Titel: Neuere Pumpen und Kompressoren.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 241
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Neuere Pumpen und Kompressoren. Von Prof. Fr. Freytag, Chemnitz. (Fortsetzung von S. 228 d. Bd.) Neuere Pumpen und Kompressoren. b) Kolbenpumpen. α) Schwungradpumpen. Während der Bau von Wasserwerksmaschinen, was die verwendeten Systeme anbelangt, in den letzten zwanzig Jahren nur verhältnismäßig geringen Wandlungen unterworfen war, hat sich auf dem Gebiete der Wasserhaltungen, worunter insbesondere die Pumpen für den Bergbau verstanden sein mögen, eine stetige, mit bedeutenden Umwälzungen verbundene Entwicklung vollzogen, deren jüngste Stufe durch die elektrisch angetriebenen unterirdischen Wasserhaltungen dargestellt wird. Daneben sind mit direktem Dampfmaschinenantrieb ausgeführte unterirdische Wasserhaltungen noch ebenfalls anzutreffen. Als die größte bisher gebaute Wasserhaltungsmaschine wird von der Firma Haniel & Lueg in Düsseldorf-Grafenberg, die von ihr für die Zeche „Gneisenau“ der Harpener Bergbau-Aktiengesellschaft in Dortmund gelieferte, von einer vierzylindrigen Dreifach-Expansionsdampfmaschine angetriebene Pumpe bezeichnet. Die in ihren Einzelteilen äußerst kräftig konstruierte Maschine war in Düsseldorf 1902 ausgestellt.Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure 1902, S. 1031. Textabbildung Bd. 323, S. 241 Fig. 77.Elektrisch angetriebene Wasserhaltungsmaschine von Haniel & Lueg. Fig. 77 zeigt die Bauart einer elektrisch angetriebenen Wasserhaltungsmaschine, wie sie die Firma Haniel & Lueg für kleinere Leistungen – bis zu 300 PS – ausführt. Die Pumpe hat Zwillings- und Differentialanordnung; sie liefert mit Plungern von 185 bezw. 130 mm Durchm., 400 mm Hub und 111 minutlichen Umdrehungen 2,25 cbm/Min. auf 400 m Höhe. Der Drehstrommotor sitzt in der Mitte der Kurbelwelle von 375 mm Durchm. und treibt die Pumpen mittels Stirnkurbeln, die um 90° versetzt sind. Das Schwunggewicht ist im Läufer des Motors untergebracht. Die Tauchkolben sind durch je zwei Stopfbüchsen abgedichtet. Das Eindringen von Luft in den Pumpenkörpern wird durch eine über jeden Tauchkolben gelegte Büchse mit Lederstulpabdichtung verhütet. Die Verbindung der Tauchkolben mit den Kreuzköpfen erfolgt in der auf der Abbildung ersichtlichen Weise. Die Ventile sind als Ringventile mit konzentrischen Ringen ausgebildet und mit Ledernachdichtung versehen; ihre Befestigung geschieht durch Dübel, die von außen nachgezogen werden können. Saug- und Druckventile sind unmittelbar übereinander angebracht. Die Ventilkasten sind aus Stahlguß hergestellt. Ueber jedem Druckventil und ebenso unter jedem Saugventil befindet sich ein reichlich bemessener Windkessel. Das Wasser tritt durch einen Saugkorb in die Saugleitung, bei dem – abweichend von vielen anderen Konstruktionen – kein Rückschlagventil vorgesehen ist. Eine Zerstörung des Saugwindkessels, die eintreten kann, wenn Saug- und Druckventil undicht werden und der volle Steigleitungsdruck in den ersteren gelangt, wird dadurch vermieden. Diese Gefahr wird auch durch Anordnung von Sicherheitsventilen behoben. Die Pumpen sind mit allen Armaturen und Hilfsapparaten zur Sicherung eines ordnungsmäßigen, störungsfreien Betriebes ausgerüstet. Ein Umlaufventil, welches gestattet, eine Verbindung zwischen den Räumen zu beiden Seiten des Druckventils herzustellen, erleichtert das Anlassen der Pumpe. (Bei großen Pumpen ist auch ein Umführungsventil zwischen dem inneren Pumpenraume und dem Saugwindkessel vorhanden.) Druck- und Saugwindkessel erhalten Manometer zum Anzeigen des Druckes bezw. Vakuums; ferner sind Wasserstandsanzeiger angebracht, die den Füllungszustand der Kessel jederzeit erkennen lassen. Man hat es infolgedessen in der Hand, Aenderungen des Luftinhaltes der Windkessel sofort auszugleichen – wofür besondere Vorrichtungen vorhanden sind – und so die Luftfüllung der Windkessel stets in der günstigsten Höhe zu halten. Textabbildung Bd. 323, S. 242 Fig. 78.Luftschleuse zum Füllen des Druckwindkessels von Haniel & Lueg. a Luftleitung zur Pumpe, b zur Druckluftleitung, c Druckwasser von der Steigleitung, d Abwasser. Veränderungen in dem Füllungsgrade der Windkessel können entweder durch Undichtigkeiten oder durch die Aufnahmefähigkeit des Wassers für Luft und sonstige Oase hervorgerufen werden. Im Druckwindkessel tritt zumeist eine Absorption von Luft durch das Wasser ein, während in dem Vakuum des Saugwindkessels eine Ausscheidung von Gasen statt – findet. Insbesondere ist letzteres bei unterirdischen Wasserhaltungen der Fall, da die Grubenwässer oft sehr reich an Gasen, z.B. Kohlensäure, sind. Zum schnellen Füllen des Druckwindkessels verwenden Haniel & Lueg entweder einen Kompressor für Dampfantrieb oder für hydraulischen und elektrischen Betrieb, oder aber eine sogen. Luftschleuse. Textabbildung Bd. 323, S. 242 Fig. 79.Elektrisch angetriebene Doppelplungerpumpe von Haniel & Lueg. Letztere besteht, wie Fig. 78 ersichtlich, aus einem schmiedeeisernen Behälter, der mit atmosphärischer Luft oder Druckluft, wie sie auf jeder Grube zur Verfügung steht, gefüllt und dann mit der Steigleitung durch Hähne in Verbindung gesetzt wird, so daß die Luft durch das Druckwasser dieser Leitung zusammengepreßt wird. Dann wird die Preßluft zu den Windkesseln durchgeschleust und der ganze Vorgang so oft wiederholt, bis die letzteren gefüllt sind. Durch die Luftschleuse läßt sich die Füllung der Windkessel fast ebenso schnell bewirken, als es mit Hilfe eines Kompressors möglich ist; außerdem kann der Apparat zugleich dazu dienen, beim Ausbauen des Druckventils einen Teil der im Windkessel enthaltenen Druckluft aufzuspeichern, so daß sie nachher wieder zur Füllung des Kessels verwendet werden kann. Die Benutzung der Schleuse kann auch während des Betriebes der Pumpe stattfinden, was durch besondere Ventile ermöglicht wird. Damit auch beim Versagen der für gewöhnlich benutzten Füllvorrichtung Luft in die Druckwindkessel hineingeschafft werden kann, ist die Pumpe mit Schnüffelventilen versehen. Diese befördern zugleich den ruhigen Gang der Pumpe. Zur Entfernung von überschüssiger Luft aus den Saugwindkesseln ist ein Wasserstrahl-Saugapparat angeordnet, dessen Betriebswasser der Druckleitung entnommen wird. Zur Erleichterung des Anlassens, wobei die Stromstärke ohne besondere Vorkehrungen unter Umständen eine beträchtliche Höhe erreichen kann, wird die Pumpe nicht nur in der üblichen Weise entlastet (s. vorstehend), sondern durch das Druckwasser der Steigleitung angetrieben, worauf sie weiter unter Strom anläuft. Diese Anordnung führen Haniel & Lueg bei allen ihren elektrischen Wasserhaltungen durch und statten diese zu dem Zwecke mit einer leicht ein- und ausrückbaren Steuerung (D. R. P. No. 100025) aus, durch welche Wasser aus der Steigleitung der Pumpe in solcher Weise zugeführt wird, daß sie als hydraulischer Motor arbeitet. Nach wenigen Umdrehungen kann die Steuerung ausgerückt und die Pumpe in normaler Weise durch den Motor angetrieben werden. Pumpen der Fig. 77 ersichtlichen Bauart sind von Haniel & Lueg für das Salzbergwerk Neu – Staßfurt bei Staßfurt, Zeche „Westende“, Zeche „Minister Achenbach“, Steinkohlenbergwerk Rheinpreußen usw. geliefert worden. Für größere Leistungen führt die genannte Firma elektrisch angetriebene Doppelplunger-Pumpen aus, deren normale Konstruktion Fig. 79 erkennen läßt. Solche Pumpen sind z.B. für die Gewerkschaft Minister Achenbach, Brombauer bei Dortmund, Harpener Bergbau A.-G., Zeche „Courl“ in Courl und Zeche „Caroline“ in Langendreer, Rheinische Stahlwerke, Zeche „Zentrum“ (950 PS) usw. geliefert worden. Textabbildung Bd. 323, S. 243 Fig. 80.Elektrisch angetriebene Wasserhaltungsmaschine von Breitfeld, Danek & Co. Die minutlichen Umlaufzahlen der von Haniel & Lueg gebauten, elektrisch angetriebenen Pumpmaschinen werden zwischen 150 und 72 gewählt, wobei natürlich stets Rücksicht auf den Drehstrommotor genommen wird. Die Umlaufzahl von 72 i. d. Minute erhalten die größten Pumpen von etwa 1300 PS; bei 1000 PS beträgt die Umlaufzahl   86–  92 i. d. Minute,   600  „   92–  97 „  „   300  „ 120–125 „  „   100  „ 140–150 „  „ Die Hübe sind so gewählt, daß die Kolbengeschwindigkeiten sich innerhalb der Grenzen von 1,1 bis 2,3 m/Sek. bewegen. Die vorgenannte große Dampf Wasserhaltung auf Zeche „Gneisenau“ hat allerdings 3,4 m/Sek. Kolbengeschwindigkeit, läuft aber dabei noch anstandslos. Eine kleinere unterirdische Wasserhaltung mit elektrischem Antrieb der Firma Breitfeld, Danek & Co. in Prag-Karolinenthal zeigt Fig. 80. Die Pumpe ist eine Dreiplungerpumpe mit einfachem Zahnradantrieb für eine Leistung von 500 l/Min, auf 400 m Höhe; sie hat 125 mm Plungerdurchm., 150 mm Hub und läuft mit 100 Umdrehungen i. d. Minute. Der Kraftbedarf beträgt etwa 55 PS. Die drei Kurbeln sind um 120° gegeneinander verstellt. Durch eine solche Anordnung sucht man bekanntlich der bei rotierenden Pumpen sich ohne weiteres ergebenden kontinuierlichen Wasserförderung möglichst nahe zu kommen und eine gleichmäßige Arbeitsverteilung zu erreichen. Infolge der beständigen Saugwirkung eignen sich diese Pumpen auch für große Saughöhen. Die unmittelbar übereinanderliegenden Ringventile sind leicht zugänglich. Pumpe und Elektromotor stehen auf einer gemeinsamen Grundplatte. Die Pumpenkörper und Ventilgehäuse sind aus Stahlguß, die federbelasteten Ventile aus Duranametall hergestellt. Die aus bestem Stahl gefertigte, dreifach gekröpfte Welle ist fünfmal in einseitig nachstellbaren, mit Weißmetall gefütterten Kurbellagern gesichert. Jeder Plunger besitzt noch eine besondere Tischführung mit Stahlgußkreuzkopf. Die Abdichtung der Plunger geschieht durch Metallstopfbüchsen. Das verschalte Räderpaar besteht aus einem gefrästen Rohhauttrieb und einem gußeisernen Rad. Der zum Antreiben der Pumpe dienende Elektromotor leistet mit 550 Uml./Min. ∾ 70 PS. Eine in neuester Zeit von der Maschinenbau-A.-G. vorm. Breitfeld, Danek & Co. für den Albrechtsschacht bei Peterswalde der Oesterreichischen Berg- und Hüttenwerks-Gesellschaft gelieferte elektrische Wasserhaltungsanlage besteht aus einer in Zwillingsanordnung gebauten Pumpe mit unmittelbarem Antrieb durch einen Drehstrommotor. Die beiden einfach wirkenden Pumpen haben je 160 mm Plungerdurchm. und 185 mm Hub; sie heben bei 144 Umdreh./Min. etwa 1000 1 Wasser auf eine Druckhöhe von 340 m, einschl. der Widerstände. Die Ventile der Pumpe sind mehrfache Ringventile mit freigängigen Ringen. Ventile und Sitze sind aus einer Spezialbronze, Pumpenkörper und Ventilkästen, der Druckhöhe entsprechend, aus Stahlguß hergestellt. Behufs Anlassens der Pumpe sind beide Seiten derselben durch eine Umführleitung miteinander verbunden. Die nötige Druckluft für den Windkessel wird von einem zweistufigen, mit Mantelkühlung versehenen Kompressor geliefert, dessen Antrieb mittels Zahnrädervorgeleges von einem Elektromotor aus erfolgt. Zwischen Hauptdruckwindkessel und Pumpen ist eine Rückschlagklappe eingebaut, die sich selbsttätig öffnen kann. Der Kraftbedarf der Pumpe beträgt 92 effektive Pferdestärken. Sie ist mit den nötigen Armaturen: Vakuummetern, Umlauf- und Frischventilen, Luftprobier- und -füllventilen, Schnarch- und Indizierventilen sowie Plunger-Schmierpressen reichlich ausgestattet. Der elektrische Teil der Anlage ist von der A. E. G. Union in Wien ausgeführt worden. (Fortsetzung folgt.)