Titel: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 321
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Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Von K. Drews, Oberlehrer an der Königl. höheren Maschinenbauschule in Posen. (Fortsetzung von S. 312 d. Bd.) Entwicklung und gegenwärtiger Stand der modernen Hebezeugtechnik. Hebemagnete. Bei den beschriebenen Greifmethoden muß das fortzubewegende Material sich in geeigneter Lage befinden, damit die Greiforgane es fassen können; oder aber es sind Bedienungsmannschaften erforderlich, die es in passende Lage bringen. Hier gibt uns nun wieder die Elektrizität in dem Hebemagneten ein ausgezeichnetes und dabei sehr einfaches Mittel an die Hand, uns auch von diesen Beschränkungen zu befreien und somit die Leistungsfähigkeit der Transportmittel noch weiter zu erhöhen. Textabbildung Bd. 323, S. 321 Fig. 76.Hebemagnet der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft für Blöcke bis 2 t Gewicht. Fig. 76 zeigt die einfachste Form eines Hebemagneten, der hier mittels Ketten an dem Gehänge eines Blockverladekrans hängt. Dieser Kran bedient einen Lagerhof des Georgs-Marien-Hüttenvereins in Osnabrück; er ist auch durch seine hohen Fahrgeschwindigkeiten bemerkenswert; nämlich: Katzefahren v = 120 m/Min. Kranfahren mit Last v = 180     „ Kranfahren ohne Last v = 210     „ Die Zugkraft des Magneten beträgt 2 t. Der Kran hat sowohl kalte wie warme Blöcke zu transportieren. Da nun aber die Zugkraft eines Magneten von 300° C aufwärts nachläßt, um bei etwa 700° C ganz zu verschwinden, so ist außer dem Magneten noch eine mechanisch gesteuerte Zange vorgesehen, die zum Transport der heißen Blöcke dient. Textabbildung Bd. 323, S. 321 Fig. 77.Blockzange von Stuckenholz. Fig. 77 zeigt die Zange in Wirksamkeit; sie hat zwei Stahlspitzenpaare, um Blöcke von verschiedener Länge fassen zu können. Elektromagnete für Hebezwecke sind schon recht lange im Gebrauch. Bereits im Jahre 1889 wurden in den Otis Steel Works zu Cleveland solche Magnete bis 5 t Zugkraft zum Transport von Knüppeln benutzt. Auch im Arsenal zu Woolwich wurden sie schon in den 90 er Jahren für Hebezwecke verwandt. Weitere Verbreitung haben sie indes erst in den letzten Jahren gefunden. Der Hebemagnet besteht aus einem topfartigen Gehäuse mit einem oder mehreren Eisenkernen, auf die die isolierten Windungen der Erregerspulen gewickelt sind. An dem Gehäuse befindet sich eine Stechdose zum Anschluß des Stromzuleitungskabels. Die Polansätze haben je nach der Oberflächenbeschaffenheit des zu hebenden Materials verschiedene Form. Textabbildung Bd. 323, S. 322 Fig. 78.Hebemagnet mit beweglichen Polen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Für das Anheben massiver, ebener Eisenkörper von genügender Wandstärke läßt sich die Zugkraft des Magneten mit ziemlicher Genauigkeit bestimmen. Für dünne hohle Körper wie Bleche, Röhren usw. sowie für geschichtete Körper ist dies schon schwerer; hier kann man die Zugkraft nur an Hand von Versuchsergebnissen annähernd bestimmen. Besonders für das Heben und den Transport von Blechen sind Hebemagnete außerordentlich bequem. Man senkt den Magneten auf den Blechstapel herab und schließt den Stromkreis seiner Erregung; der Magnet nimmt dann beim Anheben so viel Blechlagen mit, als seiner Zugkraft entspricht. Ja, man kann nun die Bleche sogar einzeln ablegen, indem man den Erregerstrom, von dem die Zugkraft abhängt, durch einen Regulierwiderstand stufenweise schwächt. Allerdings muß dabei bemerkt werden, daß die Tragfähigkeit eines Magneten bei gleicher Gesamtstärke der zu hebenden Blechschichten um so geringer ist, je größer die Anzahl der Schichten ist oder je dünner die einzelnen Bleche sind. So gibt z.B. die A. E. G. in Berlin die Tragkraft eines ihrer Magneten zum Heben von Platten mit 3000 kg an, jedoch nur für eine Plattenzahl ≦ 2 mit der Gesamtstärke 45 mm. Zum Aufnehmen von langen Stücken, wie Träger, Schienen, Röhren usw. benutzt man besser zwei Magnete an einer Traverse. Ein Magnet übt seine größte Zugkraft nur dann aus, wenn er sich dem Körper bis auf eine bestimmte Strecke genähert hat. Sollen nun mehrere Körper, etwa Schienen, die nicht in gleicher Höhe liegen, zugleich angehoben werden, so würden nur diejenigen Stücke angezogen werden, denen sich der Magnet bis auf den zulässigen Luftweg nähern kann, die anderen würden vorläufig liegen bleiben. Hier sind dann Magnete mit beweglichen Polen am Platze; jeder Pol ist einzeln für sich beweglich und kann sich dem zu erfassenden Eisenkörper nähern. Dasselbe gilt auch für unebene und gekrümmte Körper, für die die Polflächen auch entsprechend ausgebildet werden. Fig. 78 zeigt einen Magneten der A. E. G. in Berlin mit beweglichen Polen beim Transport von Eisenmasseln. Die Höhenunterschiede in der Lagerung der zu hebenden Stücke können hier mehr als 25 mm betragen. Die höchste Zugkraft dieses Magneten ist mit 1500 kg angegeben; sein Eigengewicht beträgt 1700 kg, sein Energieverbrauch 4,5 KW. Textabbildung Bd. 323, S. 322 Fig. 79.Hebemagnet mit beweglichen Polen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Fig. 79 zeigt ebenfalls einen Magneten mit beweglichen Polen von derselben Firma für Höhenunterschiede bis 25 mm. Tragkraft 3000 kg, Eigengewicht 1200 kg, Energieverbrauch 3 KW. Der Hebemagnet als alleiniges Tragorgan eines Kranes bietet nun nicht die genügende Sicherheit, namentlich nicht für Orte, wo sich im Arbeitsbereich des Hebezeuges Menschen bewegen. Stöße oder Stromunterbrechungen würden ein Herabfallen der angehobenen Stücke zur Folge haben. Wo eine solche Gefahr vorliegt, wird man den Magneten nur das Anheben und das Ablegen der Last ausführen lassen, während diese beim Horizontaltransport von Zangen oder Pratzen getragen wird, wobei man zugleich an Strom spart. Fig. 80 zeigt einen Trägerverladekran von Ludwig Stuckenholz für die A.-G. Phönix in Laar mit zwei Magneten zum Anheben und Ablegen nebst zwei gesteuerten Pratzen zum Tragen des Materials. Der Führer ist im Begriff eine Schiene auf einen Eisenbahnwagen abzulegen. Die Magnete erhalten Strom und ziehen die Schiene an, dann werden die Pratzen, wie aus der Figur ersichtlich, zurückgedreht, worauf durch Senken des Gehänges die Schiene abgelegt wird. Fig. 81 deutet das Aufnehmen von Röhren mittels Magnet nach einem Entwurf derselben Firma an. Fig. 82 und 83 zeigen noch einen bemerkenswerten Hebemagneten mit Sicherheitsgreifern, der von den Siemens-Schuckertwerken zusammen mit der Firma Ludwig Stuckenholz entworfen worden ist. Ein solcher Magnet zum Transport von Blechen war auch auf der Nürnberger Ausstellung im Jahre Textabbildung Bd. 323, S. 323 Fig. 80.Trägerverladekrau mit Hebemagneten und Pratzen von Stuckenholz. Textabbildung Bd. 323, S. 323 Fig. 81.Hebemagnet zum Aufnehmen von Röhren. Textabbildung Bd. 323, S. 323 Fig. 82.Hebemagnet mit Sicherheitsgreifer der Siemens-Schuckertwerke. Textabbildung Bd. 323, S. 323 Fig. 83.Hebemagnet mit Sicherheitsgreifer der Siemens-Schuckertwerke. 1906 von erstgenannter Firma ausgestellt. Der Magnet hat eine längliche Form und trägt in zwei seitlich angegossenen Augen die senkrechten Drehachsen der Greifer. Interessant ist nun die Steuerung dieser Greifer vom Führerstand aus, ohne daß der Führer den Magneten selbst zu sehen braucht. Auf diesem befindet sich ein kleiner umzusteuernder Elektromotor, der durch Drehung einer Schraubenspindel eine Mutter verschiebt; diese dreht mittels eines Hebels den einen der beiden Greifer, von dem aus durch eine Schubstange auch der andere bewegt wird. Die Steuerung des Apparates geht nun so vor sich: Der Führer läßt den Magneten in der Stellung, wie sie Fig. 82 zeigt, auf die zu hebenden Bleche nieder und gibt Strom, worauf diese angezogen werden. Dann schaltet er den Motor ein, der die Greifer nach innen in die Tragstellung (Fig. 83) dreht Nun schaltet der Führer den Erregerstrom des Magneten aus; die Bleche werden also nur von den Greifern getragen. Zum Ablegen schaltet der Führer wieder den Magneten, der die Bleche festhält, dann den Motor, der die Greifer zurückdreht, ein. Das Gehänge wird nun gesenkt; nach Ausschalten des Magneten fallen die Bleche ab. Für den beschriebenen Apparat ist ein besonderer Schalter auf dem Führerstande vorgesehen. Der Schalter hat vier Schaltstufen; bei jeder von diesen leuchtet eine Lampe auf, deren jeweilige Farbe dem Führer anzeigt, welche Bewegung die Hubvorrichtung augenblicklich ausführt und in welcher Stellung sie sich befindet. Mit der Tragkraft von Hebemagneten ist man bis 14000 kg gegangen. Jedoch dürften solche von 1500 bis 3000 kg Tragkraft den Anforderungen der Praxis in den meisten Fällen Genüge leisten. Das Eigengewicht der Hebemagnete ist bei manchen Typen ganz erheblich; man muß dies wie bei Selbstgreifern mit in den Kauf nehmen, da die Magnete, an passender Stelle verwandt, ganz bedeutende Vorteile bieten. Gegenüber Anschlingen der Stücke durch Arbeiter, kann die Leistungsfähigkeit eines Hebezeuges durch Magnete auf das Doppelte erhöht werden. (Fortsetzung folgt.)