitet, oder wenn der Hub größer oder kleiner wird, so folgert sich daraus, daß man für je eine bestimmte Stellung der Antriebskurbel die Werte von v und φ nur mit je einer entsprechenden konstanten Zahl zu multiplizieren hat, um aus den ursprünglichen Größen von v und φ ihre durch den Wechsel der Tourenzahl und der Hubgröße bedingte Umwandlung zu erreichen. Werden die Kurven von v für mehrere derartige Veränderungen aufgezeichnet, so stellt eine Kurve ein affines Bild der anderen dar; das Gleiche gilt für die Kurven von φ. Da man nun, um einen größten Vorschub zu erreichen, das Maximum der Beschleunigung nahezu gleich μ0 . g setzen muß, also φmax bei einer Kurbel r' so groß wird wie bei einer von der Größe r'' so müssen auch alle Werte von φ, wie sich der Hub auch ändern mag, gleich groß bleiben; es muß sich also n nach r richten. Es entspricht dann jedem Hub ein bestimmtes maximales n. Dreht sich eine Kurbelschleife vom Hub 2 r' bei n' Umdrehungen mit der Winkelgeschwindigkeit ω'1 und eine andere von Hub 2 r'' bei n'' Umdrehungen mit der Winkelgeschwindigkeit ω''1, so ist φ' = φ'' oder r' . ω'12 = r'' . ω''12, und \frac{{\omega''_1}^2}{{\omega'_1}^2}=\frac{r'}{r''}; da nun \frac{\omega''_1}{\omega'_1}=\frac{n''}{n'} ist, so wird \frac{n''^2}{n'^2}=\frac{r'}{r''} oder \frac{n''}{n'}=\sqrt{\frac{r'}{r''}}. Es verhalten sich also die höchsten Umlaufszahlen bei verschiedenen Hüben umgekehrt wie die Quadratwurzeln aus dem Verhältnis der Hübe bezw. der Kurbelgrößen. In die Form einer Gleichung gebracht drückt sich die Beziehung zwischen n und r aus durch die Formel: n2 . r = k, wobei k eine durch das Verhältnis von \frac{a}{r} und die Größe der Reibziffern bedingte konstante Zahl ist. In Fig. 8 sind die Werte von n für verschiedene Größen von r als Ordinaten aufgetragen (1 Umdreh. = 1 mm); dabei ist \frac{a}{r}=0,4,\ \mu_0=0,4\mbox{ und }\mu=0,3 angenommen. Es entsteht eine Kurve, die sich den Koordinatenachsen asymptotisch nähert. Für zwei aus Fig. 8 gewählte Größen von r, r' = 0,1 m und r'' = 0,05 m stellt Fig. 7 den Fördervorgang dar. Im Anfang sind bei der sr-Kurve bei r'' die zurückgelegten Wege nur halb so groß wie bei r'. Bei der φ-Kurve tritt, da diese Werte für beide r gelten, gleichzeitig der Augenblick ein, wo φ = – μ0 . g wird und der Vorschub beginnt. Die Größen von v, deren Kurven affine Bilder voneinander geben, verhalten sich gegenseitig folgendermaßen: \frac{v'}{v''}=\frac{r'\,\cdot\,\omega'_2\,\cdot\,\sin\,\beta}{r''\,\cdot\,\omega''_2\,\cdot\,\sin\,\beta}=\frac{r'\,\cdot\,\omega'_2}{r''\,\cdot\,\omega'_2}=\frac{r'\,\cdot\,n'}{r''\,\cdot\,n''}=\frac{r'}{r''}\,\sqrt{\frac{r''}{r'}}; es wird also: \frac{v'}{v''}=\sqrt{\frac{r'}{r''}}=\frac{n''}{n'}. Die Werte von v verhalten sich demnach bei verschiedenen Hüben und bei größten Umlaufszahlen wie die Quadratwurzeln aus den Hubgrößen oder umgekehrt wie die Umlaufszahlen. In diesem Verhältnis ändert sich auch die Geschwindigkeit des gleitenden Gutes; denn c =va – μgdt; da nun \frac{v_a'}{v_a''}=\frac{n''}{n'} und \frac{d\,t'}{d\,t''}=\frac{n''}{n'} ist, so wird auch \frac{c'}{c''}=\frac{n''}{n'}; auch die c-Linie bildet sich affin ab, so daß ihre Schnittpunkte B' und B'' mit den v-Kurven dieselben Abszissen haben. Nun aber zur Hauptsache, dem Vorschub! Da derselbe bei einer Umdrehung durch die Fläche \int_A^B\,w\,\cdot\,d\,t dargestellt wird, die einerseits von der Abszissenachse, andererseits von der w-Kurve umgrenzt wird, so stehen die Vorschübe bei verschieden großem r zueinander im Verhältnis dieser Flächen. Da nun \frac{d\,t'}{d\,t''}=\frac{n''}{n'}=\sqrt{\frac{r'}{r''}} ist, und ebenso \frac{w'}{w''}=\sqrt{\frac{r'}{r''}}. so ergibt sich: \frac{S'}{S''}=\frac{r'}{r''}. Die maximalen Vorschübe bei einer Umdrehung bei verschiedenen Hüben verhalten sich also wie die entsprechenden Hubgrößen. Das Verhältnis der maximalen Vorschübe i. d. Minute, V = S . n, ergibt sich dann zu: \frac{V'}{V''}=\frac{S'\,\cdot\,n'}{S''\,\cdot\,n''}=\frac{r'\,\cdot\,n'}{r''\,\cdot\,n''}=\frac{r'}{r''}\,\cdot\,\sqrt{\frac{r''}{r'}} oder \frac{V'}{V''}=\sqrt{\frac{r'}{r''}}. Demnach verhalten sich die größten minutlichen Vorschübe bei verschiedenen Hüben wie die Quadratwurzeln aus den zugehörigen Hubgrößen. Textabbildung Bd. 323, S. 213 Fig. 7. In Fig. 8 sind die sich ergebenden maximalen Vorschübe als Ordinaten aufgetragen. Die Werte von 5 ergeben eine Gerade, die vom Nullpunkt, r = 0, ausgeht (5 mm Vorschub = 1 mm Ordinate). Die minutlichen Vorschübe dagegen stellen sich als Parabel dar, deren Scheitel der Nullpunkt ist (0,2 m/Min. = 1 mm). Mit Hilfe der Kurven in Fig. 8 läßt sich also rasch bei jedem beliebigen Fördermaterial für jede geforderte Fördermenge der Hub und die zugehörige höchste Umdrehungszahl ermitteln, wenn man nur die maximale Umlaufszahl und den Vorschub für irgend eine Größe von r festgestellt hat. Dieses kann experimentell erfolgen, ohne daß man sich um die Größe der Reibziffern kümmert. Steigert man bei einem bestimmten Hub die Umlaufszahl so lange, bis die Beschleunigung der Rinne so groß wird, daß ein Rückwärtsgleiten des Gutes eintritt, so erhält man die zulässige höchste Umlaufszahl. Es kann aber auch auf rechnerischem Wege geschehen, wenn die Reibziffern bekannt sind, wie es im vorhergehenden durchgeführt worden ist. Textabbildung Bd. 323, S. 213 Fig. 8. Der Anwendung großer Hübe steht aber als Hindernis die Wirkung der Massenbeschleunigung entgegen; sie veranlaßt elastische Deformationen der Rinne, welche sich in starken Schwankungen äußern. So ist die Kölnische Maschinenbau-Aktiengesellschaft in Köln-Bayenthal, wie sie mitteilt, ganz davon abgekommen, Propellerrinnen mit größeren Hüben zu bauen. Neigungswinkel der Strecke a zu der Förderrichtung. Eine weitere Abänderung mit dem Rinnenantrieb durch die rotierende Kurbelschleife kann dadurch vorgenommen werden, daß man die Verbindungslinie der beiden Drehachsen A und B (Fig. 2) nicht mehr, wie es bei den bisherigen Betrachtungen angenommen worden ist, in die Förderrichtung der Rinne legt, sondern sie mit dieser Richtung einen Winkel δ einschließen läßt (Fig. 9). Hier tritt die Frage auf, ob es nicht vielleicht möglich wäre, bei geneigtem a noch einen größeren Vorschub bei einem bestimmten Hub zu erreichen als bei wagerechter Lage von a – vor der Hand werde immer nur die Förderung in wagerechter Richtung betrachtet – und erlangt man dies vielleicht dann mit einem anderen Verhältnis von \frac{a}{r} also 0,4, das ja den günstigsten Vorschub bei wagerechter Lage von a ergab? Textabbildung Bd. 323, S. 213 Fig. 9. Zunächst ändern sich die Ausdrücke für sr, v und φ. Es wird nach Fig. 9: sr = MQ = r [1 – cos (ß – δ)], v = r . ω2 . sin (ß – δ) und \varphi=r\,\cdot\,\left[\sin\,(\beta-\delta)\,\frac{d\,\omega_2}{d\,t}+{\omega^2}_2\,\cdot\,\cos\,(\beta-\delta)\right]. Die Größen von v und φ ergeben sich wieder aus dem Polardiagramm der Geschwindigkeiten und Beschleunigungen als Projektionen auf die entsprechenden Achsen, v' und φ' genannt (Fig. 3). Textabbildung Bd. 323, S. 214 Fig. 10. Textabbildung Bd. 323, S. 214 Fig. 11. Die Drehrichtung der Antriebskurbel, welche bei δ = 0 gleichgültig war, ist bei geneigtem a besonders zu beachten; sie sei zunächst positiv, entsprechend dem Sinne des Uhrzeigers. Nimmt nun δ von 0 an immer größere Werte an, so wird zunächst die Symmetrie, welche zwischen den Kurventeilen von v und φ geherrscht hat, zerstört; erst bei δ = 90° stellt sich eine solche Symmetrie, aber etwas anderer Art, wieder ein. Es zeigt sich nun, daß bei wachsendem δ die höchsten Umlaufszahlen und die Größen der Vorschübe abnehmen und zwar, je nachdem man das Verhältnis von \frac{a}{r} gewählt hat, rascher oder langsamer. Bei δ = 90° aber machen die Vorschübe einen Sprung von positiven zu negativen Werten, d.h. statt der Vorwärtsförderung tritt Rückwärtsförderung ein und zwar aus folgenden Ursachen: Wächst δ von 0° an, so zeigt sich, daß, wenn φmax immer gleich μ0 . g gesetzt wird, φmin immer geringer wird und schließlich bei δ = 90° gleich – φmax oder, was dasselbe ist, gleich – μ0 . g. Ist nun der Winkel δ um einen geringen Betrag kleiner als 90°, so wird es, wenn φmax = μ0 . g wird, einen negativen Wert der Beschleunigung geben, der immer noch größer als – μ0 . g, d.h. es findet noch eine regelrechte Förderung statt; in Fig. 10 tritt der Grenzfall ein, daß φ im Punkt P' gleich – μ0 . g wird, und es wird dabei der Vorschub S' erzielt. Wird aber δ um ein kleines größer als 90°, so nimmt φmin so ab, daß ein Gleiten des Gutes nicht mehr eintritt; φmax wird nun größer als μ0 . g, so daß ein Rutschen des Gutes eintreten muß, da φ im Punkte P'' gleich μ . g wird; dieses Gleiten geht aber auf der Rinne relativ rückwärts; der erreichte Rückschub ist S''. Fig. 10 stellt diese beiden Fördervorgänge als Grenzfälle dar. Die Umlaufszahl dabei ist gleich 56 angesetzt, der Hub 0,2 m, \frac{a}{r}=0,3 für μ0 = 0,5, μ = 0,2. Zu bemerken wäre noch, daß va bei A' und A'' infolge der herrschenden Symmetrieverhältnisse in den Kurven von φ und v für beide Förderungen gleich groß ist. Da aber S' nicht gleich S'' wird, entsteht in der Kurve für die Förderung ein unvermittelter Sprung. Textabbildung Bd. 323, S. 214 Fig. 12. Läßt man δ noch größer werden, so nimmt der Rückschub immer mehr zu, bis er bei δ = 180° gleich dem Vorschub bei δ = 0° ist. Bei noch weiterer Drehung nimmt er wieder ab, macht bei δ = 270° abermals einen Sprung zu positiven Werten, die dann wieder anwachsen bis δ = 0°. In Fig. 11 sind die minutlichen Vorschübe bezw. Rückschübe für \frac{a}{r}=0,1, 0,3, 0,5, 0,7 und 0,9 mit den entsprechenden Indices 1, 3, 5, 7 und 9 und außerdem die dazugehörigen höchsten Umlaufszahlen für Rechtsdrehung der Kurbelschleife als Ordinaten aufgetragen; dabei ist r = 0,1 m, μ0 = 0,5, μ = 0,2. Die entstehenden Kurven geben ein anschauliches Bild der Veränderungen in den Vorschüben, welche die Veränderung von δ hervorruft. Es zeigt sich, wie die höchsten Umlaufszahlen verhältnismäßig gleich groß bleiben, und daß der Sprung von positiven zu negativen Werten des Vorschubs sich bei ihnen in einer Diskontinuität äußert. Bei den Kurven der Vorschübe ist zu beachten, daß sie von den größten Werten aus keineswegs nach beiden Seiten gleichmäßig abnehmen; so nehmen die Vorschübe fast alle von δ = 270° bis δ = 0° zuerst nur langsam zu, um dann rasch das Maximum zu erreichen, während sie von δ = 0° bis δ = 90° sich ziemlich gleichmäßig verringern, ein Vorgang, der sich bei den negativen Werten zwischen δ = 90° und δ = 270° wiederholt. Am günstigsten erscheint hiernach der Wert δ = 0°. Einfluß der Drehrichtung. Diese Ergebnisse gelten aber bis jetzt nur für Rechtsdrehung der Kurbel. Läßt man den Antrieb in der entgegengesetzten Richtung umlaufen, so zeigt sich, daß eine veränderte Drehrichtung bei geneigtem a einen bedeutenden Einfluß auf die Fördergröße ausübt. In Fig. 12 sind für Rechts- und Linksdrehung die minutlichen Vorschübe vr und v1 bei gleichen größten Umlaufszahlen als Kurven aufgezeichnet. (r=0,1\mbox{ m},\ \frac{a}{r}=0,3,\ \mu_0=0,5,\ \mu=0,2.) Man sieht, daß der Vorschub nur bei δ = 0° für beide Drehrichtungen gleich groß ist, wobei er auch sein Maximum erreicht. Beide Male tritt auch der Sprung zu negativen Werten bei δ = 90° ein. Mit der Drehrichtung ändert sich also die Größe des Vorschubes nur, wenn δ verschieden von o ist. Zu beachten ist noch, daß für δ = 180°, d.h. wenn der Kurbeldrehpunkt A (Fig. 1) statt des Drehpunktes B dem Kreuzkopf K der Rinne am nächsten läge, bei der Drehung, einerlei in welcher Richtung, ein gleich großer Vorschub in entgegengesetzter Richtung erfolgen würde, wie er mit der Anordnung, wie sie die Figur zeigt, erreicht wird. Aus allen diesen Betrachtungen geht nun hervor, daß es keinen Nutzen hat, δ verschieden von 0° zu machen, daß man also mit der rotierenden Kurbelschleife als Antrieb für Propellerrinnen die größte Förderung erreichen kann, wenn man die Verbindungslinie a der Achsen der beiden Kurbeln in die Richtung der Rinne legt und das Verhältnis \frac{a}{r}=0,4 setzt; die Drehrichtung ist dabei gleichgültig. (Fortsetzung folgt.)