Titel: Neuere Pumpen und Kompressoren.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 458
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Neuere Pumpen und Kompressoren. Von Prof. Fr. Freytag, Chemnitz. (Fortsetzung von S. 445 d. Bd.) Neuere Pumpen und Kompressoren. β Direkt wirkende Dampfpumpen. Bei diesen ohne Schwungrad und ohne Kurbelgetriebe arbeitenden Pumpen sind entweder zwei Dampfpumpen derart miteinander verbunden, daß die Bewegung der Kolbenstange des einen Dampfzylinders mittels Hebelübersetzung usw., d.h. mittelbar auf den Schieber des anderen Dampfzylinders übertragen wird und umgekehrt – Worthington-Pumpen – oder aber es findet eine unmittelbare Uebertragung der Kolbenbewegung der einen Maschinenseite auf das Steuerorgan des zugehörigen Dampfzylinders statt, wie dies z.B. bei Schwades Automat-Dampfpumpen u.a. der Fall ist. Anstelle dieser sogen. Duplex-Dampfpumpen mit je zwei Zylindern werden auch direkt wirkende Dampfpumpen mit nur einem Zylinder – sogen. Simplex-Pumpen – gebaut. Bei letzteren erfolgt die Einstellung des Steuerorganes behufs Umkehr der Kolbenbewegung unter Mitwirkung eines Hilfsschiebers, der von der Kolbenstange des eigenen Zylinders seine Bewegungen ableitet, oder aber mittels Dampfwechsels und dergleichen. Unter allen Pumpmaschinen ist die Duplexpumpe hinsichtlich der Kolbenbewegung und somit auch hinsichtlich der Wasserbewegung wohl die günstigste und zweckmäßigste. Die vierfache Wirkungsweise der schwungradlosen Dampfpumpen bedingt in erster Linie eine sehr gleichmäßige und ununterbrochene Wasserförderung. Dadurch werden große Saug- und Druckwindkessel, welche die Anlage von doppeltwirkenden Pumpen verteuern und erschweren, entbehrlich. Neben dieser gleichmäßigen Förderung ist von besonders günstigem Einfluß auf das ruhige und stoßfreie Arbeiten bei der Duplexbewegung die charakteristische Pause am Ende jedes Kolbenhubes. Durch diese Hubpause, welche bei keiner Pumpmaschine mit Kurbelbetrieb möglich ist, wird ein rechtzeitiger, sanfter Schluß der Ventile erreicht. Voraussetzung hierfür ist allerdings richtige Konstruktion unter Vermeidung großer Dampfpuffer zur Begrenzung des Kolbenhubes. Wenn hiernach die Arbeitsmaschine, also die Pumpenseite der Duplexpumpe und ihre Anordnung im allgemeinen als höchst vollkommen bezeichnet werden darf, so stand der allgemeineren Verwendung dieses Pumpensystems bisher die Mangelhaftigkeit der Antriebs-Dampfmaschine inbezug auf Dampfausnutzung, Hubregulierung und Hubbegrenzung entgegen. Seitdem durch Einführung zwei- bezw. dreifacher Expansion des Arbeitsdampfes in mehreren Zylindern, durch Füllungsregelung und ferner durch Kraftausgleicher, die einen theoretisch vollkommenen, dabei wünschenswert einfachen Ersatz für das bei dampf ökonomischen Maschinen nötige Schwungrad bieten, die Duplexpumpen in wirtschaftlicher Beziehung wie auch hinsichtlich Einfachheit und Betriebssicherheit immer weitere Verbesserungen erfahren haben, können sie sich mit den besten Schwungradpumpen messen. Die wohl auch heute noch verbreitetste Vertreterin der schwungradlosen Pumpmaschinen wurde in den vierziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts von Henry R. Worthington konstruiert und diente zunächst in ihrer einfachsten Form als Kesselspeisepumpe, fand aber schon in den fünfziger Jahren als Wasserwerkspumpmaschine Verwendung. Ende der achtziger Jahre waren bereits in mehr als 200 amerikanischen Wasserwerken Worthington-Pumpmaschinen anzutreffen.Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure 1893, S. 605. Auch in Deutschland haben leistungsfähige Firmen den Bau, insbesondere kleinerer schwungradloser Dampfpumpen aufgenommen; für größere Leistungen haben solche Pumpen jedoch im allgemeinen nicht die Bedeutung wie in Amerika erlangt. Ueber Abnahmeversuche, welche Chr. Eberle-München an einer im Jahre 1901 von der Worthington-Blake Pumpen-Compagnie m. b. H. in Berlin für das Pumpwerk Erlenstegen der Stadt Nürnberg gelieferten schwungradlosen Verbund-Pumpmaschine mit Kraftausgleichern von ∾ 125 PSi Gesamtleistung anstellte, finden sich in der „Zeitschrift des Bayerischen Dampfkessel-Revisions-Vereins“ 1902, Nr. 10, 11 und 12 ausführlichere Mitteilungen. Die bekannten liegenden Worthington-Pumpen werden in neuerer Zeit häufig in Verbindung mit einem Einspritzkondensator ausgeführt. Letzterer ist in seinem oberen Teile mit einem größeren und kleineren Flansch für die Leitung des zu kondensierenden Dampfes bezw. für den Anschluß der Kühlwasserleitung versehen. Das in den Kondensator tretende Kühlwasser wird am Ende eines Sprührohres mittels Kegels so zerstäubt, daß Dampf und Wasser sich schnell und vollkommen mischen. Der Kegel wird durch Drehung einer mit Handrad versehenen Spindel eingestellt. Der Kondensator steht mit den Saugkammern der Pumpenzylinder in unmittelbarer Verbindung. Um den Apparat in Gang zu bringen, wird der Kondensator unabhängig, und bevor die mit ihm in Verbindung stehende Dampfmaschine anläuft, durch das Oeffnen eines zugehörigen Dampfventils angestellt und dadurch ein Vakuum erzeugt, welches den Eintritt des Kühlwassers veranlaßt. Erst dann wird dem Kondensator der zu verdichtende Dampf zugeführt. Die Zone, in. der die Kondensation stattfindet, ist klein, und die schnelle Wirkung wird nur durch die bedeutende, vom Einspritzwasser berührte Fläche erzielt. Sollte sich das Wasser durch Hindernisse irgend welcher Art im Kondensator bis zur Höhe des Sprührohres ansammeln, so verringert sich diese Fläche unter Umständen derart, daß das Vakuum aufgehoben wird. Der Dampf bläst dann durch die Pumpe aus und treibt das Wasser vor sich her. Die Maschine kann sonach nicht überflutet werden. Durch den Anschluß eines solchen Kondensators an eine Auspuff-Pumpmaschine sollen sich Dampfersparnisse von 20 bis 30 v. H. erzielen lassen. Eine stehende Marine-Duplexpumpe neuerer Bauart zum Kesselspeisen, für Ascheinjektordienst und dergl. ist Fig. 125 ersichtlich; sie findet wegen ihres zur Aufstellung nur geringen Platzes auch auf dem Lande als Speiseoder Brunnenpumpe häufige Verwendung. Textabbildung Bd. 323, S. 459 Fig. 125.Marine Duplex-Pumpe der Worthington-Blakepumpen Co. Die Konstruktion dieser Pumpe ist den modernsten Ansprüchen, wie sie sich bei Dampf- bezw. Betriebsdrücken bis zu 20 at ergeben, angepaßt. Demzufolge sind die Steuerorgane der Dampfzylinder als Kolbenschieber ausgebildet, bei denen die Ausdehnung der Kolben- und Spannringe in geeigneter Weise begrenzt ist, so daß die Reibung und damit auch der Bedarf an Schmieröl sehr gering bleibt. Es ist ferner die Eigenartigkeit der Steuerung, insbesondere die gekreuzte Anordnung der Stangen bezw. Hebel bemerkenswert. Das zu häufigen Störungen Veranlassung gebende Zwischenglied der Uebertragung – die Steuerwelle – ist ausgeschaltet und es geschieht letztere unmittelbar durch Hebel. Um den Hub der Pumpen immer voll ausnützen zu können, sind die Schieberzugstangen zweiteilig, teleskopartig ausgebildet und die Schleppvorrichtung, die bei den gewöhnlichen Duplexpumpen im Schieberkasten liegt und während des Betriebes nicht zugänglich ist, befindet sich hier außen derart angeordnet, daß jederzeit – auch während des Ganges der Pumpe – eine genaue Einstellung der Schieber vorgenommen werden kann. An den beiden Enden der Dampfzylinder sind Kompressions-Umlaufventile vorgesehen, die ebenfalls zur Regulierung bezw. zur Einstellung der genauen Hublängen dienen (s. auch Fig. 126). Textabbildung Bd. 323, S. 459 Fig. 126.Marine Duplex-Pumpe der Worthington-Blakepumpen Co. Die leichten, federbelasteten Tellerventile der Pumpen von durchweg 70 mm Durchm. arbeiten auch bei vollem Ventilhub geräuschlos; sie sind in einem durch vorn angebrachte große Handlöcher bequem zugänglichen Kasten untergebracht, der mittels kräftiger Schraubenbolzen an den Pumpenkörpern befestigt ist. Ein unter dem Ventilkasten angeordnetes Ueberdruckventil gestattet den Rücktritt zu viel geförderten Wassers in den Saugraum. Diese Pumpen werden für Leistungen von normal 11 bis 85 bezw. maximal von 17 bis 130 cbm/Std. ausgeführt. Kleinere derartige Pumpen – für Leistungen von normal 1,8 bis 7,7 bezw. maximal von 3 bis 12,6 cbm/Std. – werden nach dem in Fig. 126 dargestellten Modell ausgeführt. Zur Steuerung der Dampfzylinder dienen auch hier Kolbenschieber mit federnden Dichtungsringen, deren Schieberstangen so angeordnet sind, daß ihr toter Gang von außen verstellbar ist. Kompressions-Umlaufventile gestatten wieder die Einstellung genauer Hublängen. Um die Pumpenkolben ohne Aufmachen der Dampfzylinder demontieren zu können, sind die Kolbenstangen in der Mitte geteilt. Zur selbsttätigen Rückförderung des in einer Heizleitung, Dampfleitung oder in einem System von Dampfmänteln usw. niedergeschlagenen heißen Wassers in den Dampfkessel dient Worthingtons Kondensat-Rückspeisepumpe (Fig. 127) – aus einem mit Wasserstandsglas versehenen Behälter und einer daneben gestellten Worthington-Pumpe bestehend. Indem Behälter befinden sich Dampf- und Wasser und ferner ein Schwimmer, der je nach dem Stande des Wasserspiegels den Dampfzutritt zur Pumpe öffnet oder absperrt und je nach der Menge des in der Zeiteinheit niedergeschlagenen Wassers die Pumpe in schnelleren oder langsameren Gang setzt. Textabbildung Bd. 323, S. 460 Fig. 127.Kondensat-Rückspeisepumpe der Worthington-Blakepumpen Co. Der Vorteil dieser Einrichtung gegenüber Automaten besteht darin, daß die im Wasser aufgespeicherte Wärme erhalten bleibt und dem Kessel zugute kommt, sowie darin, daß der im Heizsystem herrschende Druck zur Arbeitsleistung ausgenutzt wird. Sie arbeitet infolgedessen wirtschaftlicher und zuverlässiger als andere denselben Zwecken dienende Einrichtungen und vermeidet unangenehme und gefährliche Wasserschläge vollständig. Die Aufstellung der Rückspeisepumpe erfolgt an der tiefsten Stelle eines zu entwässernden Systems und es ist Bedingung, daß das Kondensat mit natürlichem Gefälle dem Behälter zufließt. Aus nachstehender Tabelle sind Abmessungen und Leistungen dieser Pumpe zu entnehmen; letztere gelten für normale Verhältnisse bei Dauerbetrieb; vorübergehend sind die Pumpen imstande ungefähr das Doppelte zu fördern. Die gelenklose Steuerung an direktwirkenden Duplex-Dampfpumpen der Firma Otto Schwade, Deutsche „Automat“-Pumpenfabrik in Erfurt (D. R. P. 157097) ist in D. p. J. 1906, 321, S. 271 bereits beschrieben und zwar hier an kleineren liegenden „Automat“-Dampfpumpen gewöhnlicher Anordnung, wie sie insbesondere zum Speisen von Dampfkesseln Verwendung finden. Es werden diese Pumpen aber auch in stehender Anordnung – als sogen. Marine-, Schacht-, Senkpumpen und dergleichen, ferner in größeren Abmessungen und mit zweifacher Expansion des Arbeitsdampfes, z.B. als Bergwerkspumpen, ausgeführt. Nr. Größe Leistung inl/Std. Dampf-zylindermm Pumpen-zylindermm Hubmm 1   76   51   75   1000 2 114   70 100   2500 3 133   89 125   5000 4 152 102 150   7500 5 190 127 150 10000 Sie erhalten im letzteren Falle vier Dampfzylinder – einen Hochdruck- und einen Niederdruckzylinder auf jeder Seite –, womit sich, wenn noch Kondensation angewendet wird, Dampfersparnisse bis zu 30 v. H. und darüber, gegenüber Pumpen der gewöhnlichen Anordnung, erreichen lassen. Textabbildung Bd. 323, S. 460 Fig. 128.Verbund-Automat-Dampfpumpe von Schwade. Fig. 128 zeigt die äußere Ansicht einer solchen Verbund-Automat-Dampfpumpe mit Innenstopfbüchsen für Bergwerkszwecke und dergleichen. Die Niederdruckzylinder sind in der Regel zunächst dem Pumpenzylinder angeordnet, während die Hochdruckzylinder bei nicht zu hohem Gewicht, fliegend angeschraubt werden. Zwischen Hoch- und Niederdruckzylinder ist ein Zwischendeckel mit selbstdichtender, leicht zugänglicher Stopfbüchse angebracht. Zur Steuerung der Niederdruckzylinder dienen Flachschieber, während bei den Hochdruckzylindern hierfür zumeist halb entlastete hohle Rundschieber, in welche der Dampf von oben durch ein Verteilungsstück eintritt, verwendet werden. (Fortsetzung folgt.)