Titel: Die Erwärmung der Bremswerke bei Bremsseilbahnen.
Autor: Emil Klapper
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 517
Download: XML
Die Erwärmung der Bremswerke bei Bremsseilbahnen. Von Dipl.-Ing. Emil Klapper, Berlin. (Schluß von S. 503 d. Bd.) Die Erwärmung der Bremswerke bei Bremsseilbahnen. Das gegenseitige Verhältnis zwischen Kranz und Arm wird dadurch in die Rechnung eingeführt, daß ausschließlich die Erwärmung des Kranzes berücksichtigt und statt der tatsächlich auftretenden Spannung von 600 kg/qcm eine solche von k = 720 kg/qcm der weiteren Rechnung zugrunde gelegt wird. Der Elastizitätsmodul für Gußeisen liegt zwischen 750000 und 1050000. Die relative Zusammendrückung eines Gußeisenkörpers bei einer Druckspannung von 720 kg/qcm ist \frac{720}{750000} bis \frac{720}{1050000} oder 9,61 . 10– 4 bis 6,87 . 10– 4. Der Wärmeausdehnungs-Koeffizient für Gußeisen und 1° Erwärmung ist = 1,067 . 10– 5. Die noch als zulässig anzusehende Differenz zwischen Temperatur des Kranzes und mittlerer Temperatur der Arme darf je nach Beschaffenheit des Gußeisens eine Ausdehnung bewirken, die beträgt 9,61 . 10– 4 bezw. 6,87 . 10– 4 d.h. \frac{\Theta_1}{2}\,\cdot\,1,067\,\cdot\,10^{-5}=9,61\,\cdot\,10^{-4}, bezw. \frac{\Theta_1}{2}\,\cdot\,1,067\,\cdot\,10^{-5}=6,87\,\cdot\,10^{-4}. Die Temperatur, bei der die Druckspannung im Kranze den Wert k = 600 kg/qcm nicht überschreitet, ist Θ1 = rd. 180°, bezw. Θ1 = rd. 130°, also niedriger als diejenige, bei der die Verkohlung der hölzernen Bremsklötze beginnt. Unter Berücksichtigung der möglicherweise vorhandenen Gußspannungen soll weiterhin mit dem geringeren Werte von Θ1 = 130° gerechnet werden. Die Betriebsdauer für die Bremsung darf den Zeitraum nicht überschreiten, innerhalb dessen die Temperatur des Kranzes von 0° auf 130° (oder von auf n + 130°) steigt. Der Seilzug in dem ablaufenden Trum wurde bezeichnet mit P1, derjenige des auflaufenden Trums mit P2, die abzubremsende Umfangskraft ist P = P1– P2 (kg), die Seilgeschwindigkeit sei bezeichnet mit v (m/Sek.). Die als Wärme dem Bremswerke zugeführte Energie ist Q = P . v (mkg/Sek.) =\frac{P\,v}{424}\,(^{\mbox{ Cal.}}/_{\mbox{Sek.}}) =\frac{3600}{42}\,P\,\cdot\,v=8,5\,P\,v\,(^{\mbox{ Cal.}}/_{\mbox{Std.}}) Eine warme Fläche von F qm, die sich mit einer Geschwindigkeit von vm/Sek. und einer Temperaturdifferenz & durch die Luft bewegt, verliert durch Ausstrahlung an die Luft eine Wärmemenge (2 + 10√v)[Cal./Std.]„Hütte“ 1905, I, S. 281. Die von den Klötzen nicht bedeckte Abkühlungsfläche des Kranzes sei Fk, deren Temperatur zu einem bestimmten Zeitpunkte der Bremsung sei ϑ, die Umfangsgeschwindigkeit ist v, die vom Kranze abgegebene Wärme Qk = Fk . ϑ (2 +10√v) [Cal./Std.]. Ein Punkt der Arme im Abstande r von der Scheibenmitte besitzt nach Schaulinie 3 die Temperatur \vartheta\,\frac{r}{R} und bewegt sich mit der Geschwindigkeit v\,\frac{r}{R} durch die Luft. Die Oberfläche der Arme auf die Längeneinheit bezogen sei mit f_a=\frac{F_a}{R} bezeichnet, wobei die gesamte Oberfläche der Arme den Wert Fa (qm) besitze. Für alle Armabschnitte im Abstande r und von der Länge dr ist die abgegebene Wärmemenge d\,Q_a=f_a\,d\,r\,\vartheta\,\frac{r}{R}\,\left(2+10\,\sqrt{r\,\frac{v}{R}}\right) Q_a=\frac{f_a\,\vartheta}{R}\,\int_0^R\,\left(2\,r+10\,\sqrt{\frac{v}{R}}\,\cdot\,r^{3/2}\right)\,d\,r =F_a\,\vartheta\,(1+4\,\sqrt{v}). Im Zeitraum dt wird die Wärmemenge 8,5 P . vdt zugeführt, zu diesem Zeitpunkte ist die Temperatur des Kranzes, es wird im gleichen Zeitraume abgegeben: (Qk + Qa) dt = [Fk (2 +10√v) + Fa (1 + 4√v)] ϑdt. Der Wärmeüberschuß führt eine Temperaturerhöhung des Bremswerkes herbei. Das Gewicht der zu erwärmenden Teile sei bezeichnet mit G, die spezifische Wärme des Gußeisens ist im Mittel c = ⅛. Die Wärmezunahme im Zeitraume dt ist: d\,\vartheta=\frac{8}{G}\,\left[8,5\,P\,\cdot\,v-(F_k\,[2+10\,\sqrt{v}]+F_a\,[1+4\,\sqrt{v}]\,\vartheta)\,d\,t. Es seien abgekürzt 8,5 Pv = a Fk (2 + 10√v) + Fa (1 + 4√v) = b. dann ist d\,\vartheta=\frac{8}{G}\,(a-b\,\vartheta)\,d\,t. Textabbildung Bd. 323, S. 518 Fig. 4. Die Zeit, innerhalb deren die Temperatur des Kranzes von 0° auf Θ1 steigt, werde mit T bezeichnet: \frac{8\,T}{G}=\int_0^{\Theta_1}\,\frac{d\,\vartheta}{a-b\,\vartheta} T=\frac{G}{8\,b}\,\cdot\,l\,n\,\frac{a}{a-b\,\Theta_1}\,(s\,t) . . . . . . . . . . 1) Textabbildung Bd. 323, S. 518 Fig. 5.Räumliches Diagramm der Umfangskräfte P. Nach, mehreren Umwandelungen und Einführung der Abkürzung \frac{8\,b}{G}=c ergibt sich für die Umfangskraft P=\frac{b\,\Theta_1\,\cdot\,e^{c\,T}}{8,5\,v\,(e^{c\,T}-1)}\,(\mbox{kg}) . . . . . . . . . . 2) Für jedes Bremswerk, dessen Abmessungen bekannt sind und z.B. für die üblichen Werte von v = 0,5 – 3,0 m/Sek. läßt sich eine Schaulinie aufstellen, die gestattet, für die jeweilige Bremsdauer die zulässige Umfangskraft zu bestimmen. Die zu jedem P bei gegebenem T und bekannten Abmessungen zugehörige Höchstgeschwindigkeit läßt sich rechnerisch aus den Gleichungen 1 und 2 ermitteln, ist jedoch einfacher aus vorgenannter Schaulinie entnehmen. An einer vorliegenden Ausführung soll geprüft werden, wie sich zahlenmäßig die gefundenen Verhältnisse darstellen. Es sei gewählt ein normales Bremswerk Nr. 14 der Maschinenfabrik Rhein & Lahn, Gauhe, Gockel & Cie., dessen Hauptmaße aus Fig. 4 hervorgehen. Für beide Scheiben ergibt sich zusammen als Oberfläche des Kranzes 15 qm, von den Klötzen sind bedeckt 1,5 qm, somit F k = 13,5 qm, Oberfläche der Arme rd. 20 qm, Oberfläche der Nabe rd. 1,5 qm, F a = 18,5 qm, G = 4000 kg. Unter Verwendung der vorgenannten Werte und der gefundenen Gleichungen ergeben sich nachstehende Tabellen für die Umfangskräfte P und die Bremsleistungen P . v. Tabelle für P (kg)                            Tabelle für P . v (mkg/Sek.) TStd. v (m/Sek.) TStd. v (m/Sek.) 0,5 1,0 2,0 3,0 0,5 1,0 2,0 3,0   1 13000 9840 5320 3780   1 9000 9840 10640 11340   2 11400 6160 3560 2630   2 5700 6160   7120   7890   3   8750 5060 3050 2330   3 4375 5060   6100   6990   6   6740 4180 2720 2150   6 3370 4180   5440   6450 10   6240 4020 2680 2140 10 3120 4020   5360   6320 Textabbildung Bd. 323, S. 518 Fig. 6.Räumliches Diagramm der abgebremsten Energiemengen P. v. Aus den hiernach verzeichneten Schaulinien (Fig. 5 und 6) ist ersichtlich, daß bereits nach 5 bis 6 Stunden des Betriebes sich ein Beharrungszustand eingestellt hat, daß somit ein Bremswerk, das genügend Abkühlungsfläche besitzt, um den Betrieb etwa von Morgen bis Mittag zu gestatten, auch ohne weiteres ununterbrochen im Betriebe verbleiben darf. In praktischer Hinsicht ist diese Erkenntnis wertvoll, weil sie der Notwendigkeit enthebt, besondere Typen für Dauerbetrieb zu schaffen. Diejenigen Typen, welche eine normale Halbtagsschicht zulassen, sind ohne weiteres für Dauerbetrieb geeignet. Die Schaulinien (Fig. 5 und 6) bezw. Tabellen zeigen fernerhin, daß zwar bei gegebenen Abmessungen eines Bremswerkes und bestimmter Betriebsperiode für alle in Frage kommenden Seilgeschwindigkeiten die Bremsleistung ziemlich unverändert bleibt, daß aber mit Abnahme der Geschwindigkeit die Umfangskräfte hierbei derartig wachsen, daß die etwa für hohe Geschwindigkeit gebaute Type den Beanspruchungen bei unveränderter Bremsleistung und geringer Geschwindigkeit nicht gewachsen erscheint. Andererseits würde die Anwendung einer derart kräftig gebauten Type für hohe Geschwindigkeiten unwirtschaftlich sein. Die Bremswerke für Drahtseilbahnen mit Geschwindigkeiten von v = 2 m/Sek. bis 3 m/Sek. sind demnach nach anderen Gesichtspunkten zu entwerfen als die Bremswerke der Gleisseilbahnen mit v = 0,5 m/Sek. bis 1 m/Sek. Es würde die Aufgabe eines Werkes, das sich mit dem Bau von Bremswerken beschäftigt, sein, eine Reihe von geometrisch ähnlichen Typen für Drahtseilbahnen einerseits, für Gleisseilbahnen andererseits zu entwerfen und eine Reihe von Schaubildern nach Art der Fig. 5 und 6 aufzuzeichnen, aus denen für jeden praktisch vorkommenden Fall sogleich die geeignete Normalie entnommen werden kann und womit sich die Beantwortung der einzelnen Fragen 1a und b, 2a und b sowie 3 auf S. 502 ergibt.