Titel: Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im zweiten Halbjahr 1907.
Autor: A. Stift
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 425
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im zweiten Halbjahr 1907. Von k. k. landw. techn. Konsulent A. Stift (Wien). (Schluß von S. 412 d. Bd.) Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie usw. Angeregt durch die Verwendung des Verdampfapparates nach KestnerD. p. J. 1907, 88. Jahrg., S. 760. in der Zuckerindustrie beschäftigt sich GreinerZentralblatt f. d. Zuckerindustrie 1907, 15 Jahrg., S. 1070. mit der Frage der Rieselei in der Verdampfung, mit besonderer Hervorhebung des Unterschiedes zwischen den Methoden Kestner und Claassen. Bei dem Apparat von Kestner hat man es mit der Tatsache zu tun, daß der Transmissionskoeffizient für 1° C, 1 Minute und 1 qm nahe bei 100 W. E. liegt, und daß der Apparat mit dieser Zahl alles bis jetzt Erreichte weit überholt. Unter „Rieseln“ versteht man das Fließen der Säfte in dünner Schicht auf freier Heizfläche und der Unterschied zwischen den beiden Methoden liegt darin, wie die dünne Schicht gebildet wird und wohin sie fließt. Als Rest der vielen seiner zeitigen Bemühungen brauchbare Rieselapparate zu gestalten, ist einzig der Apparat von Claassen übriggeblieben und selbst dieser Apparat, der nicht einmal neue Gestaltungen oder wesentliche Anschaffungen verlangte, ist keineswegs Allgemeingut geworden. Der Claassensche Apparat, der sich in nichts von den gewöhnlichen stehenden Apparaten unterscheidet, bildet dünne Saftschichten aus dem Material geplatzter Saftblasen. Er ist nur ein Teil-Rieseler, da die Heizfläche der unteren Rohrhälfte für das Rieseln frei bleibt. Das Platzen der Blasen tritt ein, wenn die Oberflächenspannung der Blasen plötzlich dem inneren Druck nachgeben muß, was geschient, wenn die Blasenwandung durch Abfluß des überschüssigen Materiales und durch Verdunstung zu schwach geworden ist für die Beanspruchung, die sie zu ertragen hat. Die schnelle Aufeinanderfolge von tausenden dieser kleinen Explosionen schleudert eine solche Menge feiner Saftteilchen umher, daß die innere Rohrwand auf ihrem freien Teile von Saft bedeckt wird, der dann nach unten in die Saftmasse zurückfließt, soweit er nicht verdampft ist. Es ist ohne weiteres klar, daß das Rieseln, also das Fließen in dünnen Schichten, von der Beschaffenheit der Flüssigkeit abhängt, und daß es vor allem der Grad der Fließfähigkeit ist, welcher das Gelingen gestattet oder verbietet. Dabei spielt auch die Temperatur der Flüssigkeit eine wesentliche Rolle, wie man schon an der Größe der Tropfenbildung bei verschiedenen Temperaturen erkennen kann. Die Grenze für die Rieselmöglichkeit bei den Zuckersäften liegt so tief, daß man das Rieseln bei den normalen Dicksäften kaum noch durchführen kann, wenn Störungen sicher vermieden werden sollen. Auch der Apparat von Kestner ist ein Teil-Rieseler, nur daß seine Rieselfläche im Vergleich zur blasenerzeugenden Heizfläche weit größer als beim Apparat von Claassen ist. Kestner begnügt sich nicht mit dem Aufsammeln der Spritzteilchen, sondern treibt den Saft, von Dampfblasen durchsetzt, in hohen Röhren aufwärts, indem er auf diese Weise eine Schicht bildet, die sich der Rohrwand anschmiegt. Diese Schicht wird, wohl meist durch Reibung zwischen Dampf und Saft, nach oben geschoben und am oberen Rohrende ausgestoßen, in Dampf und Saft geschieden und ihre Wege geleitet: Der Saftdampf wie gewöhnlich, als Heizmaterial in die Dampfkammer, der verbleibende Saft in den Kochraum des nächsten Körpers* Die Bewegung der Säfte im Apparat von Kestner, so einfach sie sich auch vollzieht, ist kompliziert, sie hat etwas vom Chapmannschen und etwas vom Claassenschen Apparat, und schließlich ähnelt sie durchaus, wenn man dies auch bestreiten will, derjenigen in der Mammut-Pumpe. In dieser ist das Treibende gepreßte Luft, in jenem gespannter Dampf, und in keinem Falle wird das Heben der Flüssigkeiten etwa kostenfrei vollzogen. Jedenfalls aber ist der Kestnersche Apparat neu und auch gut, und wie weit seine Vorzüge reichen, wird die Zukunft lehren. Die naheliegende Frage, warum der Apparat von Kestner noch nicht allgemeine Verbreitung in der Zuckerindustrie gefunden hat, beantwortet Greiner dahin, daß einerseits noch kein Grund vorliegt, bewährte ältere Apparate außer Betrieb zu setzen und anderseits auch von keiner Lohnersparnis gesprochen werden kann. Man will bei den Kestnerschen Apparaten mit geringeren Wärmegefällen auskommen als bei den alten Apparaten und will da, wo man mit dem Vierkörperapparat abzuschließen pflegte, bequem einen Fünfkörperapparat betreiben können. Greiner bezweifelt dies, weil jeder Kestnersche Apparat Pumpenarbeit leisten muß, die bei den alten Körpern vollständig fehlt. Außerdem ist auch zu bemerken, daß die Ausdehnung der Verdampfstation in genannter Beziehung an Wichtigkeit verloren hat, seitdem die Schwere der Verdampfung durch Einschaltung der Anwärmung der Säfte und Verkochung der Dicksäfte im Vakuum durch Saftdampf in die ersten Körper verlegt worden ist. Was die Instandhaltung und den Ersatz von Heizflächenteilen anbetrifft, so gibt es keinen einfacheren Apparat als den alten Robertschen Apparat, vorausgesetzt allerdings, daß die Zirkulation der Säfte, also auch der bessere Wärmeumsatz in den Vordergrund gerückt wird. Es bieten also auch die alten Verdampfapparate Vorteile, die einen Ersatz als nicht so dringlich erscheinen lassen. Ein Mangel, der allen Verdampfapparaten, auch dem Kestnerschen Apparat, anhaftet, ist der, daß man die Körper an sich nicht vergrößern kann, wenn die Erfahrung eine Vergrößerung wünschenswert oder gar notwendig erscheinen läßt. Mit einer derartigen verbessernden Umgestaltung hat Greiner keinen Anklang gefunden. Nun behauptet Greiner, daß man überall gerade in anbetracht der in den ersten Körpern geforderten großen Leistungen zu geringe Heizflächen in denselben hat und daher mit zu hohen Temperaturen arbeiten muß. Wenn man hier Abhilfe schaffen will, so kann dies nur durch Vermehrung der Heizflächen geschehen und da ist dann der Kestnersche Apparat als Zusatzkörper, wie ihn auch die Sudenburger Maschinenfabrik besonders empfiehlt, ganz am Platz. Eine besondere Vorwärmung der Säfte ist hier im Anschluß an einen vorhandenen Apparat nicht nötig, Mangel an Stoff ist ausgeschlossen, die Säfte sind noch dünn und der Raum zur Aufstellung findet sich für diese Form am leichtesten. Die vorstehenden Ausführungen von Greiner veranlassen RinglerZentralblatt für die Zuckerindustrie 1907, 15. Jahrgang, S. 1172. zu der Bemerkung, daß der oben mitgeteilte Nutzeffekt des Kestnerschen Apparates durchaus nicht alles weit übertrifft, was bisher mit Verdampfapparaten erreicht worden ist, da er in der italienischen Zuckerfabrik Cremona nach jährlich angestellten Berechnungen stets im erster Körper auf eine Uebertragung von 5400 WE f. d. Quadratmeter Heizfläche, 1° Temperaturdifferenz und Stunde gekommen ist, im Mittel von fünf Jahren auf 5411 WE, also i. d. Minute auf 90 WE. Der Apparat war ein gewöhnlicher, stehender Verdampfapparat mit Metallröhren, bei welchem mit niederem Saftstand, also mit Berieselung gekocht wurde. Die Verdampfstation bewältigte vorher kaum die garantierte Leistung, während sie nach den vorgenommenen kleinen Veränderungen anstandslos eine Steigerung der täglichen Verarbeitung um mehr als 50 v. H. erreichte. Die angewendeten Mittel waren sehr einfach: vermehrte Entnahme an Saftdampf durch Zuführung desselben an Schnellstromvorwärmer überall dort, wo eine Anwärmung des Saftes auch nur um 10° erfolgen konnte, reichliche Zuführung von Rückdampf, und da derselbe in den neueren Fabriken, wo der Maschinenbetrieb mehr oder minder zentralisiert ist, nicht in genügender Menge vorhanden ist, reichliche Zuführung von direktem, doch auf die Spannung im Dampfraum des Verdampfapparates reduziertem Dampf, Aufkochung des Dünnsaftes und mechanische Filtration vor Eintritt desselben in den Verdampfapparat, (dies zur Verhütung von Inkrutation), Entlüftung der Vorwärmer resp. Ansaugung der Brüdendämpfe direkt in den barometrischen Kondensator und ebenso Entlüftung der Brüdenwassersammler und Brüdenpumpen direkt in den Kondensator. Die Temperatur des Rückdampfes betrug 107–108° C, diejenige des Saftdampfes im ersten Körper 100–101° C. Ringler ist der Ueberzeugung, daß man mit einem Vierkörperapparat die ökonomische Grenze erreicht hat und in vielen Fällen auch mit einem Dreikörperapparat ausreichen würde. Daß der Kestnersche Apparat gegenüber anderen Rieselapparaten oder Verdampfapparaten, bei welchen mit niedrigem Saftstand gekocht wird, eine Mehrleistung zeigt, ist wohl anzunehmen, dieselbe kann aber keineswegs so bedeutend sein, vorausgesetzt, daß die erwähnten Vorbedingungen für jede Verdampfung eingehalten sind. Die Pumpenarbeit wird im Kestnerschen Apparat nicht gratis geliefert, Ringler behauptet sogar, daß sie teurer ist als wenn sie durch mechanische Kraft ausgeführt würde. Diejenigen, welche die Leistungsfähigkeit ihrer Verdampfapparate vergrößern und die Wärmeübertragung erhöhen wollen, können in ihren Verdampfkörper eine mit Transmission angetriebene Zentrifugal- oder eine andere geeignete Pumpe einbauen oder auch außerhalb des Apparates anbringen, welche den Saft kontinuierlich aus dem unteren Teil des Verdampfapparates entnimmt und in entsprechender Höhe oberhalb des Rohrbodens durch Brausen wieder kontinuierlich einspritzt. Damit dürfte die Leistungsfähigkeit eines Kestnerschen Apparates erreicht werden, ohne daß man es nötig hat, den alten Verdampfapparat aus dem Betrieb zu entfernen. Die in Oesterreich schon länger eingebürgerte WestonzentrifugeEine genaue Beschreibung der Zentrifuge samt Zeichnung wurde in vorliegender Zeitschrift 1907, Bd. 322, S. 316 und 326 gegeben. scheint in letzter Zeit auch in Deutschland mehr Aufmerksamkeit zu finden. Den ablehnenden Standpunkt, den die Zuckerindustrie gegen diese Zentrifuge angenommen hat, findet SimonsDie Deutsche Zuckerindustrie 1907, 32. Jahrgang, S. 983. in dem Umstände begründet, daß das ganze System, dem deutschen Geschmack widersprechend, aufgehängt ist. Der Hauptvorteil dieser Zentrifuge liegt darin, daß sie auf ihre Umgebung nur ganz geringe Vibrationen ausübt und daß die Entleerung der Trommel ungemein rasch und bequem vor sich geht. Beim Entleeren der Trommel fällt ungefähr ¾ des gesamten ausgeschleuderten Zuckers ohne Mithilfe des bedienenden Arbeiters in die Schüttelrinne hinab. In der Zuckerfabrik Montwy, eine der größten Deutschlands, fassen die Zentrifugen von 1200 mm Trommeldur ehm. 8 Ztr. Füllmasse und die Fabrik reicht mit sechs Stück solcher Zentrifugen bei einer täglichen Verarbeitung von 40000 Ztr. Rüben aus. Die Bedienung der gesamten Station besteht nur aus vier Arbeitern. Dadurch ergibt sich für den Zuckerhausbetrieb nicht nur eine große Ersparnis, sondern man ist auch in der angenehmen Lage, sich von den Arbeitern erheblich unabhängiger zu machen. Im Jahre 1907 hat die Sadenburger Maschinenfabrik zwei Anlagen für die deutsche Zuckerindustrie gebaut. In der Zuckerfabrik Nordgermersleben arbeiten bei einer täglichen Rübenverarbeitung von 13000 Ztr. vier Weston-Zentrifugen à 8 Ztr. Füllung nur während der Tagesschicht und beansprucht diese Anlage nur drei Arbeiter zur Bedienung. In Ketzin stehen, bei einer täglichen Rübenverarbeitung von 18000 Ztr., ebenfalls vier Zentrifugen der vorgenannten Größe in Verwendung. Diese Anlagen sind mit Riemenantrieb versehen. Die Zuckerfabriken Lauscha und Uelzen besitzen Wasserturbinenbetrieb. Letztere Fabrik verarbeitet täglich 24000 Ztr. Rüben, arbeitet ständig mit nur vier Zentrifugen à 8 Ztr. Füllung, trotzdem fünf Zentrifugen vorhanden sind. Der Zucker wird in zwei Schichten durch je drei Arbeiter abgeschleudert und jede Schleuderung – Füllen, Schleudern, Bremsen und Entleeren der Zentrifuge – nimmt nur ungefähr vier Minuten in Anspruch. Aus den hervorgehobenen Angaben läßt sich eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit der Weston-Zentrifuge machen. Eine Zentrifuge kostet ungefähr 3000 M., örtliche Verhältnisse, an die die Anlagen angepaßt werden müssen, beeinflussen mehr oder weniger den Preis. Die Zentrifuge ist freipendelnd oben auf zwei die Schwingungen aufhebenden Gummipuffern ruhend aufgehängt. Man kann die Zentrifugenspindel mit der Hand durch ganz geringen Druck oder Zug in pendelnde Bewegung bringen. Eine nennenswerte Beanspruchung der Spindel kann daher auch durch das eventl. Pendeln während des Ganges der Maschinen nicht eintreten. Eine Trommel, die infolge ungleichmäßiger Füllung nicht genau zentrisch pendelnd werden kann, stellt sich im Betriebe von selbst in ihren idealen Schwerpunkt ein, um den sie dann rotiert. Es hat sich nun gezeigt, daß größere Schwankungen der Zentrifugenspindeln nur beim Anlaufen zu beobachten sind, und zwar nur dann, wenn die Trommeln schlecht geladen sind. Die Schwankungen werden mit Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit immer geringer und man sieht bei Erreichung der vollen Geschwindigkeit kaum noch, daß die Trommel sich bewegt. Dieses System ist auch sehr unempfindlich gegen schlechte Füllmassen, arbeitet sehr ruhig, verursacht daher fast gar keine Erschütterungen der Gebäude und kann auch deshalb in hoch gelegenen Stockwerken aufgestellt werden. Eine untere Führung der Spindel ist nicht vorhanden, da eine solche dem Prinzip der Zentrifuge widerspricht. Die Zentrifuge kann im Gange gefüllt werden. Bei Weißzucker ist es sogar erforderlich, die Füllung bei im Gang befindlicher Zentrifuge vorzunehmen, und zwar mit Rücksicht auf den im Trommelboden sich befindenden Verschluß, da es absolut unmöglich ist, diesen dauernd so dicht zu halten, daß er beim Stillstand der Trommel den heißen, dünnflüssigen Sirup nicht durchläßt. Um nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, daß Tropfen des braunen Sirups beim Füllen der Trommel in die Schüttelrinne gelangen, muß man die Zentrifuge für Weißzuckerfabrikation zuerst in Bewegung setzen und dann bei geringer Anfangsgeschwindigkeit füllen. In diesem Falle empfiehlt es sich außerdem, die Füllmasse nicht zu stramm einzukochen, damit sie beim Anlaufen der Trommel sogleich hochsteigt und eine gleichmäßig starke Schicht bildet, die nur ein durchaus gleichmäßiges Ausdecken ermöglichen kann. In einer Abhandlung, betitelt Zentrifugenarbeit, gibt RechtZentralblatt für Zuckerindustrie 1907, 16. Jahrg., S. 92 und 117. zuerst eine Zusammenstellung jener Rechnungen, die es ermöglichen, die Betriebssicherheit der einzelnen Teile ziffernmäßig auszudrücken, um sodann die für Rohzucker im allgemeinen und für seine Affination gangbarsten Systeme zu besprechen. Auf den rechnerischen Teil der Abhandlung kann in einem Auszug nicht eingegangen werden, auch bezüglich des praktischen Teiles genügt ein Hinweis auf die Originalabhandlung, da die vorgeführten Zentrifugen bereits bekannt sind und sich seit kürzerer oder längerer Zeit in der Praxis eingebürgert haben. Daß die stetig arbeitenden Zentrifugen die periodisch, also mit Unterbrechung (zwecks Füllung) arbeitenden! Zentrifugen noch immer nicht verdrängt haben, liegt nach Rechts Ansicht darin, daß eben allen neuen Systemen Fehler anhängen, die sie für unverläßlicher erscheinen lassen als die alte Konstruktion. Sicher ist aber, daß die nächste Zeit hierin eine Wandlung schaffen wird und daß man bei einfacherer und zweckmäßigerer Konstruktion und Handhabung die stetig arbeitenden Zentrifugen den periodisch arbeitenden Zentrifugen vorziehen wird, um so mehr, als die Handarbeit täglich teurer wird. Bezüglich der Verwendung der Zentrifugen für die Affinationsarbeit sind nur jene Konstruktionen verwendbar, die eine Einführung irgend eines Deckverfahrens ermöglichen, also Zentrifugen mit unterer Entleerung, während bei der Erzeugung von Kristallzucker oft Zentrifugen mit unterer Entleerung von oben aus durch Schaufeln mit Hand bedient werden, um jede Unreinlichkeit, die bei unterer Entleerung doch nicht ganz vermieden werden kann, zu beseitigen. Dasselbe gilt für Zentrifugen, die für die Anwendung der Dampfdecke eingerichtet sind, während Wasser und Sirupdecken, die nicht die ganze Zentrifuge in Dampf hüllen, eine untere Entleerung sehr reinlich durchführen. Zu den unangenehmsten Betriebsstörungen gehört das Auftreten von Zucker in den Dampfkesseln, das das sofortige Ausschalten und Entleeren der Kessel notwendig macht, wenn nicht Einbeulen der Flammrohre und Ausbeulen des Kesselmantels folgen sollen. Die Ursachen dieser Betriebsstörungen können verschiedener Natur sein, und darunter spielt, wie BlockZentralblatt für die Zuckerindustrie 1907, 16. Jahrgang, S. 174. hervorhebt, eine Quelle, die nicht immer beachtet wird, mitunter die Hauptrolle, nämlich die Dampf schnattern. Obwohl die Dampfschnattern im allgemeinen in wärmeökonomischer Beziehung unrationell wirken, so findet man sie doch noch oft in Anwendung, namentlich dort, wo die damit verbundene Verdünnung der Säfte nicht schädlich wirkt. Auch dort, wo ausnahmsweise, bei schlechter Verarbeitung, eine Erwärmung der Säfte erwünscht ist, findet man Dampfschnattern, da sie in solchen Fällen sicher und schnell wirken. Im allgemeinen ist in der Dampfzuführungsleitung ein höherer Druck, so daß Saft durch die Dampfschnatter nicht in die Dampfleitung gelangen kann, doch kommt es aber oft vor, daß ein Teil der Hauptdampfleitung des Füllhauses aus irgend einem Grunde abgesperrt wird, wodurch die Spannung in der abgesperrten Dampfleitung sinkt und nach längerer Zeit, durch die eingetretene Kondensation, sogar Luftleere entstehen kann. Steht dann in diesem Falle das Dampfventil der Schnatter offen (was meist der Fall ist, z.B. bei den Ablaufkästen, um eine gleichmäßige Temperatur zu halten), so tritt mit Leichtigkeit eine große Menge Saft in die Hauptdampfleitung. Von hier gelangt der Saft dann ohne Schwierigkeit durch die Saftkocher usw. in das Kesselspeisewasser. Das Eigentümliche ist hierbei, daß man den Zucker erst dann findet, wenn die Ursache hierzu längst aufgehoben ist, weil jetzt durch das Wiederanstellen der Dampfleitung kein Saft in diese Leitung treten kann. Da auch eine geraume Zeit zwischen dem Auftreten des Zuckers in den Dampfkesseln und dem Austritt durch die Dampfschnattern verstrichen ist, so ist diese Quelle meistens schwer auffindbar. Bei Verwendung von Dampfschnattern ist daher deren unangenehme Wirkung zu verhindern, was nach der Ansicht von Block am besten durch die Einschaltung eines Rückschlagventils in die Dampfleitung geschieht, Dadurch wird der freie Eintritt des Dampfes in die Schnatter gestattet und zugleich aber auch sicher das Zurücktreten von Saft in die Dampfleitung verhindert. Textabbildung Bd. 323, S. 428 Fig. 4. Textabbildung Bd. 323, S. 428 Fig. 5. Ein neues Verfahren der Reinigung von Röhrenkesseln, das für alle in ununterbrochenem Betriebe befindliche Industrien, also auch für die Zuckerindustrie, von Interesse ist, beschreibt BarešZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen 1907, 32. Jahrgang, S. 42.. Die Reinigung der Röhren von Ruß und Flugasche war seit jeher die schwache Seite der sonst nützlichen und ökonomischen Röhrenkessel. Zur gründlichen Reinigung eines Kessels von 80 Röhren bedarf es einer vollen Stunde Zeit und die Schwierigkeiten der Reinigung erhöhen sich noch, wenn der Raum zwischen der Stirnseite der Kessel und der Mauer des Kesselhauses klein ist, da man dann gebogene Bürsten verwenden muß. Versuche, die Bürstenreinigung durch Einblasen von Dampf zu ersetzen, haben sich nicht bewährt, weil der nasse Dampf mit den Feuerrückständen ein schlammiges Gemenge bildet, welches sich dann bei Trockenwerden in Form von Krusten an die Rohrwände anbackt und erst recht ein Auskratzen durch Bürsten nötig macht. Ein vollkommenes Verfahren der Kesselröhrenreinigung wurde schließlich in der Verwendung eines Stromes heißer Luft gefunden, wobei ein schwacher Dampfstrom als Antriebskraft dient. Der allen Anforderungen entsprechende und auf dem hervorgehobenen Prinzip beruhende Apparat, „Ramoneur“ genannt, arbeitet mit einem Gas, welches ein Gemenge von 1 Teil Dampf mit 10 Teilen direkt dem Kessel entnommener heißer Luft darstellt. Der „Ramoneur“ besteht aus einer auf 25 at geprüften Stahlschlange (Fig. 4), einem Dampfrohr, das in einem Kopfstück endet und einem Ventil. Der Kopf des Apparates ist der wichtigste Bestandteil desselben (Fig. 5). Das Dampfrohr besitzt einelichte Weite von 20 mm. Aus ihm tritt der Dampf noch im Kopfe durch ein kleines Röhrchen aus, woselbst er sich mit aus der Rauchkammer angesaugter heißer Luft mischt. Durch eine besondere Anordnung des Kopfes wird der Dampf in wirbelnde Bewegung versetzt, was zur Reinigung der Röhren wesentlich beiträgt. Die Abmessungen der Mündung dieses Rohres, sowie die Zahl, Anordnung und der Durchmesser der ansaugenden Oeffnungen L hängen von der Länge der Röhren und dem Drucke des Dampfes ab. Das ausmündende Rohr besitzt die Form einer Militärpatrone (Fig. 6), es läßt sich leicht auswechseln und der Apparat dadurch jedem Kessel anpassen, so daß unter allen Umständen die volle Wirkung erreicht wird. Textabbildung Bd. 323, S. 428 Fig. 6. Der aus dem Mündungsrohr austretende Dampf bewirkt im Innern des Kopfes eine beträchtliche Luftverdünnung und infolgedessen ein kräftiges Ansaugen der heißen Luft aus der nächsten Umgebung der Röhren. Der Durchschnitt der Saugöffnungen wird durch eine Ausgleichsscheibe reguliert. Im Kopfe des Apparates befinden sich spiralförmige Durchlässe, durch welche die Luft aus dem Kopfe in Form einer Luftspirale austritt. Außer dieser Hauptansaugung findet noch eine Nebensaugung statt, wodurch die gesamte heiße Luft samt dem Dampf in rotierende Bewegung versetzt wird, so daß sie sich mit großer mechanischer Kraft, ähnlich wie das Geschoß aus einem gezogenen Gewehrlauf, längs der Röhren bewegt. Die große Menge der angesaugten heißen, mit Dampf vermischten Luft trocknet sowohl diesen als auch die Röhren vollständig aus, wodurch ein Kondensieren des Dampfes, Feuchtwerden des Russes und der Röhren, sowie die Bildung einer harten Kruste an letzteren unmöglich gemacht wird. Die besondere Wirkung des Apparates ist leicht begreiflich, wenn bedenkt wird, daß bei einer Luftverdünnung im Kopfe des Apparates nur von 20 cm Luftsäule die Geschwindigkeit der Luft in den Röhren theoretisch 55 m i. d. Sekunde mit einer Leistungsfähigkeit von 110 kg = 1,5 PS auf 1 qcm beträgt. Dies ist mehr als hinreichend, um den Ruß und Flugstaub vollständig zu beseitigen. Es genügen zwei Sekunden zum Reinigen einer Röhre und man vermag mit dem „Ramoneur“ einen Kessel von 80 Röhren in wenigen Alinuten zu reinigen. Bei der Arbeit bleibt das Ventil unausgesetzt offen, und man braucht das Ventil nicht zu schließen, wenn eine neue Röhre gereinigt wird. Der Griff ist verstellbar, so daß der Apparat den jeweiligen Abmessungen angepaßt werden kann. Der Apparat dient auch zum Reinigen von Wasserröhrenkesseln. In diesem Falle wird an dem modifizierten Apparatkopf ein durchlochtes Rohr angeschlossen, in welchem sich eine wirbelnde Bewegung der Luft entwickelt, wodurch man die Röhren auf das Gründlichste ausblasen kann. Nach weiteren Mitteilungen von RundZeitschrift des Vereins österr. Gesundheitstechniker 1907, S. 45. über das System „Ramoneur“ ist das zum Betriebe benötigte Dampfquantum, da mit einem zehnfachen Luftüberschuß gearbeitet wird, ganz unbedeutend.